OGH 5Ob122/11v

OGH5Ob122/11v7.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Wilhelm M*****, vertreten durch Dr. Agnes Maria Kienast, Rechtsanwältin in Korneuburg, gegen den Antragsgegner DDr. Wolfgang M*****, vertreten durch Dr. Markus Singer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. Februar 2011, GZ 38 R 172/10s-20, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach übereinstimmendem Vorbringen beider Verfahrensparteien ist der Antragsteller aufgrund des Mietvertragsabschlusses vom 25. 2. 2005 Mieter eines Geschäftslokals. Der Antragsgegner ist Vermieter dieses Objekts.

Die Anrufung der Schlichtungsstelle mit dem auf Mietzinsüberprüfung gerichteten Antrag datiert vom 28. 9. 2007, sodass sich die Frage der Einhaltung der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG, die tatsächlich im erstinstanzlichen Verfahren nicht releviert wurde, nicht stellt. Damit sind aber auch die Ausführungen des Revisionsrekurses über die behauptete Aktenwidrigkeit - die im Übrigen schon deshalb nicht vorliegt, weil es insofern um rechtliche Erwägungen des Rekursgerichts ging - sowie die Ausführungen über die unterlassene Geltendmachung der Versäumung der Präklusionsfrist im Revisionsrekurs unerheblich. Abgesehen davon wäre ein aktenkundiger Präklusionseintritt auch von Amts wegen wahrzunehmen (5 Ob 47/02a; 5 Ob 283/03h = MietSlg 55.550).

Auch auf die als entscheidungswesentlich aufgeworfene Frage, wann der Antragsteller die ihm obliegende Rügepflicht des § 16 Abs 1 Z 1 MRG ausgeübt hat, ob eine Rüge vor Abschluss des Mietvertrags wegen der besonderen Sachlage beachtlich wäre (zur Unzulässigkeit einer verfrühten Rüge: 5 Ob 510/97d = wobl 1998/192, 301) oder ob der hier vorliegende Sachverhalt mit dem der Entscheidung 5 Ob 257/99a = MietSlg 51.310 zugrundeliegenden vergleichbar ist, kann aus folgenden Gründen auf sich beruhen:

Inhalt der in § 16 Abs 1 Z 1 MRG normierten Rügeobliegenheit des Geschäftsraummieters ist die Geltendmachung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses. Die Rüge muss dem Vermieter signalisieren, dass von der Möglichkeit einer gerichtlichen Mietzinsreduzierung unter Aufrechterhaltung aller übrigen Bestimmungen des Mietvertrags Gebrauch gemacht wird, falls er auf der Einhebung des rechtsunwirksam vereinbarten Mietzinses beharrt (RIS-Justiz RS0109327). Eine solche Rüge kann aber nur in der Geltendmachung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses iSd § 16 Abs 1 MRG liegen, also damit begründet sein, dass das gesetzliche Zinsausmaß iSd § 16 Abs 1 Z 1 MRG durch Unangemessenheit der Mietzinsvereinbarung überschritten ist. So wurde die bloße Erklärung, der Mietzins sei hoch (5 Ob 131/97v = wobl 1998/5, 23) oder ohne jeden Hinweis auf den Grund der Unzulässigkeit die Rüge der Mietzins sei „zu hoch“ (5 Ob 257/99a = wobl 2000/117, 231), als in diesem Sinn ungeeignet bewertet. Auch die Erklärung, der im schriftlichen Mietvertrag aufscheinende Mietzins entspreche nicht dem mündlich vereinbarten Betrag, erfüllt nicht die Voraussetzungen der Rügeobliegenheit des Geschäftsraummieters nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG, weil damit nur die Gültigkeit des gesamten Mietvertrags in Frage gestellt wird (5 Ob 510/97d = wobl 1998/192, 301).

Im vorliegenden Fall behauptete der Antragsteller nicht einmal, seiner Rügepflicht iSd § 16 Abs 1 MRG nachgekommen zu sein, sondern lediglich, dass ihm vor dem endgültigen Vertragsabschluss (offenbar in einer Art mündlichem Vorvertrag) zugesagt worden sei, der Antragsgegner werde auf seine Kosten einen Wintergarten errichten und für diesen Fall werde ein Hauptmietzins von 2.500 EUR verlangt werden. Tatsächlich sei dem Antragsteller dann kein Wintergarten, sondern nur ein überdachter Gastgarten vermietet worden.

Dementsprechend brachte der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vom 16. 7. 2008 (ON 5) erstmals vor, der vereinbarte Hauptmietzins von 2.500 EUR ohne den zugesagten Wintergarten widerspreche § 16 Abs 1 MRG und bestehe insofern eine unzulässige Mietzinsüberschreitung. Das hätte der Antragsteller aber im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags spätestens am 25. 2. 2005 gegenüber dem Antragsgegner rügen müssen. Ein Bestehen auf der Einhaltung der ihm vorher zugesagten Errichtung eines Wintergartens durch den Antragsgegner ersetzt eine dem Gesetz entsprechende Rüge nicht. Wird lediglich eine Vertragswidrigkeit behauptet, wird damit die Gesetzmäßigkeit des Mietzinses nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt (5 Ob 510/97d = wobl 1998/192, 301). Die Prüfung der Angemessenheit des Mietzinses ist in diesem Sinn streng von der Frage zu trennen, ob das Bestandobjekt dem vereinbarten Zustand entspricht (T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht Rz 25 zu § 16 MRG). Solche Fragen können nur im streitigen Verfahren geklärt werden.

In Anbetracht der zum Inhalt der Rügepflicht des Geschäftslokalmieters dargestellten Rechtsprechung liegen Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vor, was zur Zurückweisung des Rechtsmittels des Antragstellers führt.

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