OGH 3Ob78/15i

OGH3Ob78/15i8.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei R***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinhold Unterweger, Rechtsanwalt in Lienz, gegen die verpflichteten Parteien 1. Hochstaffl & Rupprechter Rechtsanwälte GmbH in Wörgl als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des E*****, 2. J*****, wegen 140.000 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Einschreiterin Z***** KEG, *****, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 19. März 2015, GZ 4 R 79/15v‑105, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00078.15I.0508.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Betreibende führt gegen die Verpflichteten Exekution durch Zwangsversteigerung eines diesen je zur Hälfte gehörigen landwirtschaftlichen Betriebs (geschlossener Hof). Der Schätzwert der Liegenschaft samt Zubehör beträgt 1.034.345,40 EUR. In der Versteigerungstagsatzung vom 1. 9. 2014 wurde die Liegenschaft der Einschreiterin als der einzigen Bieterin um das (im Versteigerungsedikt mit 600.000 EUR festgesetzte) geringste Gebot zugeschlagen. Die nach § 4 Tiroler Grundverkehrsgesetz (TirGVG) erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung wurde der Ersteherin in weiterer Folge mit der Begründung rechtskräftig versagt, dass die künftige nachhaltige ordnungsgemäße Bewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgehend vom vorgelegten Betriebskonzept nicht gewährleistet sei.

Auf Antrag der Betreibenden beraumte das Erstgericht daraufhin einen neuerlichen Versteigerungstermin für den 18. 5. 2015 an. Im Versteigerungsedikt setzte es das geringste Gebot (entsprechend der Vorschrift des § 20 Abs 6 TirGVG) mit 517.172,70 EUR, also der Hälfte des Schätzwerts, fest.

Dagegen erhob die Einschreiterin Rekurs mit dem Antrag, den Schätzwert wiederum mit 600.000 EUR festzusetzen. Das Rekursgericht wies diesen Rekurs mit der Begründung zurück, dass die Rekurswerberin - selbst wenn man ihre Rekurslegitimation aufgrund der Überlegung bejahen wollte, dass sie als Ersteherin in das erneute Versteigerungsverfahren bzw die Wiederversteigerung involviert sei - durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert sei. Der von ihr geltend gemachte Umstand, dass durch ein höheres geringstes Gebot allenfalls den Gläubigerinteressen Rechnung getragen würde, begründe nämlich noch kein rechtliches Interesse der Rekurswerberin.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt die Einschreiterin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO auf.

1. Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 3 Ob 4/05t ist zwar nicht einschlägig, weil sie einen Rekurs des Erstehers gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss betraf. Dennoch hat das Rekursgericht im Ergebnis zu Recht das rechtliche Interesse der Einschreiterin ‑ und damit ihre Rekurslegitimation, die von der Beschwer zu unterscheiden ist (RIS-Justiz RS0002234) und wie diese eine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels darstellt ‑ verneint.

2. Im Exekutionsverfahren sind zur Erhebung eines Rekurses neben den Parteien auch Beteiligte (zu denen insbesondere der Ersteher gehört) legitimiert, denen ein rechtliches Interesse an einzelnen Schritten im Exekutionsverfahren zuzubilligen ist (RIS-Justiz RS0002150). Ein Rechtsmittelrecht eines Beteiligten besteht allerdings ‑ abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall seiner Einräumung durch besondere gesetzliche Vorschrift ‑ nur dann, wenn im konkreten Fall in die zivilrechtliche Rechtsstellung des Dritten eingegriffen wird, der angefochtene Beschluss also auf seine Rechtsstellung unmittelbaren Einfluss hat. Bloße wirtschaftliche Nachteile verschaffen hingegen keine Beteiligtenstellung (RIS-Justiz RS0110287 [T1, T5]; RS0002134 [T13]).

3. Im Fall der rechtskräftigen Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ist gemäß § 19 Abs 3 TirGVG auf Antrag eine erneute Versteigerung anzuordnen. Wird innerhalb von drei Wochen nach Bekanntmachung des neuen Versteigerungstermins bei der Grundverkehrsbehörde kein Antrag auf Ausstellung einer - für das Mitbieten bei der neuen Versteigerung zwingend erforderlichen (§ 20 Abs 2 TirGVG) - Bieterbewilligung bzw Bestätigung (§ 20 Abs 3 und 4 TirGVG) gestellt oder treten im erneuten Versteigerungstermin keine Bieter auf oder werden keine gültigen Anbote abgegeben, hat das Exekutionsgericht nach der ‑ auf Art 8 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art 15a B-VG über zivilrechtliche Bestimmungen betreffend den Verkehr mit Baugrundstücken (BGBl 1993/260) beruhenden (3 Ob 50/09p) - Vorschrift des § 20 Abs 7 TirGVG den Beschluss über die Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden des ersten Versteigerungstermins für wirksam zu erklären, auszufertigen und zu verlautbaren.

4. Anders als bei einer Wiederversteigerung, mit deren rechtskräftiger Anordnung die ursprüngliche Versteigerung gemäß § 154 Abs 2 zweiter Satz EO ihre Wirksamkeit verliert, kann also im Fall einer erneuten Versteigerung nach § 20 TirGVG die erste Versteigerung unter den Voraussetzungen des § 20 Abs 7 TirGVG noch zu einem wirksamen Zuschlag, also zum sofortigen Eigentumserwerb des Meistbietenden der ersten Versteigerung führen (3 Ob 50/09p). In diese Rechtsposition („Anwartschaft“) der Meistbietenden der ersten Versteigerung greift die bekämpfte Festsetzung des geringsten Gebots nicht ein. Sie verringert lediglich die Chancen der Einschreiterin, das Eigentum an der Liegenschaft trotz rechtskräftiger Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung mangels anderer Bieter doch noch zu erlangen, und berührt damit ausschließlich ihre wirtschaftlichen Interessen.

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