OGH 5Ob192/19z

OGH5Ob192/19z27.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen 1. C*, 2. M*, beide geboren * 2014, beide in Obsorge ihrer Mutter A*, diese vertreten durch Mag. Harald Hajek, Rechtsanwalt in Baden, wegen Obsorge und Kontaktrechts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Ing. G*, vertreten durch Mag. Martina Hackl, Rechtsanwältin in Mödling, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 14. August 2019, GZ 16 R 170/19t‑41, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127028

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Vater begründet die Zulässigkeit seines außerordentlichen Rechtsmittels mit der Notwendigkeit einer höchstgerichtlichen Stellungnahme zur (Un‑)Tauglichkeit der vom Erstgericht eingeholten Stellungnahme der Familiengerichtshilfe als einzige fachliche Entscheidungsgrundlage.

2. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz bildet keinen Revisionsrekursgrund (RIS‑Justiz RS0050037; RS0030748). Dies gilt um so mehr, wenn ein behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz im Rekurs gar nicht gerügt wurde (RS0050037 [T13]). Dieser Grundsatz kann zwar in Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren im Interesse des Kindeswohls durchbrochen werden (RS0050037 [T4, T8]; RS0030748 [T18]). In seiner Rüge des Unterbleibens der Einholung eines Sachverständigengutachtens zeigt der Revisionsrekurswerber aber keine ausreichenden Gründe für eine derartige Ausnahme auf. Mit seinen Ausführungen zu den behaupteten Mängeln der fachlichen Stellungnahme der Familiengerichtshilfe bekämpft er vielmehr in unzulässiger Weise die vom Rekursgericht bestätigte Beweiswürdigung des Erstgerichts. Der Oberste Gerichtshof ist auch im Verfahren außer Streitsachen nicht Tatsacheninstanz (RS0007236 [T1, T2, T3, T4, T6, T7]; RS0069246 [T1, T2, T4]; RS0108449).

3. Ein genereller Grundsatz, dass das Pflegschaftsgericht in einem Obsorge- und/oder Kontaktrechtsverfahren stets einen Sachverständigen beizuziehen hätte, besteht nicht (RS0006319 [T7, T11]). Dem Pflegschaftsrichter kommt insoweit ein Beweisaufnahme-ermessen zu (9 Ob 42/19w; 5 Ob 219/17t). Abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls kann daher auch eine fachliche Stellungnahme der Familiengerichtshilfe im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bilden (5 Ob 104/19h; 10 Ob 74/18g).

4. Gelangen die Vorinstanzen zum Ergebnis, dass die Stellungnahme der Familiengerichtshilfe im Zusammenhang mit den anderen Beweismitteln eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bildet, so ist die Frage, ob im Einzelfall zusätzlich ein Sachverständigengutachten erforderlich ist, als eine den Tatsacheninstanzen obliegende Frage vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar (5 Ob 104/19h;4 Ob 246/18g; 10 Ob 74/18g; RS0007236 [T9]; RS0108449 [T4]; RS0115719 [T10]).

5. Der Vater zeigt damit in seinem außerordentlichen Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf. Der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.

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