European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00175.17I.1024.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Beklagte veröffentlichte auf ihrer Homepage die Fotografie eines Prominenten, welche sie dessen Facebook-Seite entnommen hatte. Die Werknutzungsrechte am Foto stehen aber der Klägerin zu. Die Beklagte nahm nach Kenntnis von der Klagsführung das Foto offline und bot Vergleiche an, die jedoch hinter dem von der Klägerin Begehrten zurückblieben. Gegen die Auffassung der Vorinstanzen, die das Weiterbestehen von Wiederholungsgefahr bejahten und eine allgemeine Fassung des Unterlassungsbegehrens als notwendig ansahen, zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach ständiger Rechtsprechung spricht für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr die Vermutung, dass derjenige, der einen Verstoß gesetzt hat, hierzu neuerlich geneigt sein wird. Er hat daher jene besonderen Umstände darzutun, die eine Wiederholung seiner Handlung als völlig ausgeschlossen oder doch äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (RIS‑Justiz RS0080065, RS0079652). Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn das Verhalten des Störers – insbesondere sein Beharren auf dem eigenen Standpunkt – keine ausreichende Sicherheit gegen Wiederholungen seiner Gesetzesverstöße bietet (RIS-Justiz RS0079894 [T1]).
2. Das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs beseitigt wohl im Regelfall die Wiederholungsgefahr (RIS‑Justiz RS0079899), sofern der Kläger all das erhält, was er durch ein seinem Begehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können (RIS-Justiz RS0079899 [T33]). Wird die Urteilsveröffentlichung begehrt, muss ein Unterlassungsvergleich grundsätzlich auch diesen Anspruch anerkennen (RIS-Justiz RS0079180; RS0079966 [T4]). Ebenso wie das Anbot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs die Vermutung der Wiederholungsgefahr aber nur im Regelfall beseitigt, somit lediglich ein widerlegbares Indiz für eine Sinnesänderung ist (RIS-Justiz
RS0079962; vgl 4 Ob 36/17y), wird der Wegfall der Wiederholungsgefahr durch ein unzureichendes Vergleichsangebot nicht zwingend ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0079180). Umgekehrt kann trotz eines an sich ausreichenden Vergleichsangebots die Wiederholungsgefahr in der Folge sehr wohl wieder vermutet werden, wenn der Beklagte ein Verhalten an den Tag legt, das Zweifel an seinem ernstlichen Willen aufkommen lässt, von künftigen Störungen abzusehen (RIS‑Justiz
3.1. Entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr hat die Frage, ob dem Verhalten des beklagten Störers in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RIS‑Justiz RS0012087). Dabei kommt es immer auf die Art des Eingriffs und die Willensrichtung des Störers an, für welche insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung und während des Rechtsstreits wichtige Anhaltspunkte bieten kann (RIS‑Justiz RS0012087 [T10]).
3.2. Die Wiederholungsgefahr kann unter Umständen dann ausgeschlossen sein, wenn der Wettbewerbsverstoß des Beklagten auf einem Irrtum beruhte und er von sich aus – etwa durch Berichtigung des Fehlers – eine Handlung gesetzt hat, die seine Sinnesänderung nach außen klar erkennen lässt (RIS‑Justiz RS0079652). Das kann etwa dann der Fall sein, wenn sich der Beklagte sofort nach dem Bekanntwerden des Verstoßes von diesem distanziert sowie Maßnahmen zur Verhinderung künftiger gleichartiger Vorfälle ergreift oder aber die als gesetzwidrig erkannte Tätigkeit unverzüglich einstellt, den Schaden noch vor dem Prozess gutmacht und die Prozessführung unter vorbehaltloser Anerkennung des Rechtsstandpunkts der Gegenseite auf die Frage der Wiederholungsgefahr beschränkt (RIS‑Justiz RS0079652 [T9, T12]). Andererseits kann die mangelnde Bereitschaft des Störers, auf der Gegenseite offenkundig bestehende Unklarheiten über die rechtlichen Konsequenzen des vorgeschlagenen Vergleichsabschlusses aufzuklären, im Einzelfall auch so gedeutet werden, dass es ihm weniger um eine vergleichsweise Bereinigung als vielmehr darum geht, nach der Ablehnung der Vergleichsangebote den Klagsansprüchen mit dem Einwand des Wegfalls der Wiederholungsgefahr begegnen und so eine – zumindest teilweise – Abweisung des Klagebegehrens erreichen zu können, womit ein ernsthafter Sinneswandel zweifelhaft ist (RIS‑Justiz
4. Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042818, RS0031891, RS0044208); insbesondere hängt die Beurteilung, ob dem Verhalten des Störers gewichtige Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen gesetzwidrigen Handlungen Abstand zu nehmen, immer von den Besonderheiten des einzelnen Falls ab (RIS-Justiz RS0042721 [T2], RS0012087 [insb T5]). Auch bei der Frage, wie weit das Unterlassungsgebot zu reichen hat, ist immer auf die Umstände des einzelnen Falls abzustellen, wobei es insbesondere auf die Natur des Verstoßes und das bisherige Verhalten des Beklagten, aber auch auf eine Abwägung der Interessen beider Parteien ankommt (RIS‑Justiz RS0037734 [T1, T3]).
5.1. Soweit die Entscheidungen der Vorinstanzen die im Zuge des Prozesses erstatteten, hinter dem Klagebegehren zurückbleibenden Vergleichsanbote der Beklagten als nicht ausreichend erachteten, halten sie sich ebenso im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung wie mit der Fassung des Unterlassungsbegehrens, die tatsächlich verübte Handlung allgemeiner zu umschreiben und ihr so – in Verbindung mit Einzelverboten – einen breiteren Rahmen zu geben, um dem Verpflichteten die Umgehung von Unterlassungsgeboten nicht allzu leicht zu machen (vgl 4 Ob 59/17f; RIS‑Justiz RS0037733, RS0037607).
5.2. Die von der Beklagten ins Treffen geführten Umstände, sie habe schon vor der Klagszustellung die Wiederholungsgefahr beseitigt, sind nicht geeignet, diese Beurteilung durch die Vorinstanzen zu entkräften. Das Berufungsgericht hat vertretbar darauf hingewiesen, dass dies nach den eigenen Behauptungen der Beklagten wohl unter dem Druck eines drohenden Prozesses und nicht aus freien Stücken geschah. Gegen die sich daraus ergebende Einschätzung, dass dies nicht geeignet ist, eine einer einmaligen Sondersituation (vgl RIS-Justiz RS0079652 [T14]) vergleichbare Irrtumslage darzulegen, führt der Revisionsrekurs der Beklagten nichts Stichhältiges ins Treffen. Sie legt auch nicht dar, wie sie das Entstehen gleichartiger Situationen zu verhindern und sich künftig ihrer Berechtigung zur Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken zu vergewissern gedenkt, damit eine Wiederholung derartiger Urheberrechtsverletzungen als ausgeschlossen oder zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheint (vgl RIS-Justiz RS0079652 [T12, T13]). Den Darlegungen des Berufungsgerichts, das folgende Prozessverhalten der Beklagten sei zudem zwiespältig gewesen ( arg „angebliche Nutzungsrechte“), setzt der Revisionsrekurs nichts entgegen.
5.3. Die von den Umständen des Einzelfalls geprägte Verneinung des Wegfalls der Wiederholungsgefahr durch die Vorinstanzen hält sich somit jedenfalls im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung und bedarf insgesamt keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.
6. Die behauptete Aktenwidrigkeit wurde ebenso geprüft wie die gerügte Mangelhaftigkeit, sie liegen nicht vor (§§ 78, 404 Abs 4 EO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO) und begründen daher keine erhebliche Rechtsfrage.
7. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 78, 404 Abs 4 EO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
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