OGH 5Ob2199/96k

OGH5Ob2199/96k29.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Schinko und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin BIG Liegenschaftsverwertungsgesellschaft m.b.H., 1030 Wien, Neulinggasse 29, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, betreffend Eintragungen in den EZ 5418 des Grundbuches 01620 Brigittenau sowie 921 des Grundbuches 01617 Strebersdorf (hier nur mehr die EZ 921 des Grundbuches Strebersdorf betreffend), infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22.März 1996, GZ 46 R 73/96t, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 13.Dezember 1995, TZ 6233/95, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Auf Grund des Kaufvertrages vom 9.5.1994 (./A) wird die Vormerkung des Eigentumsrechtes für die BIG Liegenschaftsverwertungsgesellschaft m. b.H., 1030 Wien, Neulinggasse 29, im Eigentumsblatt der Liegenschaft EZ 921 GB 01617 Strebersdorf bewilligt.

Das Mehrbegehren der Antragstellerin, ihr die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu bewilligen, wird abgewiesen."

Hievon werden verständigt:

1) BIG Liegenschaftsverwertungsges. m.b.H., 1030 Wien 3., Neulinggasse 29, Mag.Höf. mit Grundbuchsabschriften

2) Finanzprokuratur, 1011 Wien 1., Singerstraße 17-19 zu II/BIG 1, mit den Originalurkunden, insbes. Notariatsakt und Unbedenklichkeitsbescheinigung,

3) Bundesminister für Finanzen, 1010 Wien 1., Himmelpfortgasse 4-8, zu eigenen Handen

4) Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, 1011 Wien 1., Stubenring 1 zu GZ 620.240/1-V/10/a/94,

5) Finanzamt f. d. 20. Bezirk, zu BRP 375597/94-VII/24 des FA für Geb. und VSt. Wien,

6) Finanzamt f. d. 21. Bezirk, zu BRP 375597/94-VII/24 des FA für Geb. u. VSt. Wien,

7) Bundesbaudirektion Wien für Wien, NÖ und Bgld, 1030 Wien 3., Hintere Zollamtstr. 1

Text

Begründung

Am 23.10.1995 beantragte die Antragstellerin, vertreten durch die Finanzprokuratur, die keine Vollmacht vorlegte, ua (ein weiteres Begehren ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens) die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes in der Grundbuchseinlage EZ 921 GB 01617 Strebersdorf. Sie legte dazu die beglaubigte Ausfertigung eines Notariatsaktes vom 9.5.1994 vor, mit dem ein von ihr mit der Republik Österreich abgeschlossener Kaufvertrag über die fragliche Liegenschaft bekräftigt wurde, dazu noch einen Auszug aus dem Firmenbuch, die Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes und eine Ablichtung des BIG-Gesetzes, BGBl 1992/419.

Der erwähnte Kaufvertrag ist für die Republik Österreich vom Bundesminister für Finanzen, Ferdinand Lacina, und für die Antragstellerin von deren Geschäftsführern Dr.Hartwig C***** und Dipl.-Ing.Gerhard B***** unterzeichnet. Die Vertretung der Republik Östereich durch den Bundesminister für Finanzen erfolgte dabei, wie im Kaufvertrag - entsprechend dem § 3 Abs 4 des BIG-Gesetzes - auch einleitend festgehalten wurde, "im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten". Tatsächlich ist dem Notariatsakt (der in Anwesenheit des Bundesministers Dkfm.Ferdinand Lacina und der bereits genannten Geschäftsführer der Antragsteller aufgenommen wurde) ein mit 6.5.1994 datiertes Schreiben mit folgendem Wortlaut angeheftet:

Republik Österreich

Dr.Wolfgang Schüssel

Wirtschaftsminister

GZ.: 600.460/64-V/8/94

Ich erkläre, daß das Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Finanzen über den Abschluß des Kaufvertrages zwischen der Republik Österreich und der BIG Liegenschaftsverwertungsges. m.b.H. (BIG-LIV) hinsichtlich der Liegenschaften der Anlage B des BIG-Gesetzes, BGBl Nr.419/1992, hergestellt wurde und keine Bedenken gegen den Abschluß des Kaufvertrages bestehen.

Bundesminister Dr.Wolfgang Schüssel

Die Unterschrift auf diesem Schreiben ist unleserlich und nicht beglaubigt; ein amtliches Siegel fehlt.

Der Kaufvertrag enthält keine Aufsandungserklärung. Dafür enthält das gegenständliche Eintragungsgesuch unmittelbar vor dem vorformulierten Wortlaut des begehrten Grundbuchsbeschlusses folgenden Zusatz:

Die Prokuratur wurde von beiden Vertragsparteien (vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Note vom 22.9.1994, Zl. 620.240/1-V/10a/94 - für die BIG Liegenschaftsverwertungsges. m.b.H. bereits auf Grund des zitierten Bundesgesetzes BGBl. 1992/419) ermächtigt, alle zur grundbücherlichen Durchführung erforderlichen Erklärungen, insbesondere auch Aufsandungerklärungen in grundbuchsfähiger Form abzugeben; ihre Legitimation ergibt sich aber auch aus dem Prokuraturgesetz, StGBl. 1945/172 igF.

Namens der beteiligten Bundesministerien (für Finanzen, für wirtschaftliche Angelegenheiten) sowie der BIG Liegenschaftsverwertungsges. m.b.H. gibt die Prokuratur hiermit die Erklärung ab, daß die im Nachfolgenden beantragten Grundbuchshandlungen durchgeführt und ob den bezeichneten Liegenschaften das bücherliche Eigentum der BIG Liegenschaftsverwertungsges. m.b.H. einverleibt werden kann.

Die erwähnte Note vom 22.9.1994 wurde nicht vorgelegt.

Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab. Es beanstandete das Fehlen einer Einschreitervollmacht der Finanzprokuratur iSd § 77 Abs 1 GBG, das Fehlen einer dem § 32 Abs 1 lit b GBG entsprechenden Aufsandungserklärung und schließlich noch, daß im Grundbuch die Republik Österreich (Bundesgebäudeverwaltung) als Eigentümerin der verkauften Liegenschaft aufscheine, den Kaufvertrag jedoch der Bundesminister für Finanzen abgeschlossen habe. Gemäß § 47 Abs 3 NO hätten die am Rechtsgeschäft Beteiligten die Urkunde zu unterzeichnen. Hier sei nicht eindeutig nachzuvollziehen, daß der Bundesminister für Finanzen die Republik Österreich - Bundesgebäudeverwaltung vertreten könne. Auch fehle bei der Unterfertigung das Siegel der Republik Österreich.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Es sei an der bereits in der Entscheidung 46 R 3026/95 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vertretenen Rechtsansicht festzuhalten, daß die Finanzprokuratur eine besondere Vollmacht brauche (und diese dem Gericht darzulegen habe), wenn sie für die Antragstellerin im Grundbuchsverfahren einschreite. Gemäß § 7 des BIG-Gesetzes, BGBl 1992/419, könne sich zwar die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. von der Finanzprokuratur rechtlich beraten und vertreten lassen; wenn jedoch die Finanzprokuratur unter Hinweis auf § 4 Abs 1 ProkG (BGBl 1945/172 idF BGBl 1992/763) ausführe, daß sie zu ihrem Einschreiten vor den ordentlichen Gerichten keines Nachwieses ihrer Vollmacht bedürfe (und somit auch keine Berufung auf die erteilte Vollmacht erforderlich sei), sei ihr die Bestimmung des § 1 Abs 2 ProkG entgegenzuhalten, wonach es sich bei der Befugnis der Finanzprokuratur zur Vertretung der im ProkG angeführten Rechtsträger um eine ausschließliche handle. Eine derartige Bestimmung fehle im BIG-Gesetz; vielmehr sei in dessen § 7 - wie ausgeführt - ausdrücklich vorgesehen, daß die Vertretungsbefugnis der Finanzprokuratur nur eine fakultative sei. § 4 Abs 1 ProkG komme daher hier nicht zur Anwendung, sodaß die Einschreiterin sich auf eine ihr erteilte Vollmacht zu berufen oder eine schriftliche Vollmacht vorzulegen habe.

Weiters müßten gemäß § 32 Abs 1 lit b GBG Privaturkunden auch die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, daß er in die Einverleibung einwillige, enthalten. Diese sogenannte "Aufsandungserklärung" müsse zwar nicht in der Urkunde selbst enthalten sein, sondern es könne hierüber auch eine getrennte Urkunde errichtet oder die Aufsandungserklärung - wie hier - in das Grundbuchsgesuch aufgenommen werden, doch müsse die Aufsandungsklausel jedenfalls das Recht, dessen Eintragung bewilligt werden soll, sowie die Bewilligung der Einverleibung des Rechtes bzw zur Einverleibung der Übertragung enthalten. Es genüge nicht, wenn bloß die Bewilligung zur Eintragung erteilt wird (Bartsch, GBG7, 140 f). Diesen Erfordernissen genüge die vorliegende Aufsandungerklärung nicht, da in ihr nur die Einwilligung zur Durchführung der "im Nachfolgenden beantragten Grundbuchshandlungen" sowie die Einverleibung des bücherlichen Eigentums "ob den bezeichneten Liegenschften" erteilt werde.

Schließlich sei keine Spezialvollmacht vorgelegt worden, obwohl die Aufsandungserklärung von derselben Person abgegeben wurde, welche auch die Antragstellerin vertrete.

Nicht gefolgt werden könne jedoch dem Erstgericht darin, daß es einen weiteren Abweisungsgrund darstelle, daß die Liegenschaftseigentümerin, die Republik Österreich, bei Abschluß des Kaufvertrages vom 9.5.1994 durch den Bundesminister für Finanzen vertreten gewesen sei. Diese Vertretungsbefugnis ergebe sich nämlich aus § 3 Abs 4 des BIG-Gesetzes (BGBl 419/92).

Die Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob § 4 Abs 1 ProkG auch bei der Vertretung der Bundesimmobilien-GesmbH zur Anwendung kommt.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs, dessen Argumente noch darzustellen sein werden, begehrt die Antragstellerin die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinn einer Bewilligung des (nur mehr die Liegenschaft EZ 921 GB 01617 Strebersdorf betreffenden) Eintragungsbegehrens.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, jedoch - im Ergebnis - nur teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ein Beschwerdepunkt betrifft die Frage, ob die Finanzprokuratur - wie von den Vorinstanzen angenommen - gemäß § 4 Abs 1 ProkG nur in Fällen der ausschließlichen Vertretungsbefugnis (also bei einem Einschreiten für die in § 2 [jetzt Abs 1] ProkG angeführten juristischen Personen vor den ordentlichen Gerichten) vom Nachweis ihrer Vollmacht befreit ist oder auch dann, wenn sie - wie hier gemäß § 7 BIG-Gesetz - eine bloß fakultative Vertretungsbefugnis wahrnimmt. Die Rechtsmittelwerberin meint, daß sie durch § 4 Abs 1 ProkG generell vom Vollmachtsnachweis entbunden sei, wenn sie bei einem ordentlichen Gericht einschreitet, und kann hiefür überzeugende Gründe anführen:

Der von den Vorinstanzen postulierte Rechtssatz, daß sich die Finanzprokuratur nur in Fällen einer ausschließlichen Vertretungsbefugnis auf die in § 4 Abs 1 ProkG normierte Befreiung vom Nachweis ihrer Einschreitervollmacht berufen könne, ist weder dem Wortlaut der genannten Gesetzesbestimmung noch ihrem Sinn zu entnehmen. Die Vollmacht zum Einschreiten beruht nämlich in beiden Fällen auf dem Gesetz - im konkreten Fall auf § 7 BIG-Gesetz - und ist damit in ausreichender Weise dargetan. Einer zusätzlichen Bekräftigung der Einschreiterbefugnis, etwa durch die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung (die bei Rechtsanwälten oder Notaren gemäß § 30 Abs 2 ZPO - auch im Grundbuchsverfahren: E 45 zu § 77 GBG, MGA4 - den urkundlichen Nachweis der Vollmacht ersetzen würde), bedarf es nicht. Daß dies auch der Gesetzgeber so sieht, ergibt sich daraus, daß er der Finanzprokuratur durch Art III BGBl 1992/763 (im neuen Absatz 2 des § 2 ProkG) zusätzliche, und zwar fakultative Vertretungsbefugnisse zugewiesen hat, ohne § 4 Abs 1 ProkG zu ändern.

Ein zweiter Beschwerdepunkt betrifft die Form der Aufsandungserklärung. Auch hier ist der Rechtsmittelwerberin zuzugestehen, daß der Vorschrift des § 32 Abs 1 lit b GBG, wonach eine zur Einverleibung taugliche Privaturkunde eine ausdrückliche Erklärung desjenigen enthalten muß, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, daß er in die Einverleibung einwillige, formell entsprochen wurde. Wenn die Einverleibungsbewilligung - wie hier - den Wortlaut des Grundbuchsantrages zu ihrem Inhalt macht, ist sie ausreichend genau und deutlich formuliert. Der Umstand, daß dabei auf den "nachfolgenden" Wortlaut des Grundbuchsantrages verwiesen wird, schadet dann nicht, wenn durch Form und Inhalt der Urkunde nach den Kriterien des § 27 Abs 1 GBG sichergestellt ist, daß die (erforderlichenfalls beglaubigte) Unterschrift des verfügenden auch den Wortlaut des Grundbuchsantrages deckt. Auch in diesem Punkt sind die Bedenken der Vorinstanzen angesichts der vorliegenden Grundbuchseingabe unbegründet.

Dennoch weist das Grundbuchsgesuch Mängel auf, die der beantragten Einverleibung des Eigentumsrechtes der Antragstellerin entgegenstehen:

Gemäß § 32 Abs 2 GBG kann die Aufsandungerklärung desjenigen, der über bücherliche Rechte verfügt, zwar auch im Grundbuchsgesuch abgegeben werden, doch muß in einem solchen Fall das Grundbuchsgesuch mit den Erfordernissen zur Einverleibung versehen sein. Diese Gesetzesbestimmung trägt dem Umstand Rechnung, daß die Aufsandungserklärung, die § 433 ABGB zum unverzichtbaren Inhalt eines rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs erklärt, ein Teil des Verfügungsgeschäftes ist. Folgerichtig muß derjenige, der in Vertretung des Veräußerers bücherlicher Rechte eine Aufsandungserklärung abgibt, zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen bevollmächtigt sein. § 31 Abs 6 GBG verlangt hiefür sogar eine besondere Vollmacht: sie muß entweder auf das bestimmte Geschäft lauten oder darf nicht früher als drei Jahre vor dem Ansuchen um die Einverleibung ausgestellt sein. Soll die Einverleibung auf Grund einer Privaturkunde erfolgen, bedarf es außerdem noch der beglaubigten Unterschrift des Machtgebers auf der Vollmacht (§ 31 Abs 1 GBG), weil die Vollmacht selbst zu den Eintragungsgrundlagen gehört (SZ 45/74 ua).

An einer solchen Verfügungsvollmacht der Einschreiterin fehlt es im konkreten Fall. Die jetzt im Revisionsrekurs vorgetragenen Argumente, die belegen sollen, daß die Finanzprokuratur ohnehin zur rechtsgeschäftlichen Vertretung der Republik Österreich bevollmächtigt sei und/oder dem Grundbuchsgericht diese Vollmacht nicht nachzuwiesen habe, erweisen sich insgesamt als nicht stichhältig.

Das Hauptargument der Rechtsmittelwerberin geht dahin, daß die Finanzprokuratur als Dienststelle der Republik Österreich gar nicht als Machthaber (Vertreter) iSd § 31 Abs 6 GBG anzusehen sei, weil ihr die Rechtspersönlichkeit (die "Verschiedenheit" vom Vertretenen) fehle; andererseits schließe die in § 1 Abs 1 Z 2 ProkG festgelegte Vertretungsbefugnis der Finanzprokuratur im Zusammenhang mit der Vertretungsbefugnis vor allen Gerichten "ohne Zweifel auch die Abgabe von Intabulationserklärungen ein". Eine solcherart gesetzlich umschriebene Befugnis zur Abgabe rechtsrelevanter Erklärungen ersetze die in § 31 Abs 6 GBG geforderte Spezialvollmacht; da es sich um eine permanente Vertretungsmacht handle, könne auch die im letzten Halbsatz des § 31 Abs 6 GBG für allgemeine Vollmachten festgelegte Befristung keine Rolle spielen.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß auch eine bloße "Dienststelle" der Republik als deren Vertreter fungieren kann, soweit ihr das Gesetz eine Vertretungsbefugnis zuweist. Im Rahmen dieser Vertretungsbefugnis wird die Trennung von Machtgeber und Machthaber fingiert, sodaß kein Grund zu finden ist, warum jene Vertretungsregeln, die für den Normalfall der Vertretung einer Rechtsperson durch eine andere konzipiert wurden, hier nicht angewendet werden sollen. Daß die Finanzprokuratur organschaftliche Vertreterin der Republik Österreich wäre, wird ohnehin nicht geltend gemacht.

Das ProkG gewährt der Finanzprokuratur primär die Befugnis, die Republik Österreich (und andere in § 2 ProkG genannte Rechtsträger) vor allen Gerichten und Verwaltungsbehörden zu vertreten (§ 1 Abs 1 Z 1 leg cit). Diese Einschreiterbefugnis (vgl § 77 GBG) ist von der Verfügungsbefugnis (vgl § 31 Abs 6 GBG) streng zu trennen. Aus der gesetzlichen Vertretungsmacht der Finanzprokuratur, für die Republik Österreich ein Grundbuchsgesuch einzubringen und alle für dieses Verfahren relevanten Prozeßerklärungen abzugeben, ist daher nicht zu folgern, daß sie auch zur Abgabe einer Aufsandungserklärung befugt wäre. Das ergibt sich aus der rechtsgeschäftlichen Natur der Aufsandungserklärung, die ein Machthaber für den Machtgeber - wie oben erwähnt - nur auf Grund einer Verfügungsvollmacht abgeben kann. Unabhängig davon wäre für die Rechtsmittelwerberin selbst dann nichts gewonnen, wollte man die Rechtsmacht der Finanzprokuratur zur Abgabe der gegenständlichen Aufsandungserklärung auf deren Einschreiterbefugnis gründen. Diesfalls läge nämlich ein Fall der Doppelvertretung - einerseits der Republik Österreich als Verkäuferin der Liegenschaft, andererseits der Antragstellerin - vor, den § 6 ProkG so reglementiert, daß die Finanzprokuratur nur für die Republik Österreich einschreiten könnte. Das Grundbuchsgesuch der Antragstellerin wäre auch unter diesem Gesichtspunkt mit einem - nicht verbesserungsfähigen (NZ 1980, 159; SZ 66/72 ua) - Vollmachtsmangel behaftet.

Auch § 1 Abs 1 Z 2 ProkG bietet - entgegen der Argumentation der Rechtsmittelwerberin - keine Grundlage für eine Verfügungsvollmacht der Finanzprokuratur zur Abgabe einer Aufsandungserklärung. Nach dieser Gesetzesbestimmung ist die Finanzprokuratur berufen, die Republik Österreich (und andere Rechtsträger) in Rechtsangelegenheiten zu beraten; insbesondere hat sie Rechtsgutachten zu erstatten sowie beim Abschluß von Rechtsgeschäften und bei der Abfassung von Rechtsurkunden mitzuwirken. Eine Vollmacht zum Abschluß von Rechtsgeschäften für die Republik Österreich, etwa zum Verkauf einer Liegenschaft (und genau darum geht es bei der Abgabe einer Aufsandungserklärung), ist dieser Vorschrift nicht zu entnehmen. Für den Verkauf der im BIG-Gesetz aufgelisteten Liegenschaften ist in § 3 Abs 4 leg cit die diesbezügliche Vertretungskompetenz sogar ausdrücklich dem Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zugewiesen. Die Vollmacht der Finanzprokuratur zur nachträglichen Abgabe der im gegenständlichen Kaufvertrag fehlenden Aufsandungserklärung ergibt sich daher keineswegs "unzweifelhaft" aus dem Gesetz, insbesondere nicht aus § 1 Abs 1 Z 2 ProkG; es fehlt sowohl an einer Spezialvollmacht zum Verkauf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft als auch an einer allgemeinen Verfügungsvollmacht iSd § 31 Abs 1 letzter Halbsatz GBG, sodaß der Hinweis der Rechtsmittelwerberin auf die permanente Vertretungsmacht der Finanzprokuratur (die sich eben nur auf die in § 1 Abs 1 ProkG angeführten Agenden bezieht) dem Vollmachtsmangel nicht abzuhelfen vermag.

Ein weiteres Argument der Rechtsmittelwerberin geht dahin, daß sich die Finanzprokuratur im gegenständlichen Grundbuchsantrag ohnehin auf das Vorliegen einer Vollmacht beider Parteien des Kaufvertrages vom 9.5.1994, also auch der Republik Österreich, berufen habe, die noch fehlende Aufsandungserklärung in grundbuchsfähiger Form abzugeben. Auch das ändert jedoch nichts an dem gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG wahrzunehmenden Mangel eines ordnungsgemäßen Nachweises der in Anspruch genommenen Verfügungsmacht. Selbst unter der Annahme, daß sich die Finanzprokuratur gleich Rechtsanwälten und Notaren iSd § 30 Abs 2 ZPO auf eine ihr erteilte Bevollmächtigung berufen könnte, bleibt zu beachten, daß eine solche Erklärung immer nur den Nachweis der Einschreitervollmacht, nicht aber auch den Nachweis der im konkreten Fall notwendigen Verfügungsvollmacht ersetzen kann (vgl Hofmeister in NZ 1984, 35).

Schließlich meint die Rechtsmittelwerberin noch, die begehrte Grundbuchseintragung unterliege gar nicht den formellen Voraussetzungen des § 31 GBG, weil es sich - entgegen dem Wortlaut ihres Begehrens - gar nicht um eine Einverleibung, sondern um eine bloße Grundbuchsberichtigung iSd § 136 Abs 1 handle. Ansatzpunkt dieser Erwägungen ist § 2 Abs 2 des BIG-Gesetzes, der anordnet, daß die "Gesellschaft" (was sich nach dem letzten Satz leg cit auch auf die Antragstellerin beziehe) mit dem Zeitpunkt des obligatorischen Erwerbs von Eigentum an bundeseigenen Liegenschaften von Gesetzes wegen in alle die Liegenschaften betreffenden Rechtsverhältnisse des Bundes mit Dritten eintrete. Daraus sei zu schließen, daß sich der Eigentumserwerb der Antragstellerin unmittelbar aus dem Gesetz ergebe und das Grundbuch nur noch richtigzustellen sei. Gesetzlich normiert ist jedoch in der fraglichen Bestimmung nicht der Eigentumserwerb des Liegenschaftskäufers, der nach dem Intabulationsprinzip sehr wohl der Einverleibung bedarf (§ 431 ABGB), sondern (erkennbar zur Vermeidung von Problemen, die das Intabulationsprinzip im Zusammenhang mit § 1120 ABGB auswirft) lediglich der Eintritt des Erwerbers in bestehende Rechtsverhältnisse des Veräußerers mit Dritten, etwa in Bestandverträge. Die Eintragungserleichterungen des § 136 Abs 1 GBG kann daher die Rechtsmittelwerberin nicht in Anspruch nehmen.

Im Ergebnis zu Recht haben daher die Vorinstanzen das Fehlen einer gültigen Aufsandungserklärung der Liegenschaftsverkäuferin (hier der Republik Österreich) zum Anlaß genommen, das Einverleibungsgesuch der Käuferin abzuweisen. Zu bemerken bleibt, daß auch das nach § 3 Abs 4 BIG-Gesetz vom Bundesminister für Finanzen beim Verkauf der im erwähnten Gesetz angeführten Liegenschaften herzustellende Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nicht ordnungsgemäß nachgewiesen wurde. Dazu hätte es, da die Erklärung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten eine Eintragungsgrundlage darstellt, gemäß § 31 Abs 1 GBG der Beglaubigung der Unterschrift des Bundesministers oder der Beisetzung des Amtssiegels bedurft (vgl SZ 36/153; RPflSlg 351).

Die aufgezeigten Mängel verhindern gemäß § 94 Abs 1 Z 4 GBG die Bewilligung der Einverleibung des Eigentumsrechtes der Antragstellerin (also den unbedingten Erwerb des Eigentumsrechtes an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft), nicht jedoch die Bewilligung der Vormerkung nach § 35 GBG, da die vorgelegte Kaufvertragsurkunde wenigstens die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26 und 27 GBG) zur grundbücherlichen Eintragung besitzt. Gemäß §§ 85 Abs 3 und 95 Abs 2 GBG war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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