OGH 5Ob185/98m

OGH5Ob185/98m15.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinnützige S***** Wohn- und Siedlungsgenossenschaft S***** registrierte Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Martin Schloßgangl, Dr. Thomas Christl, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagte Partei Cemal Y*****, vertreten durch Dr. Gerhard Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25. Februar 1998, GZ 11 R 48/98z-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung vom 31. Oktober 1997, GZ 6 C 307/97a-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 3.655,68 (darin S 609,28 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ 448 GB ***** O*****, wobei mit dem Anteil 27 der Klägerin Wohnungseigentum an der Doppelgarage Nr I/G/2 und mit dem Anteil 11 des Beklgten Wohnungseigentum an der Wohnung W I/3/8 verbunden ist. Für diese Eigentumswohnung wurde zunächst für Josef S***** Wohnungseigentum begründet, dieses dann auf Katharina S***** und von dieser auf Helga Z***** übertragen. Letztere übertrug außerbücherlich ihr Eigentum an Mag. Sabine Z*****, von der der Beklagte mit Kaufvertrag vom 19. 12. 1996 die Eigentumswohnung erwarb.

Am 16. 10. 1968/25. 11. 1968/3. 9. 1969 wurde zwischen der Klägerin und Josef S***** (des weiteren auch mit Karl R*****) über die im Eigentum der Klägerin stehende Doppelgarage folgendes vereinbart:

I. Die "S*****" ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 448 KG O***** und hat dort ein Wohnaus mit 16 Wohnungen und vier Garagen errichtet. Gegenstand dieses Vertrages ist die Doppelgarage Nr II/2.

II. Die "S*****" übergibt an genannte Berechtigte (d.i. Josef S***** und Karl R*****) und diese übernehmen die in Punkt I angeführte Doppelgarage je zur Hälfte in ihre ausschließliche Nutzung um den Preis von S 26.528 samt allen Rechten und Vorteilen, mit denen die "S*****" die Garage besessen und benützt hat oder zu besitzen und benützen berechtigt war. Eine grundbücherliche Übertragung des Eigentumsrechtes der Doppelgarage an beide Berechtigte je zur Hälfte ist aufgrund des Wohnungseigentumsgesetzes BGBl 149/148 in der derzeit gültigen Fassung nicht möglich. Beide Berechtigte nehmen dies rechtsverbindlich und unwiderruflich zur Kenntnis und haben daher keinen Anspruch auf grundbücherliche Übereignung. Die "S*****" verpflichtet sich aber für den Fall, daß die beiden Berechtigten übereinstimmend der "S*****" eine Person namhaft machen, für die ein Wohnungseigentum begründet werden kann, für diese Person das Wohnungseigentum zu begründen. Die dadurch auflaufenden Spesen haben jedoch die Personen bzw künftigen Wohnungseigentümer zu tragen. Für den Fall des Wohnungseigentumsvertrages sind jedoch die übrigen Vertragspunkte dieses Übereinkommens rechtsverbindlich. Dieses Übereinkommen bindet auch die Rechtsnachfolger an sämtliche Vertragspunkte. ....

VI. Die "S*****" ist berechtigt, diesen Vertrag jederzeit einseitig aufzulösen, wenn ein Berechtigter ....

f) Das Anwartschafts- bzw Eigentumsrecht für seine Wohnung im Haus O***** 27/27a aufgibt.

VII. Im Falle der Vertragsauflösung gemäß Punkt VI. werden den Berechtigten die einbezahlten Eigenmittel .... zurückerstattet."

Unter Bezugnahme auf letztere Vertragsbestimmung erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 29. 11. 1996 (anläßlich der Veräußerung der Eigentumswohnung durch Helga Z*****) dem damaligen Rechtsvertreter der Helga Z*****, daß der bezeichnete Vertrag mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden sei. Helga Z***** sei daher nicht mehr in der Lage gewesen, irgendwelche Rechte an dieser Garage zu verkaufen oder sonst zu übertragen.

Mit Kaufvertrag vom 19. 12. 1996 kaufte der Beklagte von Mag. Sabine Z***** den Anteil 11 der bezeichneten Liegenschaft verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohnung W I/3/8, wobei in diesem Kaufvertrag unter Punkt I Mag. Sabine Z***** zwar als Eigentümerin des strittigen PKW-Abstellplatzes in der Doppelgarage bezeichnet wird, jedoch darauf hingewiesen wird, daß diese Doppelgarage im Eigentum der Klägerin steht, diese das Eigentumsrecht (der Mag. Sabine Z*****) bestreitet und auf dem Rechtsstandpunkt besteht, daß nur ein jederzeit widerrufbares Nutzungsrecht vorgelegen sei.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Räumung der in ihrem Wohnungseigentum stehenden Garage durch den Beklagten, weil dieser das Objekt titellos benütze. Die Klägerin habe das Recht, das zunächst Josef S***** zugestanden sei, gegenüber der Voreigentümerin Helga Z***** wirksam aufgekündigt. Der Beklagte habe auch ausdrücklich anerkannt, daß der über die Garage abgeschlossene Nutzungsvertrag nicht rechtswirksam zustande gekommen sei, weil Josef S***** zum Zeitpunkt der Unterfertigung blind gewesen sei und ein Notariatsakt nicht errichtet worden sei. Die Benutzung der Garage im Ausmaß von nur 22,10 m**2 durch die Wohnungseigentümer R***** und S***** habe nur eine Kompromißlösung dargestellt, das Abstellen zweier PKWs mittlerer Größe in dieser Garage sei überhaupt nicht möglich.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Mit Vertrag vom 16. 10. 1968/25. 11. 1968 hätten Karl R***** und Josef S***** außerbücherliches Eigentum an der Doppelgarage erworben. Ein Abstellplatz dieser Garage werde derzeit vom Beklagten benutzt. Ungeachtet der Formulierung im Vertrag, daß die Doppelgarage an die Berechtigten je zur Hälfte in deren ausschließliche Nutzung übergeben werde, zeige der Vertrag eindeutig, daß der Wille der Parteien auf Begründung von Eigentum an der gegenständlichen Doppelgarage gerichtet gewesen sei. Den Wohnungseigentumsbewerbern sollte damals mit diesem Vertrag ein Abstellplatz in der Doppelgarage quasi als Zubehör-Wohnungseigentum übertragen werden. Das unter Punkt VI. f eingeräumte jederzeitige einseitige Auflösungsrecht der Klägerin stelle in Wahrheit ein Wiederkaufsrecht dar, das aber gegen den Beklagten deshalb keine Wirkung entfalte, weil ein Wiederkaufsrecht grundsätzlich nur gegenüber dem aus dem Vertrag obligatorisch Verpflichteten, somit Josef S***** gegenüber geltend gemacht hätte werden können. Darüber hinaus verstoße die Auflösungsbestimmung im bezeichneten Vertrag gegen das Verbot des § 24 WEG und sei daher rechtsunwirksam.

Der Beklagte habe keineswegs die Ungültigkeit des Vertrages mit Josef S***** anerkannt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, aufgrund des Punktes VI. f des bezeichneten Vertrages, der gemäß dessen Punkt II. auch für die Nachfolger gelte, sei die Klägerin berechtigt gewesen, diesen Vertrag aufzulösen, wenn ein Berechtigter sein Eigentumsrecht an der auf der Liegenschaft gelegenen Eigentumswohnung aufgebe. Dies sei bei Helga Z***** der Fall gewesen, sodaß durch das Schreiben der Klägerin am 29. 11. 1996 dieser gegenüber der Vertrag über die Doppelgarage aufgelöst worden sei. Damit habe eine rechtswirksame Übertragung des Nutzungsrechtes an Mag. Sabine Z***** und in der Folge an den Beklagten nicht mehr stattfinden können. Der Beklagte benütze also die Garage titellos.

Der Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Aus zahlreichen Formulierungen des Vertragstextes, wie insbesondere aus der Formulierung in Punkt III.: "Die Übergabe und Übernahme der Doppelgarage in den tatsächlichen Besitz und Genuß der Berechtigten erfolgt mit dem Tage der Unterfertigung des Vertrages, sodaß mit diesem Tag Gefahr und Zufall, Last und Vorteil von der S***** auf die Berechtigten übergeht", die Bezeichnung des zu zahlenden Betrages als "Restkaufpreis" in Punkt VI. lit b sowie insbesondere der Hinweis in Punkt II. darauf, daß die Übertragung des Eigentumsrechtes nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes nicht möglich sei, sprächen dafür, daß mit dem Vertrag den beiden Wohnungseigentümern Karl R***** und Josef S***** von der Klägerin eine Rechtstellung wie Eigentümern eingeräumt werden sollte. Es wurde auch durch die Formulierung des Punktes II. des Vertrages erhärtet, daß an der genannten Garage den Wohnungseigentümern R***** und S***** Wohnungseigentum übertragen werden sollte, diese Übertragung an zwei Berechtigte an einer Einheit aber an den Bestimmungen des damals in Kraft stehenden WEG 1948 idF BGBl 1951/28 scheiterte. Daß in Punkt II. des Vertrages das Wort "Nutzung" verwendet worden sei, stehe dem nicht entgegen, weil auch im WEG von der ausschließlichen "Nutzung" einer Wohnung die Rede sei und gerade diese ausschließliche Nutzung wesentliches Merkmal des Wohnungseigentums sei.

Im Widerspruch zu dieser beabsichtigten Qualität der vertraglich eingeräumten Rechte stünden die unter Punkt VI. des Vertrages aufgezählten Auflösungsgründe zugunsten der Klägerin, sodaß zu prüfen sei, ob diese Vertragsbestimmung wirksam habe vereinbart werden können.

Zunächst stehe fest, daß weder nach den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Bestimmungen des WEG noch nach den Bestimmungen des WEG 1975 in der derzeit geltenden Fassung es gesetzlich zulässig gewesen sei und sei, Wohnungseigentum an einem Stellplatz einer Doppelgarage zu begründen. "Außerbücherliches Wohnungseigentum" könne nicht begründet werden, weil es gegen zwingendes gesetzliches Recht verstoße und damit nach § 878 ABGB nichtig sei. Dies betreffe allerdings nur die Qualität der Begründung von außerbücherlichem Wohnungseigentum, und mache nicht den gesamten Vertrag ungültig. Diese Unmöglichkeit sei den vertragschließenden Teilen damals auch bekannt gewesen. Es sei daher zu prüfen, wie die zwischen den Parteien des damaligen Vertrages getroffene Vereinbarung rechtlich zu qualifizieren sei, um sie als zulässige Vereinbarung aufrecht zu erhalten. Es stünden durchaus "schwächere", aber zulässige Rechtsformen zur Verfügung, die geeigneten seien, dem Nutzeffekt eines Wohnungseigentums an einem Garagenabstellplatz (bzw eines Zubehör-Wohnungseigentums) nahezukommen.

Dabei scheide eine Qualifikation als Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern aus, weil die Garagenabstellplätze nicht im Miteigentum sämtlicher Liegenschaftsmiteigentümer gestanden seien (so in WoBl 1991, 118 = EvBl 1991/68). Folgend Binder in WoBl 1992, 137 ff qualifizierte das Berufungsgericht die getroffene Regelung als Vertrag über die Einräumung einer Grunddienstbarkeit, die allerdings nicht bücherlich einverleibt worden sei. Diese Qualifikation entspreche der Parteienabsicht ab ehesten, weil sie den Nutzungsberechtigten an den Abstellplätzen eine dem Wohnungseigentumsrecht vergleichbare Rechtsposition verschaffe und die Begründung eines derartigen dinglichen Rechts auch den Bestimmungen des WEG nicht widerspreche, sodaß auch die grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit zulässig gewesen wäre. Unter diesem Aspekt sei die in Punkt VI. lit f des Vertrages getroffene Vereinbarung, wonach der Klägerin ein einseitiges Widerrufsrecht für den Fall der Eigentumsübertragung an der Eigentumswohnung zustehe, als zulässig zu erachten. Nach § 527 ABGB sei es möglich, eine vertraglich begründete Servitut zeitlich zu befristen. Auch sei eine auflösende Bedingung zulässig (EvBl 1954/361; Petrasch in Rummel, Rz 1 zu § 527 ABGB; Klang in Klang II Anm 2 zu § 527; Gschnitzer, Sachenrecht, 176; JBl 1974, 593; SZ 44/58). Dahin sei auch das im Vertrag vereinbarte Auflösungsrecht der Klägerin zu qualifizieren und nicht als Wiederkaufsrecht, das gegenüber dem Beklagten unwirksam gewesen wäre.

Die Vereinbarung des einseitigen Auflösungsrechtes verstoße aber auch nicht gegen die Generalnorm des § 24 Abs 1 WEG. Diese mache nur Vereinbarungen oder Vorbehalte rechtsunwirksam, die geeignet seien, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder zu beschränken. An sich erscheine es durchaus zulässig, diese Vorschrift zum Schutz von Wohnungseigentumsbewerbern und Wohnungseigentümern gegen nachteilige, mit dem Wesen des Wohnungseigentums unvereinbare Vertragsgestaltungen durch einen übermächtigten Wohnungeigentumsorganisator auch auf den Fall der Vereinbarung von bloßen Dienstbarkeiten anzuwenden, weil durch den Abschluß eines Dienstbarkeitsvertrages anstelle eines Wohnungseigentumsvertrags dieselben Nutzungseffekte an einem Objekt erzielt werden könnten, was ja auch im gegenständlichen Fall von den Vertragsparteien durchaus beabsichtigt war. Voraussetzung für eine analoge Anwendung der Schutzbestimmungen des § 24 Abs 1 WEG sei aber, daß am Nutzungsobjekt zulässigerweise Wohnungseigentum begründet werden könnte. Sonst käme es dahin, daß durch die analoge Anwendung des § 24 Abs 1 WEG Rechte geschützt würden, die nach der Absicht des Gesetzgebers bei Erlassung des WEG gerade nicht vorgesehen worden wären. Der Gesetzgeber des WEG habe gerade die Möglichkeit der Einräumung von gemeinsamem Wohnungseigentum an einer Doppelgarage durch zwei Personen, die nicht Ehepartner seien, ausgeschlossen. Würde man die die an der Doppelgarage Berechtigten gleich wie Wohnungseigentümer behandeln, würde dem gesetzlichen Verbot des § 8 Abs 1 WEG widersprochen und im Ergebnis ein Rechtsverhältnis perpetuiert werden, das, weil es nach seiner Wirkung der geteiligten Einräumung von Wohnungseigentum gleichkomme, nicht zulässig sei. Einer geteiligten Dienstbarkeit einen derartigen Schutz zuzuerkennen, wie dies § 24 Abs 1 WEG Wohnungseigentum zuerkenne, laufe der Zielsetzung des WEG zuwider. Der Beklagte könne sich also betreffend die gegenständliche Vereinbarung nicht auf § 24 Abs 1 WEG berufen.

In der in Frage stehenden Auflösungsvereinbarung liege auch kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten im Sinn des § 879 ABGB, weil im Fall der Vertragsauflösung den Berechtigten die einbezahlten Eigenmittel zuzüglich Kapitalstilgung abzüglich Abschreibung von den Baukosten zurückerstattet werde. Auch sei das Auflösungsrecht für einen bestimmten Fall, nämlich die Aufgabe des Wohnungseigentumsrechtes vorgesehen, was keine Sittenwidrigkeit begründet, weil die Interessensabwägung zwischen den Vertragsparteien keine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision kein grobes Mißverhältnis zwischen den durch die Handlung Verletzten und den durch sie geförderten Interessen ergebe.

Das Berufungsgericht beurteilte daher Punkt VI. lit f des über die Doppelgarage abgeschlossenen Vertrages als zulässige Vereinbarung, was im Ergebnis zur Folge habe, daß der Beklagte die Doppelgarage titellos benütze.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege vor, weil die rechtliche Problematik der über den Autoabstellplatz getroffenen Vereinbarung über den Einzelfall hinausgehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung des bekämpften Urteils im Sinne einer Klagsabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Beklagte beruft sich zur Abwehr des gegen ihn gerichteten Räumungsanspruchs auf eine Berechtigung, die ihm als Rechtsnachfolger in der Kette von Rechtsnachfolgern nach Josef S***** aus dem zwischen letzterem und der Klägerin im Jahr 1968 abgeschlossenen Vertrag zukomme. Seine Rechtsvorgängerin habe ihm dieses Recht wirksam übertragen, weil die gegen Helga Z***** erklärte Vertragsauflösung wirkungslos gewesen sei. Unbestrittenermaßen handelte die Klägerin bei Erklärung der Vertragsauflösung gemäß Punkt VI. lit f des ursprünglichen Vertrags (Beilage ./B). Die Wirkungslosigkeit dieser Vertragsbestimmung sieht der Revisionswerber vor allem in der Bestimmung des § 24 Abs 1 WEG begründet sowie im weiteren darin, daß die Auflösungsvereinbarung inhaltlich einem Wiederkaufsrecht gleichkomme, das die Klägerin zwar gegenüber dem aus dem Vertrag unmittelbar verpflichteten Josef S***** hätte geltend machen können, infolge der Anordnung des § 1170 ABGB und mangels bücherlicher Einverleibung nicht jedoch gegenüber dem Beklagten (richtig: der Rechtsvorgängerin des Beklagten).

Weiters soll die Auflösungsvereinbarung im Vertrag sittenwidrig gemäß § 879 Abs 1 ABGB sein, weil diese Regelung auch dem Zweck des Schutzes vor Benachteiligung infolge Mißbrauchs von Übermacht diene. Die Ausübung dieses Rechts sei auch nach einer fast 30jährigen Vertragsdauer rechtsmißbräuchlich.

Zunächst unterliegt es keinem Zweifel, daß weder im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages (1968) noch heute die Einräumung von selbständigem Wohnungseigentum an einem Stellplatz einer Doppelgarage zulässig ist. Nach wie vor gilt, daß selbständiges Wohnungseigentum an sonstigen Räumlichkeiten im Sinn des § 1 WEG, also auch an Garagen, nur begründet werden kann, wenn es sich um selbständige, in sich geschlossene Räume handelt (MietSlg 32.473, 33.452), nicht aber an bloßen Abstellflächen (MietSlg 33.452). Nur in Parkhäusern können deutlich abgegrenzte Abstellflächen Gegenstand selbständigen Wohnungseigentums bilden. Parkhäuser sind aber Baulichkeiten, die ausschließlich zum Abstellen von Kraftfahrzeugen gewidmet sind und auf einer überwiegend nur diesem Zweck dienenden Liegenschaft errichtet sind.

Davon sind auch die Vertragsparteien der ursprünglichen Vereinbarung ausgegangen, daß die Begründung von Wohnungseigentum für beide Berechtigte rechtlich unmöglich war. Ausdrücklich wird in Punkt II. der Vereinbarung festgehalten, daß die Berechtigten keinen Anspruch auf grundbücherliche Einverleibung hätten, woraus sich eindeutig ergibt, daß eine Zusage zur Begründung von Wohnungseigentum nicht erteilt wurde. Zwar ändert der Umstand, daß die Klägerin als Wohnungseigentumsorganisator eine gemeinnützige Bauvereinigung war, an der Anwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 23 bis 25a WEG nichts (vgl Würth in Rummel Rz 11 zu § 24 WEG mwN). Doch ist unabdingbare Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 24 Abs 1 WEG, daß einem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer die ihm gesetzlich zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte durch die wirtschaftliche, organisatorische und wissensmäßige Übermacht des Wohnungseigentumsorganisators eingeschränkt werden. Die unzulässige Beeinträchtigung muß sich gegen die dem Wohnungseigentumswerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- und Verfügungsrechte richten, also gegen seine gesamte unverzichtbare Rechtsposition, womit sowohl das schuldrechtliche Vorstadium vor Begründung des Wohnungseigentums als auch die gesamte im Gesetz vorgezeichnete Position eines Wohnungseigentümers, soweit dessen Rechte nicht abbedungen werden können, erfaßt ist (Faistenberger-Barta-Call Rz 16 f zu § 24 WEG). Rechtsverhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander sind grundsätzlich nach den ebenfalls zwingenden Regeln der §§ 13 bis 22 WEG und nur dann nach § 24 WEG zu beurteilen, wenn es sich um Spätwirkungen der (abstrakt angenommenen) Vertragsübermacht des Wohnungeigentumsorganisators handelt (MietSlg 33.496). Weil feststeht, daß an der Doppelgarage Wohnungseigentum zu begründen, rechtlich unmöglich war, scheiden schon begrifflich Nutzungs- oder Verfügungsrechte aus, die einem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehen. In der Rechtsprechung wurde der Anwendungsbereich der Generalklausel des § 24 Abs 1 WEG mehrfach dahin teleologisch reduziert, daß damit nur die von einem Wohnungseigentumsorganisator geschlossenen oder veranlaßten Vereinbarungen und Vorbehalte von der Regelung umfaßt sein können und auch nur jene, mit denen unbillige Aufhebungen oder Beschränkungen vorgenommen werden (vgl NZ 1987, 106 = MietSlg 38.000/56). Verpflichtungen, die ein Wohnungseigentümer auch bei Gleichgewicht der Vertragslage auf sich nehmen würde, die also einer vernünftigen Interessenabwägung entsprechen, dürfen darunter nicht subsumiert werden (WoBl 1988, 62; 1990, 10, 1991, 118).

Unter diesen Voraussetzungen scheidet jede Möglichkeit einer analogen Anwendung der Bestimmung des § 24 Abs 1 WEG auf nicht aus dem WEG selbst entstehende oder dort geregelte Rechte aus. Dabei kann auch nicht zugrunde gelegt werden, daß der Beklagte, der als Wohnungseigentümer nur ein seinem Anteil entsprechendes Recht an Nutzungen allgemeiner Teile der Liegenschaft hat, Ansprüche auf Zurverfügungstellung eines Abstellplatzes habe, der im Wohnungseigentum eines anderen steht.

Eine weitere Auseinandersetzung mit inhaltlichen Voraussetzungen des § 24 Abs 1 WEG oder dem in § 24 Abs 1 Z 3 WEG genannten Wiederkaufsrecht, das die Anwendbarkeit des § 24 WEG zur Voraussetzung hat, kann daher entfallen.

Zur Frage, ob das im fraglichen Vertragspunkt vereinbarte Auflösungsrecht samt der gleichzeitigen Verpflichtung, den Kaufpreis (bzw einen bestimmt berechneten Teil desselben) zurückzuerstatten, als Wiederkaufsrecht im Sinn des § 1070 ABGB zu werten ist, das mangels Verbücherung auf einen Rechtsnachfolger des Josef S***** nicht übergangen wäre, ist folgendes zu erwägen:

Zunächst kann ein Wiederkaufsrecht nur an unbeweglichen Sachen, nicht aber an Rechten begründet werden. Eine kritische Prüfung des vorliegenden Vertrages läßt es im Ergebnis nicht zu, zugrunde zu legen, daß den daraus Berechtigten Eigentum an unbeweglichen Sachen eingeräumt worden wäre. Wohl ist erkennbar - wie das Berufungsgericht zutreffend und ausführlich darlegte -, daß mit der Vertragsgestaltung angestrebt wurde, dem Berechtigten eine nahe am Eigentum angesiedelte Rechtsposition einzuräumen, daß jedoch ausdrücklich die Kenntnis zugrundegelegt wurde, daß bücherliches Eigentum nicht erworben werden könne. Schon daran, daß mit dieser Vertragsgestaltung kein Eigentum eingeräumt werden konnte, scheitert die vom Revisionswerber vorgenommene Qualifikation der Punkte VI. und VII. des Vertrages als Rückkaufsrecht.

Das Berufungsgericht hat weiters zutreffend erkannt, daß mit diesem Vertrag das Recht der Nutzung - am ehesten vergleichbar einem Fruchtgenußrecht - eingeräumt wurde, wobei zulässigerweise eine Auflösungsvereinbarung getroffen wurde. Die Qualifikation der Zahlungen als "Kaufpreis" schadet dabei keineswegs, kann doch Gegenstand eines Kaufvertrags auch der Erwerb von Rechten, hier der umfänglichen Nutzungsrechte an einer Garage, sein. Daß auch Autoabstellplätze Gegenstand von Servitutsrechten sein können, wurde wiederholt ausgesprochen (vgl auch Binder in Schwimann, WoBl 1992, 137).

Den Vorinstanzen ist somit im Ergebnis darin beizupflichten, daß die Parteien des in Frage stehenden Vertrages eine Konstruktion wählten, die den Rechtsvorgängern des Beklagten eine eigentümerähnliche Position hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten an einem Teil der Doppelgarage zukommen lassen sollte, weil die Einräumung des Vollrechts Eigentum rechtlich nicht möglich war. Dazu haben die Parteien des Vertrages die Rechtsform des Kaufvertrages gewählt, dessen Gegenstand aber entgegen der Ansicht des Revisionswerbers wegen der rechtlichen Unmöglichkeit nicht die unbewegliche Sache, sondern die Nutzungsrechte daran waren. Gegenstand eines Kaufes kann nämlich jede Sache sein, auch unkörperliche wie Forderungen oder Rechte. Gleichzeitig wurde für bestimmte in Punkt VI. des Vertrages aufgeführte Fälle eine Rückabwicklungsvereinbarung getroffen. Ein Wiederkaufsrecht kann, wie schon ausgeführt, nach § 1070 ABGB nur an unbeweglichen Sachen nicht aber an Rechten eingeräumt werden.

Auch unter dem Aspekt des § 879 ABGB ist für den Revisionswerber nichts zu gewinnen. Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf verwiesen, daß im Fall der Auflösung der Vereinbarung dem Berechtigten der Kaufpreis rückzustatten ist. Auf die Modalitäten der Preisbestimmung muß hier nicht eingegangen werden.

Aber auch die Auflösungsvereinbarung an sich widerspricht nicht den guten Sitten. Eine Vereinbarung ist nur dann sittenwidrig, wenn sie, ohne gegen positives Gesetz zu verstoßen, offenbar rechtswidrig ist. Daß die getroffene Vereinbarung nicht rechtlichen Bestimmungen zuwiderläuft, wurde schon ausgeführt. § 879 ABGB darf nicht so verstanden werden, daß fehlende Tatbestandselemente einer Verbotsbestimmung - hier des § 24 Abs 1 WEG - generell ersetzt würden. Ein Verstoß gegen die guten Sitten wird nur dann bejaht, wenn eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt oder wenn bei einer Interessenkollision ein grobes Mißverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und durch sie geförderten Interessen besteht (vgl Apathy in Schwimann Rz 8 zu § 879 ABGB). Die für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit maßgebenden Wertungsgesichtspunkte müssen aus der Gesamtrechtsordnung und deren allgemeinen Wertprinzipien ableitbar sein. Diese Voraussetzungen treffen hier in Anbetracht des Umstandes nicht zu, daß es den aus dem Vertrag Berechtigten jederzeit freigestanden wäre, eine Person namhaft zu machen, der das Wohnungseigentum an der Doppelgarage übertragen werden hätte können. Damit steht fest, daß die Klägerin bei der ursprünglichen Vertragsgestaltung keineswegs eine Art Knebelung der Nutzungsberechtigten im Auge hatte, sondern im Wesentlichen vermeiden wollte, daß die Rechte an der Doppelgarage einer Verbindung zum Wohnungseigentum an Wohnungen entkleidet worden wären. Im vorliegenden Fall steht nur das Kündigungsrecht im Fall der Veräußerung der Eigentumswohnung zur Beurteilung. Darin kann eine sachgerechte Lösung der Parkraumnot gesehen werden, die den verkaufenden Wohnungseigentümer keineswegs in rechtlich geschützten Interessen grob benachteiligt. Das Recht, die Nutzungsrechte an einer Doppelgarage wieder an sich zu ziehen, wenn der Berechtigte sein Wohnungseigentum aufgibt, kommt einem wichtigen Grund nahe, der zur Auflösung von Dauerschuldverhältnissen berechtigt.

Zusammengefaßt ergibt sich demnach, daß die zwischen dem Rechtsvorgänger des Beklagten und der Klägerin getroffene Vereinbarung weder in ihrer Gesamtheit noch hinsichtlich des Auflösungsrechts gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt oder sittenwidrig ist. Die Auflösung gegenüber der Rechtsvorgängerin des Beklagten war damit wirksam, ihm steht kein Benützungsrecht zu.

Der unberechtigten Revision war der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO iVm § 12 RATG.

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