European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00199.22H.1207.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es lautet:
„Urkunden:
1. Bestätigungsbeschluss
BG Döbling 10 A 184/15k vom 11.3.2022
2. Pflichtteilsübereinkommen/Übergabsvertrag
vom 7.2.2022
3. Amtsbestätigung vom 26.11.2015
4. Sterbeurkunde [...] vom 12.11.2015
5. Staatsbürgerschaftsnachweis [...] vom
6.5.1992
6. Geburtsurkunde [...] vom 28.6.1978
7. Informationen zum Einheitswert
8. Einantwortungsbeschluss des BG Döbling vom
11.3.2022, 10 A 184/15k
Bewilligt wird:
1 Eigentumsrecht – Einverleibung
in EZ * KG * auf
Anteil B‑LNR 21
21 ANTEIL: 50/764
P*, geb. *
ADR: *
e 4272/1994 Wohnungseigentum an W 11
2 in EZ * KG *
auf Anteil gemäß Pkt. 1
Anmerkung der auflösenden Bedingung
gemäß Punkt 4. des Pflichtteilsübereinkommens
vom 07.02.2022 für KR B*,
geb. *“
Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Begründung:
[1] Der im Grundbuch einverleibte Eigentümer ist am 9. 11. 2015 verstorben. Die durch die allein erbantrittserklärte Erbin vertretene Verlassenschaft schloss am 7. 2. 2022 mit dem Antragsteller eine als Pflichtteilsübereinkommen/Übergabsvertrag bezeichnete Vereinbarung, nach der sich die Verlassenschaft unter anderem zur Übertragung des Eigentums an den gegenständlichen Liegenschaftsanteilen an den Antragsteller verpflichtete. Punkt 4. dieses Vertrags lautet:
„Dieser Vertrag steht unter der auflösenden Bedingung des Vorversterbens des Übernehmers vor der Alleinerbin […]. Bei Eintritt dieser auflösenden Bedingung fällt das gesamte Eigentumsrecht an allen übertragungsgegenständlichen Liegenschaften auf die Übergeberin und nach rechtskräftiger Einantwortung zugunsten der Alleinerbin [...] auf diese als Rechtsnachfolgerin nach der Übergeberin zurück.
Diese auflösende Bedingung ist im Grundbuch als Besitznachfolgerecht anzumerken.“
[2] Mit Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 11. 3. 2022, 10 A 184/15k, wurde gemäß § 182 Abs 3 AußStrG bestätigt, dass aufgrund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens ob den aufgezählten Liegenschaftsanteilen die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Antragsteller unter Anmerkung der auflösenden Bedingung gemäß Punkt 4. des Pflichtteilsübereinkommens vom 7. 2. 2022 vorgenommen werden kann.
[3] Unter Vorlage dieser Bestätigung und der anderen eingangs angeführten Urkunden begehrte der Antragsteller die Einverleibung seines Eigentumsrechts und die Anmerkung der auflösenden Bedingung für [Anm: die Alleinerbin] gemäß Pflichtteilsübereinkommen/ Übergabsvertrag vom 7. 2. 2022.
[4] Beide Vorinstanzen wiesen die begehrten Eintragungen ab. Entgegen dem Erstgericht ging das Rekursgericht zwar davon aus, dass weder ein Insichgeschäft der erbantrittserklärten Erbin noch eine Schenkung auf den Todesfall vorliege, vertrat aber die Ansicht, dass das Begehren unbestimmt geblieben sei. § 5 GBG ermögliche zwar eine Berufung auf genau bezeichnete Stellen der der Eintragung zugrunde liegenden Vertragsurkunden mit der Wirkung, dass die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen seien. Der Verweis auf eine Urkunde ohne nähere Spezifizierung (gemeint der Nennung des genauen Vertragspunkts) sei aber zu unbestimmt. Wegen des untrennbaren Zusammenhangs beider Begehren sei der Antrag insgesamt zu Recht abgewiesen worden.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der dagegen vom Antragsteller erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil dem Rekursgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen ist; er ist auch berechtigt.
[6] 1. Dass das Pflichtteilsübereinkommen bzw der Übergabsvertrag vom 7. 2. 2022 weder ein Insichgeschäft der die Verlassenschaft vertretenden Alleinerbin begründet noch eine Schenkung auf den Todesfall ist, hat bereits das Rekursgericht zutreffend erkannt.
[7] 2. Mehrere Erben können gemäß § 181 Abs 1 AußStrG vor der Einantwortung ihre Vereinbarung über die Erbteilung beim Gerichtskommissär zu Protokoll geben, wobei einer derartigen Vereinbarung die Wirkung eines vor Gericht geschlossenen Vergleichs zukommt. Nach § 181 Abs 3 AußStrG gilt dies sinngemäß auch für Vereinbarungen mit sonstigen am Verlassenschaftsverfahren beteiligten Personen. Daher können insbesondere mit Pflichtteilsberechtigten auf die Verlassenschaft bezogene Vereinbarungen geschlossen werden. Erwirbt in einem solchen Fall ein Pflichtteilsberechtigter Rechte auf bücherlich zu übertragende Sachen, hat das Verlassenschaftsgericht auf seinen Antrag und mit Zustimmung aller Erben mit Beschluss zu bestätigen, dass sie in den öffentlichen Büchern als Eigentümer eingetragen werden können (§ 182 Abs 3 AußStrG; 5 Ob 66/08d; 5 Ob 182/09i).
[8] 3. Solche Amtsbestätigungen der Verlassenschaftsgerichte sind nach § 33 Abs 1 lit d GBG Urkunden, aufgrund derer Einverleibungen im Grundbuch stattfinden können. Durch sie wird der Nachweis erbracht, dass dem angestrebten Erwerbsvorgang keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegenstehen (RIS‑Justiz RS0125697). Ihre Rechtskraft hindert das selbständige Prüfungsrecht des Grundbuchsgerichts selbst dann, wenn die Verlassenschaft darin seine Befugnis überschritten hätte (5 Ob 227/08f; 5 Ob 182/09i).
[9] 4. Hier hat das Abhandlungsgericht ausdrücklich bestätigt, dass aufgrund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens unter anderem ob der gegenständlichen Liegenschaftsanteile die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Antragsteller unter Anmerkung der auflösenden Bedingung gemäß Punkt 4. des Pflichtteilsübereinkommens vom 7. 2. 2022 vorgenommen werden kann.
[10] 4.1 Nach § 5 Satz 1 GBG sind in das Hauptbuch die wesentlichen Bestimmungen der bücherlichen Rechte einzutragen. Lassen sie eine kurze Fassung nicht zu, so ist nach § 5 Satz 2 GBG auf die entsprechende Urkunde zu verweisen. Grundsätzlich zutreffend hält das Rekursgericht dazu fest, dass diese Bestimmung im Hauptbuch die Berufung auf die genau zu bezeichnenden Stellen der Urkunden, die der Eintragung zugrunde liegen, erfordert. Dadurch sind die derart genannten Stellen in den Urkunden als im Hauptbuch eingetragen anzusehen. Damit wird die bezeichnete Stelle zum Inhalt der Eintragung im Hauptbuch (vgl RS0060233). Insoweit kommt § 5 GBG auch eine verfahrensrechtliche Funktion zu, weil damit das allgemeine Bestimmtheitsgebot des § 85 GBG umgesetzt werden kann (vgl dazu näher Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht² § 5 GBG Rz 3).
[11] 4.2 § 5 GBG korrespondiert mit der Bestimmung des § 4 GBG, wonach der Erwerb, die Übertragung, die Beschränkung und die Aufhebung von bücherlichen Rechten nach § 9 GBG nur durch ihre Eintragung in das Hauptbuch erwirkt werden kann. Die Rechtsprechung anerkennt Eigentumsbeschränkungen durch die Vereinbarung sogenannter Besitznachfolgerechte (dazu allgemein RS0012539), denen – wie im vorliegenden Fall – zugrunde liegt, dass das Eigentum des Erwerbers (Antragstellers) bei Eintritt einer Bedingung (Vorversterben) an einen Besitznachfolger (die nunmehr eingeantwortete Alleinerbin) fallen soll. In der Grundbuchspraxis werden solche Eigentumsbeschränkungen durch Besitznachfolgerechte entweder durch eine das Eigentumsrecht beschränkende Wendung bei der Einverleibung selbst (einen Hinweis gemäß § 5 Abs 2 GBG: Rassi aaO § 10 GBG Rz 34) oder durch eine Anmerkung im Sinne des § 20 lit a GBG zum Ausdruck gebracht (RS0083800).
[12] 4.3 Die Amtsbestätigung des Verlassenschaftsgerichts vom 11. 3. 2022 ermöglicht die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Antragsteller nur bei gleichzeitiger Anmerkung der Beschränkung seines Eigentums gemäß Punkt 4. des Pflichtteilsübereinkommens vom 7. 2. 2022. Sie ist im Sinne des § 33 Abs 1 lit d GBG Grundlage für die Einverleibung. Eine davon abweichende Eintragung ist dem Grundbuchsgericht verwehrt. Der Antragsteller hat die Einverleibung seines Eigentumsrechts auch ausdrücklich unter Bedachtnahme auf diese Beschränkung seines Eigentumsrechts im Pflichtteilsübereinkommen beantragt, sodass keine Rede davon sein kann, sein Gesuch würde dem sich insbesondere aus § 85 Abs 2 GBG ergebenden Bestimmtheitsgebot widersprechen. Dass der Antragsteller in seinem Begehren ausdrücklich auf den konkreten Vertragspunkt hinweisen hätte müssen, wäre bei dieser Sachlage falsch verstandener Formalismus.
[13] 5. Damit kann auch dahin stehen, ob nicht ohnedies bereits der im Begehren des Antragstellers selbst enthaltene Hinweis eine ausreichend klare Determinierung der von ihm als Anmerkung im Sinne des § 20 lit a GBG begehrten Beschränkung seines Eigentumsrechts ist. Da dem Begehren auch sonst kein Eintragungshindernis entgegensteht, war dem Revisionsrekurs Folge und dem Einverleibungsbegehren des Antragstellers stattzugeben.
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