OGH 5Ob228/13k

OGH5Ob228/13k21.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. M***** B***** und 2. Mag. A***** P*****, beide *****, beide vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. R***** Ü*****, und 2. K***** P*****, beide vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterfertigung einer Urkunde (Streitwert 7.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. August 2013, GZ 36 R 65/13w‑15, mit dem infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 4. Jänner 2013, GZ 7 C 292/12z‑11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.361,98 EUR (darin enthalten 263,13 EUR USt und 783,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Miteigentümer einer Liegenschaft, auf der Wohnungseigentum begründet ist. Der Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrag vom 7. 12. 2000, mit dem der ursprüngliche Alleineigentümer der Liegenschaft Anteile an einen weiteren Miteigentümer veräußerte, enthält unter anderem folgende Regelung:

„Punkt VII.:

[...] Im Hinblick auf eine allenfalls erforderliche Neufestsetzung der Nutzwerte gem. § 3 WEG 1975 erteilen die Verkäufer und Käufer ihre Einwilligung zur Berichtigung bzw. Abänderung ihrer Miteigentumsanteile gemäß der Nutzwertfestsetzung durch einen befugten Fachmann/Behörde ohne weiteres Entgelt oder sonstige Entschädigung.

Wird durch Um‑, Aus‑ und Neubauten eine Neufestsetzung der Nutzwerte erforderlich, haben sämtliche Miteigentümer ohne Einrede zuzustimmen und sind zur unentgeltlichen Änderung ihrer Mindestanteile gemäß dem Ergebnis dieser Nutzwertfestsetzung verpflichtet. Die dadurch entstehenden Kosten haben die Miteigentümer zu tragen, durch dessen Handlungen die Neufestsetzung der Nutzwerte und die Änderung des Wohnungsanteiles erforderlich wird.

Sollten im Zusammenhang mit einer späteren Neufestsetzung der Nutzwerte und die dadurch bedingte Änderung der Wohnungseigentumsanteile die Zustimmungs‑, Freilassungs‑ oder Löschungserklärung von bücherlich Berechtigten notwendig sein, so ist jeder Wohnungseigentümer durch dessen Handlung eine Neufestsetzung der Nutzwerte erforderlich wird, verpflichtet, die entsprechenden Kosten zu tragen.“

Mit Kaufvertrag vom 6. (im Ersturteil unrichtig: 7.) 11. 2001 erwarben die Kläger die Wohnungseigentumsobjekte Top 13, 14 und 15. Der darüber abgeschlossene Kaufvertrag enthält unter anderem folgende Regelung:

„Punkt VIII.:

[...] Im Kaufpreis weiters enthalten ist auch das vor den Eingängen der Wohnungen top 14 und top 15 gelegene Stück Gang bis zum Stiegenhaus samt WC. Zwischen den Vertragsteilen wird vereinbart, dass eine Berichtigung der Miteigentumsanteile derart erfolgt, dass dieses Stück Gang samt WC auf Ansuchen der Käufer den Wohnungen top 14 und top 15 zugeschlagen wird und diese Wohnungen zusammengelegt werden. Beide Vertragsteile sind sich dessen bewußt, dass die Zuschlagung des Stückes Gang samt WC der Zustimmung der zentralen Schlichtungsstelle sowie der Zustimmung aller übrigen Miteigentümer bedarf. Die Zustimmung der Miteigentümer liegt schriftlich vor.“

Die Beklagten haben ihre Miteigentumsanteile mit Kaufvertrag vom 9. 11. 2006 erworben. Mit deren Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum an mehreren Objekten verbunden, unter anderem an Top 1/Werkstätte. Lediglich hinsichtlich BLNR 43 (3/2282 Anteile der Erstbeklagten) und BLNR 44 (3/2282 Anteile des Zweitbeklagten) besteht schlichtes Miteigentum.

Punkt VI. des von den Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrags lautet:

„[...] Die kaufende Partei ist in Kenntnis der mit den übrigen Wohnungseigentümern geschlossenen Kaufverträge und tritt in die in diesen Verträgen durch die verkaufende Partei (Anmerkung: der ursprünglichen Alleineigentümerin) übernommenen Verpflichtungen vorbehaltlos und uneingeschränkt ein.“

Die Kläger haben die Wohnungen Top 14 und Top 15 unter Einbeziehung des Gang-WC und der Gangfläche entsprechend der Zusage im Kaufvertrag vom 6. 11. 2001 zusammengelegt, sodass diese nunmehr eine bauliche Einheit darstellen. Sie haben auf eigene Kosten die Erstellung eines Gutachtens für die Neufestsetzung der Nutzwerte gemäß § 9 WEG 2002 in Auftrag gegeben. Im Nutzwertgutachten vom 23. 11. 2011 sind sämtliche Miteigentumsanteile berücksichtigt und neu bewertet worden. Alle Miteigentümer, mit Ausnahme der Beklagten, haben ihre Zustimmung zu diesem Gutachten erteilt.

Die Kläger begehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, den auf der Neufestsetzung der Nutzwerte beruhenden Zusatz zum Wohnungseigentumsvertrag in grundbuchsfähiger Form zu unterfertigen und sämtliche erforderlichen Unterschriften, auch in beglaubigter Form, auf Kosten der Kläger zu leisten, die für die Neufestsetzung der Nutzwerte und die grundbücherliche Durchführung der Nachparifizierung auf der Grundlage des von ihnen eingeholten Nutzwertgutachtens erforderlich sind. Die Beklagten hätten die Verpflichtungen der ursprünglichen Alleineigentümerin übernommen, wobei die vertragliche Verpflichtung, der Neuparifizierung zuzustimmen, als Nebenverpflichtung mit sich bringe, die dafür erforderlichen Unterschriften zu leisten. Da nach dem WEG 2002 Mischhäuser nicht mehr zulässig seien, hätten die bisherigen ideellen Miteigentumsanteile der Beklagten im Zuge der Neufestsetzung der Nutzwerte berücksichtigt werden müssen. Diese würden das Lager II repräsentieren, das wegen seiner geringen Größe nicht als eigenständiges Wohnungseigentumsobjekt in Betracht komme. Es sei daher der Werkstätte Top 1 als Zubehör zugeordnet worden.

Die Beklagten räumten ein, dass die mit der Einbeziehung von Gangflächen in den Wohnungseigentumsverband der Kläger verbundene Widmungsänderung einen Zusatz zum Wohnungseigentumsvertrag erforderlich mache. Der Grund, warum sie ihre Zustimmung verweigerten, liege darin, dass das Gutachten über die Nutzwertberechnung falsch sei. Der für die Wohneinheit der Kläger ermittelte Abstrich für die Lage neben oder über einer Garage sei zu Unrecht erfolgt. Im Nutzwertgutachten würden ihre bisherigen ideellen Miteigentumsanteile als Zubehör zu Top 1/Werkstätte erfasst, wobei ihnen diese Objekte nicht zugänglich seien. Die den Klägern von der Baubehörde nach Fertigstellung der Arbeiten vorgeschriebene Fertigstellungsanzeige liege nicht vor.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Rechtlich beurteilte es den im Wesentlichen unstrittigen Sachverhalt dahin, dass die Beklagten „vorbehaltlos und uneingeschränkt“ in die Verpflichtungen der Verkäuferin, der ursprünglichen Alleineigentümerin, eingetreten seien und daher der wegen des Umbaus der Kläger erforderlichen Neufestsetzung der Nutzwerte ohne Einrede zuzustimmen hätten. Die Formulierung „ohne Einrede“ sei dahingehend zu werten, dass es den Klägern verwehrt sei, Einwände gegen die Nachparifizierung zu erheben. Nur so könne der Zweck dieser Vereinbarung erreicht werden. Die von den Beklagten geforderte „Feststellungsanzeige“ (gemeint wohl: Fertigstellungsanzeige) sei für die Neufestsetzung der Nutzwerte ohne Bedeutung.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren über Berufung der Beklagten ab. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zum Ergebnis, dass der vertraglich formulierte Verzicht auf Einwendungen gegen den Inhalt einer Neufestsetzung der Nutzwerte einem „Blankoscheck“ gleichkomme, der dem Wesen einer einvernehmlichen Nutzwertfestsetzung gemäß § 9 WEG 2002 widerspreche. Eine Blankozustimmung zu einem dem Zustimmenden noch gar nicht vorliegenden Gutachten reiche nicht aus. Liege lediglich eine unwirksame Pauschalzustimmung zur Erstellung eines neuen Gutachtens vor, seien die Wohnungseigentümer auf die Möglichkeit der Neufestsetzung der Nutzwerte gemäß § 9 Abs 2 Z 4 bzw 5 WEG 2000 (richtig: 2002) verwiesen. Eine Verpflichtung zur Unterfertigung eines erst anzufertigenden Nutzwertgutachtens, zu dem „pauschal eine Blankoeinwendigung“ (gemeint offensichtlich: Blankozustimmung) im Vorhinein gegeben worden sei, sei jedenfalls unwirksam.

Die Revision erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil „ ‑ soweit ersichtlich ‑ keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Beurteilung einer Blankoeinwilligung hinsichtlich der Neufestsetzung der Nutzwerte durch eine bauliche Veränderung“ vorliege.

Dagegen richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Ersturteil wiederhergestellt werde.

Die Beklagten begehren, die Revision zurückzuweisen; in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist auch berechtigt.

1.1 In Erweiterung der bereits mit der Wohnrechtsnovelle 1997 BGBl I 1997/22 initiierten „Privatisierung“ der Nutzwertermittlung (vgl dazu T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht § 9 WEG Rz 65; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht II²² § 9 WEG Rz 17) normiert der mit der Wohnrechtsnovelle 2006 BGBl I 2006/124 dem § 9 WEG 2002 neu hinzugefügte Abs 6 die Möglichkeit einer Nutzwertneufestsetzung im Einvernehmen aller Wohnungseigentümer einer Liegenschaft. Danach können die Nutzwerte auch ohne gerichtliche Entscheidung abweichend vom ursprünglichen Nutzwertgutachten (§ 9 Abs 1 WEG) oder von einer behördlichen oder gerichtlichen Nutzwertfestsetzung (§ 9 Abs 2 oder 3 WEG) festgesetzt werden, indem ein neues Nutzwertgutachten eingeholt wird und sämtliche Wohnungseigentümer den Ergebnissen dieses Gutachtens öffentlich beglaubigt schriftlich zustimmen. Diese Bestimmung ermöglicht die im Grundbuchsverfahren zu beantragende Änderung der Nutzwerte ohne gerichtliche Neufestsetzung (5 Ob 261/07d). Daher legt die Übergangsbestimmung des § 58 Abs 1 letzter Satz WEG 2002 idF der WRN 2006 fest, dass diese Bestimmung auf nach dem 30. 9. 2006 bei Gericht einlangende Grundbuchanträge anzuwenden ist.

1.2 Dem Berufungsgericht ist zuzugestehen, dass in der Lehre unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien (1183 BlgNR XXII. GP 13) vertreten wird, dass eine vor Fertigstellung des Gutachtens erteilte (Blanko‑)Zustimmung für eine einvernehmliche Nutzwertneufestsetzung gemäß § 9 Abs 6 WEG nicht ausreicht (vgl T. Hausmann aaO Rz 65; Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 17). Für diese Ansicht spricht schon der Wortlaut des § 9 Abs 6 WEG, nach dem die einvernehmliche Festsetzung neuer Nutzwerte voraussetzt, dass ein Gutachten eingeholt wird und „sämtliche Wohnungseigentümer den Ergebnissen dieses Gutachtens [...] zustimmen“. Eine im Vorhinein erteilte (Blanko‑)Zustimmung von Wohnungseigentümern zu einer einvernehmlichen Festsetzung von Nutzwerten im Sinn des § 9 Abs 6 WEG ist hier aber nicht zu beurteilen. Die Kläger machen nämlich gar nicht geltend, dass wegen der vertraglichen Bindungen, in die die Beklagten eingetreten seien und daher gegen sich gelten lassen müssten, eine Zustimmung zur Nutzwertneufestsetzung bereits vorliege, wovon das Berufungsgericht auszugehen scheint, wenn es auf das Vorliegen einer unwirksamen Pauschalzustimmung verweist. Eine solche Behauptung fände auch keine Deckung im Wohnungseigentumsvertrag vom 7. 12. 2000, auf den sich die Kläger stützen. Danach haben „sämtliche Miteigentümer ohne Einrede zuzustimmen“, wenn durch Um‑, Aus‑ und Neubauten eine Neufestsetzung der Nutzwerte erforderlich wird. Damit wurde aber keine (vorweggenommene) Zustimmung zu einer allenfalls in der Zukunft erforderlich werdenden Neufestsetzung vereinbart, sondern (bloß) die Verpflichtung formuliert, erforderlichenfalls eine solche Zustimmung („ohne Einrede“) zu erteilen.

1.3 Mit der vorliegenden Klage fordern die Kläger die vertragliche Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung zu der aufgrund von Baumaßnahmen erforderlich gewordenen Neufestsetzung der Nutzwerte ein, indem sie die Unterfertigung eines darauf basierenden Zusatzes zum Wohnungseigentumsvertrag vom 7. 12. 2000 begehren. Das geht letztlich deutlich auch daraus hervor, dass sie die Unterschriftsleistung der Beklagten als Nebenpflicht zu der von diesen übernommenen vertraglichen Verpflichtung, der Neuparifizierung ihre Zustimmung zu erteilen, begehren. Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage stellt sich damit nicht.

2. Vertragliche Ansprüche auf Umparifizierung einer Liegenschaft sind im Gegensatz zu den auf das Gesetz gestützten Anträgen im streitigen Verfahren geltend zu machen (5 Ob 270/00t immolex 2001/53 = MietSlg 52.553; T. Hausmann aaO Rz 26; Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 9). Die Zustimmung der übrigen Miteigentümer zur „Neuparifizierung“ kann daher im streitigen Verfahren erzwungen werden (5 Ob 261/07d; T. Hausmann aaO Rz 65).

3. Die Beklagten stellen nicht in Abrede, dass sie mit dem von ihnen abgeschlossenen Kaufvertrag die Verpflichtungen aus dem Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrag vom 7. 12. 2000 von der ursprünglichen Alleineigentümerin übernommen haben. Danach haben sämtliche Miteigentümer „ohne Einrede“ zuzustimmen, wenn durch Um‑, Aus‑ und Neubauten eine Neufestsetzung der Nutzwerte erforderlich wird. Der Oberste Gerichtshof teilt die der Beurteilung des Berufungsgerichts erkennbar zugrunde liegenden Bedenken gegen eine Verpflichtung der Mit‑ und Wohnungseigentümer, einer Neufestsetzung von Nutzwerten „ohne Einrede“ zuzustimmen. Der gänzliche Verzicht auf Einwendungen gegen eine Neubewertung kommt einer vollständigen Unterwerfung hinsichtlich eines noch gar nicht vorliegenden Gutachtens gleich und läuft damit dem Schutz der Wohnungseigentumsbewerber bzw Wohnungseigentümer zuwider. Dennoch kann einer solchen Vertragsklausel nicht jede Bedeutung abgesprochen werden.

4. Zweck einer Vereinbarung, wie der gegenständlichen, ist eine möglichst zügige Abwicklung der Neuparifizierung und damit die möglichst rasche Herstellung einer den tatsächlichen Gegebenheiten auf der Liegenschaft entsprechenden Nutzwertfestsetzung. Ausgangspunkt der Nutzwertberechnung ist neben den zwingenden einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen die der Rechtslage entsprechende Widmung durch die Wohnungseigentümer (RIS‑Justiz RS0083252). Für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts ist die privatrechtliche Einigung maßgebend (5 Ob 106/06 immolex 2006/128, 318 [ Maier‑Hülle ] = wobl 2006/147, 368 [ Call ]; 5 Ob 11/07i; 5 Ob 29/08p; RIS-Justiz RS0120725). Eine solche Widmung kann auch konkludent erfolgen (RIS‑Justiz RS0114928).

5. Redlichen Parteien ist nicht zu unterstellen, dass sie eine Vereinbarung bezweckten, die vorweg Einwände gegen eine den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen oder der ausdrücklichen oder schlüssigen Widmung durch die Wohnungseigentümer widersprechende Nutzwertfestsetzung abschneiden soll. Die hier in Rede stehende Vereinbarung ist daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht so zu verstehen, dass den Beklagten von vornherein jede inhaltliche Prüfung des Nutzwertgutachtens und damit jeder Einwand gegen die Nutzwertfestsetzung abgeschnitten wäre. Einer dem Gesetz entsprechenden und den Intentionen des Wohnungseigentumsvertrags folgenden Nutzwertberechnung können die Beklagten ihre Zustimmung aber nicht mit Erfolg verweigern.

6. Das WEG 2002 verlangt in seinem § 3 Abs 2 die zwingende Begründung von Wohnungseigentum an allen wohnungseigentumstauglichen Objekten (vgl T. Hausmann aaO Rz 12, § 3 Rz 54 f). Das sind nach § 2 Abs 2 WEG Wohnungen, sonstige selbständige Räumlichkeiten und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge. Daneben kennt das WEG nur Zubehör und allgemeine Teile der Liegenschaft als wohnungseigentumsrechtliche Kategorien (vgl § 2 Abs 3 und 4 WEG). Eine sonstige selbständige Räumlichkeit ist ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbständiger Teil eines Gebäudes, dem nach seiner Art und Größe eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt ( Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 2 WEG Rz 12). Allgemeine Teile sind solche, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht (vgl 5 Ob 29/08p).

7. Die Beklagten sind ideelle Miteigentümer von je 3/2282 Anteilen (BLNR 43 und 44). Im Verfahren sind sie der Behauptung der Kläger, dass diese Anteile das Lager II „repräsentierten“, nicht entgegengetreten, weswegen davon ausgegangen werden kann, dass ihnen nach der ‑ jedenfalls konkludent erfolgten ‑ vertraglichen Zuweisung das ausschließliche Benützungsrecht am Lager II zukommt. Dabei handelt es sich um einen im Souterrain gelegenen Raum, der nach der einen Bestandteil der Feststellungen des Ersturteils bildenden Nutzwertberechnung eine Größe von 6,44 m² aufweist. Schon von seiner Größe her fehlt diesem Raum die Eigenschaft für ein wohnungseigentumsfähiges Objekt. Einer Berücksichtigung dieses Raums als Allgemeinfläche steht die Zuordnung der Nutzungsrechte an die Beklagten und damit die klare Parteieneinigung entgegen.

8. Indem sich die Beklagten gegen die Einordnung des Lagers II als Zubehör zur Top 1/Werkstätte wenden, machen sie daher weder einen Verstoß gegen zwingende Grundsätze der Nutzwertberechnung noch eine falsche Einordnung in eine der drei grundsätzlichen wohnungseigentumsrechtlichen Kategorien geltend. Die Zuordnung des Lagers II als Zubehör (§ 2 Abs 3 WEG) zu einem der im Wohnungseigentum der Beklagten stehenden Objekte, stellt daher keinen Grund dar, dass die Beklagten ihre Zustimmung verweigern könnten. Ihr Vorbringen, ihnen wäre der Zugang zu Top 1 oder zum Lager II nicht möglich, haben sie in erster Instanz nicht näher ausgeführt.

9. Auch mit ihrem Verweis auf die Berücksichtigung von Abschlägen wegen der Lage der den Klägern zugeordneten Wohnungseigentumsobjekten machen sie keine solchen Einwände geltend, auf die in Anbetracht ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Zustimmung Bedacht genommen werden könnte. Darauf, dass es für die Neufestsetzung der Nutzwerte ohne Belang ist, ob die Kläger eine Fertigstellungsanzeige („Feststellungsanzeige“) abgegeben haben, hat bereits das Erstgericht zutreffend hingewiesen.

10. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Beklagten aufgrund der von ihnen übernommenen vertraglichen Verpflichtung die von den Klägern eingeforderte Zustimmung zum Zusatz zum Wohnungseigentumsvertrag nicht mit Erfolg verweigern können. Der Auffassung des Erstgerichts, dass die Verpflichtung, der Neufestsetzung der Nutzwerte zuzustimmen, auch die Nebenpflicht mit sich bringt, die dafür erforderlichen Unterschriften zu leisten, sind die Beklagten bereits in ihrer Berufung zu Recht nicht mehr entgegengetreten.

11. Der Revision der Kläger ist damit Folge zu geben und die Entscheidung des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

12. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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