OGH 5Ob117/99p

OGH5Ob117/99p15.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hilda H*****, vertreten durch Dr. Hans Kaska, Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei Johann H*****, vertreten durch Dr. Eduard Pranz, Dr. Oswin Lukesch, Dr. Anton Hintermeier, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Räumung und Unterlassung (Streitwert S 60.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 27. November 1998, GZ 10 R 245/98a-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 27. Juli 1998, GZ 1 C 51/98t-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren des Inhalts, der Beklagte sei schuldig, der Klägerin unverzüglich das Haus ***** in ***** geräumt von seinen Fahrnissen zu übergeben und dessen Benützung zu Wohnzwecken zu unterlassen, solange er sein Verhältnis bzw seine freundschaftliche Beziehung zu Frau ***** aufrecht erhält, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.587,52 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 2.097,92 Umsatzsteuer), die mit S 7.763 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 660 Barauslagen und S 1.183,80 Umsatzsteuer) und die mit S 6.851 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.980 Barauslagen und S 811,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und der Beklagte leben in aufrechter Ehe im Haus ***** in *****. Das Haus steht in ihrem gemeinsamen Eigentum.

Von 1990 bis 1991 unterhielt der Beklagte Beziehungen zu Frau ***** und wohnte während dieser Zeit bei ihr. Damals wurde am 11. 2. 1991 vom Beklagten eine von der Klägerin vorbereitete Erklärung folgenden Inhalts unterfertigt:

"Ich, Johann H*****, gestatte meiner Frau Hilda H*****, dass sie, solange ich bei Frau *****lebe, allein in unserem Haus wohnen darf. Auch dass sie monatlich S 2.900 bekommt. Alle anderen Ausgaben für das Haus übernehme ich. Auch für das Brennmaterial sorge ich."

Schließlich kehrte der Beklagte doch wieder in die Ehewohnung zurück. Die Klägerin wollte eine Absicherung, falls der Beklagte seine Beziehung zu Frau ***** fortsetze und trat aus diesem Grund an den Rechtsanwalt Dr. H***** heran. Am 3. 2. 1992 wurde anläßlich einer Besprechung in der Kanzlei Dris H*****, an der beide Streitteile teilnahmen, folgende Erklärung verfasst und von beiden Teilen unterfertigt:

"Vereinbarung

abgeschlossen am heutigen Tage zwischen Herrn Johann H*****, wohnhaft *****, und Frau Hilde H*****, wohnhaft ebendort.

1. Herr Johann H***** räumt seiner Gattin Hilde H***** für den Fall, dass er das Verhältnis bzw freundschaftliche Beziehungen zu Frau ***** wieder aufnehmen sollte, das alleinige Wohnrecht im Hause *****, ein.

2. Festgehalten wird, dass die monatlichen Mietzahlungen, die Herr Johann H***** und Frau Hilde H***** aus der Vermietung der Wohnung im Hause *****, erhalten, je zur Hälfte den Ehegatten H***** zustehen.

3. Herr Johann H***** verpflichtet sich in jedem Fall sämtliche Auslagen für das Haus *****, zu bezahlen, wobei etwaig anfallende, über das normale Maß hinausgehende Reparaturarbeiten, sowie die nunmehr anfallenden Kanalanschlussgebühren je zur Hälfte bezahlt werden.

Herr Johann H***** verpflichtet sich zur Gänze für das Brennmaterial für das Haus *****, aufzukommen.

St. Pölten, am 1992-03-02"

Der Inhalt dieser Erklärung war beiden Ehegatten klar, zumal Grundlage die bereits vorliegende Erklärung vom 11. 2. 1991 war. Sowohl der Vertragserrichter als auch beide Parteien gingen auf Grund der Ausgangssituation davon aus, dass das alleinige Wohnrecht der Klägerin für den Fall der Wiederaufnahme oder Fortsetzung des Verhältnisses des Beklagten zu Frau***** nicht auf Lebenszeit bestehen sollte, sondern nur für die Dauer dieser Beziehungen.

Tatsächlich hat der Beklagte die freundschaftlichen Beziehungen zu Frau***** nie abgebrochen, sondern weiter unterhalten. Während zu Beginn dieser Beziehungen die Klägerin den Beklagten überwachte bzw von einem Detektiv überwachen ließ, beschränkte sie sich in der Folge darauf, ihn gelegentlich nach dieser Beziehung zu fragen, deren Bestand dieser jedoch stets abstritt. Im Bekanntenkreis der Streitteile war der Umstand, dass der Beklagte die Beziehung zu Frau***** weiter unterhielt zwar vielen Leuten bekannt, sodass es wahrscheinlich ist, dass der Klägerin darüber Gerüchte auch zu Ohren gekommen sind. Gemeinsam gesehen hat die Klägerin den Beklagten und Frau *****jedoch bis zum März 1998 nicht.

Im März 1998 traf die Klägerin Frau***** im Schlafzimmer des gemeinsamen Hauses mit einem Jogginganzug bekleidet an.

In Hinblick auf diesen Vorfall entschloss sich die Klägerin, von der Vereinbarung vom 2. 3. 1992 Gebrauch zu machen und forderte den Beklagten zur Räumung des Hauses auf, was dieser jedoch verweigerte.

Von der in Punkt 3 der Vereinbarung geregelten Verpflichtung zur Kostentragung sind die Streitteile in der Folge einvernehmlich abgegangen und trugen die Kosten des Hauses je zur Hälfte.

Der Beklagte war im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 2. 3. 1992 mit deren Inhalt einverstanden. In der Folge befürchtete er jedoch, die Klägerin könnte allenfalls in dem Haus, das er selbst im Wesentlichen errichtet hatte, mit einem neuen Partner zusammenleben und brachte der Klägerin gegenüber zum Ausdruck, dass er von der Vereinbarung abgehen wolle. Die Klägerin war damit jedoch nicht einverstanden.

Gestützt auf die Vereinbarung vom 2. 3. 1992 begehrt die Klägerin, den Beklagten für schuldig zu erkennen, das gemeinsame Haus zu räumen und ihr geräumt von seinen Fahrnissen zur alleinigen Benützung zu überlassen, solange er sein Verhältnis bzw seine freundschaftliche Beziehung zu Frau *****aufrecht erhält.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte Abweisung der Klage. Der bezeichneten Vereinbarung fehle es bereits an den Formalvoraussetzungen eines Notariatsakts. Darüber hinaus sei die Vereinbarung sittenwidrig, weil sie praktisch einer völligen Entwertung seines Miteigentumsanteils gleichkommen würde. Die Parteien hätten auch nach dem Abschluss der Vereinbarung eine gegenteilige Vereinbarung zustande gebracht und die Vereinbarung einvernehmlich wieder aufgehoben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Weil die in Frage stehende Vereinbarung der Streitteile keine Regelung des Güterstands der Ehegatten im allgemeinen getroffen habe, sondern bloß eine Regelung der Benützung der Ehewohnung beabsichtigt gewesen sei, sei die Formpflicht des § 1 NZwG nicht verletzt worden.

Die Vereinbarung sei auch nicht gesetz- oder sittenwidrig, weil sie zeitlich beschränkt nur für die Dauer des Bestehens eines Verhältnisses des Beklagten mit Frau *****gelten sollte und ein ehebrecherisches Verhältnis nach § 382 Z 8 lit b EO als Unerträglichkeit des Zusammenlebens sogar zu einer Ausweisung eines Ehegatten aus der Ehewohnung führen könne. Eine Vereinbarung, die zu demselben Ergebnis führe, könne daher nicht sittenwidrig sein. Auch unter dem § 92 ABGB zu unterstellenden Aspekt der Unzumutbarkeit sei eine Vereinbarung, wonach der das verletzende Verhalten setzende Ehegatte sich zum Auszug verpflichte, nicht sittenwidrig.

Ein Abgehen von der Vereinbarung, das auch vom Willen der Klägerin umfasst gewesen sei, sei nicht erwiesen. Im Ergebnis lasse das Verhalten der Klägerin aber auch keinen stillschweigenden Verzicht oder ein stillschweigendes Abgehen von der Vereinbarung zu, weil sie von 1993 bis 1998 keine Schritte gegen den Beklagten gesetzt habe. Dass sie positive Kenntnis vom Weiterbestehen der Beziehung gehabt hätte, stehe nämlich nicht fest. Auf ihre erste unmittelbare Wahrnehmung im Februar 1998 habe sie sofort durch Einbringung der Klage reagiert.

Der Beklagte sei daher verpflichtet, gemäß dieser Vereinbarung der Klägerin für die Dauer des Verhältnisses zu Frau***** das alleinige Wohnrecht an der Ehewohnung zu überlassen und daher die Ehewohnung zu räumen.

Einer dagegen vom Beklagten erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Es bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung mit der Maßgabe, dass der Beklagte einerseits zur unverzüglichen Räumung des Hauses verpflichtet wurde sowie weiters zur Unterlassung der Benützung des Hauses zu Wohnzwecken, solange er sein Verhältnis bzw seine freundschaftliche Beziehung zu Frau *****aufrecht erhalte.

Das Berufungsgericht teilte die Ansicht des Erstgerichtes dahin, dass die Vereinbarung vom 2. 3. 1992 keinen notariatsaktspflichtigen Ehepakt darstelle, sondern nur eine zeitlich begrenzte Benützungsregelung hinsichtlich der Ehewohnung.

Weil der Beklagte selbst durch sein rechtswidriges außereheliches Verhältnis mit Frau***** Anlass zur Vereinbarung gegeben habe, könne er sich nicht auf deren Sittenwidrigkeit berufen. Der Klägerin werde durch den Inhalt der Vereinbarung eine Sanktionsmöglichkeit für das ehewidrige Verhältnis des Beklagten eingeräumt, welcher Effekt mit den Zielen der Rechtsordnung vereinbar und daher nicht sittenwidrig sei. Das Eigentum des Beklagten bleibe dadurch völlig unangetastet.

Weil sich die Vereinbarung somit als gültig und rechtswirksam erweise, habe die Klägerin Anspruch auf deren Durchsetzung.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob die Einhaltung der ehelichen Treue durch eine formlose Vereinbarung erzwungen werden könne.

Ein Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes unterblieb.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin, dass das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil zur Frage der klagsweisen Durchsetzbarkeit nicht vermögensrechtlicher Vereinbarungen von Ehegatten, die über die einvernehmliche Gestaltung des Ehelebens hinausgehen, im Besonderen zur Frage der Durchsetzbarkeit einer vertraglich vereinbarten Sanktion für ehewidriges Verhalten des anderen Ehepartners keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist auch berechtigt.

Zunächst ist klarzustellen, dass eine Qualifikation der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung als Benützungsregelung verfehlt ist. Nach ständiger Judikatur kann die Benützung einer als Ehewohnung gewidmeten gemeinsamen Liegenschaft von Ehegatten während des aufrechten Bestands der Ehe nicht ausschließlich nach sachenrechtlichen Grundsätzen geregelt werden, weil dies mit § 90 und § 97 ABGB nicht vereinbar wäre. Dies gilt jedenfalls, wenn die Liegenschaft den Wohnbedürfnissen der Ehegatten gedient hat (SZ 37/7; MietSlg 21.070; 25.066; EFSlg 56.912 ff; SZ 68/165; WoBl 1993, 25).

Zutreffend haben die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung verneint, dass die Vereinbarung, der ehewidrige Beziehungen unterhaltende Ehegatte habe für die Dauer dieser Beziehungen die Benützung der Ehewohnung zu Wohnzwecken zu unterlassen, einen Ehepakt darstelle und daher der Notariatsaktspflicht unterliege. Auch wenn Ehepakte nicht immer das ganze Vermögen betreffen müssen, muss die Vereinbarung doch den Güterstand zwischen den Ehegatten im Allgemeinen regeln, was dann nicht der Fall ist, wenn nur ein beschränkter (wirtschaftlicher) Zweck erreicht werden soll (SZ 68/198; RS0022203; RS0022215).

Den Vorinstanzen ist auch darin beizupflichten, dass die zwischen den Ehegatten getroffene Vereinbarung nicht sittenwidrig, sondern zulässig ist. Die Vereinbarung der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft wird von Lehre und Rechtsprechung als zulässig angesehen (vgl Ent, Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, NZ 1975, 145 [146]; SZ 54/29). Zur insofern vergleichbaren Rechtslage des § 1353 BGB werden ebenfalls Vereinbarungen über die Ehewohnung bei gescheiterter Ehe als unbedenklich angesehen, selbst dann, wenn nur ein Teil den Entschluss gefasst hat, die Ehegemeinschaft aufzuheben (vgl Lange in Soergel12 Rz 4 zu § 1353 BGB).

Die in der Vereinbarung gesetzte Bedingung ist nicht rechtswidrig, weil sie sich auf die in § 90 ABGB normierte Treuepflicht der Ehepartner bzw deren Verletzung bezieht. Ehegatten sind zur Unterlassung jeglichen Verhaltens verpflichtet, das den objektiven Anschein ehewidriger Beziehungen zu erwecken geeignet ist und nicht auf die Verpflichtung zur sexuellen Treue beschränkt (stRsp zuletzt EFSlg 29.515, 33.909 ua). Diese Verpflichtung gehört dem zwingenden Kernbereich des § 90 ABGB an und ist daher grundsätzlich nicht disponibel (stRsp RZ 1957, 85 ua).

Auch gegen die Verknüpfung der ehelichen Treuepflicht mit dem gemeinsamen Wohnen in der Ehewohung bestehen in Anbetracht des Umstandes, dass der Vereinbarung ein vorübergehender Charakter nicht abzusprechen ist und sie im Kern nach den Prinzipien des § 92 ABGB gerechtfertigt ist, keine Bedenken. In Anbetracht der mit der Aufrechterhaltung einer ehewidrigen Beziehung verbundenen dauernden Belastung des friedlichen Zusammenlebens von Ehegatten und der damit verbundenen dauernden psychischen Beeinträchtigung des nicht gegen die Treuepflicht verstoßenden Ehegatten ist es gerechtfertigt, diesem nahzu eine Unzumutbarkeit des Zusammenlebens zuzubilligen. Kommt aber ein Tatbestand dem des in § 92 Abs 2 ABGB gesetzlich geregelten derart nahe, kann eine Vereinbarung ähnlichen Inhalts nicht als sittenwidrig qualifiziert werden.

Im Weiteren ist das Argument des Beklagten, die in Frage stehende Vereinbarung komme einer entschädigungslosen Enteignung gleich, nicht überzeugend. Ein im Rahmen der Vertragsfreiheit erklärter Verzicht auf die Gebrauchsmöglichkeit der gemeinsamen Sache ist, auch wenn er unentgeltlich erfolgt, nicht zu beanstanden. Daran ändert auch der familienrechtliche Charakter des gemeinsamen Benützungsverhältnisses an der gemeinschaftlichen Sache nichts.

In der Vereinbarung liegt auch keine endgültige Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, die nur im Zusammenhang mit einer Scheidung als wirksam angesehen wird.

Das vorliegende Klagebegehren kann auch § 97 ABGB nicht unterstellt werden.

Gemäß § 91 ABGB sollen die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft einverständlich gestalten, was dahin verstanden wird, dass sie sich um das Einverständnis zu bemühen haben. Dieses Einvernehmen über die Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft kann ausdrücklich oder schlüssig hergestellt werden. Eine zwischen Ehegatten durch längere Zeit unwidersprochen befolgte Übung kann ähnlich wie nach § 863 Abs 1 ABGB die gleiche Wirkung äußern, wie eine ausdrückliche Gestaltungsabsprache (Schwimann ÖJZ 1976, 371; Pichler in Rummel Rz 4 zu § 91 ABGB). Ob solche partnerschaftliche Vereinbarungen als bloße faktische Einigung oder aber als Vertrag anzusehen sind, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Soweit es sich um den höchstpersönlichen Lebensbereich handelt, wird man darin eine bloß faktische Einigung zu erblicken haben, die endet, wenn sie nicht mehr vom Willen beider Partner getragen ist. Ihre einseitige Auflösung ist demnach möglich. Einigungen vermögensrechtlicher Natur hingegen sind verbindlich und klagbar. Nur eine Änderung der Umstände wird wie bei jedem Dauerschuldverhältnis auch ein Abgehen von einer getroffenen Vereinbarung ermöglichen (SZ 60/34).

Verschiedene Autoren haben die Ansicht vertreten, dass eine vertragliche (klagbare) Einigung auch im rein persönlichen Bereich möglich ist. So hält es Migsch (in Floretta, 21) für möglich, vertragliche (klagbare) Einigungen auch im rein persönlichen Bereich zu treffen. Es sei unerträglich, die Fragen der ehelichen Gestaltung der rechtlichen Beurteilung völlig zu entziehen. Jedes rechtliche Interesse könne Gegenstand eines Vertrages sein. Dabei sei aber immer der Rechtsfolgewille der Parteien kritisch zu prüfen. Je weniger personenbezogen, je mehr wirtschaftlich der Gegenstand der Vereinbarung sei, umso eher sei ein Vertrag anzunehmen. Die Schriftlichkeit der Vereinbarung sei dabei ein Indiz für die Vertragsnatur. Diese Ansicht haben in der Folge Steininger (in FamRZ 1979, 775 f) und Schwimann (in Schwimann Rz 5 zu § 91 ABGB) übernommen.

Kerschner (in Harrer/Zitta, Familie und Recht, 404) hingegen lehnt für Vereinbarungen über rein persönliche Rechtswirkungen der Ehe die Charakterisierung als (klagbare) Vereinbarung überhaupt ab. Es sei streng zwischen persönlichen Rechtswirkungen der Ehe und vermögensrechtlichen Rechtswirkungen der Ehe zu unterscheiden. Nur bei letzterem lasse die Rechtsprechung die Klagbarkeit zu. Im rein persönlichen Bereich sei auch ein auf vertragliche Bindung gerichteter Parteiwille unwirksam und erzeuge nur die Rechtsfolgen einer faktischen Einigung. Die einvernehmliche Gestaltung könne jedenfalls im rein persönlichen Bereich kein Vertrag sein. Ansonsten würde erst wieder das erreicht werden, was der Gesetzgeber verhindern habe wollen, nämlich die gerichtliche Einmischung in rein persönliche Ehewirkungen. Diese bewusste gesetzgeberische Entscheidung sollte durch Parteivereinbarung nicht überspielt werden. Die Unzulässigkeit der Klagsführung könne nicht durch bloße Parteiabrede beseitigt werden. Anders würde es wieder zu richterlicher Vertragshilfe der einvernehmlichen Gestaltung in Bereichen kommen, für die der Gesetzgeber keine solche vorgesehen habe.

Diese Ansicht wird auch von Jesser (in Harrer/Zitta, Familie und Recht, 732) geteilt. Gestaltungsvereinbarungen über nicht vermögensrechtliche Ehewirkungen seien lediglich als faktische Einigungen anzusehen und wirkten grundsätzlich nur so lange, als sie vom Willen beider Eheleute getragen würden.

Diesen Auseinandersetzungen in der Lehre liegt die Änderung zugrunde, die durch das Bundesgesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe BGBl 412/1975 (EheRwG) geschaffen wurde. Dadurch wurde die Rechtslage insofern wesentlich verändert, als seither Kontroversen zwischen Ehegatten über ihre rein persönlichen Rechte und Pflichten grundsätzlich nicht mehr vom Gericht zu entscheiden sind und Leistungsbefehle etwa in der Richtung, dass ein Ehegatte wieder in die häusliche Gemeinschaft aufzunehmen sei, nicht mehr erteilt werden dürfen. Eine Ausnahme besteht neben § 92 Abs 3 ABGB nur noch in § 382 Z 8 lit b EO und nach § 97 ABGB (SZ 54/37; Schwimann Rz 13 zu § 90 ABGB; EFSlg 55.891; SZ 61/133; ÖA 1993/103; SZ 60/34; grundsätzlich zur Änderung: Schwimann, Die nichtvermögensrechtlichen Ehewirkungen im neuen Recht, ÖJZ 1976, 373), nunmehr erweitert durch das Gesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie GeSchG 1996.

Daneben wird - in Anlehnung an deutsche Lehre und Rechtsprechung noch die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen eines Ehegatten gegenüber dem anderen wegen Verletzung von absolut geschützten Rechtsgütern wie körperliche Integrität, Eigentum, Ehre (SZ 56/124) und der Privatsphäre bejaht (EFSlg 55.891; SZ 61/133).

Allgemein ist jedoch ein Bezug auf deutsche Rechtsprechung deshalb bedenklich, weil die dZPO eine eigene familienrechtliche Klage "Zur Herstellung des ehelichen Lebens" auch betreffend persönlicher eherechtlicher Ansprüche gemäß § 1353 BGB kennt, welche Entscheidungen allerdings nicht mit Vollstreckbarkeit ausgestattet sind (vgl Lange in Soergel12 Rz 31 zu § 1353 BGB; zur Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens gemäß § 606 dZPO: Becker-Eberhard in Wieczorek/Schütze Großkommentar zur ZPO3 Rz 23 ff zu § 606 dZPO und § 888 Abs 3 dZPO). Kurz anzumerken sei, dass diese Regelung trotz Kritik als "Anachronismus" in der BRD noch weiter besteht (vgl Lange aaO).

Im Unterschied dazu hat der österreichische Gesetzgeber zwar entgegen ursprünglicher Absicht (§ 90 Abs 2 idF der RV 1973: "Wegen einer Verletzung der im Abs 1 genannten Pflichten, soweit sie rein persönlicher Art sind, kann, außer zur Geltendmachung eines Scheidungsgrundes, das Gericht nicht selbständig angerufen werden".) keine ausdrückliche Regelung der Frage vorgenommen, ob wegen Kontroversen über nichtvermögensrechtliche Ehewirkungen die Gerichte angerufen werden können.

Wie oben dargestellt, hat dies die Rechtsprechung der Lehre folgend dahin verstanden, dass nur in bestimmten gesetzlich geregelten Fällen eine Inanspruchnahme der Gerichte vorgesehen ist, ansonsten solche Streitigkeiten nicht von den Gerichten zu entscheiden sind. Um den zugrundeliegenden rechtspolitischen Erwägungen (vgl für viele Schwimann in Gschnitzer-GS 381) gerecht zu werden, muss eine Inanspruchnahme der Gerichte aber auch dann versagt werden, wenn Kontroversen aus einer Einigung der Ehegatten über nicht vermögensrechtliche Ehewirkungen entstehen, gleich welche rechtliche Qualität einer solchen Einigung zuzumessen ist (vgl Kerschner, aaO 404; Schwimann in ÖJZ 1976, 371; SZ 60/34) klagbare Ansprüche entstehen daher allgemein nur aus Vereinbarungen vermögensrechtlicher Natur zwischen Ehegatten (SZ 60/34; EFSlg 55.891).

Im Bereich der aus § 90 ABGB folgenden rein persönlichen Rechte und Pflichten, wozu auch Fragen des gemeinsamen Wohnens und der ehelichen Treue gehören, sind die Ehegatten darauf angewiesen, sich zu einigen und, wenn ihnen dies nicht gelingen sollte, die Verletzung rein persönlicher Rechte und Pflichten letztlich im Scheidungsverfahren als Scheidungsgrund geltend zu machen (Jesser in Harrer/Zitta, Familie und Recht 734; SZ 60/34; ÖA 1993, 103). Außerhalb eines Scheidungsstreits können solche Umstände, gleich ob sie aus Gesetz, einvernehmlicher Gestaltung, bloß faktischer Einigung oder aber aus Vertrag abgeleitet werden, nicht zum Gegenstand eines Prozesses gemacht werden.

Der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung ist daher die Klagbarkeit versagt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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