OGH 4Ob172/13t

OGH4Ob172/13t19.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. G***** H*****, vertreten durch Neger/Ulm Rechtsanwälte OG in Graz, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Dr. Gerhard Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 313.500 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 17. Juli 2013, GZ 4 R 109/13a‑20, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 3. April 2013, GZ 50 Cg 52/12p‑16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen wiesen die Klage eines Rechtsanwalts, der von der Beklagten und einer Wohnungskäuferin mit der treuhändigen Abwicklung eines Liegenschaftskaufvertrags beauftragt worden war, gegen die Beklagte auf Abgabe der Zustimmungserklärung zur Ausfolgung des Treuhandbetrags an ihn zur Abdeckung seiner offenen Darlehens‑ und Honorarforderungen, ab. Nach den Feststellungen habe die Käuferin den Kaufpreis auf ein vom Kläger eigens dafür eingerichtetes Treuhandkonto zu zahlen. Überweisungen von diesem Konto hätten nach der Treuhandvereinbarung nur an die Treugeber, also die Beklagte und die Käuferin, erfolgen dürfen. Änderungen dieses Kontoverfügungsauftrags könnten nur die Treugeber gemeinsam durchführen. Nach dem Inhalt dieser Treuhandabrede, die der Abwicklung des Liegenschaftskaufs diene, sei eine Aufrechnung des Anspruchs der Beklagten auf Auszahlung des Kaufpreises vom Treuhandkonto mit einer nicht aus der Treuhandvereinbarung resultierenden Darlehensforderung des Klägers gemäß § 1440 zweiter Satz ABGB ausgeschlossen. Zwar dürfe ein Rechtsanwalt seine Kostenforderung ‑ auch aus anderen Rechtssachen ‑ von dem seinem Mandanten aus einem Treuhanderlag zustehenden Betrag abziehen, sind aber ‑ wie hier ‑ Richtigkeit und Höhe der Honorarforderungen bestritten, habe der Rechtsanwalt nur die Möglichkeit, den bei ihm eingegangenen Betrag dem Klienten auszufolgen oder gemäß § 1425 ABGB bei Gericht zu erlegen. Da der Kläger den von ihm beanspruchten Treuhanderlag nicht bei Gericht erlegt habe, habe er ihn zur Gänze herauszugeben, ohne dass er dieser Herausgabeverpflichtung seinen (bestrittenen) Kostenanspruch entgegensetzen könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger vermag keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass der Treuhänder mit eigenen Ansprüchen gegen den Begünstigten aus dem Treuhandvertrag aufrechnen darf, wenn die Aufrechnung für den Begünstigten nicht überraschend kommt, er also damit rechnen musste (RIS‑Justiz RS0111269). Dem entspricht die vom Berufungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegte Auffassung, dass die Aufrechnung mit einer nicht aus der Treuhandvereinbarung resultierenden Darlehensforderung des Klägers ausgeschlossen ist. Mag auch den im Einzelnen vom Berufungsgericht zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen ein mit dem vorliegenden Fall nicht unmittelbar vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen sein, ist den zitierten Fällen doch gemeinsam, dass die dort jeweils als unzulässig beurteilten Aufrechnungen für den Begünstigten jeweils überraschend und/oder missbräuchlich erscheinen mussten. Ob dabei angestrebte Aufrechnungen auch den jeweiligen Zweck der Treuhandvereinbarung vereiteln, hat für den hier zu beurteilenden Fall keine Bedeutung. Ein Widerspruch der bekämpften Entscheidung des Berufungsgerichts zur bestehenden Rechtsprechung ist jedenfalls nicht zu erkennen.

Ein Rechtsanwalt hat, falls die Richtigkeit und Höhe seiner Honorarforderung bestritten wird, entweder den bei ihm eingegangen Betrag (hiezu zählen auch Geldbeträge, die dem Rechtsanwalt von einem Dritten als Treuhänder für seine Partei zukommen und die er aufgrund einer Treuhandvereinbarung an seine Partei weiterzuleiten hat, RIS‑Justiz RS0072025) dem Klienten auszufolgen oder bei Gericht gemäß § 1425 ABGB zu erlegen. Der Rechtsanwalt hat zu Gunsten strittiger Honorarforderungen kein Zurückbehaltungsrecht, im Fall der Bestreitung seiner Honorarforderung kann er nur zwischen Rückzahlung oder gerichtlichem Erlag wählen (RIS‑Justiz RS0033851 [T1], RS0056451; vgl RS0121917). Hat der Rechtsanwalt nicht ordnungsgemäß bei Gericht erlegt, muss er das für seinen Mandanten bestimmte Treuhandgeld herausgeben, ohne dass er dieser Herausgabeverpflichtung seinen Kostenanspruch entgegensetzen könnte (RIS‑Justiz RS0072014). Dass die vom Kläger ins Treffen geführte Honorarforderung gegenüber der Beklagten von dieser dem Grunde und der Höhe nach bestritten wurde, lässt der Revisionswerber völlig unberücksichtigt.

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