OGH 5Ob179/07w

OGH5Ob179/07w28.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. Dr. Johannes P*****, Rechtsanwalt, *****, 2. Susanne Z*****, 3. Michael K*****, 4. Dr. Ernst G*****, Rechtsanwalt,

5. Gertraud G*****, beide *****, die 5. Antragstellerin vertreten durch den 4. Antragsteller, gegen die Antragsgegner 1. Johann R*****,

2. Regina N*****, 3. Markus Z*****, 4. Ursula F*****, 5. Mag. Romana M*****, 6. Ing. Harald M*****, beide ***** , 7. Dr. Barbara B*****,

8. Ing. Dieter B*****, beide *****, 9. Dr. Friedrich B*****, 10. Danuta B*****, beide *****, 11. Dr. Karl Peter R*****, 12. Marena B*****, beide*****, 13. Brigitte D*****, G***** GmbH, *****, 14. H***** & P***** I***** V***** KEG, *****, 13. und 14. Antragsteller vertreten durch Dr. Alexander Widter, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 5, 6 und 8 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstantragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. Juni 2007, GZ 41 R 172/06g-33, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit den Ausführungen im außerordentlichen Revisionsrekurs des Erstantragstellers wird keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht:

1. Vorauszuschicken ist, dass der Erstantragsteller die Zulässigkeit einer (klarstellenden) Entscheidung über die Parteiidentität der 13. Antragstellerin auf der Grundlage des neuen Außerstreitverfahrensrechts nicht bezweifelt (vgl dazu auch 5 Ob 93/07y). Diese selbstständige, vom Revisionsrekurswerber nicht aufgegriffene Rechtsfrage vermag die Zulässigkeit des außerordentlichen Revisionsrekurses nicht zu begründen (§ 65 Abs 3 Z 6 AußStrG; vgl 6 Ob 314/05b), weshalb darauf auch nicht einzugehen ist.

2.1. Der Erstantragsteller macht geltend, das Rekursgericht sei von der Leitentscheidung des Obersten Gerichtshofs 2 Ob 54/00f abgewichen und habe dabei - ungeachtet einer durch Vertragsinterpretation allenfalls gegebenen Einzelfallbetrachtung - ein Ergebnis erzielt, das als unvertretbar der Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfe. Nach 2 Ob 54/00f sei der Unternehmensübergang von einer KG auf eine GmbH im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf zwei Arten erreichbar, nämlich

a) die Gesellschafter eine KG gründen eine GmbH, die in die KG eintritt.

b) die Gesellschafter einer KG gründen eine GmbH durch Einbringung ihrer Geschäftsanteile als Sacheinlage.

Keiner dieser Fälle liege vor, weil hier die Einbringung eines Betriebs erfolgt sei. Die Löschung der den Betrieb überragenden KEG sei darauf zurückzuführen, dass diese danach betriebsentkleidet gewesen sei und daher aufgehört habe, als werbende Gesellschaft zu bestehen.

2.2. Der Oberste Gerichtshof hat zu 2 Ob 54/00f (= RdW 2000/382, 417

[P. Burgstaller] = GesRZ 2000, 167 = ecolex 2000/209, 513 [Fantur] =

EvBl 2000/154, 680 = SZ 73/50 = wbl 2000/257, 379) - zusammengefasst

- ausgesprochen, dass es dann, wenn sämtliche Gesellschafter einer

Personengesellschaft alle ihre Anteile einer Kapitalgesellschaft

(Einbringung aller Mitunternehmeranteile) übertragen, zu einem

Anwachsen nach § 142 HGB und damit auch zu einer Universalsukzession

der Kapitalgesellschaft komme. Nach 4 Ob 78/01a (= RdW 2002/14, 21 =

immolex 2002/4,7 = EvBl 2002/5, 30 = wobl 2002/42, 183 = ecolex

2002/260, 671 = SZ 74/122 = MietSlg 53.397/25) findet § 142 HGB auch

dann Anwendung, wenn das Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft und der Eintritt desjenigen, auf den das Unternehmen der Personenhandelsgesellschaft zum Zwecke der Fortführung als Einzelunternehmen vereinbarungsgemäß übergehen soll, gleichzeitig erfolgen.

2.3. Beizupflichten ist dem Erstantragsteller dahin, dass die Bestimmung des § 142 HGB (nunmehr § 142 UGB) nicht zwingend ist und der Gesellschaftsvertrag davon abweichende Regelungen enthalten, etwa das Übernahmerecht überhaupt ausgeschlossen sein kann (vgl RIS-Justiz RS0061940); es können im Gesellschaftsvertrag auch zusätzlich zur gesetzlichen Regelung oder neben dieser für bestimmte Fälle Aufgriffsrechte aller oder nur einzelner Gesellschafter unabhängig von den Voraussetzungen des § 142 HGB (nunmehr § 142 UGB) vereinbart werden (6 Ob 1549/90 mwN = ecolex 1991, 394 = wbl 1991, 244).

Andererseits kann das in § 142 Abs 1 HGB (nunmehr § 142 Abs 1 UGB)

geregelte Übernahmerecht nach Lehre und Rechtsprechung im

Gesellschaftsvertrag auf sonstige Fälle der Auflösung einer

Zweipersonengesellschaft erstreckt werden (4 Ob 78/01a = RdW 2002/14,

21 = immolex 2002/4, 7 = EvBl 2002/5, 30 = wobl 2002/42, 183 = ecolex

2002/260, 671 = SZ 74/122 = MietSlg 53.397/25; 6 Ob 8/00w = wbl

2000/317, 477 = RdW 2000, 607 = RdW 2000, 667 = ecolex 2001/17, 47

[Zehetner] = NZ 2001, 337 [Umlauft] = SZ 73/71; 5 Ob 204/06w = wbl

2007/84, 196 = bbl 2006, 33 = immolex 2006/36, 82 [Oppolzer] = RZ

2006, 73 EÜ88 = wobl 2006/33, 103 [Bittner/Call] = NZ 2006, 121

[Hoyer, NZ 2006, 127]; RIS-Justiz RS0062054; Wünsch, Gedanken zur Geschäftsübernahme nach § 142 HGB, JBl 2003, 758 [770]; Koppensteiner in Straube³, § 142 HGB Rz 14 mwN).

2.4. Im vorliegenden Fall handelt es sich letztlich um eine Frage der Auslegung des Einbringungsvertrags vom 25. 1. 2006, ob - wie vom Erstantragsteller intendiert - (lediglich) eine „Betriebsübernahme" oder - wie im Ergebnis von den Vorinstanzen angenommen - eine Anteilsübertragung zur Unternehmensfortsetzung vorliege. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776; RS0112106). Dies trifft hier nicht zu, wenn die Vorinstanzen - entgegen dem Verständnis des Erstantragstellers - nicht auf die bloße Wortwahl („Betrieb" einbringen) rekurrierten, sondern berücksichtigten, dass der Begriff „Betrieb" (etwa in Vertragspunkt Fünftens.1.) synonym mit „Anteil" gebraucht worden sein konnte und die Einbringung zum Zweck der Unternehmensfortführung erfolgte (vgl Vertragspunkt Erstens). Ein vom Obersten Gerichtshof aufzugreifendes, unvertretbares Auslegungsergebnis liegt daher nicht vor.

3.1. Der Erstantragsteller beruft sich darauf, die Parteien hätten ausdrücklich klargestellt, dass es sich nicht um einen Fall des § 142 HGB handle und die GmbH nicht von den Miteigentümern zur Verwaltung der Liegenschaft bevollmächtigt worden sei. Die Untergerichte hätten diese AußerstreitsteIlung, mit dem - unzutreffenden - Hinweis abgetan, eine Bindung an eine Außerstreitstellung könne nur im Tatsachenbereich stattfinden. Dabei werde übersehen, dass § 142 HGB nicht zwingend sei, die Parteien also wählen könnten, ob sie Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge wünschten. Wenn sich diese Rechtsfolge nicht zwingend aus der Rechtsfigur ergebe, sondern der Parteienautonomie unterliege, dann war es - für das Rechtsverhältnis zwischen Verwalter und Wohnungseigentümer - auch möglich und zulässig, die Folgen der Gesamtrechtsnachfolge auszuschließen. Das Rekursgericht hätte daher auf die übereinstimmende Erklärung der Prozessparteien im Sinn einer Verneinung der von diesen nicht gewünschten Gesamtrechtsnachfolge Rücksicht nehmen müssen.

3.2. Außerstreitstellungen, die nicht Tatsachen, sondern nur die rechtliche Qualifikation eines Sachverhalts betreffen, sind unwirksam (RIS-Justiz RS0039938; RS0111277). Im Übrigen besteht zwischen den Standpunkten der Parteien Übereinstimmung nur in der Frage, dass hier kein (unmittelbarer) Fall des § 142 HGB (nunmehr § 142 UGB) gegeben ist, während die 13. Antragstellerin - entgegen der Ansicht des Erstantragstellers - sehr wohl vom Vorliegen einer Gesamtrechtsnachfolge ausgeht (AS 105 = S. 2 in ON 18), sodass in dieser entscheidenden Frage ohnehin keine Einigkeit der Parteien besteht.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Erstantragstellers ist mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig und zurückzuweisen.

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