OGH 5Ob35/80

OGH5Ob35/809.6.1981

SZ 54/87

Normen

WEG §1 Abs1
WEG §6 Abs1
WEG §6 Abs2
WEG §5
WEG §1 Abs1
WEG §6 Abs1
WEG §6 Abs2
WEG §5

 

Spruch:

Die Nutzfläche nach § 6 WEG 1975 ist die Bodenfläche einer Wohnung oder einer sonstigen Räumlichkeit nach Planmaßen. Bei erwiesener Abweichung vom behördlich genehmigten Bauplan sind nur die Nutzflächen derjenigen selbständigen Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten, die davon tatsächlich berührt werden, nach Naturmaßen festzustellen

An einem selbständigen in sich geschlossenen Raum zur Einstellung von Kraftfahrzeugen kann Wohnungseigentum begrundet werden OGH 9. Juni 1981, 5 Ob 35/80 (LGZ Wien 41 R 342/80; BG Innere Stadt Wien 45 Nc 13/77)

Text

Die Wohnhausanlage in Wien 4, M-Straße 27, besteht aus zwei Stiegen mit insgesamt 35 Wohnungen und einem Geschäftslokal. Im Keller und Erdgeschoß befinden sich 31 Autoeinstellplätze. Im Hof sind 18 PKW-Abstellplätze angelegt worden.

Die Antragsgegner brachten im Rahmen des Verfahrens wegen Festsetzung der Nutzwerte bezüglich der obgenannten Liegenschaften vor, daß eine Zuweisung des Hofes samt den darin befindlichen Kfz-Abstellplätzen sowie der Hauseinfahrt bezüglich der darin befindlichen Abstellplätze und der Garagenabfahrt mit den im Keller befindlichen Kfz-Abstellplätzen an die Antragstellerin nicht möglich sei, da diese Flächen in das allgemeine schlichte Miteigentum der Liegenschaftsmiteigentümer und Wohnungseigentumsbewerber fielen. Der Hof samt Kfz-Abstellplätzen, die Einfahrt und die Abfahrtrampe sowie der Keller mit Kfz-Abstellplätzen bildeten eine Einheit, da sie räumlich nicht voneinander getrennt seien. Gemäß § 1 WEG 1975 könnten aber nur selbständige Wohnungen oder selbständige Räumlichkeiten Gegenstand des Wohnungseigentums sein. Im übrigen seien die Kfz-Einstellplätze von der Antragstellerin unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichtet worden.

Das Erstgericht setzte die Gesamtsumme der Nutzwerte mit 3612 fest, wobei es in allen Fällen von den Planmaßen ausging, wogegen der Sachverständige in seinem Gutachten hinsichtlich der Wohnungen top Nr. 3, 5 und 15 auf Stiege II zufolge vorliegender erheblicher Abweichungen von den Planmaßen die Naturmaße zugrunde gelegt hatte und dabei zur Gesamtsumme der Nutzwerte von 3605 gelangt war.

Das Erstgericht erachtete in rechtlicher Hinsicht, daß die Nutzwerte der Wohnungen und des Geschäftslokales nur auf der Basis der Planmaße festgesetzt werden könnten, weil nach § 6 Abs. 2 WEG 1975 die Behauptung und der Nachweis, die Maßdifferenz liege im Aufbringen des Verputzes, nicht genüge, um vom Planmaß zum Naturmaß abzugehen. Es könne zudem eine Zuteilung der Kfz-Einstellplätze an die Antragstellerin nicht erfolgen, weil gemäß § 1 Abs. 1 WEG 1975 Wohnungseigentum nur an einer selbständigen Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Räumlichkeit begrundet werden könne. Dazu gehörten besonders selbständige Geschäftsräume, selbständige in sich geschlossene Räume zur Einstellung von Kraftfahrzeugen sowie deutlich abgegrenzte Abstellflächen (Abstellplätze) für Kraftfahrzeuge in einer Baulichkeit, die ausschließlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gewidmet und auf einer überwiegend nur diesem Zweck dienenden Liegenschaft errichtet sei. Da die gegenständlichen Abstellplätze und Einstellplätze für Kfz nicht auf einer solchen Baulichkeit errichtet seien, fielen diese Flächen in das Miteigentum sämtlicher Wohnungseigentumsbewerber.

Das Rekursgericht hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem unter Setzung eines Rechtskraftvorbehaltes die Verfahrensergänzung und die neuerliche Entscheidung auf. Ausgehend davon, daß die Feststellung selbständiger Nutzwerte gemäß § 5 WEG 1975 der Parteiautonomie weitgehend entzogen sei und die Tauglichkeit der einzubeziehenden Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 WEG 1975 zur Begründung von Wohnungseigentum voraussetze, erachtete das Gericht zweiter Instanz, daß eine Berücksichtigung der auf der gegenständlichen Liegenschaft befindlichen Kfz-Abstellplätze bei der Nutzwertfestsetzung nur möglich sei, wenn sie entweder als Zubehör nach § 1 Abs. 2 WEG 1975 gewidmet sind oder sich in einer selbständigen in sich geschlossenen Garage befinden und diese Garage als Raumeinheit gewidmet ist. Für die Widmung von Abstellplätzen als Zubehör oder einer vorhandenen Garage als Raumeinheit seien die zwischen den Parteien bestehenden Vereinbarungen maßgebend. Eine Nutzwertfestsetzung für die Kfz-Einstellplätze als Zubehör scheide im vorliegenden Fall aber mangels eines diesbezüglichen Zuordnungsantrages und insbesondere nach den Bestimmungen der Kauf- und Wohnungseigentumsbegründungsverträge aus, wonach das Eigentums- bzw. Benützungsrecht der Wohnungseigentumsbewerber sich ausschließlich auf die Eigentumswohnungen und die notwendigerweise damit verbundenen Mitbenützungsrechte an gemeinsamen Teilen des Hauses, wie Eingang, Stiegenhaus, Keller, Waschküche u. dgl., beschränke und der Wohnungseigentumsbewerber keinen Anteil an den Ab- und Einstellplätzen des Hauses habe. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarungen im Hinblick auf die Bestimmung des § 24 WEG 1975 sei im Nutzwertfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen. Demnach seien Kfz-Abstellplätze bei der gegenständlichen Nutzwertfestsetzung nur zu berücksichtigen, wenn sie sich in einer Garage, die als Raumeinheit gewidmet ist, befinden und diese Garage überdies eine selbständige Räumlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 WEG 1975 darstellt. Diesbezüglich fehlten noch hinlängliche Feststellungen. Aus dem vorliegenden Bauplan ergebe sich allerdings, daß die im Hof befindlichen Abstellflächen sowie die ebenfalls im Erdgeschoß zwischen der Durchfahrt und der Abstellfläche im Hof befindlichen zusätzlichen vier Kfz-Einstellplätze keine selbständigen Räumlichkeiten darstellen könnten und bei der Nutzwertfeststellung jedenfalls unberücksichtigt zu bleiben hätten. Ob der Raum im Keller des Gebäudes, in dem sich nach der Baubeschreibung und dem Bauplan weitere 27 Abstellplätze befänden, als sonstige selbständige in sich geschlossene Räumlichkeit (Garage) nach § 1 Abs. 1 WEG 1975 anzusehen sei, könne nur mit Hilfe eines Bausachverständigen geklärt werden. Die MA 36 habe am 23. November 1976 wohl bescheinigt, daß auf der Liegenschaft 35 Wohnungen, ein Gassenladen und eine Garage mit 31 Stellplätzen selbständige Bestandobjekte bildeten. Im Hinblick auf die allgemeine Zugänglichkeit und die Verbindung mit anderen gemeinsamen Hauseinrichtungen lägen allerdings auch Anhaltspunkte vor, die gegen die Annahme einer selbständigen Räumlichkeit (verschließbarer Raum mit vier Wänden) sprechen könnten. Bezüglich des Geschäftslokales könne noch nicht gesagt werden, ob die Ermittlung des Regelnutzwertes nach den gesetzlichen Bewertungskriterien des § 5 WEG 1975 erfolgt sei, weil der Sachverständige in seinem Gutachten, auf das sich der diesbezüglich festgesetzte Nutzwert stütze, von einem Regelnutzwert von 3 gegenüber 0.90 bis 1.05 bei den übrigen Objekten ausgegangen sei, ohne dafür eine Begründung zu geben. Schließlich habe das Erstgericht die Nutzwertfestsetzungen der Wohnungen 3, 5 und 15 auf Stiege II zu Unrecht nicht auf das Naturmaß, sondern trotz erwiesener Abweichungen auf das Planmaß abgestellt. § 6 Abs. 2 WEG 1975 bestimme ausdrücklich, daß bei erwiesener Abweichung vom behördlich genehmigten Bauplan die Nutzfläche nach dem Naturmaß zu berechnen sei. In einem solchen Fall sei bei den übrigen Objekten nicht ohne weiteres auch vom Naturmaß auszugehen, sondern nur dann, wenn auch bei ihnen die angeführten Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 WEG 1975 vorlägen. Es sei daher bei der neuerlichen Entscheidung von den erwiesenen Naturmaßen und bei den übrigen Objekten, soweit keine weiteren Abweichungen behauptet und bewiesen würden, von den Planmaßen auszugehen.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen der Antragstellerin (Wohnungseigentumsorganisatorin) und der Wohnungseigentumsbewerber nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Antragstellerin vertritt zunächst die Auffassung, daß wegen des Umstandes, daß die maßgeblichen Verträge ausnahmslos vor dem Inkrafttreten des WEG 1975 abgeschlossen worden seien, die Nutzwertfestsetzung nach der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestandenen Gesetzeslage zu erfolgen habe und daher zwingende formalrechtliche Bestimmungen über den Bereich der Nutzwertfestsetzung, soweit sie sich aus dem WEG 1975 ergäben, nicht anzuwenden seien.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die Übergangsbestimmung des § 29 Abs. 1 Z. 1 WEG 1975 vorsieht, daß die §§ 2 und 5 des WEG 1948, BGBl. 149/1948, mit ihren Parifizierungsvorschriften nur in den Fällen weiterhin anzuwenden sind, in denen zumindest an einer Wohnung (einem Geschäftsraum) durch bücherliche Eintragung das Wohnungseigentum nach den bisher geltenden Vorschriften erworben worden ist. In diesem Fall sind diese Bestimmungen auch auf die Parifizierung und Verbücherung der restlichen Wohnungen (sonstigen Räumlichkeiten) anzuwenden. Ein derartiger Sachverhalt ist im vorliegenden Fall weder behauptet worden noch hervorgekommen. Soweit die Antragsgegner auf die Einbringung von Klagen nach § 25 WEG 1975 und die Anträge auf Bewilligung der Anmerkung dieses Streites gemäß § 25 Abs. 3 WEG 1975 hingewiesen haben, ist davon auszugehen, daß nach dem Akteninhalt eine Verbücherung der Wohnungseigentumsverträge noch nicht erfolgt ist und daß Streitanmerkungen nach § 25 Abs. 3 WEG 1975 nicht die Wirkung der Anmerkung der Rangordnung für künftige bücherliche Eintragungen zukommt (so 3 Ob 47/80).

Es kann aber auch nicht uneingeschränkt der Auffassung der Antragstellerin beigepflichtet werden, daß das WEG 1975 nicht die vorzunehmende Verweisung der gegenständlichen Flächen in das schlichte Miteigentum der Antragstellerin hindere und eine Gesamtparifizierung der Liegenschaft unbeschadet des Umstandes stattzufinden habe, ob tatsächlich auch sämtliche Räume und Flächen in Wohnungseigentum übergeführt werden oder nicht.

Der Hinweis auf alle Räumlichkeiten im § 3 WEG 1975 läßt erkennen, daß es sich immer um eine Gesamtparifizierung der Liegenschaft (Grundbuchskörper) handeln muß, gleichgültig, ob sämtliche Räume auch in Wohnungseigentum übergeführt werden (Faistenberger - Barta - Call, Kommentar zum WEG 1975, 109). Die Parifizierung erfaßt aber nur Objekte gemäß § 1 Abs. 1 und 2 WEG 1975, nicht dagegen allgemeine Teile der Liegenschaft nach § 1 Abs. 3 WEG 1975, wozu auch Wege, Zufahrten oder Gemeinschaftsräume zählen. Wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, kommen für die Zuordnung der strittigen Kfz-Abstellplätze infolge der vorliegenden Vereinbarungen und der örtlichen Lage allenfalls die Bestimmungen des § 1 Abs. 1 WEG 1975 zum Tragen, die selbständige in sich geschlossenen Räume zur Einstellung von Kraftfahrzeugen betreffen, die insbesondere nicht in Teilen der Liegenschaft gelegen sind, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegensteht. Das Rekursgericht hat in diesem Sinne darauf hingewiesen, daß die im Hof befindlichen Abstellflächen und die im Erdgeschoß zwischen der Durchfahrt und der Abstellfläche im Hof befindlichen zusätzlichen vier Kfz-Einstellplätze bei der Nutzwertfeststellung jedenfalls unberücksichtigt zu bleiben haben. Die Antragstellerin konnte keine Argumente vorbringen, die schon in tatsächlicher Hinsicht die Unrichtigkeit dieser Auffassung darzulegen vermochten. Insoweit sie vorbringt, daß im Hinblick auf die gegebene Vertragslage und in Ansehung des Umstandes, daß diese Verträge vor dem Inkrafttreten des WEG 1975 zustande gekommen seien, die Rechtsansicht des Rekursgerichtes auch hinsichtlich der Kellergarage unrichtig sei, kann ihr nach den bereits dargelegten Erwägungen nicht gefolgt werden. Wie der OGH in seiner ebenfalls diesen Streitfall betreffenden Entscheidung vom 3. Juni 1980, 4 Ob 557/79, dargelegt hat, käme als Gegenstand selbständigen Wohnungseigentums im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 WEG 1975 wohl nur die sogenannte "Kellergarage" in Betracht. An ihr könnte ein ausschließliches Nutzungs- und Verfügungsrecht der Antragstellerin und Wohnungseigentumsorganisatorin nur dann angenommen werden, wenn feststunde, daß diese "Kellergarage" aus einem oder mehreren "selbständigen in sich geschlossenen Räumen zur Einstellung von Kraftfahrzeugen" besteht und sich die Antragstellerin tatsächlich das alleinige Nutzungsrecht an diesen Räumen (und zugleich damit notwendigerweise auch den zum Erwerb des Wohnungseigentums erforderlichen Mindest-Miteigentumsanteil an der Liegenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 WEG 1975) vertraglich vorbehalten hat.

Wenn das Rekursgericht in diesen Belangen die Sachverhaltsgrundlage für eine abschließende rechtliche Beurteilung für unzureichend und daher ergänzungsbedürftig befunden hat, so kann dem der OGH nicht entgegentreten. Inwieweit bezüglich eines allfällig vorliegenden obligatorischen Nutzungsvorbehaltes der Antragstellerin an den in Betracht kommenden Kraftfahrzeugstellplätzen eine unzulässige Vereinbarung im Sinne der §§ 24 Abs. 1 Z. 1, 29 Abs. 1 WEG 1975 vorliegen könnte, hat im Nutzwertfeststellungsverfahren nach § 5 WEG 1975 außer Betracht zu bleiben, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, weil die Rechtsnatur der diesbezüglichen Objekte im Sinne des § 1 Abs. 2 und 3 WEG 1975 hievon nicht berührt würde.

Die Antragstellerin wendet sich in ihrem Rekurs schließlich auch noch gegen die hinsichtlich der Festsetzung der Nutzwerte für die Wohnungen 3, 5 und 15 auf Stiege II des Hauses zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß bei der Parifizierung dieser drei Wohnungen von deren Naturmaßen auszugehen sei, während die große Mehrzahl der Wohnungen nach Planmaßen beurteilt worden sei.

Meinhart vertritt in seiner diesbezüglichen Untersuchung, auf die sowohl die Antragstellerin als auch das Rekursgericht Bezug nehmen (Nutzfläche nach Plan- oder Naturmaßen - § 6 WEG 1975 - ImmZ 1979, 19 f.), die Auffassung, daß dann, wenn vom Planmaß zum Naturmaß gewechselt werde, wegen des einheitlichen Relationsmaßstabes für das gesamte Objekt, also für alle mitbeteiligten Parteien, auf Naturmaße zu wechseln sei.

Das Rekursgericht hat seine Ablehnung der Auffassung Meinharts nur mit dem Hinweis auf seine Entscheidung vom 25. März 1980, 41 R 166/80, begrundet. Dort wurde dargetan, daß das Vorliegen einer planwidrigen (und nicht auf die Anbringung von Verputz zurückzuführenden) Abweichung von den Bauplänen in nur einer Eigentumswohnung keineswegs ausschließe, daß in den übrigen Eigentumswohnungen die Planmaße mit den Naturmaßen im wesentlichen übereinstimmten, wenn auch eine mathematisch genaue Übereinstimmung von Natur- und Planmaß in der Praxis kaum eintreten werde. Es müsse daher selbst dann, wenn in einem Wohnungseigentumsobjekt bereits ein Abweichen der Naturmaße von den Planmaßen erwiesen wurde, behauptet und nachgewiesen werden, daß auch die Nutzflächen einer oder mehrerer anderer Eigentumswohnungen auf Grund eines planwidrigen Abgehens von den genehmigten Bauplänen von den dort ersichtlichen Flächenausmaßen abweichen. Der "einheitliche Relationsmaßstab" bei Festlegung der Nutzwerte werde durch den geringfügigen Unterschied, der sich über die erwiesenen Abweichungen vom Bauplan hinaus durch das Anbringen von Verputz ergeben könnte, nicht beeinträchtigt, zumal auch ganze Gebäude (beispielsweise in Fertigteilbauweise) oder Gebäudeteile (wie Keller, Garagen usw.) ohne Anbringung von Verputz errichtet würden.

Im Hinblick auf den Wortlaut des § 6 Abs. 1 WEG 1975, der die Nutzfläche als die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder einer sonstigen Räumlichkeit nach Planmaß festlegt, ist der Auffassung beizupflichten, daß auch die Nutzfläche nach § 6 Abs. 2 WEG 1975 nur ein bestimmtes Wohnungseigentumsobjekt betrifft und bei Nachweis der Abweichung vom behördlich genehmigten Bauplan nur die Nutzfläche dieses bestimmten Objektes nach dem Naturmaß zu berechnen ist. Aufgabe des Sachverständigen nach § 26 Abs. 2 Z. 9 WEG 1975 ist es in erster Linie, die in den Bauplänen ausgewiesenen Flächen zusammenzustellen. Naturmaße sind nur im Falle behaupteter und erwiesener Abweichungen insoweit festzustellen, als davon Objekte tatsächlich berührt werden (vgl. Zingher, MG[18], 264 f.). Wenn derartige Abweichungen nicht auch in anderen Objekten hervorkommen, erscheint der einheitliche Relationsmaßstab auch bei Mischanwendung von Natur- und Planmaßen nicht entscheidend beeinträchtigt. Es ist daher der Auffassung des Rekursgerichtes beizupflichten, zumal sie einer praxisbezogenen Rechtsauslegung Rechnung trägt. Das Rekursgericht verweist durchaus zutreffend etwa darauf, daß es zu einem unwirtschaftlichen und für die übrigen Wohnungseigentumsbewerber höchst unbilligen Ergebnis führen müßte, daß dann, wenn in einer einzigen Wohnung etwa bauplanwidrig eine Trennmauer zur Nachbarwohnung versetzt wurde, alle Wohnungseigentumsobjekte einer Liegenschaft, die nicht selten schon die Zahl von 100 überschreiten oder in mehreren Baublöcken liegen, von einem Sachverständigen vermessen werden müßten.

Zu berücksichtigen ist allerdings noch, daß eine Abweichung vom behördlich genehmigten Bauplan dann nicht vorliegt, wenn in den Bauplänen Rohbaumaße ohne Verputz enthalten waren, in der Folge aber in den Wohnungseigentumsobjekten Verputz aufgebracht und damit die Nutzfläche geringfügig geändert wird. Ob das allein auch bei den festgestellten Abweichungen der Fall ist, läßt sich dem Gutachten des Sachverständigen nicht eindeutig entnehmen und wird noch zu klären sein.

Die von den Antragsgegnern (Wohnungseigentumsbewerbern) vorgetragene Auffassung, daß der Gesetzgeber geschlossene Garagenräume als selbständige Objekte gemäß § 1 Abs. 1 WEG 1975 nur in sogenannten Parkhäusern dulden wollte, findet im Gesetz keine Deckung, weil hier neben den deutlich abgegrenzten Abstellflächen (Abstellplätzen) für Kraftfahrzeuge in einer Baulichkeit, die ausschließlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gewidmet und auf einer überwiegend nur diesem Zweck dienenden Liegenschaft errichtet ist (so insbesondere Parkhäuser), auch selbständige in sich geschlossene Räume zur Einstellung von Kraftfahrzeugen angeführt werden (Faistenberger - Barta - Call a.a.O. 48 f.). Entgegen der Auffassung der Rekurswerber bezieht sich der Begriff der Baulichkeit in der genannten Gesetzesstelle nicht auch auf die in sich geschlossenen Räume. Dies erhellt schon hinlänglich aus dem Gesetzeswortlaut und wird auch in den Erläuternden Bemerkungen in diesem Sinn dargetan. Demnach kann Wohnungseigentum an einem selbständigen in sich geschlossenen Raum zur Einstellung von Kraftfahrzeugen, aber auch in besonderen (Keller-)Parkgaragen, begrundet werden, wobei in diesen Fällen der Nutzwert auch dann festgesetzt und im Gesamtnutzwert gesondert ausgewiesen werden muß, wenn es ungewiß ist, ob hieran Wohnungseigentum begrundet wird (Meinhart, Wohnungseigentumsgesetz 1975, 55, 56, 59).

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