OGH 5Ob218/17w

OGH5Ob218/17w10.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin A*, vertreten durch Mag. Karl Daniel Grazer, öffentlicher Notar in Klagenfurt, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts und anderer Grundbuchshandlungen ob EZ * KG *, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 14. September 2017, AZ 1 R 201/17d, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 8. Juni 2017, TZ 5433/2017, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121832

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin einer Liegenschaft. Unter C‑LNr 229 ist auf den Miteigentumsanteilen der Antragstellerin unter TZ 5750/1975 das Wiederkaufsrecht „gem Par 11 Kaufvertrag 1972‑11‑17 auf die Dauer von 20 Jahren für G* Genossenschaft mit beschränkter Haftung“ einverleibt.

Der § 11 des Kaufvertrags vom 17. 11. 1972 lautet: „Der Käufer/Die Käuferin räumt der G* Genossenschaft mit beschränkter Haftung, auf die Dauer von 20 Jahren vom Tage der grundbücherlichen Eintragung an ein Wiederkaufsrecht für den Fall der Weiterveräußerung im Sinne des § 8 des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (§ 8 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom 29. 2. 1940, RGBl. I S 438) ein und ist dieses Wiederkaufsrecht bei den kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteilen des Käufers/der Käuferin zugunsten der Siedlungsgenossenschaft *' einzuverleiben. [...].“

Die Antragstellerin stellte – soweit für das Revisionsrekursverfahren von Relevanz – den Antrag, das eingetragene Wiederkaufsrecht „als gegenstandslos“ zu löschen; eine dieses Begehren betreffende Urkunde legte die Antragstellerin nicht vor.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Der Anspruch aus einem Wiederkaufsrecht könne zwar bei zeitlicher Limitierung durch Fristablauf verloren gehen. Gestaltungs- oder Optionsrechte, wie etwa das Wiederkaufsrecht, würden aber grundsätzlich innerhalb von dreißig Jahren verjähren. Im vorliegenden Fall bestünden Zweifel daran, dass die im Grundbuch ersichtliche Frist bereits abgelaufen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Die Frist von 20 Jahren zur Ausübung des Wiederkaufsrechts habe zwar mit dem Tag der grundbücherlichen Durchführung, also spätestens mit dem 31. Dezember 1975 (arg: TZ 5750/1975) begonnen und daher jedenfalls mit Ablauf des 31. Dezember 1995 geendet. Allerdings übersehe die Antragstellerin, dass der Löschung des Wiederkaufsrechts die noch offene 30‑jährige Verjährungsfrist entgegenstehe: Werde ein Wiederkaufsrecht– wie hier – vom Eintritt bestimmter Bedingungen abhängig gemacht, könne die Verjährungsfrist frühestens mit Eintritt des vereinbarten Wiederkaufsfalls zu laufen beginnen. Es wäre denkbar, dass der vereinbarte Wiederkaufsfall (Weiterveräußerung) erst am letzten Tag der Frist zur Ausübung des Wiederkaufsrechts – also am 31. Dezember 1995 – eingetreten sei, weil der Rechtsvorgänger der Antragstellerin erst an diesem Tag einen Kaufvertrag (allenfalls mit der Vereinbarung, vorerst nicht zu verbüchern und ohne die Wiederkaufsberechtigte davon in Kenntnis zu setzen) abgeschlossen hätte. Die 30‑jährige Verjährungsfrist habe daher frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 1995 zu laufen begonnen.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und ihrem Antrag auf Löschung des Wiederkaufsrechts stattzugeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Möglichkeit der Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG durch Löschung eines befristeten Wiederkaufsrechts aufgrund Zeitablaufs noch nicht Stellung genommen hat. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

1.1. Gibt das Grundbuch die wirkliche Rechtslage nicht richtig wieder, so ist auf Ansuchen die zur Berichtigung erforderliche Eintragung vorzunehmen, ohne dass die sonst für eine solche Eintragung von diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (§ 136 Abs 1 GBG).

1.2. Die Anwendung des § 136 Abs 1 GBG erfolgt nach ständiger Rechtsprechung in der Regel nur dann, wenn nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten ist (RIS‑Justiz RS0079847 [T1]; RS0060992 [T1]) und mit der Grundbuchsberichtigung die Nachführung des Grundbuchstands an die wahre außerbücherlich eingetretene Rechtslage vorgenommen wird (RIS‑Justiz RS0060992 [T3]; RS0061010). Als Grundlage der Eintragung genügt im Fall des § 136 GBG der „Nachweis der Unrichtigkeit“; er tritt an die Stelle der sonst (§§ 31 ff GBG) geforderten urkundlichen Unterlagen. Dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (RIS‑Justiz RS0061010).

1.3. Ist eine Eintragung gegenstandslos, so kann sie das Grundbuchsgericht gemäß den §§ 132 bis 135 GBG von Amts wegen löschen (§ 131 Abs 1 GBG). Eine Eintragung ist unter anderem gegenstandslos, soweit das ihren Gegenstand bildende Recht oder das Recht, auf das sie sich bezieht, verjährt ist (§ 131 Abs 2 lit b GBG). Diese Maßnahme nach § 131 GBG dient der Grundbuchsbereinigung von Amts wegen, sodass den Parteien kein Antragsrecht und kein Rechtsmittel, sondern nur die Möglichkeit einer Anregung zusteht (RIS‑Justiz RS0060931). Ist eine Eintragung gegenstandslos, weil das Recht nachträglich außerbücherlich erloschen ist, besteht allerdings ein Überschneidungsbereich zu § 136 GBG (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 131 GBG Rz 2). Im Fall einer gegenstandslos gewordenen und vom Grundbuchsgericht gemäß § 131 GBG unter Umständen von Amts wegen zu löschenden Eintragung kann nämlich grundsätzlich auch eine Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 136 GBG vorgenommen werden (vgl 5 Ob 137/16g [wegen Zeitablaufs gegenstandslos gewordene Eintragung eines Bestandrechts]).

2.1. Das Wiederkaufsrecht im Sinn des § 1068 ABGB ist das Recht, eine verkaufte Sache wieder einzulösen (zur Rechtsnatur des Wiederkaufsrechts: 5 Ob 58/17s). Wird das Wiederkaufsrecht ins C-Blatt des Grundbuchs eingetragen, entwickelt es absolute Wirkung und ist auch gegenüber Dritten durchsetzbar; der Wiederkaufsberechtigte kann bei vereinbarungswidrigem Verkauf der Liegenschaft diese auch von Dritten herausverlangen (5 Ob 271/03v = RIS‑Justiz RS0118860; Kodek aaO § 9 GBG Rz 61).

2.2. Die Ausübung des Wiederkaufsrechts geschieht durch einseitige, empfangsbedürftige Erklärung des Verkäufers dem Wiederkaufsverpflichteten oder dem Dritten gegenüber, die Sache einlösen zu wollen. Die Widerrufserklärung löst die obligatorische Pflicht des Wiederkaufsverpflichteten oder des Dritten aus, den Kaufgegenstand zurückzustellen und die grundbuchsrechtlichen Mitwirkungshandlungen zu setzen (Kodek aaO § 9 GBG Rz 70, 71).

2.3. Die Parteien können die Dauer des Wiederkaufsrechts vertraglich begrenzen (Kodek aaO § 9 GBG Rz 55; Aicher in Rummel 4 § 1070 Rz 4; Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 1068 Rz 1; Binder/Spitzer in Schwimann/Kodek, ABGB‑Praxiskommentar4 § 1068 ABGB Rz 4), sodass durch Fristablauf das Gestaltungsrecht erlischt und der Anspruch aus dem Wiederkaufsrecht verloren geht (Verschraegen aaO § 1068 Rz 13; Binder/Spitzer aaO Rz 21).

2.4. Das Wiederkaufsrecht unterliegt als Gestaltungsrecht nach nunmehr überwiegender Ansicht der allgemeinen Verjährung (RIS‑Justiz RS0020142; Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 1479 ABGB Rz 24 mwN; Apathy/Perner in KBB5 § 1068 Rz 6 mwN). Wird das Recht zum Wiederkauf vom Eintritt bestimmter (wirtschaftlicher) Bedingungen abhängig gemacht, kann die Verjährungsfrist frühestens mit Eintritt des vereinbarten Wiederkaufsfalls zu laufen beginnen (4 Ob 148/15s mwN = RIS‑Justiz RS0020142 [T3] = RS0034343 [T8] = RS0034382 [T8]).

3.1. Voraussetzung für die Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG ist, dass dieses die wirkliche Rechtslage deshalb nicht richtig wiedergibt, weil nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten ist. Im Fall der Berichtigung durch Löschung eines Wiederkaufsrechts wäre dies die Beendigung dieses Rechtsverhältnisses und das Erlöschen der daraus abgeleiteten und durch die Eintragung im Grundbuch besicherten Ansprüche (vgl 5 Ob 44/15d [Erlöschen von Dienstbarkeit, Reallast und Ausgedinge und spezifische Voraussetzungen des § 136 Abs 3 GBG für das Erlöschen eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen]; 5 Ob 137/16g [Löschung einer wegen Zeitablaufs gegenstandslos gewordenen Eintragung eines Bestandrechts]; 5 Ob 3/07p [Pfandrecht zur Sicherung einer Leibrente]).

3.2. Die Parteien haben das hier zu beurteilende Recht zum Wiederkauf von der Weiterveräußerung abhängig gemacht und dieses zugleich auf 20 Jahre befristet. In so einemFall der Verknüpfung von Bedingung und zeitlicher Limitierung ist der Ablauf der vereinbarten Dauer nicht ohne Weiteres gleichbedeutend damit, dass aus diesem Wiederkaufsrecht infolge Fristablaufs keine Rechte mehr abgeleitet werden können und keine durch die Eintragung besicherten Ansprüche mehr bestehen. Es hängt vielmehr von dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der konkreten Befristungsvereinbarung ab, ob die zeitliche Limitierung bedeutet, dass die Wiederkaufserklärung unabhängig von Eintritt, Zeitpunkt und Kenntnis des Wiederkaufsfalls bei sonstigem Rechtsverlust innerhalb des festgelegten Zeitraums erfolgen muss oder die Möglichkeit zur Ausübung des Wiederkaufsrechts bestehen soll, wenn der vereinbarte Wiederkaufsfall innerhalb des festgelegten Zeitraums, also vor Ablauf der vereinbarten Geltungsdauer eintritt. In letzterem Fall verjährt der Anspruch, das durch den „fristgerechten“ Eintritt der vereinbarten Bedingung entstandene Wiederkaufsrecht auszuüben, erst nach 30 Jahren ab Eintritt des Wiederkaufsfalls.

3.3. Das im § 11 des Kaufvertrags vom 17. 11. 1972 vereinbarte Wiederkaufsrecht wurde der Wiederkaufsberechtigten „auf die Dauer von 20 Jahren vom Tage der grundbücherlichen Eintragung an“ eingeräumt. Dass die Wiederkaufserklärung bei sonstigem Rechtsverlust innerhalb dieses Zeitraums unabhängig von Eintritt, Zeitpunkt und Kenntnis des Wiederkaufsfalls erfolgen müsse, ist dem Wortlaut der Vereinbarung nicht, jedenfalls nicht im Sinn des § 94 Abs 1 Z 3 GBG zweifelsfrei zu entnehmen. Auch die Bezugnahme auf § 8 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom 29. 2. 1940 (RGBl I S 438) in der Beschreibung des Wiederkaufsfalls und der mit dieser Bestimmung verfolgte Zweck der Hintanhaltung von Spekulationen schafft diesbezüglich keine Klarheit. Die Antragstellerin behauptet auch gar nicht, dass nach dem Parteiwillen eine absolute Befristung in dieser Form vereinbart worden sei; im Übrigen etwa auch nicht, dass die das Wiederkaufsrecht auslösende Weiterveräußung nach dem Parteiwillen einschränkend als Eigentumserwerb eines Dritten zu verstehen sei und daher die grundbücherliche Durchführung eines allfälligen Erwerbsgeschäfts voraussetze.

3.4. Das in § 11 des Kaufvertrags vom 17. 11. 1972 vereinbarte Wiederkaufsrecht ist daher nach einem zumindest möglichen Verständnis seiner zeitlichen Limitierung nicht schon allein durch den bloßen Fristablauf obsolet; dann nämlich, wenn die Möglichkeit zur Ausübung des Wiederkaufsrechts (nur) in dem Fall bestehen soll, dass der vereinbarte Wiederkaufsfall innerhalb des festgelegten Zeitraums eintritt. Wie das Rekursgericht zutreffend aufgezeigt hat, ist es denkbar, dass der Wiederkaufsfall (Weiterveräußerung) vor dem letzten Tag der vereinbarten Dauer des Wiederkaufsrechts und vor weniger als 30 Jahren vor dem für die Berechtigung des Grundbuchsgesuchs maßgeblichen Zeitpunkt seines Einlangens (RIS‑Justiz RS0010717) eingetreten ist. Der spätest mögliche Eintritt eines Wiederkaufsfalls und damit der spätest mögliche Beginn der 30‑jährigen Verjährungsfrist war der 31. Dezember 1995. Dass der Wiederkaufsfall innerhalb des festgelegten Zeitraums tatsächlich nicht eingetreten ist, hat die Antragstellerin erstmals im Rechtsmittelverfahren behauptet und auch in diesem nicht durch geeignete Urkunden nachgewiesen. An der Rechtswirksamkeit einer allfälligen, vorerst nur außerbücherlichen Weiterveräußerung würde auch die mittlerweile eingetretene Universalrechtsnachfolge auf Seiten des mit dem Wiederskaufsrecht belasteten Veräußerers nichts ändern. Es ist daher nicht auszuschließen, dass aus dem Wiederkaufsrecht und der Tatsache der Weiterveräußerung abgeleitete und durch die Eintragung des Wiederkaufsrechts besicherte Ansprüche bestehen. Die Eintragung des Wiederkaufsrechts ist daher nicht offenkundig zufolge nachträglicher außerbücherlicher Rechtsänderung unrichtig oder gegenstandslos.

4. Die Voraussetzungen für die Berichtigung des Grundbuchs durch Einverleibung der Löschung des Wiederkaufsrechts nach § 136 Abs 1 GBG waren hier daher nicht gegeben. Dem Revisionsrekurs kommt damit keine Berechtigung zu.

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