OGH 4Ob40/11b

OGH4Ob40/11b21.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. D***** GmbH, 2. E***** GmbH, 3. H***** GmbH, 4. P***** GmbH, 5. V***** GmbH, alle *****, alle vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. M*****-gesmbH, *****, vertreten durch Dr. Daniel Bräunlich Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, 2. G*****gesellschaft mbH (nunmehr G***** GmbH), *****, vertreten durch Eisenberger Herzog Rechtsanwalts GmbH in Graz, wegen Unterlassung (Streitwert 70.000 EUR), Beseitigung (Streitwert 35.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 2.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 19. Jänner 2011, GZ 5 R 143/10d-24, mit welchem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. Juli 2010, GZ 10 Cg 32/08d-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit jeweils 2.690,02 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin jeweils 448,34 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerinnen betreiben die südlich von Graz gelegene „Shopping City Seiersberg“. Sie stehen im Wettbewerb mit der zur *****-Gruppe gehörenden Erstbeklagten, die im März 2007 in Graz ein als „Murpark“ bezeichnetes Einkaufszentrum eröffnete. Das Einkaufszentrum verfügt über 2.211 Autoabstellplätze, die den Kunden unentgeltlich zur Verfügung stehen. Baurechtlich hätten 527 genügt.

Die Zweitbeklagte ist eine Gesellschaft, deren einzige Gesellschafterin die Stadt Graz ist. Sie errichtete mit Mitteln der öffentlichen Hand unmittelbar neben dem „Murpark“ die „Park + Ride Anlage Graz-Liebenau“ mit 480 überdachten Stellplätzen (in der Folge: P+R Anlage). Maßgebend für ihre Standortwahl waren verkehrspolitische Überlegungen, insbesondere die Anbindung an den öffentlichen Verkehr und an übergeordnete Verkehrsflächen. Sowohl die P+R Anlage als auch das Einkaufszentrum haben Anschluss an eine zugleich mit deren Errichtung neu gebaute Straßenbahnlinie und an einen Autobahnzubringer. Die Zweitbeklagte bezeichnet ihre Anlage als „P+R Einkaufszentrum Murpark“, ebenso lauten Wegweiser auf der Autobahn.

Das Grundstück für die Anlage hatte die Zweitbeklagte Anfang 2006 von einer Gesellschaft aus der Unternehmensgruppe der Erstbeklagten erworben. Der Kaufvertrag hatte unter anderem folgende Bestimmungen enthalten:

§ 4 Verpflichtung des Käufers zur Errichtung und zum Betrieb eines P+R-Decks.

4.1. Der Käufer verpflichtet sich, das P+R-Deck entsprechend der Genehmigung der Steiermärkischen Landesregierung vom 30. März 2004 gemäß § 17 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes UVP-G, GZ: FA 13A-11.10-19/2004 (inklusive der in diesem Bescheid angeführten Auflagen) mit einer Mindeststellplatzanzahl von 450 Stellplätzen bis zur Eröffnung des Einkaufszentrums Murpark (frühestens März 2007) zu errichten, in Betrieb zu nehmen und auf Dauer zu bewirtschaften bzw bewirtschaften zu lassen.

§ 8 Wiederkaufsrecht (§§ 1068 bis 1070 ABGB)

8.1. Die Vertragsparteien vereinbaren unter folgenden alternativen Bedingungen zu Gunsten des Verkäufers oder einer sonstigen vom Verkäufer namhaft gemachten Gesellschaft ein grundbücherlich sicherzustellendes Wiederkaufsrecht der kaufgegenständlichen Grundstücksteile inklusive des dann darauf befindlichen P+R-Decks als unselbständiger Bestandteil des Kaufgegenstandes falls:

- der Käufer oder eine sonstige von der Stadt Graz errichtete oder noch zu errichtende Gesellschaft das P+R-Deck gemäß § 4.1 nicht errichtet und/oder nicht in Betrieb nimmt (ausgenommen davon sind Verzögerungen aufgrund von vergaberechtlichen Einsprüchen gemäß § 4.1)

- der Käufer oder eine sonstige von der Stadt Graz errichtete oder noch zu errichtende Gesellschaft das P+R-Deck über einen Zeitraum von mehr als einem Monat nicht mehr betreibt und trotz einer - mittels eingeschriebenen Brief - gesetzten Nachfrist durch den Verkäufer das P+R-Deck innerhalb von drei Monaten ab Zustellung des Briefes nicht in Betrieb nimmt. Ausgenommen von dieser Frist sind Betriebsunterbrechungen zB durch höhere Gewalt oder notwendige behördlich vorgeschriebene Sanierungsmaßnahmen, welche jedoch innerhalb einer angemessenen Frist abgeschlossen werden müssen

- der Käufer das P+R-Deck an Dritte veräußert oder ohne ausdrücklich schriftliche Zustimmung des Verkäufers vermietet.

§ 9 Tarifmodell für das zu errichtende P+R-Deck

9.1. Die auf das P+R-Deck anwendbaren Tarifmodelle sind jeweils vor dem Inkrafttreten zwischen den Parteien abzustimmen. Der Betrieb des P+R-Decks wird daher entgegen der ursprünglichen Vereinbarung zwischen dem Verkäufer und der Stadt Graz vom 27.1./31.1.2003 nicht „weitestgehend gebührenfrei“ erfolgen. Es wird jedoch ausdrücklich vereinbart, dass keine Tarife zur Anwendung kommen werden, die das Gesamtkonzept negativ beeinflussen.

§ 10 Werbebeschränkungen und Werbemaßnahmen

10.1. Der Käufer bzw die betreibende Gesellschaft verpflichtet sich, im und am gesamtem P+R-Deck

- keine Werbung für Wettbewerbsteilnehmer anzubringen oder anbringen zu lassen, die im Wettbewerb zu *****, ***** und ***** stehen

- nicht für Eigenmarken konkurrenzierender *****-Unternehmen (wie zB *****Produkte, etc) und/oder

- nicht für konkurrenzierende Einkaufszentren zu werben oder werben zu lassen.

§ 11 Weitere Verpflichtungen bei der Ausführung des P+R-Decks

11.1. Der Käufer verpflichtet sich, die bauliche und architektonische Ausführung sowie den Betrieb des P+R-Decks entsprechend dem UVP-Bescheid vom 30. März 2004 (inklusive der darin enthaltenen Auflagen) durchzuführen. Änderungsanträge bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verkäufers, die jedoch nur dann verwehrt werden darf, wenn wichtige Gründe (wie zB wesentliche Beeinträchtigung der Einsehbarkeit des Einkaufszentrums, des architektonischen Gesamtkonzeptes, der verkehrstechnischen Abwicklung) dagegen sprechen. Änderungen, die den Bereich des Verkäufers betreffen, bedürfen nicht der Zustimmung des Käufers, wenn sie keine wesentliche Beeinträchtigung des Parkgaragenbetriebes bewirken (wie zB tiefergreifende Änderungen der Verkehrsführung zum oder vom P+R-Deck). […]

11.2. Im Interesse eines einheitlichen optischen Auftritts und einer einheitlichen Parkraumqualität von P+R-Deck und Einkaufszentrum Murpark werden sich der Käufer und der Verkäufer bzw die Betreiber des Einkaufszentrums und des P+R-Decks abstimmen.

Diese Vereinbarungen sollten nachteilige Auswirkungen der Grundstücksnutzung auf den Betrieb des Einkaufszentrums verhindern; sie sind in der Unternehmensgruppe der Erstbeklagten beim Abverkauf von Liegenschaften üblich. Auch das angestrebte Einvernehmen bei der Tarifgestaltung diente diesem Zweck. Der Kaufpreis für das Grundstück hatte 210,90 EUR/m2 betragen; die Verkäuferin hatte die Liegenschaften, von denen es abgeschrieben wurde, um durchschnittlich 216,77 EUR/m2 erworben.

Nach Abschluss des Kaufvertrags errichtete die Erstbeklagte das Einkaufszentrum und die Zweitbeklagte die P+R Anlage; dies wirtschaftlich und rechtlich jeweils selbständig und eigenverantwortlich. Die Anlagen wurden aber zeitgleich und nach Plänen desselben Architekturbüros im selben Stil gebaut; sie wirken (daher) optisch aufeinander abgestimmt. Auch die Anträge für die Umweltverträglichkeitsprüfung wurden gemeinsam und aufeinander abgestimmt gestellt.

Die P+R Anlage liegt neben dem Einkaufszentrum, ist damit aber baulich nicht verbunden. Es gibt weder besondere Zu- oder Übergänge noch Abstellvorrichtungen für Einkaufswagen mit einer Rückerstattung von Pfandmünzen. Die Anlage kann nur entgeltlich genutzt werden, wobei die Parktickets zugleich Netzkarten für den öffentlichen Verkehr im Grazer Stadtgebiet sind. Das Tagesticket (Parken und Netzkarte) kostet 6 EUR, das Wochenticket 20 EUR und das Monatsticket 49 EUR. Eine Kostenrückerstattung bei Einkäufen im Einkaufszentrum ist nicht vorgesehen.

In der Werbung stellte die Erstbeklagte die Errichtung der P+R Anlage in unmittelbarer Nachbarschaft zum Einkaufszentrum wiederholt als Kooperation zwischen ihrer Unternehmensgruppe und der Stadt Graz dar. Sie bewarb diesen Umstand, die Erreichbarkeit auch mit einem öffentlichen Verkehrsmittel und die Möglichkeit eines Park + Ride als besondere Vorzüge ihres Einkaufszentrums.

Die Klägerinnen beantragen,

der Erstbeklagten zu untersagen, die P+R Anlage der Zweitbeklagten im Rahmen des Betriebs ihres Einkaufszentrums zu nutzen und/oder Besucher, insbesondere Kunden, dieses Einkaufszentrums nutzen zu lassen,

der Zweitbeklagten zu untersagen, den Wettbewerb der Erstbeklagten dadurch zu fördern, dass der Erstbeklagten und/oder Besuchern, insbesondere Kunden, des von der Erstbeklagten betriebenen Einkaufszentrums Parkplätze/Stellflächen in der P+R Anlage zu Verfügung gestellt würden und/oder den Wettbewerb der Erstbeklagten in sinngleicher Weise zu fördern;

der Zweitbeklagten aufzutragen, den dem gegen sie gerichteten Unterlassungsbegehren widerstreitenden Zustand durch den Abbruch, hilfsweise eine Sperre der P+R Anlage zu beseitigen.

Mit den Unterlassungsbegehren verbinden sie Anträge auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Während die Stadt Graz den im Umland von Graz gelegenen Einkaufszentren der Klägerinnen (der „Shopping City Seiersberg“) ablehnend gegenüberstehe, fördere sie unter Einsatz öffentlicher Mittel das Einkaufszentrum der Erstbeklagten. Sie habe in Kooperation mit deren Unternehmensgruppe die P+R Anlage errichten lassen, die faktisch allein den Kunden des Einkaufszentrums diene; jedenfalls in „Spitzenzeiten“ werde sie von diesen Kunden genutzt. Das hätten beide Beklagten so geplant. Die Zweitbeklagte habe die Liegenschaft zu einem überhöhten Kaufpreis erworben und Vertragsbestimmungen akzeptiert, die die Erstbeklagte begünstigten. Die Anlage könne wegen der hohen Errichtungskosten und der geringen Nutzungsentgelte nicht rentabel geführt werden. Die Zweitbeklagte fördere daher unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel den Wettbewerb der Erstbeklagten. Zudem liege ein Rechtsbruch iSv § 1 UWG vor, weil die Beklagten als Mittäter eine mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe gewährt bzw entgegengenommen hätten.

Die Beklagten wenden ein, die P+R Anlage sei eine Maßnahme der Verkehrsplanung; sie diene der Entlastung des Straßenverkehrs und damit der Vermeidung von Feinstaub. Für die Standortwahl sei allein die infrastrukturelle Erschließung des Areals durch die Anbindung an den Autobahnzubringer und das öffentliche Verkehrs- und Straßenbahnnetz maßgebend gewesen. Wirtschaftliche Interessen der Erstbeklagten würden dadurch nicht gefördert. Die P+R Anlage sei vom Einkaufszentrum sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich und räumlich getrennt. Das Einkaufszentrum verfüge über ausreichend Parkplätze, die anders als jene der P+R Anlage unentgeltlich genutzt werden könnten und zudem näher beim Einkaufszentrum lägen. Zielgruppe der P+R Anlage seien ausschließlich Pendler. Selbst wenn „theoretisch“ auch Kunden des Einkaufszentrums die Anlage nutzen sollten, läge darin kein Verstoß gegen den lauteren Wettbewerb; dies wäre nur eine untergeordnete Nebenwirkung. Der Kaufvertrag sei unbedenklich. Die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten sei aus Gründen der Standortsicherung ebenso üblich wie die Vereinbarung eines Wiederkaufrechts und eines Werbeverbots für Konkurrenzunternehmen. Durch die Einschränkungen in der Tarifgestaltung sei sichergestellt, dass keine Kunden der Erstbeklagten in der P+R Anlage parkten und umgekehrt. Der Kaufpreis sei angemessen gewesen. Ein Verstoß gegen das unionsrechtliche Beihilfenverbot liege schon wegen des fehlenden Gemeinschaftsbezugs nicht vor. Im Übrigen handle es sich bei der Errichtung einer P+R Anlage nicht um eine Beihilfe, sondern um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse iSd Art 86 Abs 2 EG.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Errichtung der Anlage habe verkehrspolitischen Zwecken gedient und sei daher keine dem Gleichheitsgrundsatz widersprechende Subvention. Eine allfällige Nutzung durch Kunden des Einkaufszentrums zu Spitzenzeiten sei ein bloßer Nebeneffekt und daher lauterkeitsrechtlich nicht relevant. Die Behauptung einer Direktsubvention durch Zahlung eines überhöhten Kaufpreises sei vom Urteilsbegehren nicht erfasst. Ein Rechtsbruch durch Gewährung einer unionsrechtlich verbotenen Beihilfe liege schon wegen des fehlenden Gemeinschaftsbezugs nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Nach dem festgestellten Sachverhalt sei die P+R Anlage (ausschließlich) aus verkehrspolitischen Überlegungen, insbesondere wegen der Anbindung an den öffentlichen Verkehr (Straßenbahn) und an übergeordnete Verkehrsflächen (Autobahnzubringer) errichtet worden. Für eine beabsichtigte Bevorzugung der Erstbeklagten fehle jeder Anhaltspunkt. Bei den beanstandeten Vertragspunkten handle es sich um übliche Vertragsinhalte, die dazu dienten, dass die P+R Anlage keine nachteiligen Auswirkungen auf den Betrieb des Einkaufszentrums habe. Die Anlage sei nicht mit dem Einkaufszentrum verbunden, es gebe weder bauliche noch finanzielle Erleichterungen für Personen, die dort Einkäufe erledigten. Eine Nutzung der Anlage durch Kunden des Einkaufszentrums sei daher keinesfalls „bezweckt“ gewesen. Zwar sei es trotz der Entgeltlichkeit und der räumlichen Trennung nicht auszuschließen, dass Kunden des Einkaufszentrums in Spitzenzeiten auch in der P+R Anlage parkten. Das sei aber lediglich eine „unbeabsichtigte“ und lauterkeitsrechtlich daher nicht relevante Nebenwirkung. Das Interesse der öffentlichen Hand (der Zweitbeklagten bzw der Stadt Graz) sei es ausschließlich gewesen, durch die Anlage und das Kombi-Ticket den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu fördern. Wenn sich dadurch auch Vorteile (Synergien) für das Einkaufszentrum ergäben, weil Benützer der P+R Anlage (Pendler) das Einkaufszentrum als Kunden aufsuchten, so reiche dies, selbst wenn der öffentlichen Hand diese Auswirkung bewusst gewesen wäre, für die Annahme einer „Wettbewerbsförderungsabsicht“ nicht aus. Zum angeblichen Verstoß gegen das Beihilfenverbot (Art 107 AEUV) hätten die Klägerinnen in erster Instanz keine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels behauptet; das diesbezügliche Berufungsvorbringen sei daher eine unzulässige Neuerung. Nach dem festgestellten Sachverhalt liege keine unerlaubte Beihilfe vor; zudem sei die P+R Anlage als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse iSd Art 106 Abs 2 AEUV zu qualifizieren. Die angebliche Subventionierung durch Zahlung eines überhöhten Kaufpreises sei vom Urteilsbegehren nicht erfasst.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerinnen, mit der sie eine stattgebende Entscheidung anstreben; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil die lauterkeitsrechtliche Beurteilung der Förderung fremden Wettbewerbs durch die öffentliche Hand einer Klarstellung bedarf; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Die Klägerinnen werfen der Zweitbeklagten vor, sie fördere in unlauterer Weise den Wettbewerb der Erstbeklagten. Damit ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob überhaupt eine solche Förderung fremden Wettbewerbs vorliegt. Wenn das zuträfe, wäre in einem zweiten Schritt die Frage nach der Unlauterkeit des von der Zweitbeklagten gesetzten Verhaltens zu stellen. Würde sie bejaht, wäre zuletzt zu prüfen, ob auch die Entgegennahme dieser Förderung durch die Erstbeklagte gegen das UWG verstößt.

2. Eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs liegt nicht vor.

2.1. Obwohl Teile des beanstandeten Verhaltens schon vor Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 gesetzt wurden, kann ein Verbot jedenfalls nur dann erlassen werden, wenn es auch durch die jetzt geltenden lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen gedeckt ist (4 Ob 177/07v = ÖBl 2008, 287 [Gamerith] - Das beste Wachstum; RIS-Justiz RS0123158). Zudem behaupten die Klägerinnen ohnehin, dass die ihrer Ansicht nach unzulässige Förderung fremden Wettbewerbs andauere. Eine Parallelprüfung nach altem Recht, die bei ausschließlich vor dem Inkrafttreten der Novelle gesetzten Verstößen erforderlich wäre (4 Ob 225/07b = ÖBl 2008, 237 [Mildner] - Wiener Stadtrundfahrten; RIS-Justiz RS0123158 [T1], kann daher unterbleiben.

2.2. Der Oberste Gerichtshof hat sich seit Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs vorliegt.

(a) In 4 Ob 127/08t (= ÖBl 2009, 120 [Mildner] - unseriöse Anbieter) hat der Senat klargestellt, dass es auf die Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, nicht mehr ankommt. Er begründete dies mit dem generellen Wegfall der Wettbewerbsabsicht als Tatbestandsmerkmal von § 1 UWG (4 Ob 225/07b = ÖBl 2008, 237 [Mildner] - Wiener Stadtrundfahrten, RIS-Justiz RS0123244), der sich nun insofern von § 7 UWG unterscheidet (4 Ob 47/09d = MR 2009, 263 - 20 Seiten Differenz mwN). Notwendige Voraussetzung für eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs ist nach 4 Ob 127/08t die diesbezügliche Eignung des beanstandeten Verhaltens. Ob zusätzlich eine objektiv zu prüfende Zielgerichtetheit (Finalität) der Handlung erforderlich sei, ließ der Senat offen.

(b) Der Wegfall subjektiver Elemente wurde in 4 Ob 137/09i (=wbl 2010, 424 - Eine miese Nummer) bestätigt. Maßgebend sei der „unmittelbare Zusammenhang“ des beanstandeten Verhaltens mit der Förderung des Wettbewerbs eines Dritten; ob auch eine „entsprechende Zielgerichtetheit“ erforderlich sei, blieb wiederum offen.

(c) Ausführlich nahm zuletzt der 17. Senat in einer markenrechtlichen Entscheidung zur Förderung fremden Wettbewerbs Stellung (17 Ob 19/10h = jusIT 2011, 49 [Thiele] - amade.at IV). Zu beurteilen war die Nutzung einer Domain, wobei das Verhalten des Beklagten nach den Feststellungen der Vorinstanzen rein privaten Charakter hatte und „nur seinem Freizeitvergnügen“ diente. Der Senat folgte der neueren Rechtsprechung, wonach subjektive Elemente unerheblich sind. Entscheidend sei vielmehr die objektive Eignung des Verhaltens zur Förderung fremden Wettbewerbs. Trotz einer solchen Eignung liege aber eine markenrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs nicht vor, wenn bei einem Verhalten im privaten Bereich andere Zielsetzungen bei objektiver Betrachtung eindeutig überwögen.

2.3. Diese Kriterien sind grundsätzlich auch bei der Beurteilung des Verhaltens der öffentlichen Hand heranzuziehen. Eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs setzt daher jedenfalls voraus, dass das Verhalten objektiv geeignet ist, diese Wirkung zu entfalten. Aber auch bei Zutreffen dieser Voraussetzung greift das Lauterkeitsrecht nicht ein, wenn bei objektiver Betrachtung eine andere Zielsetzung eindeutig überwiegt. Das wird insbesondere bei der Erfüllung typischer Aufgaben der öffentlichen Hand zutreffen, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge oder der Schaffung von Infrastruktur. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass einzelne Unternehmen aus solchen Maßnahmen (mittelbar) einen Vorteil ziehen. Dennoch wird meist das öffentliche Interesse an der Durchführung solcher Maßnahmen so eindeutig im Vordergrund stehen, dass eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs auszuschließen ist.

3. Ein solcher Fall liegt hier vor. Das Schaffen von Parkmöglichkeiten für Pendler ist eine typisch öffentliche Aufgabe. Im konkreten Fall mag es zwar zutreffen, dass die Erstbeklagte daraus gewisse Vorteile zieht, weil ihre Kunden in Spitzenzeiten auch die Anlage der Zweitbeklagten nutzen. Angesichts der baulichen Trennung (keine direkten Zugänge), der weit höheren Anzahl von Stellplätzen bei der Erstbeklagten selbst und des Umstands, dass diese Stellplätze anders als jene in der P+R Anlage unentgeltlich genutzt werden können, besteht aber kein Zweifel, dass es sich bei diesen Vorteilen um bloße Nebeneffekte einer eindeutig anderen (öffentlichen) Zwecken dienenden Maßnahme handelt. Sie sind daher lauterkeitsrechtlich nicht relevant. Die Klauseln im Kaufvertrag sind nach den Feststellungen bei Liegenschaftsverkäufen in der Unternehmensgruppe der Erstbeklagten üblich, was angesichts ihres Interesses, Konkurrenz am Nachbargrund zu verhindern, durchaus nachvollziehbar ist. Auch aus ihnen kann daher nichts Gegenteiliges abgeleitet werden.

4. Diese Beurteilung stimmt mit jener nach dem Beihilfenrecht der Europäischen Union überein.

4.1. Ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot nach Art 108 Abs 3 AEUV ist eine unlautere Handlung iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG, wobei es - ausnahmsweise - auf die Vertretbarkeit der zugrunde liegenden Rechtsansicht (4 Ob 225/07b = ÖBl 2008, 237 [Mildner] - Wiener Stadtrundfahrten; RIS-Justiz RS0123239) nicht ankommt (4 Ob 154/09i = MR 2010, 232 = ÖBl-LS 2010/91 - 93 [Wasserer] - Landesforstrevier L; vgl nun auch BGH I ZR 136/09, GRUR 2011, 444 - Flughafen Frankfurt Hahn). Eine Beihilfe iSv Art 107 AEUV setzt aber die selektive Begünstigung bestimmter Unternehmen voraus (EuGH C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg 2001 I-8384). Diese Selektivität ist bei Infrastrukturmaßnahmen nicht anzunehmen, wenn sie allen (potenziellen) Nutzern unterschiedslos zur Verfügung stehen und darüber hinaus ausgeschlossen werden kann, dass sie doch faktisch nur für einen oder mehrere Nutzer von Interesse sind (Bartosch, EU-Beihilfenrecht [2009] Art 87 EGV Rz 108; Götz/Martnez Soria in Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, H.III. Rz 103; beide mwN zur Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission).

4.2. Im vorliegenden Fall kann aus den oben (Punkt 3) näher dargestellten Gründen ausgeschlossen werden, dass die P+R Anlage faktisch nur für die Erstbeklagte von Interesse wäre; vielmehr handelt es sich dabei um eine allgemeine Infrastrukturmaßnahme, die in erster Linie verkehrspolitischen Zwecken dient und allenfalls mittelbar auch die Erstbeklagte und andere Betriebe in der Umgebung begünstigt. Das Durchführungsverbot nach Art 108 Abs 3 AEUV ist daher nicht anwendbar.

5. Auf die subjektive Absicht der Zweitbeklagten kommt es nicht an (oben 2). Die dazu vom Berufungsgericht aus den Feststellungen des Erstgerichts gezogenen Schlussfolgerungen sind daher unerheblich, sodass die insofern erhobene Verfahrensrüge auf sich beruhen kann. Auf einen angeblich überhöhten Kaufpreis, der die geltend gemachten Unterlassungsansprüche ohnehin nicht tragen könnte, kommt die Revision nicht zurück. Ein Lauterkeitsverstoß der Zweitbeklagten ist somit nicht erkennbar. Auf dieser Grundlage besteht auch der Unterlassungsanspruch gegen die Erstbeklagte nicht zu Recht. Die Revision der Klägerinnen muss daher scheitern.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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