OGH 3Ob37/14h

OGH3Ob37/14h25.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Frank Riel, Rechtsanwalt, Krems an der Donau, Gartenaugasse 1, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Ö*****, gegen die beklagten Parteien 1. B*****, 2. S*****, 3. V*****, alle vertreten durch Reiffenstuhl & Reiffenstuhl Rechtsanwaltspartnerschaft OG in Wien, wegen Anfechtung und Zahlung von 8.743 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Oktober 2013, GZ 3 R 93/12m‑18, womit über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 24. August 2012, GZ 27 Cg 6/12i‑14, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit 855,77 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 142,62 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 9. März 2011 wurde über das Vermögen einer näher bezeichneten GmbH (in der Folge: Schuldnerin) das Sanierungsverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 20. April 2011 wurde der Schuldnerin die Eigenverwaltung entzogen und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Am 12. Mai 2011 wurde die Bezeichnung des Verfahrens auf „Konkursverfahren“ abgeändert.

Der Drittbeklagte ist Landwirt und persönlich haftender Gesellschafter der Zweitbeklagten und Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Erstbeklagten.

Die Beklagten belieferten die spätere Schuldnerin mit landwirtschaftlichen Produkten. Mit jeweils am 19. Juli 2010 gegen die Schuldnerin eingebrachten Klagen begehrten die Beklagten als dortige Kläger die Bezahlung restlicher Kaufpreise betreffend die Ernte 2009, und zwar

‑ die Erstbeklagte zu AZ 2 Cg 119/10s des Landesgerichts Korneuburg 12.121,02 EUR sA,

‑ die Zweitbeklagte zu AZ 4 C 1045/10w des Bezirksgerichts Korneuburg 1.238,41 EUR sA und

‑ der Drittbeklagte zu AZ 4 C 1046/10t 3.356,34 EUR sA.

Die Klagevertreterin in allen drei Verfahren war jeweils die in diesem Verfahren einschreitende Beklagtenvertreterin.

Im Verfahren betreffend die Erstbeklagte war für den 27. Jänner 2011 eine Tagsatzung anberaumt. Anlässlich dieser Tagsatzung trafen sich der Drittbeklagte und ein Verhandlungspartner der Schuldnerin. Der Drittbeklagte trat nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Erst‑ und die Zweitbeklagte auf. Dabei kam es zu einer Einigung dahin, dass die Schuldnerin allen Beklagten zu Handen des Drittbeklagten insgesamt 8.743 EUR bezahlt. Dieser Betrag wurde in der Weise errechnet, dass von der Gesamtforderung für alle beklagten Parteien 30 % herangezogen wurden, wie es einem früher von der Schuldnerin gestellten Anbot gegenüber den Lieferanten entsprach. Kosten und Zinsen wurden hinzugeschlagen. In welcher Weise der verglichene Betrag von 8.743 EUR auf die einzelnen Beklagten aufzuteilen ist, wurde nicht festgelegt, solches aber für später in Aussicht genommen. Dazu kam es nicht.

Am 27. Jänner 2011 veranlasste die Schuldnerin die Überweisung von 8.743 EUR an den Drittbeklagten.

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Schuldnerin spätestens ab Juli 2010 zahlungsunfähig war und dass den Beklagten zum Zeitpunkt der Entgegennahme der am 27. Jänner 2011 erfolgten Zahlung die Zahlungsunfähigkeit bekannt war bzw bekannt hätte sein müssen.

Der Kläger begehrt die Zahlung des Betrags von 8.743 EUR und die dadurch bewirkte Befriedigung der Beklagten gegenüber den Gläubigern im Insolvenzverfahren der Schuldnerin für unwirksam zu erklären und die Beklagten zur ungeteilten Hand zu verpflichten, dem Kläger 8.743 EUR sA zu bezahlen. Sowohl im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses als auch im Zeitpunkt der Zahlung sei den Beklagten die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Schuldnerin bekannt gewesen. Sie hätten daher nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eine gemäß § 31 IO anfechtbare Befriedigung erhalten. Es sei zwar im Hinblick auf die engen personellen und gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen nicht ersichtlich, in welcher Form der Pauschalbetrag von 8.743 EUR den hier Beklagten zuzuordnen sei. Es stehe aber fest, dass die Zahlung zur vorbehaltlosen Regelung der in den Verfahren AZ 4 C 1045/10w und 4 C 1046/10t des Bezirksgerichts Korneuburg bzw 2 Cg 119/10s des Landesgerichts Korneuburg geltend gemachten Forderungen geleistet worden sei. Es sei zwischen dem Drittbeklagten persönlich und der Erst‑ und Zweitbeklagten, vertreten durch den Drittbeklagten, eine Vereinbarung geschlossen worden, wonach der in diesem Verfahren zurückgeforderte Betrag zur Befriedigung aller Beklagter zu Handen des Drittbeklagten zu leisten sei. Angefochten werde die Zahlung als Rechtshandlung.

Die Beklagten wenden, soweit für das Revisionsverfahren noch relevant, ein, dass die Anfechtungsklage unschlüssig sei, weil die Schuldnerin zur Bereinigung ihrer jeweiligen Vergleichsforderung an den Drittbeklagten einen Gesamtbetrag überwiesen habe, wobei nicht feststellbar sei, wie dieser Pauschalbetrag zuzuordnen sei. Die Beklagten seien nicht passiv legitimiert. Die Klage lasse offen, welche Rechtshandlung wem gegenüber in welcher Höhe angefochten und wem gegenüber in welcher Höhe welcher Betrag begehrt werde. Das Klagebegehren selbst beziehe sich lediglich auf eine Rechtshandlung, die angefochten werde. Es sei nicht nachvollziehbar, ob und welche Zahlungen die Zweit‑ und Drittbeklagte erhalten hätten. Ein Solidarschuldverhältnis unter den Beklagten liege nicht vor. Bei der vom Kläger geforderten Geldschuld handle es sich um teilbare Leistungen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es bejahte die Anfechtungsvoraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO zum Zahlungszeitpunkt am 27. Jänner 2011. Mit dem Vergleich vom 27. Jänner 2011 sei an Stelle der ursprünglich eingeklagten Forderungen eine neue Verpflichtung der Schuldnerin begründet worden, wonach sich diese zu einer Zahlung an sämtliche Beklagte zu Handen des Drittbeklagten verpflichtet habe. Dementsprechend hafteten die Beklagten auch solidarisch für die Rückforderung. Die ursprünglichen Einzelforderungen der Beklagten hätten sich durch den Vergleich in eine Gesamtforderung verwandelt.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von den Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach ‑ über Abänderungsantrag der Beklagten ‑ nachträglich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob drei Gläubiger für die Rückzahlung einer erfolgreich angefochtenen Zahlung solidarisch hafteten, wenn mit der Zahlung strittige Forderungen aller drei Gläubiger bereinigt werden sollten und dabei die Frage, wie der Geldbetrag intern auf die drei Gläubiger aufgeteilt werde, einer späteren Regelung vorbehalten worden sei.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass durch die zur Erledigung der drei Prozesse getroffene Vereinbarung eine Gesamthandforderung der drei Beklagten iSd § 890 ABGB begründet worden sei. Gesamthandforderungen kämen nicht nur bei unteilbaren Leistungen in Betracht, sondern könnten auch bei teilbaren Sachen durch Parteiwillen begründet werden. Da nicht festgelegt worden sei, wie der zu zahlende Geldbetrag auf die nunmehrigen Beklagten aufgeteilt werden solle, durch die Zahlung aber im Verhältnis zur Schuldnerin die Ansprüche aller drei Beklagten bereinigt werden sollten, sei die im Vergleich getroffene Vereinbarung so zu verstehen, dass die drei Beklagten die Zahlung gemeinsam erhalten und nach eigenem Ermessen unter sich aufteilen sollten. Nach dem Inhalt des Vergleichs sei es der Schuldnerin nicht freigestanden, selbst die Aufteilung vorzunehmen. Es sei somit schlüssig eine Gesamthandforderung begründet worden. Als Geschäftsführer der Erst‑ und der Zweitbeklagten sei der Drittbeklagte befugt gewesen, die Zahlung nicht nur für sich, sondern auch für die anderen beiden Beklagten entgegenzunehmen. Die Schuldnerin habe durch die geleistete Zahlung ihre im Vergleich eingegangene Verpflichtung gegenüber sämtlichen Beklagten erfüllt. Infolge erfolgreicher Anfechtung der Zahlung seien die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Rückzahlung verpflichtet.

Gegen das Berufungsurteil wendet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

In der Revision halten die Beklagten ihren Standpunkt aufrecht, dass die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung, wonach Gesamthandforderungen auch bei teilbaren Sachen durch Parteiwillen begründet werden könnten, nicht herrschend sei und keine Grundlage in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs habe. Eine solche fehle vielmehr zu dieser Frage. Überdies sei zu berücksichtigen, dass mehrere aus einem aufgehobenen Vertrag Bereicherte, die nach dem Vertrag Solidarschuldner gewesen seien, für Kondiktionen nur anteilig nach der Höhe ihrer Bereicherung hafteten. Mangels Zuordnung des überwiesenen Betrags an die einzelnen Beklagten sei in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen, dass der Vergleich nicht wirksam zustande gekommen sei.

Dazu wurde erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass im Revisionsverfahren das Vorliegen der Anfechtungs-voraussetzungen des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO ‑ der durch die hier bereits anwendbaren (§ 237 Abs 4 IO) Bestimmungen des IRÄG 2010 nicht geändert wurde ‑ nicht strittig ist: Die angefochtene Rechtshandlung (Zahlung des verglichenen Betrags) wurde innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 31 Abs 2 IO vorgenommen. Dass zu diesem Zeitpunkt die Schuldnerin bereits zahlungsunfähig war und sämtlichen Beklagten diese Zahlungsunfähigkeit iSd § 31 Abs 1 Z 2 IO zumindest bekannt sein musste, bezweifelt die Revision nicht.

2. Abgesehen davon, dass die Beklagten in erster Instanz lediglich die Unschlüssigkeit der Anfechtungsklage behaupteten bzw das Bestehen einer Solidarverpflichtung leugneten, nicht aber den Vergleich ‑ wie nun in der Revision ‑ wegen Unbestimmtheit für unwirksam erachteten, ist der Vergleich nicht unbestimmt.

2.1 Nach den Feststellungen einigten sich die Schuldnerin einerseits und die Beklagten andererseits im Zuge der von der Schuldnerin gegen die Beklagten geltend gemachten Einzelforderungen auf einen mit 30 % von den Gesamtforderungen errechneten Pauschalbetrag zuzüglich Zinsen und Kosten. Ferner einigten sich die Parteien darauf, dass die Schuldnerin allen Beklagten zu Handen des Drittbeklagten den Vergleichsbetrag zahlt.

2.2 Was die Streitteile als Gegenstand der Streitbereinigung angenommen haben, entscheidet der übereinstimmend erklärte Parteiwillen (RIS‑Justiz RS0017954). Vergleiche sind nach der Vertrauenstheorie auszulegen. Sie sind so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Maßgeblich ist somit der objektive Erklärungswert (RIS‑Justiz RS0014696).

2.3 Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass sich sämtliche Parteien darauf einigten, dass durch die Zahlung des vereinbarten Pauschalbetrags die Einzelforderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin verglichen werden sollten, wobei die vereinbarungsgemäße Zahlung des Pauschalbetrags an den Drittbeklagten die Schuldnerin von ihren Verpflichtungen gegenüber allen Beklagten befreien sollte. Dass nach den Feststellungen keine Aufteilung des Pauschalbetrags dahin vorgenommen wurde, welcher Gläubiger welchen Betrag erhalten sollte, sondern ein entsprechendes Vorgehen „späterhin in Aussicht“ genommen wurde, ändert an dieser Beurteilung, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannte, nichts: Dadurch wurde nur klargestellt, dass die interne Aufteilung nur noch Sache der Beklagten und damit de facto Sache des Drittbeklagten war, der als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaften der Erstbeklagten und als persönlich haftender Gesellschafter der Zweitbeklagten für diese unstrittig vertretungsberechtigt war.

2.4 Die offenbar von der Revision gewünschte gegenteilige Auslegung, dass nämlich sowohl die Wirksamkeit des Vergleichs als auch die schuldbefreiende Wirkung der von der Schuldnerin geleisteten Zahlung nur eintreten sollte, wenn feststünde, wie der Pauschalbetrag unter den Beklagten aufzuteilen sei, wäre ein gemessen am maßgeblichen objektiven Erklärungswert geradezu unvertretbares Auslegungsergebnis: Die Schuldnerin hätte sich nämlich bei dieser von den Beklagten nun gewünschten Vertragsauslegung trotz Vollzahlung des verglichenen Betrags an den Drittbeklagten ihrer Verpflichtungen gegenüber den Beklagten noch nicht entledigt; sie hätte vielmehr, um wirksam von ihren Verpflichtungen befreit zu werden, auf eine interne Aufteilung des Pauschalbetrags unter den Beklagten dringen müssen, auf die sie keinen unmittelbaren Einfluss hatte.

2.5 Mit dem Berufungsgericht ist daher die Vereinbarung so auszulegen, dass die Wirksamkeit des Vergleichs nach dem Parteiwillen nicht von einer Einigung der Beklagten über die interne Aufteilung abhängig war.

3. Daraus ergibt sich aber auch, dass das Berufungsgericht die aus dem Vergleich geschuldete Leistung zutreffend als nach dem Parteiwillen unteilbar beurteilt hat.

3.1 Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung geht nicht nur die herrschende Lehre, sondern auch die Rechtsprechung davon aus, dass die gesetzlichen Regelungen der §§ 888 ff ABGB über Mehrheiten im Schuldverhältnis dispositiv sind, also Gläubigermehrheiten iSd § 890 Satz 2 ABGB oder § 892 ABGB durch vertragliche Vereinbarungen auch für an sich teilbare Leistungen begründet werden können ( Gamerith in Rummel ABGB³ § 889 Rz 1 und § 890 Rz 1; Perner in Klang ³ § 888 Rz 3 und § 890 Rz 3 und 57; P. Bydlinski in KBB 4 § 888 Rz 4; RIS‑Justiz RS0017339 zur vertraglichen Gesamtgläubigerschaft nach § 892 ABGB; 3 Ob 620/86 = RIS‑Justiz RS0017306 zur vereinbarten Gläubigermehrheit nach § 890 ABGB).

3.2 Eine in Lehre und Rechtsprechung als „Gesamthandforderung“ iSd § 890 Satz 2 ABGB (kritisch zur Terminologie Perner in Klang ³ § 890 Rz 25) bezeichnete Forderung ist dadurch charakterisiert, dass die Leistung mangels gegenteiliger Vereinbarung schuldbefreiend nur allen Gläubigern gemeinsam erbracht werden kann ( Gamerith in Rummel ABGB³ § 890 Rz 3; P. Bydlinski in KBB 4 § 890 Rz 2 je mwN; Perner in Klang ³ § 890 Rz 1; s auch Rz 4 f zur ‑ strittigen ‑ Frage der Einzelklagebefugnis eines Gesamthandgläubigers). Besteht eine entsprechende Vereinbarung der Gläubiger, wirkt eine Leistung an den bevollmächtigten Gläubiger schuldbefreiend (RIS‑Justiz RS0017321 [T1]).

3.3 § 892 ABGB regelt demgegenüber den Fall, dass ein Schuldner mehreren Gläubigern „eben dasselbe Ganze zugesagt“ und die Gläubiger „ausdrücklich berechtigt“ hat, das Geschuldete „zur ungeteilten Hand“ zu fordern ( Riedler , Gesamt‑ und Teilgläubigerschaft im österreichischen Recht [1998] 36 ff). Es geht somit um die Verteilung einer Leistung auf mehrere Gläubiger. Bei der Gesamtforderung kann die Gesamtleistung jedem der Gläubiger erbracht werden. Hat der Schuldner einem der Gläubiger geleistet, wird er gegenüber allen Gesamtgläubigern befreit ( Perner in Klang ³ § 892 Rz 4).

3.4 Der hier zu beurteilende Vergleich sah vor, dass die Schuldnerin allen Beklagten zu Handen des Drittbeklagten, der zur Entgegennahme der Leistung für alle Gläubiger bestimmt wurde, mit schuldbefreiender Wirkung einen nicht aufgeschlüsselten Pauschalbetrag zu leisten hat. Anders als bei Gesamtgläubigerschaft iSd § 892 ABGB, für die charakteristisch ist, dass jeder Gläubiger zum Empfang der gesamten Leistung im eigenen Namen berechtigt ist, war daher hier Gläubigermehrheit iSd § 890 Satz 2 ABGB vereinbart, wobei der Drittbeklagte die Zahlung als Machthaber der übrigen Gläubiger annahm (6 Ob 32/11s immolex 2012/57 [ Limberg ] zu Mietzinsforderungen einer Vermietergemeinschaft; zur Benennung eines Mitgläubigers als Zahlstelle Perner in Klang ³ § 892 Rz 5). Ob auch bei Gesamtgläubigerschaft die Benennung eines Gläubigers als Zahlstelle möglich wäre (so Riedler , Gesamt‑ und Teilgläubigerschaft 100; aA Perner in Klang ³ § 892 Rz 5) bedarf hier keiner Erörterung, weil aus den dargelegten Gründen der Vergleich so auszulegen ist, dass eine Gläubigermehrheit iSd § 890 Satz 2 ABGB vereinbart wurde.

3.5 Auf den Einwand in der Revision, dass es an einer „ausdrücklichen“ Berechtigung der Beklagten iSd § 892 ABGB fehle, die Leistung zur ungeteilten Hand fordern zu können (vgl dazu aber 6 Ob 617/81 = RIS‑Justiz RS0017334; Riedler , Gesamt‑ und Teilgläubigerschaft 85 ff; Perner in Klang ³ § 892 Rz 6), kommt es somit nicht an.

4. Schließlich hat das Berufungsgericht auch zutreffend eine gesamtschuldnerische Rückzahlungs-verpflichtung der Beklagten bejaht.

4.1 Der anfechtungsrechtlichen Beurteilung ist voranzustellen, dass der Kläger nicht den Vergleich ‑ für dessen Anfechtbarkeit wegen des Verzichts der Beklagten auf volle Befriedigung ihrer Forderungen keine Anhaltspunkte bestehen und wofür auch kein Vorbringen des Klägers erstattet wurde ‑ anfocht, sondern die infolge des Vergleichs von der Schuldnerin nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit und zumindest fahrlässiger Unkenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 IO geleistete Zahlung.

4.2 Die IO selbst enthält keine Regeln, wie mehrere Anfechtungsgegner haften, denen eine anfechtbare Zahlung als vereinbarte Gläubigermehrheit iSd § 890 Satz 2 ABGB zufloss.

4.3 In der Entscheidung 9 Ob 24/04a (ÖBA 2005/1301 [krit Bollenberger ]; vgl auch RIS‑Justiz RS0006361) wird zwar betont, dass mehrere Geschäftsgegner nur auf das jeweils aus der anfechtbaren Handlung Erlangte haften; für den Sonderfall der Haftung für eine Quotenverschlechterung im Rahmen der Anfechtung wegen mittelbarer Nachteiligkeit wird aber eine Haftung mehrerer Gläubiger für den Gesamtnachteil bejaht.

4.4 Nach einer Auffassung ( Ehrenzweig , Kommentar zur Anfechtungsordnung [1916] 408; 5 Ob 221/71; vgl auch König , Die Anfechtung nach der IO 5 Rz 15/20) haften mehrere Anfechtungsgegner, die an der anfechtbaren Rechtshandlung als „Gegenkontrahenten“ teilgenommen haben, hinsichtlich desselben Anfechtungsanspruchs generell jedenfalls dann solidarisch gemäß § 1302 ABGB (für eine bloß analoge Anwendung König , Anfechtung 5 Rz 15/20), wenn sie gemäß § 39 Abs 2 IO als unredliche Besitzer anzusehen sind.

4.5 Die an dieser Auffassung geübte Kritik ( Koziol/Bollenberger in Buchegger , InsR I § 38 KO Rz 3 mwN) argumentiert, dass ein anfechtbarer Erwerb keine unerlaubte Handlung darstelle. Es seien daher die §§ 889 f ABGB anzuwenden, wonach eine Solidarhaftung nur bei Unteilbarkeit der Leistung bestehe, im Übrigen aber mehrere Anfechtungsgegner nur mit der „Kopfquote“ hafteten.

4.6 Auch unter Zugrundelegung dieser Auffassung ist aber die Entscheidung des Berufungsgerichts zutreffend: Der Drittbeklagte vereinnahmte als ermächtigte Zahlstelle eine einheitliche, nach dem Parteiwillen unteilbare und allen Gläubigern gemeinsam geschuldete Leistung für alle Gläubiger. Damit wurde die anfechtbare Rechtshandlung abschließend vorgenommen. Eine allfällige nachträgliche „interne“ Aufteilung des von der Schuldnerin gezahlten Pauschalbetrags zwischen den Beklagten ‑ auf die die Schuldnerin keinen Einfluss nehmen konnte und von der weder sie noch der nun klagende Insolvenzverwalter Kenntnis hatte ‑ ändert nichts daran, dass der Anfechtungstatbestand endgültig mit der Entgegennahme der Zahlung für alle Gläubiger verwirklicht wurde.

4.7 Dieses Ergebnis entspricht auch der in Deutschland herrschenden Auffassung, die davon ausgeht, dass die Anfechtungsgegner bei unteilbarer Leistung als Gesamtschuldner (§ 431 BGB) haften ( Zeuner , Die Anfechtung in der Insolvenz² [2007] Rz 337; Kummer/Schäfer/Wagner , Insolvenzanfechtung [2012] Rz B 537; Kirchhof in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung³ [2013] § 143 InsO Rz 6 je mwN).

4.8 Abgesehen davon, dass eine systematische Einordnung des Anfechtungsanspruchs als Kondiktionsanspruch in der österreichischen Lehre und Rechtsprechung nicht herrschend ist (s dazu König , Anfechtung 5 Rz 2/2 ff; vgl auch RIS‑Justiz RS0050372), versagt der Hinweis in der Revision auf die Rechtsprechung, wonach Solidarschuldner aus einem Vertrag für den Fall der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Vertrags nur für den erhaltenen Vorteil haften (RIS‑Justiz RS0016343; 1 Ob 127/98b; 1 Ob 288/01m; 3 Ob 93/10p) schon deshalb, weil die Beklagten gerade nicht Solidarschuldner oder Solidarberechtigte iSd § 892 ABGB aus dem Vergleich waren: Sie bildeten vielmehr eine Gläubigermehrheit iSd § 890 Satz 2 ABGB, der als solcher gemeinschaftlich eine Leistung (der bezahlte Pauschalbetrag) und somit auch der gesamte Vorteil zugeflossen ist. Außerhalb der Ingerenz der Vergleichsschuldnerin liegende nachfolgende Vorgänge innerhalb der Gläubigermehrheit sind dabei ebenso auszublenden wie sonstige Dispositionen des Empfängers einer anfechtbaren Zahlung nach Entgegennahme der Zahlung.

4.9 Auf die Frage, ob und in welcher Form ein Anfechtungsgegner, der den Anfechtungsanspruch zur Gänze erfüllte, gegenüber anderen Anfechtungsgegnern regressberechtigt ist (vgl dazu König , Anfechtung 5 Rz 4/35 mwN) muss in diesem Verfahren nicht eingegangen werden.

5. Daraus folgt zusammengefasst, dass der unberechtigten Revision ein Erfolg zu versagen ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte