Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er lautet:
„Der Rekurs der Ersteherin wird zurückgewiesen."
Die Ersteherin ist schuldig, der betreibenden Partei Dr. Stefan Langer die mit 1.758,72 EUR (darin 293,12 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Eine im gemeinschaftlichen Eigentum der Verpflichteten (1/8- und 1/2-Anteile Erstverpflichteter, 3/8-Anteile Zweitverpflichtete) stehende Liegenschaft wurde am 15. Jänner 2003 einer GmbH um das Meistbot von 535.000 EUR zugeschlagen. Aus der für den Hälfteanteil des Erstverpflichteten B-LNR 5 gebildeten Verteilungsmasse von 267.500 EUR wurde neben Vorzugsposten in der bücherlichen Rangordnung einem Pfandgläubiger aufgrund der zu C-LNR 1 einverleibten Leibrentenforderung an rückständigen Leibrenten ein Betrag von 11.336,96 EUR zugewiesen. Außer an zahlreiche weitere Gläubiger erfolgte auch an die Konkursmasse des Erstverpflichteten eine Zuweisung von 11.509,53 EUR an Hyperocha. Aufgrund eines Übergabs- und Leibrentenvertrags vom 27. Oktober 1983 ist für den genannten Pfandgläubiger, der 1923 geboren wurde, das Pfandrecht für die Leibwohnrentenforderung von wöchentlich 1.000 S einverleibt.
Der Sachverständige hatte in seinem Schätzungsgutachten ON 9 bei Bewertung der Liegenschaft ohne Lasten ua 480.000 S für das Pfandrecht C-LNR 1 abgezogen. Im Versteigerungsedikt vom 18. Oktober 2002 (ON 31) heißt es, dass der Schätzwert der Liegenschaft 650.713 EUR betrage und ua C-LNR 1 ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen sei.
Der Pfandgläubiger meldete zur Meistbotsverteilung die rückständigen Leibrenten der letzten drei Jahre an.
Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Gericht zweiter Instanz über Rekurs der Ersteherin den Meistbotsverteilungsbeschluss des Exekutionsgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, aber nicht 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Nach Ansicht dieses Gerichts sei der Sachverständige offenbar davon ausgegangen, dass der Ersteher das Pfandrecht C-LNR 1 ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen habe. Das entspreche aber nicht der geltenden Rechtslage (§ 150 Abs 1 und § 219 EO idFd EO-Novelle 2000). Da für die Leibrentenforderung nicht eine Reallast, sondern ein Pfandrecht einverleibt sei, sei die Forderung bei der Meistbotsverteilung zu berücksichtigen, die Übernahme der Last ohne Anrechnung auf das Meistbot komme nicht in Betracht. Insofern sei daher das Versteigerungsedikt unrichtig gewesen. Da sich die künftige Leibrentenforderung aus dem Grundbuch als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet ergebe, hätte das Erstgericht ungeachtet der Anmeldung nur der rückständigen Leibrenten dem Berechtigten auch das Deckungskapital für die künftigen Forderungen zuweisen müssen. Darüber werde nach entsprechenden Erhebungen über die bei Anlegung zu erzielenden Zinserträge in der Meistbotsverteilungstagsatzung zu verhandeln sein. Der Zwangsversteigerung seien ausschließlich die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen zugrunde gelegen, die nicht gemäß § 146 EO abgeändert worden seien. In diesem Punkt wäre dies auch nur auf - hier nicht vorliegenden - Antrag einer Partei zulässig gewesen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob der Ersteher in einem Fall wie dem vorliegenden einen gesetzwidrigen Ausspruch im Versteigerungsedikt gegen sich gelten lassen müsse, also dessen gesamten Inhalt durch Teilnahme an der Versteigerung akzeptiere, oder ob er nach Zuschlagserteilung noch die Gesetzwidrigkeit des Versteigerungsedikts geltend machen könne.
Der als „ordentlicher Revisionsrekurs" bezeichneten Rekurs des betreibenden Masseverwalters ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend sprechen der Sache nach sowohl die zweite Instanz als auch der Revisionsrekurswerber die Frage der Bindung des Erstehers an (allenfalls gesetzwidrige) Festlegungen des Exekutionsgerichts in seinem Versteigerungsedikt über die ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmenden Lasten an. Deren Verneinung führt allerdings entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers nicht zur Entscheidung in der Sache (Wiederherstellung des Meistverteilungsbeschlusses), sondern zur Zurückweisung des unzulässigen Rekurses der Ersteherin.
Das Gericht zweiter Instanz befasste sich mit der Frage der Rechtsmittellegitimation der Ersteher nicht ausdrücklich. Auszugehen ist davon, dass die Rechtsstellung des Erstehers durch den Meistbotsverteilungsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren nur in Ausnahmefällen berührt wird. Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass anders als die Parteien und die dinglich Berechtigten der Ersteher zur Meistbotsverteilungstagsatzung nicht zu laden, sondern ihm vielmehr die Anberaumung mit dem Beifügen mitzuteilen ist, dass es ihm frei stehe, an ihr teilzunehmen (§ 209 Abs 3 EO). Nach dem ersten Weltkrieg gefällte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs erachteten den Ersteher dann zum Rekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss legitimiert, wenn dessen rechtliche erhebliche Interessen berührt sein könnten (SZ 10/45) oder darin Bestimmungen aufgenommen worden seien, die unmittelbar seine „Rechtslage" berührten (SZ 19/195 = RZ 1937/307). Diese Rsp wurde im Einklang mit der Lehre auch später aufrecht erhalten (EvBl 1965/292 = JBl 1966, 47 mwN). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen nahm der Oberste Gerichtshof im Fall der zuletzt genannten Entscheidung bei der Frage an, ob eine Dienstbarkeit vom Ersteher zu übernehmen sei oder nicht, ob das Deckungskapital für diese mit einem angemessenen Betrag bestimmt worden sei, nach dessen Höhe sich das Ausmaß der für die Dauer der Last ihm zufließenden Zinsen bestimmt. In der Entscheidung MietSlg 21.723 = RpflE 1969/206 sowie in den weiteren E 3 Ob 112/85 und SZ 53/160 wurde dieser Rechtssatz dahin präzisiert, dass der Ersteher den Verteilungsbeschluss nur insoweit bekämpften könne, als er durch in seinen Rechten unmittelbar beeinträchtigt werde (ebenso Angst in Angst, EO § 234 Rz 10; iSd älteren Rsp Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 234 Rz 20). Der jüngeren Rsp ist weiterhin zu folgen, zumal sie im Einklang mit der neuesten Entwicklung der Judikatur des erkennenden Senats zum Rechtsmittelrecht sonstiger Beteiligten des Exekutionsverfahrens im Allgemeinen steht (3 Ob 135/98v = SZ 71/110 = NZ 1999, 340 = MietSlg 50/29; 3 Ob 174/03i = EvBl 2004/182 = immolex 2004, 339; RIS-Justiz RS0110287). Der weitere Fall, dass einem Beteiligten aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften ein Rekursrecht zustünde, trifft auf den Ersteher in der Zwangsversteigerung nicht zu.
Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall der Ersteher nur dann zum Rekurs gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss legitimiert gewesen wäre, hätte dieser Beschluss in seine Rechte eingegriffen. Davon kann aber keine Rede sein. Mit seinem Rekurs wandte sich der Ersteher dagegen, dass der überwiegende Teil des Meistbots statt dem erstrangigen Pfandgläubiger solchen mit späterem Rang zugewiesen wurde; eine unmittelbare Beeinträchtigung seiner Rechte erfolgte aber durch den Meistbotsverteilungsbeschluss in diesem Verfahren nicht. Darin wird nämlich zunächst eine Entscheidung darüber, ob das Pfandrecht C-LNR 1 von ihm mit oder ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen ist, gar nicht getroffen. Nach dem Versteigerungsedikt war diese Last von ihm ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen. Solche Ansprüche haben im Verteilungsbeschluss nicht aufzuscheinen (3 Ob 11/84; 8 Ob 618/84). Dies steht damit im Einklang, dass nach § 143 Abs 2 EO bei Vorhandensein solcher Lasten nur der Wert zu ermitteln ist, den die Liegenschaft bei Aufrechterhaltung der Last hat (§ 143 Abs 2 EO). Diese Lasten reduzieren also bereits den Schätzwert (Neumayr in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 143 Rz 4; Angst aaO § 219 Rz 1). Dementsprechend müssen bereits fällig gewordene Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen zur Meistbotsverteilung angemeldet und aus der Verteilungsmasse berichtigt werden, während die künftig fällig werdenden grundsätzlich der Ersteher zu erbringen hat; wegen der Berücksichtigung bereits im Schätzwert erhält er bei Lasten, die er ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen hat, dafür keine Entschädigung (Angst aaO).
Demgemäß hat das Erstgericht im vorliegenden Fall über die Frage der Übernahme der Leibrentenforderung des erstrangigen Pfandgläubigers durch den Ersteher im Meistbotsverteilungsbeschluss keine Entscheidung getroffen; soweit sie diesem Gläubiger über die rückständigen Beträge hinaus nichts zuwies, steht die Entscheidung im Einklang mit dem Versteigerungsedikt. Schon deshalb kann kein Eingriff in die Rechte des Erstehers vorliegen.
Darüber hinaus ist auch auf der Grundlage der Rechtslage nach Inkrafttreten der EO-Novelle 2000 daran festzuhalten, dass der Ersteher die Versteigerungsbedingungen nicht bekämpfen kann.
Nach der Rechtslage vor der EO-Novelle 2000 hatte der Meistbietende auch die Versteigerungsbedingungen nach Schluss des Versteigerungstermins zu unterfertigen (§ 194 Abs 2 EO). Damit unterwarf er sich nach der Rsp diesen Versteigerungsbedingungen (SZ 52/13 ua; RIS-Justiz RS0002793). Auch wenn diese Bestimmung beseitigt wurde und nunmehr grundsätzlich die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen oder die davon nach § 146 Abs 1 EO abweichend festgelegten der Versteigerung zugrunde liegen legen auch sie die dem Ersteher durch den Zuschlag erwachsenden Rechte und Pflichten fest (Neumayr aaO § 146 Rz 2). In jenem Verfahrensstadium, in dem diese Festlegungen erfolgen, ist der spätere Ersteher, wenn er nicht aus anderen Gründen Beteiligter des Verfahrens ist, zwangsläufig noch ein Außenstehender, der schon deshalb zu einem Rechtsmittel nicht legitimiert ist. Es ist daher auch nicht weiter zu überprüfen, ob und inwieweit in einem Fall, in dem, wie hier geltend gemacht, die im Versteigerungsedikt enthaltenen Angaben über die ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmenden Lasten von den gesetzlichen abweichen, dieses Versteigerungsedikt selbst, das in der Regel ja nicht als gerichtliche Entscheidung zu erachten ist, mit Rekurs bekämpft werden kann (vgl dazu - bejahend - Angst aaO § 170 Rz 11; zur Anfechtung in Ansehung der Bekanntgabe des Schätzwerts mit dem Versteigerungsedikt 3 Ob 208/03i = JBl 2004, 529 = EvBl 2004/160). Dem Ersteher steht es eben frei, ob er sich an der Versteigerung beteiligt und mitbietet oder nicht. Für ihn war im vorliegenden Fall nach dem Versteigerungsedikt klar, dass er die mit dem Pfandrecht C-LNR 1 besicherte Last ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen hatte, weshalb es seine Sache war, die daraus resultierende Verpflichtung bei der Höhe seiner Gebote zu berücksichtigen. Es ginge keinesfalls an, einem Ersteher dadurch eine - noch dazu gravierende - Reduktion der von ihm zu erbringenden Gegenleistung für die Übereignung der Liegenschaft durch Zuschlag zu erwirken, dass er nachträglich, wie ihm die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz ermöglichen würde, die Versteigerungsbedingungen zu seinen Gunsten korrigieren ließe. Auch deshalb liegt ein Eingriff in seine Rechte durch den Meistbotsverteilungsbeschluss nicht vor.
Damit erweist sich der Revisionsrekurs der erstbetreibenden Partei in dem Sinn als berechtigt, als in Abänderung der zweitinstanzlichen Entscheidung der Rekurs des Erstehers gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss zurückzuweisen ist.
Dies steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung MietSlg 21.723; dort war schon deshalb eine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte des Erstehers gegeben, weil dieser nach § 19 Abs 5 WWG die Forderung des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen hat, soweit diese Forderung nicht in der Verteilungsmasse Deckung findet. Im Gegensatz dazu belastet die mangelnde Zuweisung von weiteren Beträgen an den Leibrentenberechtigten zu C-LNR 1 den Ersteher dadurch bloß wirtschaftlich und nicht unmittelbar, dass ihm mangels Zuweisung für zukünftige Forderungen aus dem Meistbot deren Deckung allein obliegt.
Da zwischen dem Revisionsrekurswerber und dem Ersteher infolge dessen Rekurses gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss ein Zwischenstreit entstanden ist, hat dieser dem Erstgenannten gemäß § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO die Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.
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