Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.101,86 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 350,31 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Streitteile unterfertigten am 2. November 2000 notariell beglaubigt einen vom Notar - allerdings nicht in Notariatsaktsform - verfassten Vertrag über die Übergabe und Schenkung einer bestimmten Liegenschaft des Klägers an die Beklagte. In diesem Vertrag wurde festgehalten, dass der Besitz und Genuss an der Vertragsliegenschaft durch Übergabe der Schlüssel und Verwaltungsakte bereits mit 1. Oktober 2000 auf die Beklagte übergegangen sei. Der Kläger ließ sich auf Lebensdauer das unentgeltliche uneingeschränkte Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft einräumen und übernahm bis zur Beendigung des vorbehaltenen Fruchtgenussrechts die Tragung der von der Liegenschaft zu entrichtenden Steuern und öffentlichen Abgaben. Die vereinbarten Rechte sowie das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten des Klägers wurden vereinbarungsgemäß verbüchert. Bereits vor Vertragsunterfertigung übermittelte der Vertragserrichter der Beklagten einen Vertragsentwurf samt Schlüssel zur Liegenschaft. Der Kläger trug in der Folge sämtliche Abgaben für die Liegenschaft und bewohnte sie auch weiterhin.
Die Vorinstanzen wiesen das auf Feststellung der Unwirksamkeit des Schenkungs- und Übergabsvertrags sowie die Löschung des Eigentums der Beklagten gerichtete Begehren des Klägers ab, der sich auf das Fehlen eines Notariatsakts sowie der tatsächlichen Übergabe der Liegenschaft berufen hatte.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision des Klägers, mit der er die Klagestattgebung anstrebt, nicht zulässig.
Die „wirkliche Übergabe“ im Sinn des § 943 ABGB bzw § 1 NZwG (nunmehr NotAktsG) muss sinnfällig nach außen bemerkbar und so beschaffen sein, dass aus ihr der Wille des Geschenkgebers hervorgeht, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (RIS-Justiz RS0011383). Der Ausdruck „wirkliche Übergabe“ bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens (4 Ob 560/89 = NZ 1991, 11 ua; RIS-Justiz RS0011383 [T6]). Wie die wirkliche Übergabe zu erfolgen hat, ist nach den Umständen des einzelnen Falls zu beurteilen (4 Ob 151/11a; vgl RIS-Justiz RS0018975).
Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Geschenkgeber einen Notar mit der Errichtung des Schenkungsvertrags beauftragte und diesem einen Liegenschaftsschlüssel übergab, den er an die Geschenknehmerin samt Vertragsentwurf weiterleitete. Damit tritt zum Abschluss des Schenkungsvertrags ein weiteres Element hinzu, welches die Vermögensaufgabe sinnfällig macht. Dass der Kläger den Schlüssel nicht direkt der Beklagten übergab, schadet nicht (vgl RIS-Justiz RS0104145).
Es liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung im Einzelfall vor, wenn das Berufungsgericht die zweifellos dem Kläger zuzurechnende Schlüsselübergabe als „wirkliche Übergabe“ im Sinn des § 943 ABGB ansah, dies im Zusammenhang mit der ausdrücklichen Erklärung der Einwilligung in den Eigentumsübergang im Vertrag sowie unter Berücksichtigung der notariellen Vertragserrichtung (wenn auch nicht in Notariatsaktsform), um den von den gesetzlichen Bestimmungen angestrebten Übereilungsschutz für den Geschenkgeber zu verwirklichen.
Da der Kläger das Vorbringen der Beklagten, ihr sei bereits vor Unterfertigung des Schenkungsvertrags der Schlüssel zur Liegenschaft übergeben worden, nur unsubstanziiert bestritt, erweist sich das Rechtsmittelvorbringen, er habe nie einen Schlüssel an den Notar übergeben und diesem auch keinen Auftrag zur Weiterleitung erteilt, als im Rechtsmittelverfahren generell unzulässige Neuerung. Eine Verletzung richterlicher Anleitungspflicht im Sinn des § 182a ZPO ist im Hinblick auf das beiderseitige Vorbringen zur „wirklichen Übergabe“ nicht zu erkennen.
Da der Kläger sohin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermochte, war seine Revision zurückzuweisen.
Da die Beklagte auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hinwies, hat ihr der Kläger gemäß §§ 41 und 50 ZPO die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
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