Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die klagende GmbH erwarb mit Kaufvertrag vom 10. September 2001 vom Beklagten eine Liegenschaft um 3,8 Mio S „geldlastenfrei". Mit Bescheid vom 19. Oktober 1998 hatte die Gemeinde eine Aufschließungsabgabe von 369.186,90 S (= 26.829,86 EUR) vorgeschrieben gehabt. Über diesen Betrag erhielt die klagende Partei Ende 2004 von der Gemeinde eine Zahlungsaufforderung. Mit ihrer Mahnklage vom 17. Februar 2006 begehrte die klagende Partei vom Beklagten, gestützt auf die zugesagte „Geldlastenfreiheit", die Zahlung des Abgabenbetrags. In der Tagsatzung vom 12. April 2006 stellte die klagende Partei das Zahlungsbegehren dahin um, dass nunmehr die Zahlung an die Gemeinde begehrt wurde.
Das Erstgericht gab dem umgestellten Leistungsbegehren statt. Nach seinen Feststellungen haftete außer den bei Abschluss des Kaufvertrags bekannten bücherlichen Lasten auch die mit Bescheid der Gemeinde vom 19. Oktober 1998 vorgeschriebene Aufschließungsabgabe unberichtigt aus. Der Beklagte habe diesen Sachverhalt verschwiegen. Die klagende Partei habe von der Abgabenschuld erst durch die Zahlungsaufforderung der Gemeinde Ende 2004 erfahren. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. In dieser hatte der Beklagte erstmalig und unter Vorlage des Abgabenbescheids releviert, dass der Adressat des Abgabenbescheids nicht der Beklagte als Liegenschaftseigentümer, sondern eine GmbH (dessen Geschäftsführer der Sohn des Beklagten war) gewesen sei. Diese sei nie Liegenschaftseigentümerin gewesen. Es bestehe demnach keine Abgabenschuld des Beklagten. Daher sei auch der klagenden Partei kein Schaden entstanden. Wegen Verjährung könne die Gemeinde auch keinen (weiteren) Abgabenbescheid erlassen. Die klagende Partei habe die Abgabenschulden noch nicht bezahlt und sei auch deshalb nicht geschädigt.
Das Berufungsgericht beurteilte das Berufungsvorbringen über den Bescheidadressaten und die Vorlage des Abgabenbescheids als unzulässige Neuerungen, weil der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren die die Liegenschaft betreffende Abgabenschuld zugestanden habe, und ging von einer Depurierungspflicht des beklagten Verkäufers aus. Im Übrigen komme dem Bescheid der Gemeinde dingliche Wirkung zu. Die Aufschließungsabgabe treffe den Grundeigentümer und seine Rechtsnachfolger. Es treffe nicht zu, dass die Gemeinde keine weiteren Abgabenbescheide erlassen könnte. Gemäß den §§ 3 und 158 NÖ Abgabenordnung 1977 verjähre das Recht auf Festsetzung einer Abgabe erst 15 Jahre nach Entstehen des Abgabeanspruchs. Auch noch nicht fällige Abgabenschulden stellten einen Vermögensnachteil (hier im Vermögen der klagenden Partei) dar.
Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionswerber wendet sich nicht gegen die (ohnehin unbedenkliche) Vertragsauslegung, dass die strittige Aufschließungsabgabe unter die vereinbarte „Geldlastenfreiheit" fällt. Schwerpunkt seiner Ausführungen ist die Bekämpfung der Ansicht, er hätte einen gegen ihn als Liegenschaftseigentümer ergangenen Abgabenbescheid im Verfahren erster Instanz zugestanden. Dem Revisionswerber ist entgegenzuhalten, dass die Wertung des fehlenden substanziellen Bestreitens eines vom Gegner behaupteten Sachverhalts als schlüssiges Tatsachengeständnis (§ 267 ZPO) immer von den Umständen des Einzelfalls abhängt und daher grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage darstellt (6 Ob 141/99z uva). Von einem Zugeständnis ist immer dann auszugehen, wenn die vom Gegner aufgestellte Behauptung (hier über eine Abgabenschuld des Verkäufers) offenbar leicht widerlegbar war, dazu aber dennoch nie konkret Stellung genommen wurde (RIS-Justiz RS0039927). Der Revisionswerber vermag nicht darzulegen, warum er nicht schon im Verfahren erster Instanz das Thema des Bescheidadressaten und die daran anknüpfenden Rechtsfolgerungen zum Verfahrensgegenstand machte. Eine auch über eine außerordentliche Revision aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts bei seiner Bejahung eines Tatsachengeständnisses liegt nicht vor.
Im Übrigen entspricht die angefochtene Entscheidung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur Depurierungspflicht des Verkäufers. Entgegen dem Revisionsausführungen kommt es nicht darauf an, dass die klagende Partei als Käuferin erst nach Bezahlung der Abgabenschuld gegen den Verkäufer vorgehen dürfte. Die Käuferin hat Anspruch auf lastenfreien Erwerb der Liegenschaft, der dadurch im Wege des Naturalersatzes herzustellen ist, dass die Verbindlichkeit getilgt wird. Nur zur Vermeidung des Risikos, dass der Verkäufer allenfalls doppelt zahlen muss, hat er die Schuld (hier Abgabenschuld) nicht dem Käufer, sondern dem Gläubiger zu zahlen (4 Ob 118/01h; RIS-Justiz RS0115370).
Der Hinweis des Revisionswerbers auf die nach ständiger Rechtsprechung gegebene Bindung der Gerichte an rechtskräftige Verwaltungsbescheide ist zwar zutreffend (RIS-Justiz RS0036981), vermag hier aber seinen Standpunkt nicht zu stützen, weil nach den im Revisionsverfahren maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen aufgrund des schon erläuterten Neuerungsverbots von einer Abgabenschuld des Beklagten ausgegangen werden muss und nicht von einer Schuld der Bescheidadressatin, wie sie in der mit der Berufung des Beklagten vorgelegten Bescheidausfertigung aufscheint. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)