OGH 5Ob254/12g

OGH5Ob254/12g24.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** B*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Bernd Widerin, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die beklagten Parteien 1. C***** B*****, 2. G***** B*****, 3. V***** B*****, alle vertreten durch WINKLER‑HEINZLE‑NAGEL, Rechtsanwaltspartnerschaft in Bregenz, 4. Verlassenschaft nach J***** J***** B*****, vertreten durch den erbsantrittserklärten Erben M***** B*****, dieser vertreten durch Dr. Edgar Düngler, Rechtsanwalt in Schruns, 5. A***** G*****, wegen Nichtigerklärung der im Verfahren 1 C 283/04g des Bezirksgerichts Montafon (3 R 81/08x des Landesgerichts Feldkirch) ergangenen Urteile (wegen: Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft), aus Anlass der „Berufung“ (richtig: Revision) der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 8. Oktober 2012, GZ 1 R 363/11g‑23, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00254.12G.0124.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Landesgericht Feldkirch mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung durch den Ausspruch zu ergänzen, ob die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO).

Begründung

Im Vorprozess 1 C 283/04g des Bezirksgerichts Montafon hat das Landesgericht Feldkirch in zweiter und letzter Instanz entschieden.

Mit seiner gemäß § 532 Abs 1 ZPO beim Berufungsgericht des Vorprozesses eingebrachten Nichtigkeitsklage begehrte der Kläger, die im Vorprozess gefällten Urteile als nichtig aufzuheben und das in der Hauptsache erhobene Klagebegehren abzuweisen. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren im Aufhebungsverfahren (§ 541 Abs 1 ZPO) ab; die vom Kläger dagegen erhobene „Berufung“ wurde dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die vom Kläger gemäß § 535 ZPO bei diesem eingebrachte Rechtsmittelklage ist nur mit Revision anfechtbar (RIS‑Justiz RS0044932; E . Kodek in Rechberger ZPO³ § 535 Rz 1; Jelinek in Fasching/Konecny ² IV/1 § 535 ZPO Rz 21 Kloiber in Fucik/Klauser/Kloiber ZPO 11 Anm zu § 535). Die vom Kläger erhobene Berufung ist daher als Revision zu behandeln. Deren Zulässigkeit ist nach § 502 ZPO zu prüfen (2 Ob 202/02y; 6 Ob 192/05m; RIS‑Justiz RS0042757). In das Urteil des Berufungsgerichts sind daher Aussprüche nach § 500 Abs 2 ZPO aufzunehmen ( Jelinek aaO § 535 ZPO Rz 22).

2.1 Die vom Berufungsgericht im Vorprozess vorgenommene Bewertung des Entscheidungsgegenstands mit mehr als 4.000 EUR, nicht aber mehr als 20.000 EUR (gemäß § 500 Abs 2 lit b ZPO idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl I Nr 52/2009) war zufolge des damals geltenden Verweises auf § 60 Abs 2 JN in § 500 Abs 3 ZPO entbehrlich (vgl RIS‑Justiz RS0042315; 4 Ob 202/07w). Maßgeblich war der (steuerliche) Einheitswert. Eine davon abweichende Beurteilung durch das Berufungsgericht konnte den Obersten Gerichtshof nicht binden (RIS‑Justiz RS0042315).

2.2 Der Streitwert einer Nichtigkeitsklage ist identisch mit dem des früheren Verfahrens (vgl RIS‑Justiz RS0042445). Anderenfalls ergäbe sich die nicht zu billigende Folge, dass der unterliegende Teil im Prozess über die Rechtsmittelklage in Bezug auf die Revisibilität des berufungsgerichtlichen Urteils günstiger oder schlechter gestellt sein könnte als im Hauptprozess ( Jelinek aaO § 533 Rz 7 mit Judikaturnachweisen). Ungeachtet der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 28. 11. 2012, G 78/12, inzwischen erfolgten Aufhebung der Wortfolge „und § 60 Abs 2 [JN]“ in § 500 Abs 3 ZPO als verfassungswidrig, ist daher auch für die Anfechtbarkeit des hier vorliegenden berufungsgerichtlichen Urteils vom Streitwert des Vorprozesses auszugehen. Dieser betrug unter Zugrundelegung des (steuerlichen) Einheitswertes für die von der Teilungsklage erfassten Liegenschaften jedenfalls mehr als 5.000 EUR, nicht aber mehr als 30.000 EUR (§ 502 Abs 3 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl I Nr 52/2009). Einer eigenen Bewertung des Berufungsgerichts bedurfte es nicht (vgl E . Kodek aaO Rz 6).

3. Nach § 502 Abs 3 ZPO idgF ist die Revision ‑ außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar (wie hier) 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Demnach begründet im Anwendungsbereich des § 502 Abs 3 ZPO erst die ausdrückliche Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht, allenfalls über einen nachträglichen Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO, die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung.

Der Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit der Revision ist damit unentbehrlich. Sowohl eine Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels als auch der Frage, ob der Kläger darin Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist dem Obersten Gerichtshof derzeit verwehrt. Sollte das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist, steht dem Kläger nur der Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO offen. Die Beurteilung, ob in diesem Fall ein Verbesserungsverfahren einzuleiten wäre, bleibt der Beurteilung der Vorinstanz vorbehalten.

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