OGH 4Ob65/00p

OGH4Ob65/00p21.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** KG, *****, vertreten durch Dr. Christian Riesemann, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Richard B*****, vertreten durch Heller-Pitzal-Pitzal Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 500.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 26. Jänner 2000, GZ 6 R 7/00x-16, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der durch die ZVN 1983 eingeführte Gerichtsstand für Streitigkeiten aus gewerblichem Rechtsschutz und Urheberrecht sowie Verbandsklagen gemäß § 83c JN hat die Zuständigkeitsregelung des früheren § 23 UWG übernommen und damit die bis dahin für die genannten Streitigkeiten bestehenden unterschiedlichen Regelungen über die örtliche Zuständigkeit zusammengefasst. Gemäß § 83c JN ist in diesen Streitigkeiten gegen Personen, deren Unternehmen sich im Inland befindet oder die mit Rücksicht auf ihre Tätigkeit bei einem im Inland befindlichen Unternehmen in Anspruch genommen werden, - soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften bestehen - ausschließlich das Gericht zuständig, in dessen Sprengel dieses Unternehmen liegt, bei Vorhandensein mehrerer Niederlassungen wahlweise das Gericht der Hauptniederlassung oder derjenigen Niederlassung, auf die sich die Handlung bezieht. Da der Begriff der "Niederlassung" durch § 83c JN keine Änderung erfahren hat, kann dazu die frühere Rechtsprechung zu § 23 UWG weiterhin angewandt werden. Demnach ist dieser Begriff weiterhin iSd § 87 Abs 1 und 2 JN auszulegen; er deckt sich nicht mit dem Begriff der Zweigniederlassung nach §§ 13 ff HGB. Es genügt vielmehr das Bestehen einer nach ihrer äußeren Einrichtung auf Dauer berechneten, vom Sitz des Unternehmens örtlich getrennten Abteilung, die im Wesentlichen unter selbständiger Leitung steht, zu selbständigem Handeln im geschäftlichen Verkehr berechtigt ist und auf diese Weise, wenngleich häufig in nur sehr eingeschränktem Umfang, Mittelpunkt eines - größeren oder kleineren - Kreises von Rechtsbeziehungen des Unternehmens zu dritten Personen ist (SZ 51/29 = ÖBl 1979, 25 - Steirerkrone mwN; 4 Ob 32/94).

Dass dem Erfordernis einer für eine bestimmte Dauer ausgeübten Erwerbstätigkeit durch Teilnahme an einer nur wenige Tage dauernden Messe nicht entsprochen wird (Fasching I, 436; Mayr in Rechberger, ZPO**2 § 87 JN Rz 3), stellt die Klägerin in ihrem Rechtsmittel nicht mehr in Abrede. Zu Unrecht beruft sie sich aber auf die Entscheidung SZ 57/206, die es für die Annahme einer Niederlassung genügen lässt, dass der Anschein eine Niederlassung erweckt werde: Im dort entschiedenen Fall hat die ausländische Beklagte nämlich in der (auf ihrem Geschäftspapier verfassten) Rechnung sowie in Prospektmaterial den Eindruck erweckt, im Inland eine Niederlassung oder zumindest eine inländische Vertretung zu besitzen. Auch der Entscheidung 2 Ob 598/84 lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem die dort Beklagte ein Briefpapier verwendete, das einen Hinweis auf eine (in Wahrheit nicht bestehende) Betriebsstätte am Gerichtsort enthielt. In beiden Fällen mussten sich die Beklagten den von ihnen erweckten Anschein zurechnen lassen.

Anderes gilt aber für den hier Beklagten: Er hat mit dem auf seinem Messestand angebrachten Hinweisschild nicht auf eine eigene Niederlassung, sondern vielmehr auf eine Servicestelle der Firma Pfaff am Messeort hingewiesen. Er hat somit gegenüber Dritten keinen ihm zurechenbaren Anschein geschaffen, selbst über eine Betriebsstätte am Messeort zu verfügen.

Die zeitliche Beständigkeit einer Geschäftstätigkeit des Beklagten am Messeort kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das Erstgericht für bescheinigt erachtet hat, der Beklagte nehme laufend als Aussteller an (gemeint: verschiedenen) österreichischen Messen teil. Selbst eine Beteiligung an Frühjahrs- und Herbstmesse jeweils am selben Ort reicht zur Annahme der im Rahmen des § 87 JN geforderten Erwerbstätigkeit bestimmter Dauer nicht aus.

Auch der von der Rechtsmittelwerberin angesprochene Grundsatz der Prozessökonomie kann im Ergebnis nicht zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Verschiebung der gerichtlichen Zuständigkeit führen, zumal das Gesetz durchaus Fälle kennt, in denen Provisorialverfahren und Hauptverfahren von verschiedenen Gerichten zu führen sind (§ 387 Abs 2 EO).

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

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