European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00195.15K.0125.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
W***** S***** war Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****. Mit Pfandurkunde vom 12. 3. 2008 verpfändete er die Liegenschaft zu Gunsten der Antragstellerin bis zum Höchstbetrag von 429.000 EUR.
Am 13. 10. 2011 ist W***** S***** verstorben. Mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom 8. 1. 2015 wurde die Verlassenschaft aufgrund der abgegebenen bedingten Erbantrittserklärungen (unter anderem) den minderjährigen Enkelkindern M***** S***** und P***** S***** je zu einem 1/12‑Anteil eingeantwortet. Im Grundbuch ist nach wie vor W***** S***** als Alleineigentümer der Liegenschaft einverleibt.
Mit Antrag vom 13. 4. 2015 begehrte die Antragstellerin aufgrund der Pfandurkunde vom 12. 3. 2008 die Einverleibung des ihr damit ob der Liegenschaft eingeräumten Pfandrechts.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Unter den Erben befänden sich zwei Minderjährige, die außerbücherliche Miteigentümer der Liegenschaft seien. Ohne pflegschaftsbehördliche Genehmigung oder Feststellung des Pflegschaftsgerichts, dass es keiner pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedürfe, bestünden Zweifel an der Bewilligungsfähigkeit des Begehrens hinsichtlich der ideellen Anteile der Minderjährigen. Aufgrund des Spezialitätsgrundsatzes des § 3 Abs 1 GBG sei das Gesuch im Zweifel zur Gänze abzuweisen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und bewilligte die Einverleibung des Pfandrechts. Der Tod des Veräußerers zwischen der Ausstellung einer verbücherungsfähigen Urkunde und dem Einbringen des Antrags hindere nicht die grundbücherliche Bewilligung. Die Tatsache der erfolgten Einantwortung sei im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 21 und 94 GBG bis zur Einverleibung des Eigentumsrechts der Erben im Grundbuch nicht zu berücksichtigen. Die Minderjährigkeit der rechtskräftig eingeantworteten Erben M***** und P***** S***** habe daher mangels Einverleibung ihres Eigentumsrechts im Grundbuch keinen Einfluss auf die Bewilligungsfähigkeit des gegenständlichen Antrags. Eine Anhörung und Prüfung durch das Pflegschaftsgericht sei ebenso wenig erforderlich, wie eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung oder die Feststellung des Pflegschaftsgerichts, dass es keiner pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedürfe. Maßgeblich sei das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 94 GBG in Bezug auf den Erblasser W***** S*****. Da begründete Bedenken gegen dessen persönliche Fähigkeit zur Verfügung über die Liegenschaft in dem Zeitpunkt, in dem er die Pfandurkunde notariell beglaubigt unterfertigt habe, nach der im Grundbuchsverfahren maßgebenden Aktenlage nicht vorhanden seien und die Pfandurkunde selbst in der zur Einverleibung eines Pfandrechts erforderlichen Form ausgestellt worden sei, stelle der Tod des W***** S***** kein Eintragungshindernis betreffend dieses Pfandrechts dar.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es liege keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur ‑ über den Einzelfall hinaus bedeutsamen ‑ Frage einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung für die Einverleibung eines Pfandrechts gegen den Erblasser nach rechtskräftiger Einantwortung minderjähriger Erben vor.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Einschreiter wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. Vorauszuschicken ist, dass die Rechtsmittelwerber eingeantwortete Erben des verstorbenen, aber nach wie vor im Grundbuch eingetragenen Liegenschaftseigentümers sind. Der Erbe erwirbt das Eigentum an den Nachlassgrundstücken ‑ in Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes ‑ schon mit Rechtskraft der Einantwortung (RIS-Justiz RS0011263, RS0013002). Bedürfte die Einverleibung des Pfandrechts gegen den Erblasser nach rechtskräftiger Einantwortung minderjähriger Erben einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung, würde durch die Bewilligung ohne Vorliegen einer solchen unzulässig in das Eigentumsrecht der Einschreiter eingegriffen. Zur Klärung dieser Frage sind die Einschreiter daher grundsätzlich rechtsmittellegitimiert (vgl 5 Ob 39/14t, 5 Ob 250/01b, RIS‑Justiz RS0006788).
2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hindert der Tod des Veräußerers zwischen der Ausstellung einer verbücherungsfähigen Urkunde und dem Einbringen des Antrags nicht die grundbücherliche Bewilligung (RIS‑Justiz RS0007877). Diese Ansicht ist auch im Schrifttum nicht auf Kritik gestoßen (vgl Kodek in Kodek,Grundbuchsrecht § 94 Rz 55; Rassi,Grundbuchsrecht² Rz 443; Feil/Friedl in
Feil/Friedl/Bayer [2013] § 94
GBG Rz 18).
Der Erbe erwirbt Eigentum an einer Liegenschaft zwar schon mit Rechtskraft der Einantwortung und nicht erst mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch. Die Einverleibung im Grundbuch hat also nur mehr deklarativen Charakter (RIS‑Justiz RS0011263 [T7, T8, T9]). Die Bestimmungen der §§ 21 und 94 GBG verhindern jedoch im Grundbuchsverkehr jede Bedachtnahme auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, solange sie nicht im Grundbuch ihren Niederschlag gefunden haben. Eine bücherliche Eintragung gegen die Erben ist daher ‑ mit wenigen hier nicht relevanten Ausnahmen ‑ unzulässig, auch wenn sie bereits nach materiellem Recht Liegenschaftseigentümer sind(RIS‑Justiz RS0011313). In Ansehung von Grundbuchseintragungen ist die Tatsache der erfolgten Einantwortung bis zur Einverleibung des Eigentumsrechts der Erben im Grundbuch folgerichtig nicht zu berücksichtigen (3 Ob 118/76).
3. Das Rekursgericht hat diese Rechtslage zutreffend dargestellt und daraus den richtigen Schluss gezogen, dass es für die Einverleibung des Pfandrechts gegen den im Grundbuch noch als Eigentümer aufscheinenden Pfandbesteller auf die Zustimmung seiner Erben und im Falle ihrer Minderjährigkeit einer pflegschaftsgerichtlichen Prüfung dieser Zustimmung nicht bedarf. Dies ist eine unmittelbare Konsequenz der gesicherten Rechtsprechung und wirft keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG auf (§ 126 Abs 2 GBG).
4. Die Revisionrekurswerber machen geltend, dass der Pfandurkunde die Firmenbuchnummer der Antragstellerin nicht zu entnehmen sei und diese daher keine Individualisierung der Pfandgläubigerin zulasse. Es ist zwar richtig, dass nach der Bestimmung des § 27 Abs 2 GBG Urkunden, aufgrund deren eine bücherliche Eintragung geschehen soll, bei Rechtsträgern, die im Firmenbuch eingetragen sind, die Firmenbuchnummer enthalten müssen und die Angabe der Firmenbuchnummer nur im Beglaubigungsvermerk dieser Anforderung grundsätzlich nicht genügt (vgl RIS‑Justiz RS0125695). Diese Voraussetzung wurde aber erst mit der Grundbuchs‑Novelle 2008 (GB‑Nov 2008, BGBl I 2008/100) geschaffen. Nach dem durch die GB‑Nov 2008 dem § 137 GBG angefügten Abs 4 trat (ua) § 27 Abs 2 GBG nF mit 1. 1. 2009 in Kraft. Vor dem 1. 1. 2009 datierte Urkunden, aufgrund deren eine bücherliche Eintragung geschehen soll, müssen daher bloß den zu diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechen (5 Ob 33/10d, 5 Ob 206/09v). Die hier die Eintragungsgrundlage bildende Pfandurkunde vom 12. 3. 2008 ist daher nicht nach der durch die GB‑Nov 2008 geschaffenen neuen Rechtslage zu beurteilen.
5. Auch schon vor seiner Ergänzung durch die GB‑Nov 2008 mussten Urkunden, aufgrund deren eine bücherliche Eintragung geschehen soll, nach § 27 Abs 2 GBG eine solche Bezeichnung der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen enthalten, dass diese nicht mit anderen verwechselt werden können. Zur unverwechselbaren Identifizierung einer juristischen Person, die ein bücherliches Recht erwirbt oder aufgibt, konnten aber mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung nicht nur die Firmenbuchnummer sondern auch andere Kennzeichen als Identifikationsmerkmal verwendet werden (RIS‑Justiz RS0113605).
6. Das Grundbuchsgericht hat das Ansuchen und dessen Beilagen gemäß § 94 Abs 1 GBG einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung unter anderem nur dann bewilligen, wenn die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich ist (§ 94 Abs 1 Z 4 GBG). Ob sich die vom Grundbuchsgericht zu prüfende Identität der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen in einer jeden Zweifel zerstreuenden Weise aus der Urkunde erschließen lässt, ist eine typische Frage des nur anhand der konkret vorliegenden Urkunden beurteilbaren Einzelfalls und bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG (vgl 5 Ob 104/15b, 5 Ob 15/08d).
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