OGH 5Ob49/95

OGH5Ob49/9529.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Harald P*****, vertreten durch Dr.Raimund Hora, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Eva P*****, 2.) Felix P*****, 3.) Leopoldine P*****, beide Hauseigentümer, ***** 4.) Dr.Wolfgang D*****, Arzt, ***** 5.) Dr.Eberhard D*****, Arzt, *****

6.) Fridolin D*****, AHS-Lehrer, ***** 7.) Dr.Wieland D*****, Arzt, ***** die unter 1.) sowie 4.) bis 7.) genannten Antragsgegner vertreten durch Dr.Peter Getreuer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 15. November 1994, GZ 48 R 663/94-69, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 3.Mai 1994, GZ 5 Msch 61/89-63, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller - nunmehr (7 E 240/87-28 des BG Hernals vom 6.9.1988) Alleineigentümer des Hauses Wien ***** - war Mieter der in diesem Haus gelegenen Wohnung top.Nr.10. Er stellte am 2.5.1988 bei der Schlichtungsstelle den Antrag auf Feststellung, es sei ihm gegenüber ab 1.4.1975 durch Vorschreibung von S 700 an Hauptmietzins das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um den von der Schlichtungsstelle zu ermittelnden Betrag überschritten worden. Als Antragsgegner wurden die im gleichzeitig vorgelegten Grundbuchsauszug vom 14.4.1988 angeführten Miteigentümer dieser Liegenschaft (Eva P*****, früher H***** sowie 2. bis 7.Antragsgegner) in Anspruch genommen.

Das Gericht wurde von der Erstantragsgegnerin sowie den unter 4. bis 7. genannten Antragsgegnern angerufen (ON 1).

Das Erstgericht wies (im zweiten Rechtsgang) den Antrag des Antragstellers, soweit er sich auf den Zeitraum 1.4.1975 bis 13.4.1987 bezieht, wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.

In dem genannten Zeitraum seien neben den vom Antragsteller belangten Antragsgegnern (ua) auch noch Helga P***** und Wilhelm P***** Miteigentümer dieser Liegenschaft gewesen. Da hinsichtlich dieser Personen ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle nicht stattgefunden habe, könne für diesen Zeitraum ein gerichtliches Verfahren nicht stattfinden.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, die im übrigen der vom Rekursgericht in einem früheren Aufhebungsbeschluß diesem überbundenen Rechtsmeinung entsprach.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur hier entscheidungswesentlichen Frage, ob im Falle einer vorgelagerten Schlichtungsstelle bei Gericht der Antrag noch gegen weitere Antragsgegner ausgedehnt werden dürfe, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, seinem Sachantrag vollinhaltlich stattzugeben; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zum Fehlen eines Bewertungsausspruches des Rekursgerichtes:

Ein die Zurückweisung eines Antrages durch das Erstgericht bestätigender Beschluß des Rekursgerichtes ist kein Sachbeschluß, sondern eine verfahrensrechtliche Entscheidung, die nur dann mittels Revisionsrekurses angefochten werden kann, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und wenn eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO vorliegt (MietSlg 45.733 mwN). Das Rekursgericht hätte daher richtigerweise einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes zu tätigen gehabt.

Fehlt ein solcher Ausspruch, so ist er im allgemeinen nachzutragen (vgl MietSlg 38.783). Wenn demnach also nicht davon ausgegangen werden kann, daß das Gericht zweiter Instanz im Falle des Ausspruches der Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof davon ausging, daß auch die hiefür erforderliche Streitwertgrenze überschritten ist (vgl 5 Ob 545/93 und 5 Ob 506/94), so ist doch eine nachträgliche Ergänzung des Beschlusses des Rekursgerichtes durch einen Bewertungsausspruch dann entbehrlich, wenn sich schon aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergibt, daß das Rekursgericht von einem S 50.000 übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes ausging (vgl 5 Ob 549/93). Dies ist in der hier zu beurteilenden Rechtssache der Fall, weil die den maßgebenden Zeitraum betreffende Überschreitung des zulässigen Mietzinses weit über S 50.000 liegt, wie sich aus der in der Begründung der Entscheidung des Rekursgerichtes enthaltenen Darstellung des Verfahrensganges und des Rekursantrages des Antragstellers ergibt.

Von einem Auftrag an das Rekursgericht, seine Entscheidung durch einen Bewertungsausspruch zu ergänzen, konnte also aufgrund der besonderen Verfahrenslage abgesehen werden.

b) Zur Sachentscheidung:

Gemäß § 39 Abs 1 MRG kann in Gemeinden, in denen eine sogenannte Schlichtungsstelle eingerichtet ist, ein Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG bei Gericht hinsichtlich der in dieser Gemeinde gelegenen Mietgegenstände nur eingeleitet werden, wenn die Sache vorher bei der Gemeinde (Schlichtungsstelle) anhängig gemacht worden ist. Die Anrufung der Schlichtungsstelle ist also in diesen Fällen eine zwingende Prozeßvoraussetzung für das gerichtliche Verfahren. Der bei der Schlichtungsstelle gestellte Antrag kann folgerichtig bei Gericht nicht geändert, insbesondere nicht erweitert werden (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 39 MRG Rz 3).

In einem dem Zivilprozeß nachgebildeten Zweiparteien-Verfahren, in dem - wie zB im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG - der Mieter einer bestimmten Wohnung als Antragsteller und der Vermieter (im betreffenden Zeitraum) als Antragsgegner bzw im Falle mehrerer Miteigentümer als Mitvermieter eine eindeutig festgelegte Gruppe von Personen, die im Streitverfahren notwendige Streitgenossen wären, als Antragsgegner gegenüberstehen, hat dies zur Folge, daß im gerichtlichen Verfahren ein solcher Antrag nicht gegen andere Personen gerichtet werden darf, als es bereits im Verfahren vor der Schlichtungsstelle der Fall war. Hat also ein Mieter eine Person, die nicht Vermieter ist, bei der Schlichtungsstelle in Anspruch genommen, so kann der Mieter in einem solchen Fall nicht erst im Verfahren vor Gericht den Antragsgegner durch den tatsächlichen Vermieter ersetzen, weil damit eine Änderung des vor der Schlichtungsstelle geltend gemachten Anspruches verbunden wäre.

Dieser Gesetzesauslegung steht weder die Rechtsprechung entgegen, wonach im Zweitparteien-Verfahren die Nichtbeiziehung des Minderheitseigentümers vor der Schlichtungsstelle nicht schadet (MietSlg 38.538 bezüglich ein Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG), noch diejenige, wonach es ebenfalls nicht schadet, wenn im Mehrparteienverfahren (MietSlg 37.511 bezüglich eines Antrages nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG) eine dem Verfahren beizuziehende Person (hier:

Untervermieter in dem vom Untermieter gegen den Hauseigentümer eingeleiteten Verfahren auf Anerkennung als Hauptmieter) bei der Schlichtungsstelle nicht beigezogen wurde. In einem Mehrparteienverfahren stellt sich nämlich erst oft im Laufe des Verfahrens heraus, wem aufgrund des in diesem Verfahren maßgebenden materiellrechtlichen Parteienbegriffes (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 37 MRG Rz 50) wegen der Möglichkeit, daß die rechtlichen Interessen einer anderen Person als des Antragsgegners unmittelbar berührt werden könnten (§ 37 Abs 3 Z 2 und 3 MRG) Parteistellung und damit rechtliches Gehör zu gewähren ist. Im erstgenannten Fall (MietSlg 38.538) war hingegen der Antrag sehr wohl gegen den Mehrheits- und den Minderheitseigentümer schon vor der Schlichtungsstelle gerichtet gewesen, der Minderheitseigentümer aber dem dortigen Verfahren bloß nicht beigezogen worden. Dieser Mangel des Verfahrens vor der Schlichtungsstelle hat selbstverständlich keinen Einfluß darauf, wem im gerichtlichen Verfahren Parteistellung zukommt.

In der hier zu beurteilenden Rechtssache begehrt der Antragsteller die Feststellung, daß ihm gegenüber während bestimmter Zinsperioden das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei. In einem solchen Verfahren kommt die Parteistellung des Antragsgegners dem Vermieter zu, der entweder eine Einzelperson oder eine Mehrheit von Miteigentümern sein kann. Im letztgenannten Fall würden im Streitverfahren alle Miteigentümer eine notwendige Streitgenossenschaft darstellen, weil es - soll es nicht zu unentwirrbaren Verwicklungen kommen - nicht denkbar ist, daß ein- und derselbe Mietzins (für dieselbe Zinsperiode) gegen einen Teil der Miteigentümer mit einem bestimmten Betrag, gegen den anderen Teil der Miteigentümer hingegen mit einem anderen Betrag als zulässig festgestellt wird. Für das dem Zivilprozeß nachgebildete besondere außerstreitige Verfahren nach § 37 MRG bedeutet dies, daß der Antrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG nur gegen alle Miteigentümer des Hauses als Vermieter gestellt werden kann, weil der Antragsinhalt gegen alle diese Personen notwendigerweise ein- und derselbe sein muß. Dies muß - entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Meinung - auch für Anträge nicht rechtskundig vertretener Parteien gelten. Wurde der Antrag an die Schlichtungsstelle bloß gegen einen Teil der Miteigentümer gerichtet, so kann ein solcher Antrag nicht erst im Verfahren vor Gericht auf die anderen Miteigentümer ausgedehnt werden, weil dies eine wesentliche Änderung des Inhaltes des Antrages bedeutete, einer solchen Änderung aber die Unzulässigkeit des Rechtsweges nach § 39 Abs 1 MRG entgegensteht.

Ob bei einer Fallgestaltung wie der hier gegebenen die Vorinstanzen mit einer Abweisung des Antrages des Antragstellers hätten vorgehen müssen, weil diesem eben der bloß gegen einen Teil der Miteigentümer geltend gemachte Anspruch gegen diese allein nicht zusteht, wie es zB zu geschehen hätte, wenn der Antrag gegen eine andere Einzelperson als den tatsächlichen Vermieter gerichtet worden wäre, muß hier nicht entschieden werden, weil der Antragsteller durch die Zurückweisung seines Antrages nicht schlechter gestellt wird, als es im Falle der geschilderten Abweisung der Fall wäre.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Stichworte