OGH 5Ob11/96

OGH5Ob11/9626.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller

1.) prot.Firma Heinz G***** & Co, und 2.) prot.Firma J.M. F*****, beide vertreten durch Dr.Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin prot.Firma Hotel Pension "A*****, Elisabeth H*****, vertreten durch Dr.Hans Spohn, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 46a Abs 4 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17.August 1995, GZ 39 R 531/95-6, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 22.Juni 1995, GZ 39 Msch 14/95s-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller als Eigentümer der Liegenschaft S***** 2 in W***** und Vermieter der dort gelegenen Mietobjekte top Nr 6/7 und 9a/10a begehrten die Überprüfung der Angemessenheit des von ihnen der Antragsgegnerin ab 1.1.1995 vorgeschriebenen Hauptmietzinses, nachdem sie ihn im Sinne des § 46a Abs 4 MRG angehoben hatten. Die Mietverträge seien im Jahre 1947 mit der "Pension A***** Gesellschaft mbH" abgeschlossen worden. Eine freie Mietzinsvereinbarung sei damals nicht möglich gewesen, sodaß der Mietzins seit 1986 nur S 3,-- pro Friedenskrone 1914 betragen habe. Im März 1956 habe die Mieterin ihren Firmenwortlaut in "Pension A***** Gesellschaft mbH" geändert. Mit Generalversammlungsbeschluß vom 5.4.1962 sei dann diese Gesellschaft nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetztes in die prot.Einzelfirma Hotel Pension A*****, Elisabeth H***** (das ist die Antragsgegnerin) umgewandelt worden. Das hätten sie als Gesamtrechtsnachfolge ohne Möglichkeit einer Mietzinsanhebung zur Kenntnis nehmen müssen.

Seit Beginn des Mietverhältnisses habe bei der Mieterin mehrmals ein Gesellschafterwechsel, somit eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten iSd § 12a Abs 3 MRG stattgefunden. Gestützt auf § 46a Abs 4 MRG sei daher der Mietzins ab 1.1.1995 angehoben worden.

Für das Objekt top 6/7 betrage der angemessene monatliche Hauptmietzins S 48.800,--. 1/15tel dieses um den bisher bezahlten Hauptmietzins reduzierten Betrages ergebe S 3.103,06, zu welchen der bisherige Hauptmietzins von S 2.254,12 wieder hinzuzuschlagen sei, sodaß der neue Hauptmietzins S 5.357,18 betrage. Für das Objekt top 9a/10a ergebe sich ausgehend von einem angemessenen monatlichen Hauptmietzins von S 48.500,-- und einem bisher bezahlten Hauptmietzins von S 2.122,66 nach derselben Berechnungsmethode ein neuer Hauptmietzins von S 5.214,48.

Die Antragsgegnerin bestritt die Berechtigung zur Mietzinsanhebung sowie die Angemessenheit des begehrten Mietzinses. Sie vertritt den Standpunkt, daß § 46a Abs 4 MRG gar nicht anwendbar sei, weil das Bestandobjekt (im maßgeblichen Zeitpunkt 1.3.1994) von einer natürlichen Person gemietet gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Sachbeschluß stellte das Erstgericht fest, daß die von den Antragstellern der Antragsgegnerin seit 1.1.1995 vorgeschriebenen Hauptmietzinse von S 5.357,18 für top Nr 6/7 und von S 5.214,48 für top Nr 9a/10a das gesetzliche Zinsausmaß insofern überschreiten, als die zulässigen Hauptmietzinse nur S 2.254,12 bzw S 2.122,66 betragen.

Schon auf Grund des Antragsvorbringens erweise sich die von den Antragstellern vorgenommene 15-tel Anhebung als nicht gerechtfertigt. Die Bestimmung des § 46a Abs 4 MRG, auf welche sich die Antragsteller beriefen, setze nämlich nicht nur voraus, daß der Mieter des Geschäftslokals bei Vertragsabschluß eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes gewesen sei, sondern auch, daß der Mietvertrag weiterhin mit einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes bestehe. Das sei nicht der Fall.

Es sei einzuräumen, daß die Formulierung des § 46a Abs 4 MRG insoweit nicht eindeutig sei. Ausgangspunkt der Neuregelung sei aber der Wille des Gesetzgebers gewesen, eine Gleichstellung von Geschäftsraummieten natürlicher Personen mit Geschäftsraummieten juristischer Personen und Gesellschaften des Handelsrechtes hinsichtlich der Unternehmensveräußerung im weiteren Sinne zu erreichen. Im gegenständlichen Fall sei Mieter bereits eine natürliche Person, sodaß das Bedürfnis zur "Gleichstellung" bereits weggefallen sei. Das Problem, daß juristische Personen nicht (kaum) untergingen, sei hier, seitdem eine natürliche Person Mieterin sei, nicht mehr gegeben. Es wäre auch völlig unverständlich, wenn die 15-tel Anhebung gegenüber einer natürlichen Person, die der juristischen Person im Mietrecht gefolgt sei, zulässig wäre, gegenüber einer natürlichen Person, die Mieterin der Geschäftsräumlichkeiten sei und für die die Nachfolge nach einer juristischen Person nicht gelte, eine Anhebung aber nicht zulässig wäre. Es wäre auch keine sinnhafte Wertung des Gesetzgebers zu erkennen, würde bei der Frage der Zulässigkeit der 15-tel Anhebung auf Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten einer juristischen Person, die gar nicht mehr Mieterin des Bestandobjektes sei, abgestellt. Zur Frage, ob Umwandlungen auf den Hauptgesellschafter im Sinne des Umwandlungsgesetzes unter § 12a Abs 1 und 2 MRG fielen, führte das Erstgericht lediglich aus, daß dies strittig sei, wobei es auf Ostheim in WoBl 1993, 200, insbesondere 205 f, verwies.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Ob die vom Erstgericht vertretene Rechtsauffassung, wonach die Anwendbarkeit des § 46a Abs 4 MRG voraussetze, daß Mieter des Geschäftslokals nicht nur seinerzeit (vor dem 1.1.1968), sondern auch noch im Anhebungszeitpunkt eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes gewesen sein müsse, richtig sei, könne auf sich beruhen. Nach dem Antragsvorbringen sei nämlich die Pension "A*****" ***** Gesellschaft mbH im Jahre 1962 nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes in eine Einzelfirma, die Antragsgegnerin, umgewandelt worden. Eine solche Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf ihren Hauptgesellschafter (der bisher zumindestens 90 % der Geschäftsanteile hatte) oder auf ihren Alleingesellschafter stelle keine eine Mietzinserhöhung nach § 12a Abs 3 MRG auslösende Gesamtrechtsnachfolge dar. Wohl ändere sich damit der Rechtsträger des Unternehmens und der Mietrechte, sodaß darin eine Änderung der rechtlichen Einflußmöglichkeiten gesehen werde könne, doch trete eine Änderung der wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten durch einen Umwandlungsvorgang nach dem Umwandlungsgesetz höchstens um 10 % ein (Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung, 94). Eine Mietzinsanhebung komme nach dem klaren Wortlaut des § 12a Abs 3 MRG aber nur in Betracht, wenn sich in einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft des Handelsrechtes die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten entscheidend ändern.

Unter § 12a Abs 1 MRG könne (entgegen Ostheim in WoBl 1993, 204 f) eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz nicht subsumiert werden, weil nach der Systematik der Neuregelung des § 12a MRG davon auszugehen sei, daß die schon bisher von der Rechtsprechung nicht als Unternehmensveräußerung qualifizierten Fälle der Gesamtrechtsnachfolge jeglicher Art (MietSlg 36.280, 37.280) nunmehr von § 12a Abs 3 MRG erfaßt werden, allerdings nur soweit sie eine entscheidende Änderung sowohl der rechtlichen als auch der wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten bewirken (Reich-Rohrwig aaO, 37). Lag aber eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten auf Grund der im Jahre 1962 erfolgten Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz nicht vor, so finde § 46a Abs 4 MRG keine Anwendung.

Daß außer der erwähnten Umwandlung im Jahre 1962 andere für eine Mietzinsanhebung relevante gesellschaftsrechtliche Änderung stattgefunden hätten, sei nicht ausreichend konkret behauptet worden. Die bloße Berufung darauf, daß seit Beginn des Mietverhältnisses mehrfach Gesellschafterwechsel stattgefunden hätten, beinhaltete nicht die Behauptung, daß seit der Anmietung im Jahre 1947 eine Veräußerung der Mehrheit der Gesellschaftsanteile erfolgte, was zu einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten im Sinne des § 12a Abs 3 MRG geführt hätte.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß - soweit überblickbar - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz unter § 12a Abs 1 bzw § 12a Abs 3 MRG zu subsumieren sind.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Auslegung des § 46a Abs 4 MRG noch keine Judikatur vorliegt; er ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsteller machen im wesentlichen geltend, daß die Umwandlung einer GmbH in das Unternehmen eines Einzelkaufmanns sehr wohl als Mietrechtsnachfolge iSd § 12a Abs 1 MRG und damit auch nach Abs 3 leg cit zu qualifizieren sei. Unabhängig davon hätten zwischen 1947 und 1962 Gesellschafterwechsel stattgefunden, die zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten geführt hätten. Den diesbezüglichen Hinweis im Vorbringen der Antragsteller hätte das Rekursgericht zum Anlaß nehmen müssen, der Frage nachzugehen. Im übrigen setze die Möglichkeit der Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG lediglich voraus, daß der Mietvertrag vor dem 1.1.1968 mit einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechts zustandekam, nicht aber den Weiterbestand des Mietvertrages mit einer juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechts auch noch im Zeitpunkt der Mietzinsanhebung. Auslösend für das Recht zur Mietzinsanhebung sei, daß sich der Nutznießer des günstigen Mietrechts ändere. Trete eine solche Änderung nach dem Stichtag (1.10.1993) ein, solle die sofortige oder - bei "Uralt-Mietverträgen" - die schrittweise Anhebung des Mietzinses möglich sein. Wäre die Antragsgegnerin im Jahr 1962 Alleingesellschafterin der GmbH geworden, statt das Unternehmen in eine Einzelfirma umzuwandeln, wäre § 46a Abs 4 MRG jedenfalls anwendbar; für die Umwandlung selbst könne nichts anderes gelten. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Sachbeschluß aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.

Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung vor. Sie hat beantragt, den angefochtenen Beschluß (mit der Erwähnung des Erstgerichtes ist offensichtlich dessen Begründung gemeint) zu bestätigen.

Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß eine schrittweise Anhebung des Hauptmietzinses nach § 46a Abs 4 MRG unter Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher Änderungen, die vor dem Inkrafttreten des 3. WÄG eingetreten sind und zu einer Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten iSd § 12a Abs 3 MRG bei der Mieter-Gesellschaft geführt haben, nur dann möglich ist, wenn der Mieter bei der Anhebung des Hauptmietzinses (noch immer) eine juristische Person ist. Diesen Standpunkt vertreten offensichtlich auch Würth/Zingher, die die Anhebungsmöglichkeit des § 46a Abs 4 MRG (unter Anführung der näheren Voraussetzung) auf Mietverträge über Geschäftsräume beziehen, die "am 1.3.1994 mit juristishcen Personen und Personengesellschaften des Handelsrechts (und wohl auch Erwerbsgesellschaften) bestehen" (Wohnrecht '94, Anm 8 zu § 46a MRG).

Die dagegen im Revisionsrekurs vorgebrachten Argumente überzeugen nicht. Abgesehen davon, daß der wegen des heiklen Eingriffs in bestehende Verträge und der Rückwirkung auf Ereignisse in der Vergangenheit eher einschränkend auszulegende Gesetzestext keinen Anhaltspunkt für die Rechtsansicht bietet, es seien auch Mietverträge mit den in § 46a Abs 4 MRG nirgends erwähnten natürlichen Personen als Hauptmieter erfaßt, hat schon das Erstgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß es erklärte Absicht der Regierungsparteien war, durch die Novelle zum MRG hinsichtlich der Unternehmensveräußerung iwS eine Gleichstellung der Geschäftsraummieten von natürlichen Personen und juristischen Personen bzw Gesellschaften des Handelsrechts zu erreichen (1268, 10 der BlgNR 18. GP). Damit war offensichtlich eine Erweiterung der Mietzinsanhebungsmöglichkeiten bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen in einer Mieter-Gesellschaft gemeint, nicht aber umgekehrt die Ausweitung des Veräußerungstatbestandes und seiner Rechtsfolgen bei natürlichen Personen in Hauptmieterstellung, da die Erfassung und Wertung ihrer Akte der Unternehmensveräußerung und Mietrechtsübertragung ohnehin keine Schwierigkeiten bereitet hatte.

Zutreffend hat das Erstgericht auch darauf hingewiesen, daß die Einschränkung des Anwendungsbereiches der in § 46a Abs 4 MRG vorgesehenen Möglichkeit der Mietzinsanhebung auf Mietverträge, bei denen der Mieter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes war und auch im Anhebungszeitpunkt noch ist, sachlich gerechtfertigt erscheint. Während die "Gesellschaft" unter Umständen niemals "stirbt", tritt der Tod der physischen Person - früher oder später - jedenfalls ein. Bei einer Sonderregelung, die nur für "Gesellschaften", nicht aber für physische Personen in Hauptmieterstellung gilt, kann deshalb nicht von einer bedenklichen Ungleichbehandlung gesprochen werden (vgl Dirnbacher, Gedanken zu § 46a MRG, WoBl 1995, 78).

Schließlich lassen sich auch im Gesetzeswortlaut Argumente für das vom Erstgericht gewonnene Auslegungsergebnis finden. Anknüpfungspunkt für den Anhebungstatbestand des § 46a Abs 4 MRG ist gemäß Z 1 dieser Gesetzesbestimmung der "Machtwechsel" iSd § 12a Abs 3 MRG (Tades/Stabentheiner, Das 3. Wohnrechtsänderungsgesetz, ÖJZ-Sonderheft 1A/94, 15). Die zuletzt genannte Norm stellt aber eindeutig auf Mietverträge ab, bei denen Hauptmieter eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist, und bindet die Möglichkeit der Mietzinsanhebung an eine Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflußmöglichkeiten "in ihr". Im "Verweisungstatbestand" ist also keine Rede von natürlichen Personen. Der sie betreffende Anhebungstatbestand ist durch § 12a Abs 1 MRG (mit Erweiterungen in Abs 5 leg cit sowie in § 46a Abs 2, 3 und 5 MRG erfaßt).

Damit hat schon das Erstgericht die Anhebung des Hauptmietzinses durch die Antragsteller zutreffend als unzulässig erkannt; das Rekursgericht traf mit der Bestätigung dieses Sachbeschlusses das Richtige, ohne daß noch auf dessen abweichende Begründung eingegangen werden müßte.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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