Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Klägerin nimmt die Erstbeklagte als Krankenhausbetreiberin und den Zweitbeklagten als orthopädischen Chirurgen wegen Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht für die nachteiligen Folgen einer Operation vom 17. 3. 2005 in Anspruch. Gegenstand des bekämpften Teilurteils ist ein Feststellungsbegehren hinsichtlich sämtlicher zukünftiger nachteiligen Folgen einer dauernden Bewegungseinschränkung des „Pip-Gelenks" des linken Ringfingers der Klägerin infolge Versteifung dieses Gelenks. Die Operation durch den Zweitbeklagten hatte eine beginnende Arthrose bei der damals 63-jährigen Klägerin aktiviert. Die Arthrose hätte sich auch ohne Operation zu einem - wenn auch nicht feststellbaren - späteren Zeitpunkt verwirklicht.
Das Berufungsgericht bejahte eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht durch den Zweitbeklagten vor Durchführung der Operation, obwohl die Verwirklichung des später eingetretenen Risikos als äußerst gering einzustufen war. Maßgeblich für die Bejahung der Aufklärungspflicht sei, dass es sich bei dem Eingriff (Entfernung eines Ganglions) nicht um einen medizinisch dringlichen Eingriff gehandelt habe und die Aufklärung über eine mögliche, wenn auch unwahrscheinliche Verschlechterung der Beschwerden für die Klägerin bei ihrer Entscheidung, die Operation durchführen zu lassen oder nicht, durchaus von Bedeutung sein konnte.
Rechtliche Beurteilung
Eine erhebliche Rechtsfrage wird in diesem Zusammenhang von der Revision nicht aufgezeigt. Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass die Pflicht des Arztes zur Aufklärung über die Möglichkeit schädlicher Folgen eines Eingriffs um so weitgehender ist, je weniger der Eingriff aus der Sicht eines vernünftigen Patienten vordringlich oder geboten erscheint, sodass sich nach den Umständen eine Aufklärungspflicht auch dann ergeben kann, wenn die Wahrscheinlichkeit erheblicher Folgen des Eingriffs zahlenmäßig sehr gering ist (vgl RIS-Justiz RS0026375; RS0026313). Ist der Eingriff zwar medizinisch empfohlen, aber nicht eilig, so ist grundsätzlich eine umfassende Aufklärung notwendig. In einem solchen Fall ist dann auch auf die Möglichkeit seltener, aber gravierender Risken hinzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0026772 [T4]; zuletzt 4 Ob 87/08k). Die Aufklärungspflicht entfällt nicht einmal bei einer Risikodichte im Promillebereich (vgl RIS-Justiz RS0026437 [T6]). Der vorliegend zu beurteilende Fall hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung und wirft darüber hinaus keine erheblichen Fragen auf. Soweit die Revision eine unrichtige Beurteilung des rechtmäßigen Alternativverhaltens rügt und meint, die „non liquet"-Feststellung des Erstgerichts hätte zur Abweisung des Begehrens führen müssen, ist auf die durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärte Beweislastverteilung zu verweisen (vgl RIS-Justiz RS0026783; zuletzt 4 Ob 155/08k). Demnach trifft die Beweispflicht, dass der Patient der Operation auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zugestimmt hätte, den Arzt, der die erforderliche Aufklärung unterlassen hat. Insgesamt werden daher Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO nicht releviert.
Das hatte zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision der Beklagten zu führen.
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