OGH 5Ob109/09d

OGH5Ob109/09d13.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth, Dr. Glawischnig, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Elisabeth G*****, 2. Mag. Peter F*****, beide vertreten durch Dr. Erich Jungwirth, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts und anderer Grundbuchshandlungen ob Miteigentumsanteilen der Liegenschaft EZ 279 GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 23. Februar 2009, AZ 18 R 187/08s, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Bezirksgerichts Baden vom 25. August 2008, TZ 4284/08, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Erstantragstellerin ist die sub B-LNR 16 aufgrund einer Zuschlagserteilung in einem Exekutionsverfahren zu 55/2972-Anteilen einverleibte Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 279 GB *****. Mit diesen Anteilen ist laut Grundbuch „Wohnungseigentum an Garage mit 5 KFZ-Abstellpl. (Nr. 8 9 11 12 30)" verbunden. Die Wohnungseigentumsbegründung erfolgte im Jahr 2001.

Der Zweitantragsteller ist ob der genannten Liegenschaft (gemeinsam mit Yvonne L*****; Eigentümerpartnerschaft) sub B-LNR 53 einverleibter Miteigentümer von (jeweils) 48/2972-Anteilen, mit denen Wohnungseigentum „an F 12/7" verbunden ist.

Die Antragsteller begehrten aufgrund des Gutachtens zur Nutzwertberechnung vom 31. 3. 2008, GZ 6715/08, des Kaufvertrags vom 13. 6. 2008, der Pfandurkunde vom 14. 9. 2007 und der Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer vom 13. 6. 2008 ob den 55/2972-Anteilen der Erstantragstellerin die Bewilligung folgender Eintragungen:

1. Die Teilung der 55/2972-Anteile und an diesen Anteilen die Einverleibung des Wohnungseigentums wie folgt:

a) 11/2972-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Garagen-Stellplatz Nr 8;

b) 11/2972-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Garagen-Stellplatz Nr 9;

c) 11/2972-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Garagen-Stellplatz Nr 11;

d) 11/2972-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Garagen-Stellplatz Nr 12;

e) 11/2972-Anteile verbunden mit Wohnungseigentum an Garagen-Stellplatz Nr 30;

2. Die Einverleibung des Eigentumsrechts an den Anteilen laut den Punkt 1.c) und 1.e) für den Zweitantragsteller.

3. Ob den Anteilen laut Punkt 1.a), 1.b) und 1.d) je der Erstantragstellerin die Einverleibung des Pfandrechts im Höchstbetrag von 48.000 EUR für die R*****bank B***** reg. GenmbH.

In dem eine Eintragungsgrundlage bildenden Nutzwertgutachten heißt es, „durch die Übertragung von Zubehörobjekten der Garage (5 KFZ-Stellplätze des TOP Garage) im Keller zu Wohnungseigentumsobjekten ergeben sich auf Grund der (...) angegebenen Nutzwertberechnung (...) neue Nutzwerte" und zwar 11 je Garagen-Stellplatz, wobei „die Summe der Nutzwerte zu EZ 279 (...) durch diese Übertragungen unverändert (bleibt)". Aus dem im Nutzwertgutachten enthaltenen Lageplan sowie diversen Lichtbildern ist ersichtlich, dass sich die Stellplätze 8, 9, 11, 12 und 30 nicht alle in einem abgeschlossenen (abgegrenzten) Raum befinden, nur die Stellplätze 8 und 9 unmittelbar aneinander grenzen und keiner der Stellplätze - etwa durch Bodenmarkierungen - deutlich abgegrenzt ist.

Das Erstgericht wies alle Eintragungsbegehren ab. Mit dem Grundbuchsgesuch solle das Wohnungseigentumsobjekt „Garage" in die Wohnungseigentumsobjekte „Garagen-Stellplatz" umgewidmet werden. Bereits aus § 2 WEG 2002 ergebe sich, dass eine Garage etwas anderes sei als ein KFZ-Abstellplatz. Begehre aber ein Miteigentümer die Umwidmung eines Wohnungseigentumsobjekts, so bedürfe es der Zustimmung aller Miteigentümer (§ 16 WEG 2002). Die grundbücherliche Durchführung der Teilung von Wohnungseigentumsobjekten könne allein aufgrund der Vorlage einer Neufestsetzung der Nutzwerte nach § 52 Abs 1 bzw § 9 Abs 3 WEG 2002 nicht durchgeführt werden, sondern es sei dafür der urkundliche Nachweis erforderlich, dass alle Miteigentümer mit den beabsichtigten oder bereits durchgeführten Bestandsänderungen einverstanden seien (5 Ob 176/01w). Infolge gebotener Abweisung des Begehrens auf Teilung des Wohnungseigentumsobjekts müssten auch die weiteren, darauf aufbauenden Begehren abgewiesen werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Die reale Teilung eines Wohnungseigentumsobjekts sei zwar grundsätzlich zulässig, stelle jedoch immer - auch bei Altobjekten - eine Änderung dar, deren Zulässigkeit nach § 13 Abs 2 WEG 1975 (§ 16 Abs 2 WEG 2002) zu beurteilen sei. Die Nutzwertfestsetzung bzw Nutzwertneufestsetzung sei rechtsgrundabhängig; sie schaffe keinen zivilrechtlichen Ersatztitel. Die Änderung der Eigentumsverhältnisse bedürfe vielmehr der Einverleibung im Grundbuch, die wiederum nur aufgrund eines gültigen Titels erfolgen könne. Für das Grundbuchsverfahren sei daher der urkundliche Nachweis zu fordern, dass alle Miteigentümer der Wohnungseigentumsanlage mit der beabsichtigten oder bereits durchgeführten Bestandsänderung einverstanden seien oder die fehlende Zustimmung durch einen Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt worden sei. Solange eine solche Urkunde nicht vorliege, bestehe ein Eintragungshindernis im Sinn des § 94 Abs 1 Z 1 GBG, weil Zweifel an der Erfüllung der in § 13 Abs 2 WEG 1975 (§ 16 Abs 2 WEG 2002) normierten Änderungsvoraussetzungen bestünden.

Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil - soweit überblickbar - keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentum an Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge vorliege, die bisher in ein Wohnungseigentumsobjekt „Garage" als Stellplätze integriert gewesen seien.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung der Eintragungsbegehren. Die Antragsteller machen - zusammengefasst - geltend, einem vom Rekursgericht angesprochenen Mehraufwand bei der Verwaltung durch eine Erweiterung des Kreises der Wohnungseigentümer stünden weiter hinzukommende Wohnungseigentümer gegenüber, die zusätzlich zum allenfalls höheren Verwaltungsaufwand beizutragen hätten, sodass sich für die einzelnen Wohnungseigentümer im Ergebnis nichts ändere. Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer durch die von den Antragstellern begehrte Teilung sei nicht erkennbar. Die Begründung von Wohnungseigentum an der Garage ohne Unterteilung in 5 selbstständige KFZ-Abstellplätze sei im Jahre 2001 erfolgt, als die Begründung von (selbstständigem) Wohnungseigentum an Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge (als wohnungseigentumstaugliche Objekte) noch nicht möglich gewesen sei. Mit dem zu verbüchernden Kaufvertrag werde lediglich der vom Gesetzgeber des WEG 2002 angestrebte rechtliche Zustand hergestellt. Eine Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zur bloßen Abspaltung der im Wohnungseigentumsobjekt „Garage" zusammengefassten Abstellplätze sei daher nicht erforderlich.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1.1. Die Wohnungseigentumsbegründung ist hier noch unter dem Regime des WEG 1975 erfolgt. § 1 Abs 1 WEG 1975 definierte das Wohnungseigentum als das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, eine selbstständige Wohnung oder eine sonstige selbstständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen. Zu den sonstigen Räumlichkeiten gehörten besonders selbstständige Geschäftsräume, selbstständige in sich geschlossene Räume zur Einstellung von Kraftfahrzeugen sowie deutlich abgegrenzte Abstellflächen (Abstellplätze) für Kraftfahrzeuge in einer Baulichkeit, die ausschließlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gewidmet und auf einer überwiegend nur diesem Zweck dienenden Liegenschaft errichtet war.

1.2. Nach § 1 Abs 2 WEG 1975 konnten mit selbstständigen Wohnungen oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeiten auch andere Teile der Liegenschaft verbunden sein, wie besonders offene Balkone, Terrassen, Keller- oder Dachbodenräume, Hausgärten, Lagerplätze und Abstellplätze für Kraftfahrzeuge, sofern sie von der Liegenschaftsgrenze, den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, der Wohnung oder der sonstigen Räumlichkeit aus zugänglich und deutlich abgegrenzt waren; mehr als ein Abstellplatz für Kraftfahrzeuge je Wohnung oder sonstiger selbstständiger Räumlichkeit bei der erstmaligen Begründung des Wohnungseigentums jedoch nur dann, wenn für die Wohnungen, die über keinen Abstellplatz für Kraftfahrzeuge im Wohnungseigentum - sei es in einer sonstigen selbstständigen Räumlichkeit oder mit ihrer Wohnung verbunden - verfügen, noch mindestens je ein Abstellplatz für Kraftfahrzeuge verblieb.

1.3. An Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge konnte demnach - abgesehen von jenen in Parkhäusern - Wohnungseigentum (nur) insoweit begründet werden, als es sich entweder um „selbstständige in sich geschlossene Räume zur Einstellung von Kraftfahrzeugen" (§ 1 Abs 1 Satz 2 WEG 1975) oder um „mit selbstständigen Wohnungen oder sonstigen selbstständigen Räumlichkeiten" als Zubehör verbundene „Abstellplätze für höchstens zwei Kraftfahrzeuge je selbstständige Wohnung oder sonstige selbstständige Räumlichkeit der Liegenschaft" handelt (§ 1 Abs 2 WEG 1975; vgl RIS-Justiz RS0082853; 5 Ob 35/80 = MietSlg 33/15 = SZ 54/87; 5 Ob 185/98m = immolex 1999/84 = MietSlg 50/50 = NZ 2000, 333). War vor dem 1. Juli 2002 selbstständiges Wohnungseigentum entgegen der Bestimmung des § 1 Abs 2 WEG 1975 an einem Abstellplatz für Kraftfahrzeuge begründet worden, so gilt dieses selbstständige Wohnungseigentum nach dem 30. Juni 2002 gemäß § 56 Abs 2 WEG 2002 als wirksam begründet, sofern die Wohnungseigentumsbegründung nach der nunmehrigen Rechtslage gültig wäre. Schließlich ermöglicht der mit der WRN 2006 (Art 1 Z 25 BGBl I 2006/124) dem § 56 Abs 1 WEG 2002 angefügte letzte Satz die erleichterte „Abspaltung" bisher im Zubehör-Wohnungseigentum gestandener Abstellplätze für Kraftfahrzeuge in selbstständiges Wohnungseigentum. Nach dieser Bestimmung bedarf die Begründung von selbstständigem Wohnungseigentum an einem im Zubehör-Wohnungseigentum stehenden Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug nicht der Zustimmung der anderen Miteigentümer und eine Nutzwertfestsetzung gemäß § 9 Abs 2, 3 oder 6 WEG 2002 ist entbehrlich, wenn sich der Nutzwert des Abstellplatzes zweifelsfrei aus der früheren Nutzwertermittlung ergibt.

2. Im vorliegenden Fall ist nach der Aktenlage keine auf der Grundlage des § 1 WEG 1975 wirksame Wohnungseigentumsbegründung erfolgt. Eine „Garage", die keinen selbstständigen (abgeschlossenen) Raum darstellt, sondern (nur) aus 5, in der (Tief-)Garage eines Wohnhauses mit insgesamt 36 Stellflächen (teilweise verstreut) gelegenen KFZ-Abstellplätzen besteht, war nämlich kein nach § 1 Abs 1 WEG 1975 taugliches Wohnungseigentumsobjekt (vgl 5 Ob 101/90 = EvBl 1991/68, 314 = WoBl 1991/118, 194 [Call] = NZ 1992, 135; 5 Ob 185/98m = immolex 1999/84= MietSlg 50/50 = NZ 2000, 333; 5 Ob 173/01d = wobl 2002/29, 89 [Call] = bbl 2002/32, 74 = SZ 74/170 = MietSlg 53.491; vgl auch RIS-Justiz RS0082853). Zubehör-Wohnungseigentum im Sinn des § 1 Abs 2 WEG 1975 lag und liegt ebenfalls nicht vor.

3. § 56 Abs 2 WEG 2002 kommt der Erstantragstellerin nicht zugute, weil kein selbstständiges Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug, sondern Wohnungseigentum an einer aus mehreren Abstellplätzen bestehenden, nicht in einem selbstständigen Raum bestehenden Garage begründet worden war und die Abstellplätze überdies auch nicht, etwa durch Bodenmarkierungen deutlich abgegrenzt waren und sind. Es liegt daher auch kein nach geltender Rechtslage taugliches Wohnungseigentumsobjekt vor, was aber Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 56 Abs 2 WEG 2002 wäre.

4. Schließlich kann auch § 56 Abs 1 Satz 3 WEG 2002 (idF WRN 2006) den Antragstellern nicht zuteil werden, setzt doch dessen Anwendung voraus, dass ein im Zubehör-Wohnungseigentum stehender Abstellplatz im Sinn des § 1 Abs 2 WEG 1975 vorliegt, der abgespalten und verselbstständigt werden soll. Auch diese Konstellation liegt hier nicht vor.

5. Im Ergebnis erweist sich die zugunsten der Erstantragstellerin sub B-LNR 16 erfolgte Einverleibung des Wohnungseigentums mangels eines wohnungseigentumstauglichen Objekts als nichtig (vgl RIS-Justiz RS0082983) und kann daher vor einer rechtlich gesamthaften Sanierung nicht die Grundlage für einzelne, auf dem gesetzwidrigen Zustand aufbauende Eintragungen sein. Die Entscheidungen der Vorinstanzen erweisen sich damit im Ergebnis als zutreffend, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben musste.

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