Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragsgegnerin ist Hauptmieterin des Bestandobjekts top VII im Haus *****. Sie ist im Jahr 1972 in den Mietvertrag ihrer Vormieterin, Gräfin Edith K*****, eingetreten. Diese hatte das Objekt am 18.8.1948 (mit Wirkung vom 15.8.1948) von den damaligen Hauseigentümern zum Betrieb einer Apotheke gemietet. Zur Höhe des Mietzinses war in diesem Vertrag festgehalten worden, daß der gesetzliche Zins zur Zeit 50 Groschen für jede Krone der Bemessungsgrundlage für das gesamte Mietobjekt beträgt; außerdem enthielt der Mietvertrag vom 18.8.1948 in Punkt VIII. folgende Regelung:
"Gänzliche oder teilweise Untervermietung und Weiterübertragung der Mietrechte im Rahmen dieses Vertrages ist der Mieterin gestattet, doch darf hiedurch kein Unternehmen im Haus konkurrenziert werden."
Am 29.5.1972 trat die nunmehrige Antragsgegnerin in die Mietrechte am Bestandobjekt top VII ein. Die diesbezügliche Urkunde wurde einerseits von der Hausverwaltung für den Hauseigentümer, andererseits von der Antragsgegnerin unterfertigt und enthält die Formulierung, daß der Mietvertrag "mit sofortiger Wirkung infolge inzwischen geänderter Besitzverhältnisse" auf die Antragsgegnerin "umgeschrieben" wird. Vermerkt wurde auch noch, daß sämtliche übrigen Punkte des Mietvertrages vom 18.8.1948 von dieser Umschreibung unberührt und daher zur Gänze aufrecht bleiben.
Seit 1.1.1995 schreiben die Antragsteller der Antragsgegnerin einen monatlichen Hauptmietzins von S 6.673,71 vor, wobei sie sich auf das Recht der Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG berufen. Am 1.2.1995 beantragten sie bei der zuständigen Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Wien, die Angemessenheit dieses Hauptmietzinses festzustellen, worüber jetzt gemäß § 40 Abs 2 MRG das gegenständliche Gerichtsverfahren anhängig ist.
Die Antragsteller begründeten ihr Mietzinsüberprüfungsbegehren damit, daß seit der Abtretung der Mietrechte an die Antragsgegnerin ein mehrmaliger Gesellschafterwechsel stattgefunden habe und damit eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten iSd § 12a Abs 3 MRG eingetreten sei. Ausgehend von einem angemessenen Hauptmietzins von monatlich S 40.000,-- und dem bisher (auf der Basis von S 3,-- pro Friedenskrone 1914) bezahlten Hauptmietzins von monatlich S 4.293,31 ergebe sich nach § 46a Abs 4 MRG ab Jänner 1995 ein neuer Hauptmietzins von S 6.673,71 im Monat. Die Antragsgegner hätten die Bezahlung des erhöhten Hauptmietzinses verweigert.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Sachantrages. Sie bestritt die Aktivlegitimation der Antragsteller, vor allem aber das Recht zur Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG, weil es an der Grundvoraussetzung dieses Anhebungstatbestandes, einem Mietvertragsabschluß vor dem 1.1.1968 mit einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft des Handelsrechts als Hauptmieter fehle. Außerdem hätte anläßlich der Umschreibung des Mietvertrages von der seinerzeitigen Hauptmieterin auf die nunmehrige Antragsgegnerin der Mietzins erhöht werden können. Unabhängig davon sei der nunmehr begehrte Hauptmietzins unangemessen; das Bestandobjekt sei bei Anmietung in einem sehr schlechten Zustand gewesen.
Das Erstgericht stellte fest, daß die Antragsteller mit der Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von S 6.673,71 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß insofern überschritten hätten, als der gesetzlich zulässige Betrag nur S 4.293,31 betrage. Es vertrat den Standpunkt, daß die rechtlichen Voraussetzungen für eine Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG nicht vorlägen. Es fehle - ohne daß die weiteren Einwendungen der Antragsgegnerin noch geprüft werden müßten - an einem Mietvertragsabschluß vor dem 1.1.1968 mit einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes als Hauptmieter. Eine analoge Anwendung des § 46a Abs 4 MRG auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt scheide aus. Eine planwidrige Gesetzeslücke sei in der vom Wortlaut her völlig eindeutigen Regelung nicht zu erkennen, weil die in § 46a Abs 4 MRG vorgesehene Möglichkeit der Mietzinsanhebung für natürliche Personen gar nicht passe und der Gesetzgeber - hätte er anderes gewollt - die Beschränkung auf Verträge, die vor dem 1.1.1968 mit juristischen Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechts als Hauptmieter zustandekamen, einfach hätte fallen lassen können.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Der klare Wortlaut des § 46a Abs 4 MRG lasse eine Auslegung, wonach auch Mietverträge, die vor dem 1.1.1968 mit natürlichen Personen als Hauptmieter abgeschlossen wurden, von der Regelung erfaßt würden, nicht zu. Eine planwidrige Gesetzeslücke sei in dieser gesetzlichen Regelung schon deshalb nicht zu erkennen, weil teilweise auch die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen einer Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG auf natürliche Personen nicht zutreffen könnten, sodaß der von Reich-Rohrwig (Geschäftsraummiete, 107 f) gezogene Schluß, der Gesetzgeber habe die Ungleichbehandlung von Fällen, in welchen ursprünglich eine natürliche Person mietete, gegenüber solchen Fällen, in denen eine Gesellschaft (iwS) mietete, nicht beabsichtigt, nicht haltbar sei (vgl Dirnbacher in WoBl 1995, 79). Auch die Systematik des Gesetzes spreche gegen eine solche analoge Anwendung. Während der Bestand einer Gesellschaft unter Umständen zeitlich unbegrenzt sein könne, trete der Tod einer physischen Person früher oder später jedenfalls ein, sodaß ein Abstellen des Gesetzgebers auf juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechtes als durchaus beabsichtigt angesehen werden müsse. Im übrigen versage die Argumentation der Antragsteller, der Vermieter sei gegen eine (allzulange) Bindung an "Uraltmietverträge" zu schützen, wenn man an das dem Mieter im gegenständlichen Fall eingeräumte Weitergaberecht denke. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß bei Ausübung eines vertraglich vereinbarten Weitergaberechts in vielen mietrechtlichen Belangen auf den ursprünglichen Mietvertrag und nicht auf den Zeitpunkt der Ausübung des Weitergaberechts abgestellt werde. Derartige Überlegungen für eine analoge Anwendung des § 46a Abs 4 MRG auf den gegenständlichen Fall würden schon am völlig klaren Wortlaut der Bestimmung scheitern.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem völlig klaren Wortlaut der Bestimmung des § 46a Abs 4 MRG.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs machen die Antragsteller geltend, daß zur strittigen Rechtsfrage, ob die in § 46a Abs 4 MRG vorgesehene Möglichkeit der Mietzinsanhebung analog auch auf Mietverträge angewendet werden könne, die vor dem 1.1.1968 mit einer natürlichen Person als Hauptmieter abgeschlossen wurden (und noch immer aufrecht sind), eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle. Da ein Teil der Lehre den Rechtsstandpunkt der Antragsteller stütze, sei die gesetzliche Regelung keineswegs so eindeutig, wie das Rekursgericht annehme. Maßgeblich könne nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung nur sein, ob seit dem Mietvertragsabschluß ein durchgreifender Wechsel des Nutznießers des günstigen Mietrechts eingetreten ist. Außerdem sei vom Rekursgericht zu wenig berücksichtigt worden, daß im verfahrensgegenständlichen Mietvertrag von Anfang an ein Weitergaberecht des Hauptmieters - auch das Recht zur Weitergabe des Bestandobjektes an eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts - vorgesehen gewesen und letztlich auch ausgeübt worden sei. In einem solchen Fall müsse in allen Belangen auf den ursprünglichen Mietvertrag und nicht auf den Zeitpunkt der Ausübung des Weitergaberechts - hier nach dem 1.1.1968 - abgestellt werden. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Antragsgegnerin wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Sie hat von dieser Äußerungsmöglichkeit Gebrauch gemacht und die Zurückweisung des Revisionsrekurses mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG, hilfsweise dessen Abweisung beantragt.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine von der Lehre unterschiedlich, von der Judikatur noch nicht beantwortete Rechtsfrage zu lösen ist; der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend hat schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß die in § 46a Abs 4 MRG vorgesehene Möglichkeit der Mietzinsanhebung ein Mietverhältnis (über Geschäftsräume) voraussetzt, das vor dem 1.1.1968 mit einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes als Hauptmieter eingegangen wurde. Der insoweit klare Gesetzeswortlaut wäre nur dann einer korrigierenden Auslegung zugänglich, wenn zwingende Argumente für eine Analogie vorliegen, vor allem also eine unbeabsichtigte Regelungslücke - hier das Übersehen von Problemen, die "Uraltmietverträge" mit natürlichen Personen als Hauptmieter aufwerfen - angenommen werden kann. Dazu müßten Hinweise vorhanden sein, daß der Gesetzgeber die Notwendigkeit einer umfassenderen Regelung verkannt, eine Änderung der Verhältnisse nicht vorhergesehen oder die aus der Unvollständigkeit der Regelung resultierenden Verstöße gegen den Gleichheitssatz nicht bedacht hat (vgl WoBl 1991, 235/141). Dafür fehlt jedoch im konkreten Fall jeglicher Anhaltspunkt.
Gegen eine analoge Anwendung des § 46a Abs 4 MRG auf Fälle der Anmietung eines Geschäftsraums durch eine natürliche Person vor dem 1.1.1968 spricht die aus dem klaren Gesetzeswortlaut hervorleuchtende, aber auch durch den systematischen Zusammenhang zwischen § 46a Abs 4 MRG und § 12a Abs 3 MRG belegbare Absicht des Gesetzgebers, mit der Neuregelung die Probleme in den Griff zu bekommen, die sich bei gesellschaftsrechtlichen Veränderungen innerhalb einer Mietergesellschaft (iwS) gezeigt hatten. Es sollte verhindert werden, daß die praktisch "ewige" Mieterstellung einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes den Vorteil eines vor Jahren oder Jahrzehnten vereinbarten günstigen Mietzinses auch dann bestehen läßt, wenn sich die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten in der Gesellschaft entscheidend geändert haben. Dabei war vor allem an die Eindämmung von Umgehungsgeschäften gedacht (§ 12a Abs 3 letzter Satz MRG). Wurde der Mietvertrag mit einer natürlichen Person als Hauptmieter abgeschlossen, stellen sich diese Probleme nicht. Während die "Gesellschaft" unter Umständen niemals "stirbt", tritt der Tod der physischen Person - früher oder später - jedenfalls ein. Aus der Sonderregelung für Gesellschaften kann daher nicht der Schluß gezogen werden, daß sie den Gleichheitsgrundsatz verletzt. Damit ist das entscheidende Argument der Lehre, die Nichterfassung von Mietvertragsabschlüssen vor dem 1.1.1968 mit natürlichen Personen durch die Regelung des § 46a Abs 4 MRG sei gleichheitswidrig und im Wege der Analogie zu korrigieren (Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung bei Geschäftsraummiete, ecolex spezial, 107 f), widerlegt. Bei Mietverhältnissen, die auf Mieterseite ursprünglich von natürlichen Personen eingegangen wurden, sind ohnehin viele Fälle der Mietzinserhöhung denkbar, die die scheinbare Benachteiligung des Vermieters ausgleichen (Dirnbacher, Gedanken zu § 46a MRG, WoBl 1995, 78 f, [79]; vgl 5 Ob 11/96). Die Ausdehnung der in § 46a Abs 4 MRG vorgesehenen Möglichkeit der Mietzinserhöhung auf den vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckten Fall, daß der vor dem 1.1.1968 zustande gekommene Mietvertrag mit einer natürlichen Person als Hauptmieter abgeschlossen wurde, kommt daher nicht in Frage.
Auch der Umstand, daß sich die ursprüngliche Hauptmieterin im gegenständlichen Fall ein unbeschränktes, auch die Mietrechtsnachfolge juristischer Personen sowie handelsrechtlicher Personengesellschaften einschließendes (echtes) Weitergaberecht ausbedungen hatte und die Antragsgegnerin durch Ausübung dieses Weitergaberechtes in die Hauptmieterstellung gelangt ist, ändert an diesem Ergebnis nichts. Die Regelung des § 46a Abs 4 MRG erfaßt, wie sich aus der Z 1 leg cit ergibt, die Fälle einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten (den "Machtwechsel": Tades/Stabentheiner, Das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz, ÖJZ-Sonderheft 1A/94, 15) im Sinne des § 12a Abs 3 MRG. Voraussetzung einer Mietzinserhöhung, wie sie die Antragsteller anstreben, ist daher auch die Erfüllung dieses veräußerungsähnlichen Tatbestandes. Bei Ausübung eines Weitergaberechtes des Mieters, zu dessen Wesen es gehört, daß der Vermieter der Übertragung des Mietrechts vorweg zustimmte, kann jedoch die an eine erzwungene Mietrechtsnachfolge geknüpfte Rechtsfolge des § 12a Abs 3 iVm Abs 2 MRG (folglich auch die des § 46a Abs 4 MRG) gar nicht eintreten (vgl Würth in Rummel2, Rz 7a zu § 12 MRG mwN; MietSlg 41.230 ua). Es ist nicht einsichtig, warum ausgerechnet ein der Mietzinserhöhung nach § 12a Abs 3 iVm Abs 2 MRG entgegenstehendes Weitergaberecht des Mieters dazu führen sollte, ein an sich nicht dem Tatbestand des § 46a Abs 4 MRG unterstellbares Mietverhältnis so zu behandeln, als sei dieser Tatbestand - konkret der Mietvertragsabschluß vor dem 1.1.1968 mit einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes als Hauptmieter - demnach erfüllt.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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