OGH 5Ob549/93

OGH5Ob549/9330.8.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Jeannee und Dr.Peter Lösch, Rechtsanwälte in Wien, und ihres Nebenintervenienten Max K*****, Reifenhändler, ***** vertreten durch Dr.Manfred Ainedter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing.Kurt E***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Werner Brandstetter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000,- s.A.) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 22.Juli 1993, GZ 12 R 24/93-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 22.Oktober 1992, GZ 1 Cg 302/91-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben.

Dem Berufungsgericht wird eine neue Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei stellte das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß die Beklagte der klagenden Partei für den Ersatz aller Schäden hafte, die ihr aus der Beseitigung von Ablagerungen auf den Grundstücken EZ ***** und ***** des Grundbuches L***** erwachsen, soweit diese Ablagerungen aus dem Gewerbebetrieb der Beklagten stammen. Die klagende Partei begründete ihr Begehren damit, daß im Zuge von Aushubarbeiten Altmaterialien, wie Gummidichtungen, Autobleche und sonstige Fahrzeugaltteile, die aus dem auf den benachbarten Grundstück von der Beklagten betriebenen Alteisenhandelsgewerbe stammten, gefunden worden seien. Da noch nicht feststehe, inwieweit der klagenden Partei Sanierungskosten zur Last fallen würden, sei sie zur Vermeidung etwaiger Verjährungsfolgen zur Erhebung des Feststellungsbegehrens genötigt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und bestritt, daß die behaupteten Ablagerungen von ihr stammten. Ein Feststellungsbegehren sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil der klagenden Partei die genaue Schadenssumme mit S 1.050.000,- zuzüglich 20 % USt bereits bekannt sei. Letztlich wendete sie auch die mangelnde Aktivlegitimation der klagenden Partei ein, weil Eigentümer der verunreinigten Grundstücke Stefanie und Max K***** seien.

Die klagende Partei erwiderte, daß tatsächlich die Stadt Wien grundbücherliche Eigentümerin der Grundstücke sei, die auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses zwecks Durchführung von Betriebsansiedlungen in das Vermögen der klagenden Partei übertragen worden seien. Eine Parzelle sei an die Familie K***** übertragen worden. Die klagende Partei sei von Stefanie K***** wegen der Verunreinigungen mit S 1,000.000,- in Anspruch genommen worden. Bisher habe die klagende Partei keine Zahlung geleistet, weil weder die Schadenshöhe noch der Anspruchsgrund der Stefanie K***** feststehe. Ein weiterer Haftungsgrund bestehe insofern, als die beklagte Partei durch das Vergraben von Abfällen auf einem Nachbargrund vertragliche Nebenpflichten (als Mieterin eines Grundstücks der Stadt Wien) verletzt habe. Diesbezügliche Ansprüche seien von der Stadt Wien an die klagende Partei abgetreten worden.

In der Tagsatzung vom 11.6.1992 wurde "festgehalten", daß auf Seiten der klagenden Partei Max K***** dem Rechtsstreit beigetreten sei. Dies widerspricht zwar der Vorschrift des § 18 Abs.1 ZPO, wonach die Nebenintervenientin durch Zustellung eines Schriftsatzes an beide Parteien erfolgt, blieb jedoch ungerügt (vgl 1 Ob 2/90).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Stadt ***** war ursprünglich Eigentümer der Liegenschaften je der KG L***** mit den Einlagezahlen Nr.***** und *****. Mit Vertrag vom 5.12.1989, abgeschlossen zwischen der Stadt ***** im Sinne des Beschlusses des ***** Gemeinderates vom 31.3.1989 und der klagenden Partei, übertrug erstere im Zuge einer Nachdotation der klagenden Partei (u.a.) letzterer die oben genannten Liegenschaften unentgeltlich ins Eigentum. Mit Kaufvertrag vom 5.Juni 1990 erwarb Stefanie K***** die streitgegenständlichen Liegenschaften. In diesem Vertrag wurde vorgesehen, daß die im Vertrag bezeichneten Grundstücke gemäß Teilungsplan derart abzuteilen sind, daß aus dieser Grundabteilung das als Bauplatz B bezeichnete provisorische Grundstück Nr.*****hervorgeht. Mit Schenkungsvertrag vom 20.7.1990 übertrug Stefanie K***** Max K***** das neu zu schaffende Grundstück ***** Bauplatz B ins Eigentum. In beiden zuletzt genannten Verträgen wurde festgehalten, daß auf der bezeichneten Liegenschaft ein Betriebsobjekt für Reifenhandel für Max K***** im Ausmaß von zumindest 650 m2 bebauter Fläche errichtet werden sollte. Die klagende Partei hatte sich im Kaufvertrag vom 5.Juni 1990 gegenüber der Erwerberin Stefanie K***** wie folgt verpflichtet: "IV: 1: Der vertragsgegenständliche Bauplatz wird satz- und lastenfrei mit Ausnahme der im Grundbuch etwa eingetragenen baubehördlichen Verpflichtungen übertragen und wie er liegt und steht, mit allem was sich am Übergabe- bzw. Übernahmetag darauf, darüber und darunter befindet, im übrigen aber bestand- und benützungsfrei und frei von sonstigen Rechten Dritter übergeben und übernommen. Zur Verdeutlichung der Lage der Liegenschaft wird auf einen dem Urteil angeschlossenen Plan verwiesen. Die streitgegenständliche Liegenschaft ist durch rote Schraffierung gekennzeichnet; daneben liegt parallel zu dieser verlaufend eine Liegenschaft die mit schwarzer Schraffierung gekennzeichnet wird, diese Liegenschaft hatte die nunmehrige Beklagte seit 1989 oder 1990 dazugemietet; daran anschließend (grün schraffiert) liegt die Betriebsliegenschaft der beklagten Partei. Dahinterliegend (mit Kreisen gekennzeichnet) liegt ein Grundstück, das die beklagte Partei im Jahre 1990 angemietet hatte; rechts daneben liegt das Grundstück *****; dieses hatte die Beklagte im Jahre 1988 für die Dauer von etwa einem Jahr dazugemietet.

Die Beklagte betreibt eine Altmetallverwertung; sie schlachtet insbesondere öffentliche Autobusse und Straßenbahnen aus, darüber hinaus Materialien von der Post- und Telegraphenverwaltung. Sie ist darüber hinaus Nutzeisenhändler, kauft im Rahmen dieses Betriebszweiges auch Altmetalle an, die sortiert und dann weiterveräußert werden. Pro Jahr fallen bei der beklagten Partei rund 10-20 öffentliche Autobusse zur Ausschlachtung an. Diese Autobusse werden auf dem mit schwarzen Kreisen bezeichneten Grundstück ausgeschlachtet. Daß der gesamte anfallende Müll bzw. die anfallenden Altteile entweder entsorgt oder verwertet wurde bzw wurden, wird nicht festgestellt, vielmehr gelangten zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt bzw. Zeitraum - jedenfalls vor 1991 - von der beklagten Partei stammender Abfall bzw. Entsorgungsprodukte auf die nunmehr dem Max K***** gehörende Liegenschaft. Der gesamte Liegenschaftskomplex ***** war Gegenstand einer Betriebsansiedlung, wobei ab 1986 mit der Planung begonnen wurde. Es fand damals eine Begehung der Grundstücke statt, eine zweite Begehung fand im Jahr 1988 anläßlich der Ausschreibung der Baumeister- und Erdarbeiten statt. Anläßlich der Begehung im Jahre 1988 wurde im strittigen Bereich verwildertes Grünland vorgefunden; es waren allerdings Reste von Bauteilen und Baumaterialien, resultierend aus der Zeit der Errichtung des Amtsgebäudes im 3.Bezirk, auf der Liegenschaft. Die strittige Liegenschaft war zudem zum F***** hin mit einer Plakatwand abgegrenzt; sowohl in deren Bereich als auch im Bereich der Zufahrten bzw. der Tore zur Liegenschaft wurde Hausmüll, wie man ihn auf wilden Deponien findet, vorgefunden. Abgesehen von dieser Verunreinigung wurden in weiterer Folge in der Ausschreibung der durchzuführenden Bauarbeiten keine weiteren Entsorgungskosten geplant, da keine erkennbaren Verunreinigungen vorgefunden worden waren. Darüber hinaus waren bis zum Bau der S***** in den 70-er Jahren in dem strittigen Areal Gärtnerbetriebe angesiedelt, sodaß bereits deshalb keinerlei Bodenverunreinigungen vermutet worden waren.

Im Juni 1991 wurde die Bautätigkeit auf der strittigen Liegenschaft begonnen; im Zuge der Baggereinsätze kamen dabei Verunreinigungen zutage, die zum großen Teil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der beklagten Partei stammen. Es handelte sich insbesondere um Dichtungsgummis, Haltestangen, Isolatoren wie man sie für Hochspannungsmasten verwendet, alte Telefone, Eisen- und Stahlabfälle, Kabel, ausgehärtete Kunststoffabfälle, Gummi, Altreifen, Kunststoffbehälter aus Fahrzeugen, Waschflüssigkeitsbehälter, Bremsflüssigkeitsbehälter, Kunststoffbodenbeläge aus Großfahrzeugen, KFZ-Teile mit hohem Kunststoffanteil wie z.B. Nackenstützen; Drahtgewebe von KFZ-Polsterungen (siehe Befund im Beweissicherungsgutachten, Wahrnehmungen anläßlich des Ortsaugenscheins verbunden mit den angefertigten Fotografien). Daß diese Ablagerungen von einer sogenannten "wilden Deponie" herrühren, ist auf Grund ihrer Zusammensetzung und der vorgefundenen Menge auszuschließen.

Die Fa.Anton S***** hat von der Liegenschaft K***** 153 t Müll der Deponieklasse III, 2881 m3 der Deponieklasse II und 3403 m3 der Klasse I (gewachsener Boden) verbracht, weiters 56 m3 Nahverfuhr; es fielen 13 Std. Regie zur Sortierung des Materials an. Für diese Leistungen einschließlich Mehrwertsteuer legte die Fa.Anton S***** an die Fa.Max K***** eine Rechnung von S 1,549.896,-. Mit Schreiben vom 11.10.1991 teilte der damalige Rechtsbeistand des Ehepaares K***** der klagenden Partei mit, es habe sich auf den erworbenen Liegenschaften anläßlich der Erdarbeiten herausgestellt, daß sich unter einer dünnen Erdoberfläche Unmengen von Müll befunden hätten; seine Mandantschaft hätte deswegen eine Sondermüllentsorgung beauftragen müssen, die Entsorgungskosten hätten S 1,050.000,-

zuzüglich MWSt. betragen. Unter einem wurde die klagende Partei aufgefordert, den Betrag von S 1,050.000,- binnen 14 Tagen zu ersetzen. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, daß das Ehepaar K***** auch Ersatz für das entsorgte Erdreich benötigte, auch diese Kosten müßten der klagenden Partei angerechnet werden.

Die klagende Partei hat bislang keinerlei Zahlungen an das Ehepaar K***** bzw. die Fa.K***** geleistet; eine definitive Anspruchstellung bezüglich der angefallenen Kosten ist bislang noch nicht erfolgt.

Die Stadt ***** hat sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte aus der widerrechtlichen Ablagerung von Altmaterialien in 1030 Wien an die klagende Partei zur Einziehung abgetreten.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt wie folgt:

Bücherlicher Eigentümer der Liegenschaften sei nach wie vor die Stadt *****, wobei eine Abtretungserklärung zugunsten der klagenden Partei vorliege. Diese erscheine daher als ehemaliger außerbücherlicher Eigentümer und allenfalls aus dem Verkaufsgeschäft mit Stefanie K***** aus dem Titel der Gewährleistung in Anspruch genommener Vertragspartner zur Erhebung eines Feststellungsbegehrens legitimiert, und zwar sowohl für schadenersatzrechtliche als auch für nachbarrechtliche Ansprüche. Ein Feststellungsbegehren erfordere ein rechtliches Interesse und sei nur soweit zulässig, als noch nicht auf Leistung geklagt werden könne. Hier liege eine konkrete Anspruchsstellung des Max K***** gegenüber der klagenden Partei in der Höhe von S 1,050.000,- - vorbehaltlich der Geltendmachung weiterer Kosten für Erdaufschüttungen - vor. Darüber hinaus stehe nach dem Vorbringen der klagenden Partei auch noch nicht endgültig der Anspruchsgrund bezüglich der Haftung aus dem mit Stefanie K***** geschlossenen Vertrag fest. Ob der Liegenschaftskäuferin die gesamten oder nur ein Teil der entstandenen Entsorgungskosten gegenüber der klagenden Partei zustehe, bleibe der definitiven Klärung der Rechtslage zwischen den Vertragspartnern vorbehalten. Da jedoch eine Haftung der klagenden Partei aus dem Vertrag nicht zur Gänze ausgeschlossen werden könne, sei das Feststellungsbegehren gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes in klageabweisendem Sinn ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Ein Bewertungsausspruch unterblieb.

Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes aus:

Nach der älteren Rechtsprechung fehle es dann an einem rechtlichen Interesse an der Feststellung einer Schadenersatzpflicht, wenn ein Schaden bis zum Schluß der mündlichen Streitverhandlung - wie in dem hier zu beurteilenden Fall - nicht nachweisbar sei. Soweit ein Schaden noch gar nicht entstanden sei, habe auch die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB noch nicht zu laufen begonnen.

Entgegen der aktenwidrigen, aber ungerügt gebliebenen Feststellung des Erstgerichtes habe Stefanie K***** nicht sämtliche Liegenschaften, sondern nur einen Teil gekauft. Es wäre daher denkbar, daß der klagenden Partei aus den behaupteten widerrechtlichen Ablagerungen ein Schaden nicht nur durch Ansprüche der Käuferin, sondern auch dadurch entsteht, daß sie selbst für die Beseitigung der Ablagerung von den noch nicht verkauften Liegenschaftsteilen Sorge tragen müsse oder dadurch, daß die Liegenschaften durch die Ablagerungen entwertet seien. Hiezu sei aber ein konkretes Vorbringen nicht erstattet worden.

Erst in jüngerer Zeit sei in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten worden, daß das rechtliche Interesse an der Feststellung, der Schädiger hafte für alle Nachteile, die sich in Zukunft aus einem schädigenden Ereignis ergeben könnten, regelmäßig dann zu bejahen sei, wenn die Möglichkeit offenbleibe, daß das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt verursachen könne. Der Eintritt eines konkreten Schadens schon bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz sei nicht erforderlich. Die Feststellungsklage dienen nämlich nicht nur dem Ausschluß der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde nach. Diese Begründung treffe aber hier nicht zu, weil durch die Einschränkung der Haftung der beklagten Partei auf Schäden aus der Beseitigung von widerrechtlichen Ablagerungen, soweit diese aus dem Gewerbebetrieb der Beklagten stammten, durch die Stattgebung des Feststellungsbegehrens für eine spätere Leistungsklage überhaupt nichts gewonnen wäre. Es müßte nämlich dann völlig neu und selbständig geklärt werden, ob, und wenn ja, in welchem Ausmaß die Beklagte widerrechtliche Ablagerungen auf fremden Grundstücken durchführte. Daß sie aber für solche widerrechtliche Ablagerungen zusätzlich hafte, sei selbstverständlich und bedürfe keiner eigenen Feststellungsklage.

Soweit die klagende Partei ihr Feststellungsbegehren auch mit ihrer Rechtsstellung als Zessionarin von Schadenersatzansprüchen der Stadt Wien begründe, entspreche das unverändert aufrechterhaltene Feststellungsbegehren diesem Haftungsgrund nicht. Es müßte nämlich in einem solchen Fall die Feststellung begehrt werden, daß die Beklagte der klagenden Partei für Ansprüche der Stadt Wien hafte, welche von dieser an die klagende Partei abgetreten wurden.

Da sich sohin das Feststellungsbegehren schon aus den angeführten Gründen als verfehlt erweise, sei in klageabweisendem Sinn zu entscheiden gewesen, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Berufungsvorbringen (Beweisrüge) bedurft hätte.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens unterschiedliche Judikatur vorliege.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zum fehlenden Bewertungsausspruch:

Da der Streitgegenstand nicht in einem Geldbetrag besteht, hätte das Berufungsgericht gemäß § 500 ZPO auszusprechen gehabt, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den es entschied, S 50.000,-

übersteigt, weil dann, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- nicht übersteigt, die Revision jedenfalls unzulässig wäre, und weil das Berufungsgericht nur im Falle eines diese Grenze übersteigenden Wertes des Entscheidungsgegenstandes überhaupt zu einem Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision berufen ist.

Von einem Auftrag an das Berufungsgericht, diesen Ausspruch nachzutragen, kann jedoch wegen der hier gegebenen besonderen Fallgestaltung Abstand genommen werden: Das Berufungsgericht ging auf Grund der festgestellten Entsorgungskosten und des hievon bereits vom Käufer begehrten Teilbetrages von über S 1 Million zweifellos von einem Wert des Entscheidungsgegenstandes von über S 50.000,- aus; der dem Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision entsprechende Bewertungsausspruch unterblieb offenbar versehentlich.

b) Zur Sachentscheidung:

Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von der in der Entscheidung EFSlg 55.030 (mwN), auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt, ausgedrückten Rechtsmeinung zum rechtlichen Interesse an der Feststellung künftiger Schadenersatzpflicht, auch wenn bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz ein Schaden noch nicht eingetreten ist, abzugeben. Demnach ist - im Gegensatz der älteren Rechtsprechung - das rechtliche Interesse an der Feststellung, der Schädiger hafte für alle Nachteile, die sich in Zukunft aus dem schädigenden Ereignis ergeben, regelmäßig zu bejahen, sofern die Möglichkeit offenbleibt, daß das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt verursachen kann. Ein Schaden muß daher bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz noch nicht eingetreten sein. Es genügt, daß sich ein Vorfall, durch den ein konkreter Schaden hätte eintreten können, bereits ereignet hat und sich wiederholen kann oder in Zukunft ein Schaden ohne weiteres Zutun des Schädigers eintreten kann, weil die Feststellungsklage nicht nur den Ausschluß der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde nach dient.

In der hier zu beurteilenden Rechtssache wird die widerrechtliche Ablagerung von Altmaterialien aus zerlegten Fahrzeugen etc. durch die beklagte Partei aus ihrem Gewerbebetrieb behauptet. Daraus kann ein Schaden der klagenden Partei sowohl dadurch entstehen, daß sie a) entweder Entsorgungsarbeiten selbst durchführen muß oder b) für die Durchführung solcher Entsorgungsarbeiten auf Grund ihrer Rechtsstellung als Zwischenerwerber nach § 22 GBG vom Käufer entsprechender Liegenschaftsteile in Anspruch genommen wird oder c) daß fehlendes taugliches Füllmaterial aus gewachsenem Grund und Boden an der Stelle, wo sich das zu entfernende Altmaterial befindet, beschafft werden muß. Diese Möglichkeiten, die zum Teil (a und c) ausdrücklich behauptet wurden, zum Teil (b) sich unmittelbar aus der Rechtsstellung der klagenden Partei zu den noch nicht verkauften Grundstücksteilen ergeben können, rechtfertigen ein Feststellungsbegehren im Sinne der oben dargestellten Grundsätze. Auf die Abtretung von Ansprüchen seitens der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei kommt es daher nicht an.

Wenn feststeht, daß von der Beklagten Altmaterial auf nicht ihr gehörenden Liegenschaftsteilen vergraben wurde, dann gehört die Frage, in welchem Ausmaß dort vorgefundenes Altmaterial von ihr stammte und wie hoch daher der von ihr zu ersetzende Schaden ist, zum Problemkreis der das Feststellungsbegehren nicht berührenden Schadenshöhe, mag auch deren Feststellung später zwischen den Streitteilen ebenfalls strittig sein. Es wird Sache der klagenden Partei sein, für eine entsprechende Beweisbarkeit Vorsorge zu treffen.

Das Berufungsgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren die den Grund des festzustellenden Schadenersatzanspruches betreffende Beweisrüge der beklagten Partei zu erledigen und sodann neu zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte