OGH 5Ob162/99f

OGH5Ob162/99f15.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Anna K*****, vertreten durch Dr. Hansjörg Schweinester, Dr. Paul Delazer und Dr. Rudolf Kathrein, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider den Antragsgegner Anton A*****, wegen § 26 Abs 1 Z 2 iVm § 13 Abs 2 WEG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 9. April 1999, GZ 4 R 98/99m-9, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 29. Dezember 1998, GZ 17 Msch 199/98x-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Antragstellerin und Antragsgegner sind Mit- und Wohnungseigentümer der Anlage***** in EZ***** Grundbuch*****. Die Klägerin behauptet, durch erhebliche Lärmeinwirkungen aus anderen Wohnungen (Trittschallimmissionen), insbesondere aus der Wohnung des Antragsgegners beeinträchtigt zu sein. Diese seien darauf zurückzuführen, daß der in den Wohnungen verlegte Estrich starr mit den Heizkörperkonsolen und den in den Wohnräumen befindlichen statischen Stahlbetonsäulen verbunden sei, wodurch eine Schallbrücke gebildet werde. Die Beeinträchtigung der Antragstellerin stamme vornehmlich aus der Wohnung des Antragsgegners. Dieser verweigere ihr, auf ihre Kosten in seiner Wohnung Baumaßnahmen durchführen zu lassen, um diesen Zustand zu beseitigen.

Die Antragstellerin begehrt, gestützt auf § 13 Abs 2 Z 3 WEG, den Antragsgegner zur Duldung folgender Maßnahmen in seiner Wohnung auf Kosten der Antragstellerin zu verpflichten, und zwar:

Die Entfernung des Estrichs von den Heizkörperkonsolen und der statischen Säule im Wohnraum in der Weise, daß sowohl die Heizkörperkonsole als auch die Säule vom Estrich freigelegt würden, sowie das dafür (allenfalls) notwendige Öffnen des Parkettbodens und das anschließende ordnungsgemäße Verschließen des Parkettbodens.

Die geringfügige Beeinträchtigung des Antragsgegners - die Arbeiten würden nur etwa zwei Stunden in Anspruch nehmen - und die Kostentragung durch die Antragstellerin bewirkten die Zumutbarkeit für den Antragsgegner.

Das Erstgericht wies diesen Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, ein auf § 13 Abs 2 Z 3 WEG gestütztes Begehren setze auch Veränderungen in der Wohnung des die Änderung anstrebenden Wohnungseigentümers voraus.

Über Rekurs der Antragstellerin bestätigte das Gericht zweiter Instanz die Antragsabweisung. Nach § 13 Abs 2 WEG sei ein Wohnungseigentümer zu Änderungen an der in seinem Wohnungseigentum stehenden Wohnung berechtigt, wobei er bei Vorhandensein der in Z 2 und Z 3 leg cit genannten Voraussetzungen auch gemeinsame Teile der Liegenschaft und Liegenschaftsteile in Anspruch nehmen dürfe, die im Wohnungseigentum eines anderen Miteigentümers stünden. Ausschließlich in der Wohnung eines anderen Mit- und Wohnungseigentümers durchzuführende Maßnahmen seien damit nicht Gegenstand der Verwaltung einer im Wohnungseigentum stehenden Wohnung durch den Wohnungseigentümer, somit nicht Maßnahmen seiner ausschließlichen Verfügung. Sie könnten daher nicht unter § 13 Abs 2 WEG subsumiert werden und eine fehlende Zustimmung eines anderen Wohnungseigentümers zu solchen Veränderungen daher nicht nach diesen Grundsätzen ersetzt werden.

Das Rekursgericht führte aus, daß der Antragstellerin zwar auch keine auf § 364 Abs 2 ABGB gestützte Unterlassungsklage gegen den Antragsgegner zustehe, weil die Störungen bereits durch den bestimmungsgemäßen (vertragsgemäßen) Gebrauch der Wohnung des Antragsgegners entstünden (5 Ob 180/98a).

Dennoch bestehe kein Rechtsschutzdefizit für die Antragstellerin, weil ihr ein auf § 13a Abs 1 Z 1 WEG gegründeter, im außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 3 WEG durchsetzbarer Anspruch auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten, wozu nach der Judikatur auch die erstmalige Herstellung eines mängelfreien Zustands von allgemeinen Teilen der Liegenschaft gehöre, offenstünde. Eine Umdeutung des gestellten Begehrens in einen Antrag nach § 13a WEG komme aber deshalb nicht in Betracht, da ein solcher Antrag gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 13c WEG zu richten sei, also damit ein unzulässiger Parteiwechsel verbunden wäre.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige, der Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei, weil sich das Rekursgericht an höchstgerichtlicher Judikatur orientiert habe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin, der mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist.

Zunächst steht allerdings der vom Rekursgericht vertretenen Rechtsansicht, ein einzelner Wohnungseigentümer dürfe in Ausübung seines Verfügungsrechts über die ihm zur ausschließlichen Nutzung überlassene Wohnung gemeinsame Teile der Liegenschaft odere andere Wohnungseigentumsobjekte nur dann in Anspruch nehmen, wenn er zugleich auch seine eigene Wohnung (baulich) verändere, höchstgerichtliche Rechtsprechung entgegen. In 5 Ob 126/92 = EWR II/13/13 f hat der Oberste Gerichtshof die Errichtung eines Aufzugs durch einen Wohnungseigentümer, wobei ausschließlich allgemeine Teile in Anspruch genommen wurden und in der Wohnung des Antragstellers selbst keine Veränderungen stattfanden, für zulässig erachtet und die hier vom Rekursgericht vertretene Ansicht abgelehnt.

Im Ergebnis ändert sich jedoch dadurch nichts an der Unzulässigkeit

des außerordentlichen Revisionsrekurses. Ein Rechtsschutzantrag im

außerstreitigen Verfahren ist nämlich einerseits nach dem

Entscheidungsbegehren, andererseits aber auch an den zu seiner

Begründung vorgetragenen Sachverhaltsbehauptungen zu orientieren. In

diesem Zusammenhang hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, daß

eine Fußbodensanierung, bei der ein Teil des Estrichs zu entfernen

ist, zu den Erhaltungsarbeiten an gemeinsamen Teilen des Hauses zu

rechnen ist, wozu Böden und Decken ebenso zählen wie tragende Wände

und andere konstruktive Teile des Hauses (vgl 5 Ob 2151/96a). Im

weiteren machen die anspruchsbegründenden Behauptungen der

Antragstellerin deutlich, daß mit ihrem Begehren die erstmalige

Herstellung eines mängelfreien Zustands von allgemeinen Teilen der

Liegenschaft (MietSlg 38.632; 5 Ob 2148/96k = EWR II/14/45 ua)

angestrebt wird. Angelegenheiten der ordnungsgemäßen Erhaltung

gemeinsamer Teile und Anlagen der Liegenschaft im Sinn des § 3 MRG

fallen aber nicht in die Verwaltungsbefugnis des einzelnen

Wohnungseigentümers, sondern obliegen gemäß § 14 Abs 1 Z 1 WEG der

Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer. Solche Ansprüche sind nach

§ 13a Abs 1 Z 1 WEG durch jeden einzelnen Wohnungseigentümer im

außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 3 WEG bei Untätigkeit der

verwaltenden Mehrheit durchzusetzen (5 Ob 180/98a ua). In diesem

Zusammenhang sei allerdings klargestellt, daß diesfalls § 26 Abs 2 Z

2 WEG die Parteistellung der Miteigentümer für die Durchsetzung von

Mehrheitsrechten im Außerstreitverfahren anordnet (5 Ob 116/95 = EWR

II/13c/1 ff). Bei der Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten nach § 14

Abs 1 Z 1 WEG sind dies alle Mit- und Wohnungseigentümer einer

Liegenschaft, nicht aber die Wohnungseigentümergemeinschaft nach §

13c WEG. Diese ist bei Durchsetzung von Minderheitsrechten im

Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 2 WEG nicht passiv legitimiert (5 Ob

2151/96a = ÖJZ-LSK 1997/34 = RIS-Justiz RS0083442; 5 Ob 268/97s = EWR

II/13c/44 f; 5 Ob 2148/96k = EWR II/14/45 ff).

Darauf wird bloß der Vollständigkeit halber hingewiesen.

Im übrigen orientierte sich die Entscheidung des Rekursgerichtes an höchstgerichtlicher Rechtsprechung, worüber hinaus keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war.

Der Revisionsrekurs erweist sich damit als nicht zulässig.

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