European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E117891
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen die mit 377,50 EUR (darin 62,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
Die Klägerin ist Garagenmieterin der Beklagten. Aufgrund von Umbauarbeiten konnten die Garagenplätze eine bestimmte Zeit lang nicht benützt werden. Die Beklagte stellte der Klägerin daher vier Tiefgaragenplätze zur Verfügung.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hätte ihr vereinbarungsgemäß noch einen weiteren Tiefgaragenplatz zur Verfügung stellen müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe sie einen weiteren Parkplatz anmieten müssen und sie begehrt nun von der Beklagten den Ersatz der dafür aufgelaufenen Kosten.
Die Beklagte bestritt unter anderem die Zulässigkeit des (streitigen) Rechtswegs.
Das Erstgericht wies die Klage in Urteilsform zurück. Es handle sich um Entschädigungsansprüche nach § 8 Abs 3 MRG, die im außerstreitigen Verfahren erst nach Anrufung der Schlichtungsstelle geltend zu machen seien. Eine Vereinbarung über die Zurverfügungstellung von fünf Parkplätzen habe die Klägerin nicht nachweisen können. Der streitige Rechtsweg sei daher nicht eröffnet.
Das Rekursgericht wies den als „Berufung“ bezeichneten Rekurs der Klägerin als verspätet zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig sei.
Die Klägerin macht in ihrem Rekurs geltend, das Erstgericht habe in Wahrheit die Klage abgewiesen, zumal es das Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung – auf die allein sich die Klägerin gestützt habe – geprüft und inhaltlich darüber entschieden habe; es habe sich bloß „irrtümlich“ des Wortes „zurückgewiesen“ bedient.
Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Zur Zulässigkeit des Rekurses:
Ein Beschluss des Rekursgerichts, mit dem ein an dieses gerichteter Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen wurde, ist zwar grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar (RIS‑Justiz RS0044501; RS0044269 [T1]). Richtet sich ein Rechtsmittel jedoch gegen einen Zurückweisungsbeschluss, der im anhängigen Verfahren auf die abschließende Verweigerung des Rechtsschutzes nach einer Klage hinausläuft, so ist nach ständiger Rechtsprechung für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels § 519 Abs 1 Z 1 ZPO analog anzuwenden (Zechner in Fasching/Konecny ZPO² § 519 Rz 21 mwN; RIS‑Justiz RS0043802; vgl auch RS0098745; RS0043861). Dies wurde bereits mehrfach für die hier vorliegende Konstellation bejaht, dass eine „Berufung“ gegen eine Klagszurückweisung vom Gericht zweiter Instanz in einen Rekurs umgedeutet und wegen Verspätung zurückgewiesen worden war (8 ObA 10/15a; 9 ObA 35/13g; 8 ObS 8/10z). Das Rechtsmittel ist daher ungeachtet der Streitwertgrenze des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO und des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als „Vollrekurs“ zulässig (RIS‑Justiz RS0043882).
2. Zur Berechtigung des Rekurses:
2.1. Das Vergreifen in der Entscheidungsform beeinflusst weder die Zulässigkeit noch die Behandlung des gegen die Entscheidung erhobenen Rechtsmittels (RIS‑Justiz RS0036324) und verlängert nicht die Rechtsmittelfrist, weil auch Gerichtsfehler nicht zur Verlängerung von Notfristen führen können (RIS‑Justiz RS0036324 [T14]). Ob eine Entscheidung anfechtbar ist und mit welchem Rechtsmittel das zu geschehen hat, hängt nicht davon ab, welche Entscheidungsform das Gericht tatsächlich gewählt hat oder wählen wollte, sondern nur davon, welche Entscheidungsform die richtige ist (RIS‑Justiz RS0041880 [T1]; RS0041859 [T3]). Hat das Erstgericht die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs unrichtigerweise in Urteilsform zurückgewiesen, so steht dagegen nur der Rekurs offen (RIS‑Justiz RS0040285).
2.2. Die Klägerin argumentiert, das Erstgericht habe auch ihre auf Vertrag gegründeten Ansprüche geprüft und verneint. Da für diese der streitige Rechtsweg zulässig wäre, habe es den Anspruch in Wahrheit abgewiesen, weshalb der Klägerin die vierwöchige Berufungsfrist zur Verfügung gestanden sei. Dem ist entgegen zu halten, dass das Erstgericht in seinen Entscheidungsgründen unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hat, dass die Klage wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs zurückgewiesen wird, weil die Klägerin eine vertragliche Zusage der Beklagten nicht habe beweisen können. Es hat damit zwar verkannt, dass die Zulässigkeit des Rechtswegs ausschließlich nach dem Vorbringen in der Klage zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0005861; RS0013639; RS0045584) und nicht danach, ob der Kläger das Bestehen einer besonderen vertraglichen Vereinbarung auch nachweisen konnte (vgl 2 Ob 160/14i). Allerdings hängt die Anfechtbarkeit vom Inhalt der tatsächlichen Entscheidung ab und nicht davon, welche Entscheidung bei rechtsrichtiger Beurteilung hypothetisch zu treffen gewesen wäre. Die tatsächliche Entscheidung des Erstgerichts war eine Klagszurückweisung wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs. Die „richtige Entscheidungsform“ dafür (vgl oben Pkt 2.) ist aber der Beschluss, das dagegen vorgesehene Rechtsmittel daher der Rekurs (RIS‑Justiz RS0040285), der unstrittig außerhalb der 14‑tägigen Frist eingebracht und daher zu Recht als verspätet zurückgewiesen wurde.
Dem Rekurs der Klägerin ist somit nicht Folge zu geben.
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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