OGH 3Ob20/23x

OGH3Ob20/23x15.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Hengstschläger Lindner Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei Y*, vertreten durch Mag. Hubert Wagner LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadtals Berufungsgericht vom 25. November 2022, GZ 16 R 228/22a‑217, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00020.23X.0315.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Vorinstanzen gingen von einem gleichteiligen Verschulden der Streitteile an der Zerrüttung der Ehe aus.

[2] Die Beklagte macht in ihrer außerordentlichen Revision die unrichtige Beurteilung des Zerrüttungsverschuldens geltend und vertritt dabei – zusammengefasst – den Standpunkt, der Kläger, der seinerseits Ehebruch begangen habe, habe durch seine beiden unter Anspruchsverzicht zurückgezogenen Scheidungsklagen auf die Geltendmachung der bis dahin allenfalls gesetzten Scheidungsgründe der Beklagten verzichtet und danach habe sie keine relevanten Eheverfehlungen mehr gesetzt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die Beklagte zeigt damit keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

[4] 1. Welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, sind Fragen des Einzelfalls, die – von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage begründen (RS0118125). Die Annahme eines gleichteiligen Verschuldens durch die Vorinstanzen ist hier keine solche im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung.

[5] 2. Soweit die Beklagte behauptet, sie habe nach der Zurückziehung früherer Scheidungsklagen durch den Kläger keine Eheverfehlungen mehr gesetzt, ist die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Beklagte insoweit nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen hat die Beklagte den Kläger nach der Zurückziehung der zweiten Scheidungsklage und noch vor endgültiger Zerrüttung der Ehe tätlich angegriffen und am Körper verletzt sowie eine Sachbeschädigung begangen, indem sie sich – trotz einer Trennungsvereinbarung – gewaltsam Zutritt zum Haus verschaffen wollte und dabei mit einem Granitstück die Eingangstür stark beschädigte. Im Hinblick auf diese Eheverfehlungen ist die unterstützende Berücksichtigung früherer Fehlverhalten der Beklagten gerade nach der von ihr selbst angezogenen Judikatur (1 Ob 618/85; RS0039659 [T1]) nicht zu beanstanden.

[6] 3. Der von der Beklagten behauptete sekundäre Feststellungsmangel liegt nicht vor. Die Beklagte versucht mit den dazu erstatteten Ausführungen, angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz aufzugreifen, deren Vorliegen bereits das Berufungsgericht verneint hat. Solche Mängel können aber nicht mehr erfolgreich mit Revision neuerlich aufgegriffen werden (RS0042963).

[7] 4. Da keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wird, ist die Revision nicht zulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dies nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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