OGH 5Ob132/97s

OGH5Ob132/97s2.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Floßmann, Dr.Pimmer, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin E***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Schütz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Dkfm.Gerda K*****, vertreten durch Dr.Friedrich Fleischmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8, § 46a Abs 4 MRG infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21.Jänner 1997, GZ 41 R 659/96g-30, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3.September 1996, GZ 48 Msch 42/95z-21, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung im drittinstanzlichen Verfahren selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht stellte fest, daß der angemessene Mietzins für das Bestandobjekt ***** zu den Stichtagen 1.3., 1.11.1994 und 1.1.1995 S 25.760 (wertgesichert) betrage, und berechnete gemäß § 46a Abs 2 und 4 MRG die schrittweise Anhebung des Hauptmietzinses ab dem 1.1.1995, wobei der angehobene monatliche Hauptmietzins mit S 2.667,31 festgelegt wurde. Weiters stellte das Erstgericht fest, daß die Antragsgegnerin durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 2.774,63 im Zeitraum Jänner bis März 1995 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um monatlich S 107,32 überschritten habe, und verpflichtete die Antragsgegnerin zur Rückzahlung von S 321,96. Hiebei ging das Erstgericht ua von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin ist Hauptmieterin der Bestandräumlichkeiten top Nr. 7a bis 8 im Haus *****, die Antragsgegnerin ist die Eigentümerin dieses Hauses. Mit Schreiben vom 16.11.1994 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, daß sie gemäß § 46a Abs 2 MRG eine Anhebung des Hauptmietzinses begehre, und führte die Höhe des angemessenen Hauptmietzinses, die Nutzfläche und die Berechnung der Fünfzehntel-Erhöhung an. An der Adresse ***** waren ab 1903 zahlreiche Notare tätig. Bis 1964 waren jeweils physische Personen Hauptmieter (Mithauptmieter) der Bestandobjekte. 1964 wurden die Hauptmietrechte mit Zustimmung der Hausinhabung an die damals gegründete Antragstellerin (GmbH) übertragen. Der jetzt an dieser Adresse tätige Notar erwarb mit Abtretungsvertrag vom 2.5.1968 einen 50 %igen Anteil an der Gesellschaft; einen weiteren 50 %igen Anteil erwarb er 1977.

In rechtlicher Hinsicht bejahte das Erstgericht die Voraussetzungen für die Anhebung des Hauptmietzinses gemäß § 46a Abs 4 MRG. Spätestens mit dem Einverständnis der Vermieterin (1964), daß die Antragstellerin Mieterin sei, sei schlüssig ein neuer Mietvertrag geschlossen worden. Damals sei keine freie Mietzinsvereinbarung möglich gewesen. Es sei unerheblich, daß die Antragsgegnerin in ihrem Anhebungsbegehren den falschen Absatz (nämlich Abs 2) des § 46a MRG zitiert habe. Der angemessene Hauptmietzins sei zum Zeitpunkt des Anhebungsbegehrens (November 1994) zu ermitteln gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht, dem der Antragsgegnerin teilweise Folge, präzisierte, daß sich die Feststellung der Überschreitung nur auf den zulässigen Hauptmietzins (und nicht auch auf den EVB) beziehe, und entfernte den Rückzahlungsausspruch. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs - mangels erheblicher Rechtsfragen - nicht zulässig sei. Zur Rechtsrüge der Antragstellerin führte es im wesentlichen folgendes aus:

Die Antragstellerin habe im Jahr 1964 durch (zumindest stillschweigend) vereinbarte Vertragsübernahme das Geschäftslokal gemietet. Allein im Wechsel einer Vertragspartei liege nach der ausdrücklichen Regelung der §§ 1375 f ABGB keine Novation; hiefür sei eine Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstandes der Forderung erforderlich. Das Mietverhältnis über das Mietobjekt 7a habe am 1.5.1941, jenes über das Objekt 8 am 1.4.1939 begonnen, wobei bei den Vertragsabschlüssen keine freie Mietzinsvereinbarung möglich gewesen sei. Es schade grundsätzlich nicht, wenn der Vermieter in seinem Anhebungsbegehren gemäß § 46a MRG keine oder eine unrichtige Gesetzesstelle anführe. Das Anhebungsbegehren der Antragsgegnerin vom 16.11.1994 sei ausreichend bestimmt; wesentlich sei, ob einer der im § 46a Abs 2 bis 5 MRG geregelten Anhebungstatbestände erfüllt werde. Das Zitat des § 46a Abs 2 MRG im Anhebungsbegehren könne auch deshalb nicht schaden, weil dort die Modalitäten der Fünfzehntel-Anhebung geregelt seien und auch § 46a Abs 4 MRG auf diese Gesetzesstelle verweise.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluß dahin abzuändern, daß ihrem Sachantrag vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Rekursentscheidung mit der jüngsten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 46a Abs 6 iVm § 12a Abs 7 MRG nicht in Einklang steht; er ist im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, bei der Ermittlung des angemessenen Mietzinses sei nicht auf den Zeitpunkt des Anhebungsbegehrens, sondern auf den Zeitpunkt des "Machtwechsels" 1978 abzustellen. Das auf § 46a Abs 2 MRG gestützte Anhebungsbegehren sei zu Unrecht als ausreichend bestimmt angesehen worden, obwohl beide Vorinstanzen nur vom Anhebungstatbestand des § 46a Abs 4 MRG ausgegangen seien. Es fehle am Anhebungserfordernis, daß bei Vertragsabschluß eine Gesellschaft Hauptmieter gewesen sein müsse. Die Heranziehung von bloß drei oder vier Vergleichsfällen im Sachverständigengutachten sei nicht ausreichend.

Hiezu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat in 5 Ob 10/97z = WoBl 1997, 190/64 (Würth) in einem Fall des § 46a Abs 3 MRG mit näherer Begründung ausgesprochen, daß am Wortlaut des § 46a Abs 6 iVm § 12a Abs 7 MRG festzuhalten ist, demzufolge es auch bei der Verpachtung eines Unternehmens vor dem 1.3.1994 bei der Ermittlung des nach § 16 Abs 1 MRG zulässigen Hauptmietzinses auf die Verhältnisse bei Pachtbeginn ankommt (vgl auch 5 Ob 148/97v; 5 Ob 288/97g). Den in 5 Ob 10/97z aufgestellten Grundsätzen wurde in 5 Ob 109/97h auch in einem Fall der Fünfzehntel-Anhebung aus Anlaß der Sanierung eines gespalteten Mietzinsverhältnisses nach § 46a Abs 5 MRG gefolgt. Die Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall eines Anhebungsbegehrens nach § 46a Abs 4 MRG bedeutet, daß es gemäß § 46a Abs 6 iVm § 12a Abs 7 MRG auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft ankommt.

Würth hat in seiner Glosse zu WoBl 1997/64 die dort vorgenommene Auslegung des § 46a Abs 6 MRG als zweifellos vertretbar, aber nicht für so zwingend wie in der Entscheidung dargestellt gehalten. Auch er ist freilich der Ansicht, daß es bei § 46a Abs 4 und 5 MRG nicht auf den Zeitpunkt des Begehrens des Vermieters ankommen kann, weil dies in dessen Belieben stünde. Das die Erhöhung auslösende Ereignis sei aber das Inkrafttreten des 3. WÄG am 1.3.1994, sodaß der angemessene Mietzins zu diesem Zeitpunkt zu ermitteln wäre. Nach Auffassung des erkennenden Senates kann aber die Gesetzesänderung selbst nicht als Auslöser angesehen werden; vielmehr bestimmt das geänderte Gesetz, welches Ereignis eine Anhebung auslösen kann. Das Übergangsrecht weniger kompliziert zu gestalten, wäre im übrigen Sache des Gesetzgebers gewesen.

Der erkennende Senat hält somit - ungeachtet der in der Revisionsrekursbeantwortung vorgetragenen Kritik der Antragsgegnerin, die auf den Zeitpunkt des Anhebungsbegehrens abstellen will - an seinem Verständnis des § 46a Abs 6 MRG auch im Falle des § 46a Abs 4 MRG fest (vgl bereits den Hinweis in 5 Ob 88/97w aE). Die entscheidende Änderung im Sinne des § 12a Abs 3 MRG hat in der antragstellenden GmbH nach den bisherigen Verfahrensergebnissen 1977 stattgefunden, weshalb der für damals angemessene - und entsprechend den üblichen Indexklauseln valorisierte - Hauptmietzins zu ermitteln wäre. Dies erfordert eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens, weshalb die Rechtssache unter Aufhebung der vorinstanzlichen Sachbeschlüsse an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Zur von der Rechtsmittelwerberin bezweifelten Bestimmtheit des Anhebungsbegehrens wird auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen. § 46b MRG verlangt die Anführung einer Gesetzesstelle nicht, weshalb die Zitierung des § 46a Abs 2 MRG (auf welchen Absatz im übrigen Abs 4 verweist) unschädlich ist. Inwieweit das Anhebungsbegehren sonst dem Gesetz nicht entsprechen soll und inwieweit es an einem hinreichenden Tatsachenvorbringen fehlen soll, wird im Rechtsmittel nicht näher erläutert.

Der erkennende Senat hat zwar in 5 Ob 2006/96b (vgl 5 Ob 2316/96s mwN) ausgesprochen, daß § 46a Abs 4 MRG auf Fälle der Anmietung eines Geschäftsraumes durch eine natürliche Person vor dem 1.1.1968 nicht analog anzuwenden ist. Im vorliegenden Fall wurden die Räumlichkeiten zwar ursprünglich von einer natürlichen Person gemietet. 1964 ist allerdings eine GmbH in den Vertrag eingetreten, sodaß per 1.1.1968 schon längst ein Mietverhältnis mit einer juristischen Person bestand. Daß es hiezu im Wege der Vertragsübernahme von einer natürlichen Person gekommen ist, schließt das Anhebungsrecht gemäß § 46a Abs 4 MRG nicht aus (vgl auch Dirnbacher, Gedanken zu § 46a MRG, WoBl 1995, 78, 79).

Bei den Rechtsmittelausführungen zum Sachverständigengutachten handelt es sich in Wahrheit um eine im drittinstanzlichen Verfahren unzulässige Beweisrüge. Eine "Zahl notwendiger Vergleichsfälle" kann der Oberste Gerichtshof den Tatsacheninstanzen nicht vorgeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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