OGH 2Ob202/02y

OGH2Ob202/02y5.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Edwin H*****, vertreten durch Mag. Klaus Perktold, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei V***** AG, ***** vertreten durch Hoffmann & Brandstätter, Rechtsanwälte KEG in Innsbruck, wegen Nichtigerklärung der im Verfahren 8 C 9/98v des Landesgerichtes Innsbruck ergangenen Urteile (Streitwert EUR 72.672,83), über die Revision ("Berufung") der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15. März 2002, GZ 3 R 103/01y-24, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Rechtsmittelbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit seiner gemäß § 532 Abs 1 ZPO beim Oberlandesgericht Innsbruck - welches im Vorprozess 8 Cg 9/98v des Landesgerichtes Innsbruck in zweiter und letzter Instanz entschieden hatte - am 29. 5. 2001 eingebrachten Nichtigkeitsklage begehrte der Kläger, die im Vorprozess gefällten Urteile als nichtig aufzuheben, das diesen Entscheidungen vorangegangene Verfahren für nichtig zu erklären und das im Vorprozess erhobene Klagebegehren zurückzuweisen. Aus einem Privatgutachten vom 30. 4. 2001 habe sich ergeben, dass er im Vorprozess weder geschäfts- noch prozessfähig im Sinne des § 1 ZPO gewesen sei, sodass der Nichtigkeitssgrund des § 529 Abs 1 Z 2 ZPO vorliege.

Das Oberlandesgericht Innsbruck wies das Klagebegehren ab. Es stellte auf Grund des von ihm durchgeführten Beweisverfahrens unter anderem fest, dass der Kläger trotz bestimmter, vor allem die Affektlage betreffender Beeinträchtigungen (auch) ab Beginn des Vorprozesses durchgehend in der Lage war, zu erfassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wurde, und der für ihn bestellten Verfahrenshelferin die entsprechenden Informationen zu erteilen, und bejahte rechtlich seine Prozessfähigkeit im Vorprozess.

Gegen diese Entscheidung richtet sich das als "Berufung" bezeichnete Rechtsmittel des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rechtsmittelbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist unzulässig.

Wird eine Nichtigkeitsklage gemäß § 532 Abs 1 ZPO nicht beim Erstgericht, sondern beim Berufungsgericht des Vorprozesses eingebracht, sind gemäß § 535 ZPO die für dieses Gericht als Rechtsmittelinstanz maßgebenden Vorschriften anzuwenden. Sein Urteil ist demgemäß nur mit Revision anfechtbar (RIS-Justiz RS0044932, RS0042757, RS0043965; Kodek in Rechberger2 § 535 ZPO Rz 1 mwN). Das Rechtsmittel des Klägers ist somit als Revision zu betrachten, deren Zulässigkeit nach § 502 ZPO zu prüfen ist.

Da der Streitwert im Vorprozess S 1 Mio (EUR 72.672,83) ausmachte, hatte im Nichtigkeitsprozess kein vorinstanzlicher Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu erfolgen (Kodek aaO § 500 Rz 5 mwN); die Revision ist nicht - im Sinne des § 502 Abs 2 und 3 ZPO - jedenfalls unzulässig. Ihre Zulässigkeit hängt vielmehr vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab. Die Nachholung eines vorinstanzlichen Ausspruches über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision nach § 502 Abs 1 ZPO (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO) erübrigt sich aber, weil der Oberste Gerichtshof an einen solchen Ausspruch ohnehin nicht gebunden ist und im vorliegenden Fall nach der Beurteilung des erkennenden Senates keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen ist, was jedenfalls zur Zurückweisung des Rechtsmittels führt (vgl auch RIS-Justiz RS0042438 T 5):

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der erhebliche Bedeutung zukäme, liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Die Behauptung, über den Verfahrenshilfeantrag des Klägers wäre nicht entschieden worden, ist überdies aktenwidrig (vgl AS 49).

Die Beweisrüge - die den Schwerpunkt des Rechtsmittels bildet - ist im Revisionsverfahren unzulässig (Kodek aaO § 503 ZPO Rz 1; vgl zu § 535 ZPO RIS-Justiz RS0042757 T 2).

Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanz, aus ihren - irrevisiblen - Feststellungen ergäbe sich der - revisible - Schluss auf die Prozessfähigkeit des Klägers im Vorprozess (vgl RIS-Justiz RS0014641), bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0009075) und hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

Die Revision war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.

Stichworte