OGH 5Ob321/99p

OGH5Ob321/99p7.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin Monika O*****, vertreten durch Dr. Karl Stuchlik, Mieterschutzverband Österreichs, Salurnerstraße 8, 6020 Innsbruck, wider die Antragsgegner 1. Mag. Johannes M*****, 2. Michael M*****, 3. Christoph M*****, alle vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Dr. Gerhard Zimmermann, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und 14 MRG, infolge Revisionsrekurses der Erst- bis Drittantragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 23. September 1999, GZ 4 R 367/99w-14, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 14. April 1999, GZ 11 Msch 163/98h-10, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegner wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Mietrechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin war in der Zeit vom 1. 6. 1994 bis einschließlich Februar 1997 Hauptmieterin einer Wohnung im ersten Stock des Hauses ***** in*****, welches im damaligen Zeitraum im Eigentum der Antragsgegner stand.

Mit Entscheidung des Stadtmagistrates I***** vom 22. 6. 1998 wurde über Antrag der Mieterin der zulässige Hauptmietzins gemäß § 16 Abs 1 Z 2 MRG für die Dauer des Mietverhältnisses mit monatlich S 5.658 bestimmt, die Angemessenheit des Entgelts für Einrichtungsgegenstände festgestellt und den Antragsgegnern die Rückzahlung zu viel bezahlter Hauptmietzinse sowie der Vertragserrichtungskosten aufgetragen.

Fristgerecht rief gegen diese Entscheidung der Drittantragsgegner namens der "Hausgemeinschaft M*****, S*****straße***** I*****" gemäß § 40 MRG das Gericht an. Das Erstgericht wies zunächst mit Beschluss vom 31. 7. 1998 den Antrag zurück, weil eine "Hausgemeinschaft" keine Rechtsperson sei. Daher liege keine wirksame Anrufung des Gerichtes vor. Einem dagegen von den Antragsgegnern erhobenen Rekurs gab das Landesgericht Innsbruck Folge und trug dem Erstgericht die Einleitung des Verfahrens auf.

Erst- und Zweitantragsgegner haben mit jeweiligen Spezialvollmachten, die nach Einbringung des Antrags durch den Drittantragsgegner ausgestellt wurden bestätigt, dass der Drittantragsgegner zur Einbringung des Antrags nach § 40 MRG durch sie bevollmächtigt war.

Für die Liegenschaft ist ein Hausverwalter bestellt.

In der Folge wies das Erstgericht den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht ab. Sobald ein Dritter zum Verwalter bestellt sei, sei keiner der Miteigentümer mehr befugt, selbständige Verwaltungshandlungen vorzunehmen. Die Anrufung des Gerichtes stelle eine solche ordentliche Verwaltungshandlung dar. Tatsächlich habe nur ein Minderheitseigentümer, nämlich der Drittantragsgegner das Gericht angerufen. Erst im Zuge des Verfahrens seien die weiteren Miteigentümer unter gleichzeitige Zustimmung zur Vorgangsweise des Dritteigentümers dem Verfahren beigetreten. Damit sei aber die Frist des § 40 MRG nicht mehr gewahrt worden. Es sei nämlich nicht einmal behauptet worden, dass die Zustimmung der Erst- und Zweitantragsgegner im Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts vorgelegen sei.

Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Die Anrufung des Gerichts in einem von einem Mieter eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung des Mietzinses gehöre dem Bereich der ordentlichen Verwaltung an. Stehe fest, dass ein Hausverwalter bestellt sei, sei keiner der Miteigentümer mehr befugt, selbständige Verwaltungshandlungen vorzunehmen. § 833 ABGB sei diesfalls unanwendbar. Im Rahmen der ordentlichen Verwaltung sei dann nur mehr der bestellte Verwalter befugt, mit Wirkung für die Miteigentümer Handlungen im selbständigen Wirkungsbereich der ordentlichen Verwaltung zu setzen. Nach Bestellung eines Verwalters könne nicht einmal mehr der Mehrheitseigentümer wirksam selbständig Verwaltungshandlungen setzen (5 Ob 493/97w). Die Anrufung des Gerichtes falle in die ausschließliche Kompetenz des Verwalters, wobei es nicht daran ankomme, welche Aufgaben dem Verwalter intern tatsächlich übertragen worden seien. Nach außen hin sei nämlich die ihm erteilte Vormacht unbeschränkbar.

Die übrigen vom Rekursgericht zu Bestimmungen des WEG getätigten Ausführungen können unbeachtet bleiben, da im gegenständlichen Haus Wohnungseigentum nicht begründet wurde.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegestandes S 130.000 nicht übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs hingegen zulässig sei. In der Rechtsprechung sei bislang lediglich gesichert, dass sowohl Minderheitseigentümer als auch Mehrheitseigentümer nach Bestellung eines Verwalters nicht wirksam selbständig Verwaltungshandlungen setzen könnten, wenn Wohnungseigentum begründet sei. Eine solche Rechtsprechung fehle allerdings zur Frage, ob dies auch für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit gelte.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses im Sinne der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und Rückverweisung an das Gericht erster Instanz. Hilfsweise wird ein Abänderungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn des gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Vorweg ist klarzustellen, dass die Anrufung des Gerichts nach § 40 MRG durch den Drittantragsgegner namens sämtlicher Eigentümer des Hauses S*****straße***** in I***** erfolgte, was durch den Beisatz "für die Hausgemeinschaft M*****" hinreichend verdeutlicht wird. Fristgerecht wurde von Erst- und Zweitantragsgegner die seinerzeitige Bevollmächtigung des Drittantragsgegners zur Einbringung des Antrags nachgewiesen (ON 8).

In einem Verfahren zur Überprüfung des Hauptmietzinses kann dieser immer nur allen Vermietern gegenüber einheitlich festgestellt werden (WoBl 1996, 154/55). In einem solchen Verfahren sind also alle Vermieter einheitliche Streitpartei. Dennoch reicht die Anrufung des Gerichtes durch einen Minderheitseigentümer trotz der Bestimmung des § 14 Satz 2 ZPO nicht aus, weil vorrangig die materielle Wirksamkeit einer solchen Prozesshandlung zu prüfen ist und eine solche Verwaltungshandlung für die Eigentümergemeinschaft gemäß § 833 ABGB nur von der Mehrheit der Teilhaber gesetzt werden kann (vgl EWR I/40/6 ff).

Dieser Fall liegt entgegen der Ansicht der Vorinstanzen hier nicht vor, hat doch einer der Miteigentümer namens aller übrigen Miteigentümer rechtzeitig die Entscheidung des Gerichtes nach § 40 MRG begehrt. Zutreffend hat das Rekursgericht in seiner Entscheidung vom 20. 11. 1998, GZ 4 R 521/98s-5 dem Erstgericht, das zunächst den Antrag überhaupt zurückgewiesen hatte, den Auftrag zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens durch Nachweis der Vollmachten erteilt (vgl idS EWR I/40/6).

Aber auch das Argument des Rekursgerichtes, wenn ein Verwalter bestellt sei, sei nur dieser, nicht aber die Gesamtheit der Miteigentümer zur Anrufung des Gerichtes befugt, trägt nicht.

Nach herrschender Rechtsprechung und einem Teil der Lehre ist, sobald ein Dritter zum Verwalter bestellt wurde, keiner der Miteigentümer - jedenfalls im Innenverhältnis - mehr befugt, selbständige Verwaltungshandlungen vorzunehmen, § 833 ABGB sei diesfalls unanwendbar (vgl die Darstellung von Schauer in WoBl 1999, 384 f [FN 3-33] Verwalterbestellung und konkurrierendes Verwaltungshandeln von Miteigentümern). Ein Mehrheitseigentümer und erst recht die Gesamtheit der Miteigentümer bleiben aber trotz Bestellung eines Hausverwalters grundsätzlich zur Vornahme von Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung weiterhin berechtigt, weil die Bestellung eines Vertreters die Vertretenen nicht hindert, selbst rechtsgeschäftliche Akte zu setzen und sie nicht darauf beschränkt, das Vollmachtsverhältnis (als Ganzes) aufzukündigen (Czermak-Welser, DRdA 1981, 42; SZ 57/60). Aus den Zweck der Fremdverwaltung ergibt sich mangels besonderer Vereinbarung nur die interne Pflicht aller Teilhaber, nicht in die gewöhnliche, alle Maßnahme der ordentlichen Verwaltung umfassende Tätigkeit des Verwalters durch Setzung eigener rechtsgeschäftlicher Akte einzugreifen. Der Fähigkeit begibt sich jedoch die Mehrheit im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse nicht (vgl Gamerith in Rummel Rz 7 zu § 837 ABGB; WoBl 1991/95, 160; noch offen lassend 5 Ob 446/97t = EWR I/40/16 ff). Die Erteilung der Vollmacht lässt die Fähigkeit des Vollmachtgebers zu eigenen Handlungen auch innerhalb der dem Bevollmächtigten eingeräumten Handlungsbefugnis unberührt.

Das Rechtsverhältnis zwischen dem Verwalter und den Gemeinschaftern unterliegt den Vorschriften über Auftrag und Vollmacht gemäß §§ 1002 ff ABGB. Weil die Gemeinschaft der Miteigentümer keine Rechtspersönlichkeit besitzt, ist der Verwalter weder Organ der Gemeinschaft der Miteigentümer noch ihrer Teilhaber (vgl Schauer, aaO [390, 394]).

Es geht daher durch eine Verwalterbestellung die Prozessführungsbefugnis der Miteigentümer auch in Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung nicht verloren, sodass jedenfalls die Gesamtheit der Miteigentümer gegen eine Entscheidung der Schlichtungsstelle gemäß § 40 MRG wirksam das Gericht anrufen kann.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren den wirksam zu Gericht abgezogenen Antrag der Antragstellerin zu behandeln und darüber inhaltlich zu entscheiden haben.

Der Revisionsrekurs war berechtigt.

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