Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die Entscheidung des Rekursgerichts dahin abgeändert, dass der erstinstanzliche Meistbotsverteilungsbeschluss, der in Ansehung der Zuweisung von 2.466,64 EUR als Vorzugspost und in Ansehung von 16.618,02 EUR in der bücherlichen Rangordnung als unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist, in seinen Punkten I 2) und II sowie in der Auszahlungsanordnung (Pkt III 3) wiederhergestellt wird. Die beigetretene betreibende Partei hat der Revisionsrekurswerberin die mit 1.971 EUR (darin enthalten 328,50 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.
Text
Begründung
Verfahrensgegenstand ist die Verteilung des Meistbots von 59.500 EUR für ehemals im Eigentum des Verpflichteten stehende Liegenschaftsanteile verbunden mit Wohnungseigentum. Auf diesen Liegenschaftsanteilen ist zugunsten des Landes Tirol (der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin) im Lastenblatt ua zu CLNr 5a aufgrund des Schuldscheins vom 18. Mai 1989 sowie der Vorrangseinräumung CLNR 5d und 17b eine Pfandforderung von 10.981.000 ATS samt höchstens 6 % Zinsen, 5 % Verzugs- und Zinseszinsen sowie eine Nebengebührensicherstellung von 1.098.100 ATS eingetragen. Dieses Pfandrecht ist vorrangig gegenüber einem unter CLNR 41a aufgrund der Pfandurkunde vom 12. Mai 1998 zu Gunsten der beigetretenen betreibenden Gläubigerin (einer Raiffeisenbank) eingetragenem Pfandrecht im Höchstbetrag von 660.000 ATS. Im Revisionsrekursverfahren strittig verblieben ist die Verteilung des Meistbotsrests von 40.415,34 EUR samt Meistbotszinsen von 164,70 EUR, auf den sowohl die Revisionsrekurwerberin als auch die beigetretene betreibende Partei Anspruch erheben.
Der Forderungsanmeldung der Revisionsrekurswerberin vom 4. September 2008 über 60.981,76 EUR samt 13,55 EUR Zinsen (ON 38) liegt ein einer Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft reg.Gen.mbH im Jahr 1989 für die Errichtung einer Eigentumswohnungsanlage bar zugezähltes Wohnbauförderungsdarlehen („Globaldarlehen") nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1984 (WFG 1984) in Höhe von 10.981.000 ATS = 798.020,39 EUR zugrunde, welches nach § 24 WFG 1984 durch Einverleibung eines Pfandrechts sichergestellt ist. Mit ihrer Forderungsanmeldung legte die Revisionsrekurswerberin den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 4. Juni 1993, den das Globaldarlehen über 10.981.000 ATS betreffenden Schuldschein vom 18. Mai 1989 sowie ein von der H***** AG erstelltes Zinsenberechnungsblatt vor. Sie führte aus, dass auf die Anteile des Verpflichteten ein unberichtigt aushaftender Darlehensbetrag von 60.995,41 EUR entfalle (darin enthalten 13,55 EUR Zinsen). Aus den von der Revisionsrekurswerberin vorgelegten Urkunden lässt sich weiters Folgendes entnehmen:
Gemäß Punkt XIV (Hypothekarübernahme) des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags übernahmen die Käufer der Eigentumswohnungen - somit auch der Verpflichtete - das Pfandrecht in Anrechnung auf den Kaufpreis. Aus § 15 des Schuldscheins vom 18. Mai 1989 ergibt sich, dass im Falle der Begründung von Wohnungseigentum die einzelnen Wohnungseigentümer für den auf die jeweilige Wohnung entfallenden Anteil haften sollen. Im Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag ist weiters festgehalten, dass die Aufteilung des Pfandrechts bereits bei der Endabrechnung nach Maßgabe des Verhältnisses der Wohnflächen der einzelnen betreffenden Eigentumswohnung zu der Gesamtfläche der Wohnanlage erfolgt sei und im Vertragspunkt II jene Beträge ausgewiesen seien, die auf die einzelnen Käufer entfallen. Wie aus Pkt II Tabelle lfd Nr 7 Spalte 6 ersichtlich, beträgt die Höhe des auf den Anteil des Verpflichteten entfallenden Betrags des Wohnbauförderungsdarlehens 967.702 ATS = 70.325,64 EUR. Aus dem Zinsenberechnungsblatt ist ersichtlich, dass der Betrag von 60.981,76 EUR als Basis für die Berechnung der fälligen 1%igen Zinsen vom 1. 7. 2008 bis 8. 7. 2008 (dem Tag des Zuschlags) herangezogen wurde; weiters wurden 5%ige Verzugszinsen aus 703,26 EUR (ebenfalls vom 1. 7. 2008 bis 8. 7. 2008) geltend gemacht. Gegen diese Forderungsanmeldung erhob die beigetretene betreibende Gläubigern in der Verteilungstagsatzung Widerspruch mit der Begründung, aus den vorgelegten Urkunden sei weder die Höhe des tatsächlich aushaftenden Kapitals noch jene der Zinsen nachvollziehbar.
Das Erstgericht verfügte mit dem bekämpften Verteilungsbeschluss die vorzugsweise Zuweisung von 2.466,64 EUR an eine Wohnungseigentümergemeinschaft sowie in der bücherlichen Rangordnung die Zuweisung von 16.618,02 EUR an eine Bausparkasse GmbH. Den Widerspruch der beigetretenen betreibenden Gläubigerin gegen die Zuweisung des Meistbotsrests von 40.415,34 EUR sowie die Meistbotszinsen in Höhe von 164,70 EUR an die Revisionsrekurswerberin wies das Erstgericht ab und verfügte an diese die Zuweisung des Meistbotsrests auf Abschlag der zu CLNR 5 einverleibten Pfandforderung.
Es vertrat zusammengefasst die Rechtsansicht, die Revisionsrekurswerberin habe den tatsächlich aushaftenden Kapitalsbetrag nachvollziehbar nachgewiesen.
Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses der beigetretenen betreibenden Gläubigerin den erstgerichtlichen Meistbotsverteilungsbeschluss dahin ab, dass der dem Land Tirol zuerkannte Meistbotsrest von 40.415,34 EUR sowie die anteiligen Meistbotszinsen von 164,70 EUR stattdessen an die beigetretene betreibende Partei auf Abschlag der zu CLNR 41 einverleibten Forderung über 49.254,53 EUR zur teilweisen Befriedigung durch Barzahlung zugewiesen werden. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, die Forderungsanmeldung sei nicht ausreichend, da ein bloßer Hinweis im vom damaligen Bauträger verfassten Vertrag zum Nachweis des seinerzeit in Anspruch genommenen Darlehensbetrags nicht genüge; ebensowenig die Vorlage eines Zinsenberechnungsblatts, in dem der aushaftende Kapitalbetrag lediglich als Basisbetrag zur Berechnung der Zinsen genannt werde. Die Zuweisung des angemeldeten Kapitalbetrags nach § 210 Abs 1 letzter Halbsatz EO scheitere daran, dass sich aus dem Grundbuch lediglich die Höhe des „Globaldarlehens" mit 10.981.000 ATS (= 798.020,39 EUR) ergebe, nicht aber der auf den Anteil des Verpflichteten entfallende Betrag des Wohnbauförderungsdarlehens.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Hypothekargläubigerin ist berechtigt.
1. Wenngleich § 24 WFG 1984 anordnet, dass (nur) das Pfandrecht für den auf die Baukosten der Wohnung verhältnismäßig zu entfallenden Teil des Förderungsdarlehens auf dem einzelnen Anteil einzuverleiben ist (siehe auch § 22 Abs 2 des nunmehr in Geltung stehenden Tiroler Wohnbauförderungsgesetzes 1991 (TWFG), ist auf dem den Gegenstand des Zwangsversteigerungsverfahrens bildenden Liegenschaftsanteil des Verpflichteten das auf die gesamte Liegenschaft (auf alle Anteile) entfallende Wohnbauförderungsdarlehen in voller Höhe von 10.981.000
ATS = 798.020,39 EUR einverleibt (und nicht nur der aus seinen Anteil
entfallende Teil des Förderungsdarlehens in Höhe von 967.702 ATS =
70.325,64 EUR). Eine Rechtsprechung, wie bei dieser Sachlage Forderungen auf Rückzahlung des Wohnbauförderungsdarlehens im Zwangsversteigerungsverfahren anzumelden sind, existiert nicht. Da es sich bei der zur Sicherstellung des bereits in bestimmter Höhe zugezählten Förderungsdarlehens einverleibten Hypothek unzweifelhaft um eine Festbetragshypothek und keine Höchstbetragshypothek (Kredithypothek) iSd § 14 Abs 2 GBG handelt, weil kein Höchstbetrag genannt ist, bis zu dem der Kredit reichen soll, spricht nichts dagegen, die sich aus § 210 EO ergebenden Regelungen über die Anmeldung von Festbetragshypotheken heranzuziehen.
Gemäß § 210 EO ist - sofern es sich nicht um den betriebenen Anspruch handelt - bei Einverleibung einer Festbetragshypothek eine Anmeldung dann erforderlich, wenn - wie hier - auch rückständige Zinsen berücksichtigt werden sollen (Angst in Angst, EO2 § 210 Rz 6) und der Zinsenrückstand weder aus dem Hauptbuch noch aus den Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet zu entnehmen ist (3 Ob 79/02t).
Für die ausreichend bestimmte Anmeldung der Kapitalforderung iSd § 210 EO genügt die Angabe eines bestimmten Betrags; die Anmeldung der Zinsenforderung muss darüber hinaus alle für die Überprüfung der Berechnung erforderlichen Angaben, wie Höhe des Zinsfußes und des Kapitalbetrags, Beginn und Ende des Zinsenlaufs, enthalten (RIS-Justiz RS0003153). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Anmeldung, der nicht nur der Kapitalbetrag von 60.981,76 EUR, sondern auch die Höhe des begehrten Zinsfußes, sowie Beginn und Ende des Zinsenlaufs zu entnehmen sind. Weiters ist zu prüfen, ob die angemeldeten Kapital- und Zinsenforderungen durch die Vorlage von Urkunden - falls sich diese nicht schon bei den Zwangsversteigerungsakten befinden - entsprechend nachgewiesen sind. Der Zweck dieser Verpflichtung zum urkundlichen Nachweis des angemeldeten Anspruchs liegt in erster Linie darin, dem Verpflichteten und den nachfolgenden Buchberechtigten die Möglichkeit zur Prüfung der Frage zu geben, ob in der Forderungsanmeldung der vom Schuldner als Darlehen oder Kredit in Anspruch genommene Betrag in richtiger Höhe enthalten ist, ob die Zinsen richtig berechnet wurden und ob alle Tilgungszahlungen berücksichtigt sind (Angst aaO § 210 Rz 11 mwN). Selbst wenn die von der beigetretenen betreibenden Gläubigerin vorgelegten Urkunden diesen Anforderungen nicht entsprechen, weil nicht nachvollziehbar ist, ob und welche Tilgungszahlungen erfolgten, hat auch ein ungenügender Nachweis der Forderungsanmeldung nicht den Anspruchsverlust zur Folge, sondern sind die Ansprüche bei der Verteilung insoweit zu berücksichtigen, als sie sich aus dem Grundbuch als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet ergeben (§ 210 EO). Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung bei einer Festbetragshypothek nur darauf an, dass sich der Bestand des Pfandrechts (und nicht der Forderung) aus dem Grundbuch ergibt ( 3 Ob 313/02d; 3 Ob 79/02t; aA Angst aaO § 210 Rz 7). Bei Unterbleiben der Anmeldung bzw nicht ausreichendem Nachweis ist der aus dem Grundbuch zu entnehmende Kapitalsbetrag zuzuweisen (RIS-Justiz RS0003179). Das Rekursgericht vermeinte nun, eine Zuweisung des mit 60.981,76 EUR angemeldeten Kapitalsbetrags scheitere daran, dass sich aus dem Grundbuch lediglich die Höhe des „Globaldarlehens" mit 10.981.000 ATS (= 798.020,39 EUR), ergebe. Bei Festbetragshypotheken ist aber nicht der Bestand der Forderung nachzuweisen, sondern kommt es nur darauf an, ob der beantragte Kapitalsbetrag in dem aus dem Grundbuch ersichtlichen Betrag der Festbetragshypothek Deckung findet. Diese Voraussetzung ist erfüllt; dies selbst dann, wenn entsprechend § 24 WFG nur der auf den Anteil des Verpflichteten entfallende Betrag des Wohnbauförderungsdarlehens in Höhe von 967.702 ATS = 70.325,64 EUR auf dessen Anteil sichergestellt worden wäre. Der angemeldete Kapitalsbetrag von 60.981,76 EUR wäre somit auch ohne Anmeldung zuzuweisen gewesen. Denselben Rang wie das Kapital genießen die nicht länger als drei Jahre vor Erteilung des Zuschlags rückständigen Zinsen (Angst in Angst aaO § 216 Rz 21).
Auf den von der Revisionsrekurswerberin gerügten Verfahrensmangel infolge mangelnder Anleitung zur Verbesserung ihrer Forderungsanmeldung musste nicht mehr eingegangen werden. Da die Revisionsrekurswerberin zur Meistbotsverteilungstagsatzung trotz ordnungsgemäßer Ladung keinen Vertreter entsandt hat, wäre eine Anleitung zur Verbesserung der Anmeldung im Übrigen schon aus diesem Grund nicht in Betracht gekommen (3 Ob 113/02t mwN). Im Sinn des Revisionsrekursantrags der beigetretenen betreibenden Partei war der - im Übrigen unberührt bleibende - erstgerichtliche Beschluss demnach in seinen Punkten I 2), II) und der Auszahlungsanordnung (Pkt III 3) wiederherzustellen.
2. Auch in dritter Instanz ist das Rechtsmittelverfahren an sich einseitig, sofern nicht der Oberste Gerichtshof im Einzelfall eine Rechtsmittelbeantwortung für geboten hält (RIS-Justiz RS0116198). Im vorliegenden Fall hatte die beigetretene betreibende Partei bereits Gelegenheit, sich zur Forderungsanmeldung der Revisionsrekurswerberin zu äußern (vgl 3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26; RIS-Justiz RS0118686). Es bedurfte daher keiner Freistellung der Revisionsrekursbeantwortung.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Wohl findet im Meistbotsverteilungsverfahren grundsätzlich kein Kostenersatz statt (JB 201), dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren (RIS-Justiz RS0002186), es sei denn, es ist zwischen den Beteiligten ein prozessähnliches Verhältnis entstanden. Ein Zwischenstreit wurde beispielsweise zufolge eines von einer Partei im Rahmen des Meistbotsverteilungsverfahrens erhobenen Widerspruchs angenommen (RIS-Justiz RS0107415), oder auch dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - die beigetretene betreibende Partei durch Rekurserhebung an die zweite Instanz die Kosten der beim Obersten Gerichtshof erfolgreichen Revisionsrekurswerberin verursachte (3 Ob 228/07m). Infolge Vorliegens eines Zwischenstreits, sind der obsiegenden Revisionsrekurswerberin von der im Zwischenstreit unterlegenen beigetretenen betreibenden Partei die Revisionsrekurskosten auf Basis des ersiegten Betrags zu ersetzen.
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