Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat den Rekurs gegen den Beschluss, mit dem dem Antragsgegner die Rückkehr in die eheliche Wohnung und deren unmittelbare Umgebung verboten und ihm aufgetragen wird, das Zusammentreffen sowie die Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin zu vermeiden, mangels Beschwer als unzulässig zurückgewiesen. Zwar ist die Zurückweisung eines Rekurses aus formellen Gründen an sich keine Bestätigung (Kodek in Rechberger, ZPO² § 528 Rz 4). Da das Rekursgericht aber in der Begründung seiner Entscheidung auch die Rekursgründe sachlich erledigt, das Rechtsmittel inhaltlich für unbegründet erachtet und damit den angefochtenen Beschluss in der Sache nachgeprüft hat, liegt in Wahrheit eine bestätigende Entscheidung zweiter Instanz vor, mag die meritorische Nachprüfung auch nur im Rahmen der Kostenentscheidung gem § 50 Abs 2 ZPO (iVm § 78 EO) erfolgt sein, um den Erfolg des Rechtsmittels hypothetisch nachzuvollziehen (vgl RIS-Justiz RS0044117 [T3]).
Das Sicherungsverfahren über einen Antrag nach § 382b Abs 1 EO richtet sich ausschließlich nach den Bestimmungen der EO und den nach diesem Gesetz anwendbaren Bestimmungen der ZPO (SZ 71/118). Zufolge § 402 Abs 1 letzter Satz EO ist ein Revisionsrekurs nicht deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz den angefochtenen Beschluss zur Gänze bestätigt hat. Der Antragsgegner zeigt aber insoweit in seinem Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage (§ 528 Abs 1 ZPO) auf:
Nach dem bescheinigten Sachverhalt fand der zur Wegweisung führende körperliche Angriff des Antragsgegners auf seine Gattin in der Ehewohnung statt, in der die Streitteile bis dahin gemeinsam lebten; die Antragstellerin bewohnte das Wohnzimmer, der Antragsgegner - gemeinsam mit dem Sohn - das Schlafzimmer. Der Antragsgegner vertritt die Auffassung, er habe mit seiner Gattin zum Zeitpunkt des Vorfalls deshalb nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft gelebt, weil beide nicht "gemeinsam kochten, aßen, fernsahen noch sonst etwas gemeinsam taten".
Der Oberste Gerichtshof hat den Begriff der "häuslichen Gemeinschaft" nach § 382b Abs 3 EO bereits wiederholt ausgelegt. In der Entscheidung 10 Ob 103/98i (SZ 71/52 = EvBl 1998/138 = JBl 1998, 593) wurde - ausgehend vom weiten Kreis der nahen Angehörigen und vom Zweck der Bestimmung, jede Art von Gewalt in der Familie zu verhindern - ausgesprochen, eine häusliche Gemeinschaft sei auch dann anzunehmen, wenn die Angehörigen zwar nicht im selben Haus oder in derselben Wohnung, aber doch in einem solchen (räumlichen) Naheverhältnis lebten, dass es zu regelmäßigen persönlichen Kontakten komme.
Der 3. Senat hat in der Entscheidung 3 Ob 293/99f (= EvBl 2000/98) daraus als Grundsatz abgeleitet, dass eine häusliche Gemeinschaft naher Angehöriger im Sinne des § 382b Abs 3 EO schon bei Vorliegen eines räumlichen Naheverhältnisses, das Gewalt in der Familie gewöhnlich ermögliche, zu bejahen sei, ohne dass der Wille des Gewalttäters oder seines Opfers von Bedeutung wäre, ein solches Naheverhältnis endgültig zu beenden, auf Dauer weiterhin aufrechtzuerhalten oder nach einer temporären Unterbrechung dauerhaft wiederherzustellen, und ist dieser Ansicht vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks, nahen Angehörigen effektiven Schutz vor Gewalt in der Familie zu gewähren, beigetreten. Verdeutlichend wurde ausgesprochen, die häusliche Gemeinschaft von Ehegatten im Sinne des § 382b Abs 3 EO sei solange nicht aufgehoben, als deren Lebensbereiche faktisch noch nicht durch eine weitgehende Beendigung der Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaft getrennt seien und ein vorübergehend abwesender Partner nach Belieben in ein räumliches Naheverhältnis mit seinem Ehegatten zurückkehren könne und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch zurückkehren werde.
Entgegen der Auffassung des Rechtsmittelwerbers widersprechen diese Entscheidungen einander nicht, sondern gehen von dem gemeinsamen, am Zweck der Bestimmung orientierten Grundgedanken aus, wonach für die Annahme einer häuslichen Gemeinschaft auf das Vorliegen eines räumlichen Naheverhältnisses mit der Gelegenheit zu regelmäßigen persönlichen Kontakten abzustellen ist, wodurch Gewalt in der Familie ermöglicht werde.
Das Rekursgericht ist diesen Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung gefolgt, wenn es die Voraussetzungen für die beantragte einstweilige Verfügung im Einzelfall als gegeben erachtet hat. Mögen die Ehegatten im Anlassfall die Ehewohnung auch derart benützt haben, dass jeder von ihnen ein eigenes Zimmer bewohnte, ändert dies noch nichts daran, dass damit eine typische - dem Gesetzgeber bei Schaffung der auszulegenden Bestimmung vor Augen stehende - familiäre Nahesituation vorlag, die (wie im übrigen auch der zur Wegweisung führende Streit innerhalb der Wohnung zeigt) infolge regelmäßiger, unvermeidlicher persönlicher Kontakte (etwa auch bei Begegnungen in gemeinsam genützten Räumen, wie Vorzimmer, Küche oder Bad) Gewaltausübung ermöglicht. Dafür, dass die Lebensbereiche der Ehegatten innerhalb der Wohnung derart voneinander getrennt waren, dass persönliche Kontakte zwischen ihnen leicht zu vermeiden oder praktisch ausgeschlossen gewesen wären, fehlen sämtliche Anhaltspunkte. Der vom Antragsgegner gezogene Vergleich mit zwei Hotelgästen in getrennten Zimmern desselben Hotels trifft den hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht.
Maßgeblich für die Beurteilung der Unzumutbarkeit eines weiteren Zusammenlebens nach § 382b EO sind Ausmaß, Häufigkeit und Intensität des die psychische Gesundheit beeinträchtigenden Verhaltens (vgl RIS-Justiz RS0110446). Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten einer Person den an sie gerichteten Auftrag zum Verlassen der Wohnung gemäß § 382b EO rechtfertigt, ist grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO (9 Ob 37/01h; 6 Ob 311/02g; 1 Ob 285/03y). Eine zur Korrektur Anlass gebende grobe Fehlbeurteilung des hier als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes durch die Vorinstanzen ist nicht erkennbar.
Ob das Rekursgericht den - ohnehin inhaltlich behandelten - Rekurs zu Recht mangels Beschwer zurückgewiesen hat, ist ohne praktische Bedeutung; von der Lösung dieser Frage hängt die Entscheidung daher nicht ab. Die Frage der Spruchfassung (Zurück- oder Abweisung) bildet keine erhebliche Rechtsfrage.
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