OGH 2Ob160/14i

OGH2Ob160/14i9.4.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Josef Olischar, Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei E***** Z*****, vertreten durch Dr. Udo Elsner Rechtsanwalt KG in Wien, wegen Beseitigung (Streitwert 100.000 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Juli 2014, GZ 40 R 152/14w‑16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 14. April 2014, GZ 30 C 196/13t‑12, und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00160.14I.0409.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.778,58 EUR (darin enthalten 296,53 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Beklagte ist Vermieterin, die Klägerin Hauptmieterin eines Geschäftslokals samt in der Passage zum Haustor gelegener Vitrine.

Die Klägerin begehrt von der beklagten Vermieterin die Beseitigung von zwei im vermieteten Geschäftslokal zur erdbebensicheren Gestaltung des Hauses errichteten vertikalen Stahlstehern. Die in einem Nachtrag zum Mietvertrag vertraglich ausgehandelte Zustimmung zu Stahlrahmen betreffe nur horizontale Stahlträger.

Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass die beiden vertikalen Stahlsteher von der Zustimmungs-vereinbarung umfasst seien, widrigenfalls die Klägerin eine Duldungspflicht nach § 8 Abs 2 MRG treffe. Sie stellte den Zwischenantrag auf Feststellung, dass die klagende Partei verpflichtet sei, den Einbau von aussteifenden Stahlrahmen zu dulden, die zur Herstellung der Erdbebensicherheit des Gebäudes erforderlich seien.

Das Erstgericht wies den Zwischenantrag auf Feststellung zurück und verpflichtete die beklagte Partei zur Entfernung der beiden Stahlsteher. Es sei zwischen den Parteien eine Vereinbarung über den Umfang der zu duldenden Arbeiten getroffen worden. Einer richterlichen Regelung über Inhalt, Umfang und Modalitäten einer vom Mieter nach § 8 Abs 2 MRG zu duldenden Eingriffshandlung bedürfe es daher nicht. Der Einbau vertikaler Steher sei nicht Inhalt der zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung gewesen. Da in diesem Verfahren nur die Frage der vertragskonformen Durchführung der Arbeiten zu prüfen sei, sei der Entfernungsanspruch der Klägerin zu bejahen.

Das Berufungsgericht hob aus Anlass der Berufung das Urteil und das vorangegangene gerichtliche Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Dem Begehren auf Entfernung der beiden Stahlsteher sei der streitige Rechtsweg versperrt. Wenn Gegenstand des Verfahrens nicht die Durchsetzung einer Entfernungsvereinbarung sei, sei die Duldungspflicht nach § 8 Abs 2 MRG im außerstreitigen Verfahren zu prüfen. Hier gehe die Klägerin selbst davon aus, dass hinsichtlich der beiden vertikalen Stahlsteher keine Vereinbarung vorliege. Im Hinblick auf § 39 MRG sei der Rechtsweg (derzeit) unzulässig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Abänderungsantrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstands oder das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ; er ist aber nicht berechtigt .

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob über einen Rechtsschutzantrag im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG oder im streitigen Rechtsweg zu entscheiden ist, ist nach dem Wortlaut des Entscheidungsbegehrens und den zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen zu beurteilen. Ohne Einfluss ist es hingegen, was der Beklagte einwendet oder ob der behauptete Anspruch begründet ist (5 Ob 90/87; 5 Ob 469/97z).

Alle Angelegenheiten, die eine nähere Bestimmung des Eingriffsrechts des Vermieters und der diesem entsprechenden Duldungspflicht des Mieters nach § 8 Abs 2 MRG in einem konkreten Anlassfall zum Gegenstand haben, sind nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG in das mietrechtliche Außerstreitverfahren verwiesen. Nur wenn es der richterlichen Regelung über Inhalt, Umfang und Modalität einer vom Mieter nach § 8 Abs 2 MRG zu duldenden Eingriffshandlung nicht bedarf, weil darüber bereits privatautonom eine bindende Absprache erzielt wurde, steht zur Durchsetzung der sich daraus ergebenden Ansprüche der Rechtsweg offen (6 Ob 510/88; RIS‑Justiz RS0039995).

Dies gilt nicht nur für den Antrag des Vermieters, den dieser vor Vornahme der strittigen Arbeiten stellt, sondern ebenso für den Antrag des Mieters, der nach eigenmächtiger Vornahme von Änderungsarbeiten die Wiederherstellung des früheren Zustands anstrebt. Auch für eine solche Klage ist der streitige Rechtsweg ausgeschlossen (2 Ob 516/92, 3 Ob 524/88; M. Mohr in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht, § 37 MRG Rz 28; zum Beseitigungsanspruch des Vermieters vgl auch 5 Ob 548/94).

Wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat, stützt die Klägerin ihr Beseitigungsbegehren aber gerade darauf, dass hinsichtlich der beiden Stahlsteher keine privatrechtliche Vereinbarung getroffen wurde. Aufgrund der allein maßgeblichen Klagsbehauptungen ist daher nicht von einem vertraglichen, im streitigen Rechtsweg durchzusetzenden Anspruch auszugehen.

Wegen der notwendigen Vorausbefassung der Schlichtungsstelle (§ 39 MRG) kommt eine Überweisung des Rechtsschutzbegehrens in das außerstreitige Verfahren nicht in Betracht.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte