Spruch:
I. Der Revision wird in Ansehung der Abweisung des Klagebegehrens von 93.463,76 EUR samt 9 % Zinsen seit 11. November 2003 nicht Folge gegeben und das Urteil des Berufungsgerichts in diesem Umfang als Teilurteil bestätigt.
II. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden im Umfang des Klagebegehrens von 68.750 EUR samt 9 % Zinsen seit 11. November 2003 sowie im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller Instanzen wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens sind Provisions- und Honoraransprüche des beklagten Rechtsanwalts, zu deren Abdeckung er 162.213,76 EUR aus einem der Klägerin zu seinen Handen zugekommenen Verkaufserlös einbehalten hat.
Der Beklagte ist nicht nur als Rechtsanwalt tätig, sondern führt seit Jahren mittels eigener Immobiliengesellschaften „Immobilienprojekte“ durch. Die Klägerin und ihr Ehemann betrieben vorerst gemeinsam eine Gärtnerei, seit 1997 führte die Klägerin den Betrieb allein weiter. Sie und ihr Ehemann waren bzw sind jeweils Hälfteeigentümer von in Wien-Leopoldau und von in E***** (Niederösterreich) gelegenen Liegenschaften. In Wien-Breitenlee befindliche Liegenschaften standen im Alleineigentum des Ehemanns. Es waren hohe Kreditverbindlichkeiten vorhanden, die auf den Liegenschaften besichert waren. Um diese Verbindlichkeiten zu reduzieren, beabsichtigten die Klägerin und ihr Ehemann, die in Wien gelegenen Liegenschaften zu verkaufen. Zu diesem Zweck hatte der Ehemann der Klägerin bereits Verkaufsverhandlungen mit dem Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfond begonnen, die sich langwierig gestalteten. Ende 2002 betrugen die Kreditverbindlichkeiten gegenüber der Raiffeisenkasse O***** rund 350.000 EUR, davon wurden 72.672 EUR gerichtlich betrieben. Bei den vier in E***** gelegenen Liegenschaften war bereits ein Zwangsversteigerungsverfahren anhängig und der Versteigerungstermin war für den 4. März 2003 anberaumt. Der Kreditrahmen der Eheleute bei der Raiffeisenlandesbank war ausgeschöpft; der dortige Sachbearbeiter stellte in den Raum, dass im Fall der Zwangsversteigerung der vier Liegenschaften auch die Raiffeisenlandesbank die bei ihr offenen Verbindlichkeiten fällig stellen werde. Anfang 2003 war abzusehen, dass der Verkauf der in Wien gelegenen Liegenschaften nicht mehr so rechtzeitig werde erfolgen könne, dass die drohende Zwangsversteigerung der in E***** gelegenen Liegenschaften abgewendet werde. Der Sachbearbeiter der Raiffeisenlandesbank schlug dem Ehemann der Klägerin daher vor, mit dem nunmehr beklagten Rechtsanwalt Kontakt aufzunehmen. Nachdem es auch diesem nicht gelungen war, bei der Raiffeisenlandesbank eine Krediterhöhung zu erwirken, kam es am 3. März 2003 - also einen Tag vor dem Versteigerungstermin - zu einer weiteren Besprechung in der Kanzlei des Beklagten. Außer Streit steht, dass für die Klägerin an diesem Tag eine wirtschaftliche Zwangslage bestand. Der Beklagte sagte im Rahmen dieser Besprechung eine Darlehensgewährung an beide Ehegatten zwecks Abwendung der Versteigerung zu. Das Darlehen war nur durch nicht werthaltige Hypotheken besicherbar, da die Liegenschaften bereits mit zahlreichen Pfandrechten belastet waren. Die Liegenschaften waren zudem gärtnerisch gewidmet, sodass der Beklagte die einzige Möglichkeit, die Rückzahlung des Darlehens zu gewährleisten, darin sah, das Ehepaar bei seiner wirtschaftlichen Gestion zu begleiten, um den Verkauf der Liegenschaften sicherzustellen. In diesem Sinn wurde besprochen, dass der Beklagte seine wirtschaftlichen Kontakte nützen sollte, um alternative Angebote zu erhalten und den Preis in die Höhe zu treiben; er sollte die „rechtliche Begleitung“ dieses Verkaufsvorhabens durchführen. Weiters wurde der Verkauf der Liegenschaften in E***** besprochen; dieser sollte nur dann stattfinden, wenn die Verkäufe der Liegenschaften in Wien nicht rasch genug erfolgen könnten. Bezüglich der Liegenschaften in E***** sollte der Beklagte für den Ehemann der Klägerin ein Projekt zu ihrer Verwertung entwickeln. Ferner wurde eine notwendige Umwidmung besprochen. Der Beklagte sollte die Lastenfreistellung von Liegenschaften durch Vereinbarungen mit andrängenden Gläubigern erwirken und im Zwangsversteigerungsverfahren und in dem von der Raiffeisenbank O***** zu AZ 28 Cg 43/03d des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien geführten Titelverfahren einschreiten. Die mehrstündige Besprechung mündete in die schriftliche Vereinbarung eines Kreditvertrags (Beilage A) und einer „Honorar- und Provisionsvereinbarung“ (Beilage B). Der Kreditvertrag lautet auszugsweise wie folgt:
„Kreditvertrag
... I.
Der Kreditgeber stellt den vorgenannten Kreditnehmern einen einmal ausnützbaren Kredit ... von EUR 133.254,08 ... zur Verfügung.
Der Kredit wird den Kreditnehmern gewährt, um deren unternehmerische Tätigkeit im Rahmen der Liegenschaftsentwicklung durch Abwendung des derzeitigen Zwangsversteigerungsverfahrens bei deren Liegenschaften in E***** aufrecht zu unterstützen. Die Auszahlung der Kreditsumme erfolgt direkt an die betreibenden Gläubiger.
II.
Die Verzinsung beträgt 4 % p.a. diese Verzinsung bleibt während der Laufzeit fix. An Verzugszinsen werden 14 % p.a. vereinbart.
III.
Die Rückzahlung des Kredits hat bis spätestens 3. März 2005 zu erfolgen. Sofern sich die wirtschaftliche Bonität auch nur eines der beiden Kreditnehmer verschlechtert, kann das Kreditverhältnis durch den Kreditgeber jedoch mit sofortiger Wirkung gekündigt werden. Diesfalls ist der Kredit sofort zurückzuzahlen.
...
VI.
Als Sicherheit wird die Einverleibung eines Simultanpfandrechts im Höchstbetrag von EUR 140.000 auf sämtlichen Liegenschafts- und Liegenschaftsanteilen der Kreditnehmer vereinbart.
...“
Die Beilage B lautet wie folgt:
„Honorar und Provisionsvereinbarung
I.
Im Hinblick auf das am heutigen Tage gewährte Darlehen und den Leistungen des Herrn Dr. ... (Beklagten) im Zusammenhang mit der Verwertung vereinbaren die Vertragsparteien, dass neben der vereinbarten Rückzahlung des Kreditbetrags Herrn Dr. ... (Beklagten) ein Betrag in Höhe von 20 % aus sämtlichen Verwertungserlösen aus den Liegenschaften EZ ... des Grundbuchs ... E***** zusteht. Die Bemessungsgrundlage für den errechneten Anteil des Herrn Dr. ... (Beklagten) in Höhe von 20 % verringert sich um einen Betrag in Höhe von EUR 358.739,24. Dies entspricht dem Mindestgebot der Liegenschaft EZ ... des Grundbuchs ... E***** im Zwangsversteigerungsverfahren dieser Liegenschaften.
II.
Für den Fall, dass die in Punkt I. genannten Liegenschaften von den Kreditnehmern nicht bis spätestens 28. Februar 2007 verkauft werden, ist ein Betrag von EUR 150.000 an den Kreditgeber zu leisten. Sollte aufgrund von davor durchgeführten, teilweisen Verwertungen der genannten Liegenschaften aufgrund des Anspruchs auf 20 % des Verwertungserlöses bereits ein Betrag an Herrn Dr. ...(Beklagten) geleistet worden sein, so verringert sich der zu leistende Pauschalbetrag in Höhe von EUR 150.000 entsprechend.
Sofern aus den Verwertungserlösen der 20%ige Anteil einen Betrag in Höhe von EUR 150.000 übersteigt, so ist die genannte Pauschale, welche im Jahr 2007 zu leisten ist, keine Höchstsumme. Auch für den Fall von Verwertungen nach dem Jahr 2007 gebührt Herrn Dr. ... (Beklagten) ebenfalls der 20%ige Anteil. Hiebei ist jedoch ein geleisteter Pauschalbetrag entsprechend in Anrechnung zu bringen.
III.
Weiters wird Herr Dr. ... (Beklagter) für die Kreditnehmer die Verwertung der Liegenschaften ... des Grundbuchs ... Leopoldau und der Liegenschaft EZ ... des Grundbuchs ... Breitenlee wirtschaftlich durch seine Kontakte unterstützen. Dies insbesondere im Hinblick auf die kaufmännischen Kontakte des Herrn Dr. ... (Beklagten), welche einerseits der Verwertung der Liegenschaften, andererseits der Verhinderung von Verwertungsmaßnahmen der Kreditgeber dienen werden. Hiefür wird eine Beteiligung an sämtlichen Verwertungserlösen dieser Liegenschaften in Höhe von 2 % vereinbart.
IV.
Darüber hinaus wird Herr Dr. ... (Beklagter) bei der Verwertung der in den Punkten II. und III. genannten Liegenschaften und in sonstigen Angelegenheiten für Herrn ... [Ehegatte der Beklagten] und Frau ... [Beklagte] anwaltlich tätig werden. Hiefür wird eine Honorierung nach den Autonomen Honorarrichtlinien vereinbart. ...“
Die Klägerin unterschrieb die Urkunden (Beil A und B), weil sie ihre Verpflichtungen den Gläubigern gegenüber erfüllen wollte. Der Beklagte traf diverse Vereinbarungen mit andrängenden Gläubigern und vereinbarte reduzierte Abschlagszahlungen. Er stärkte die Position der Verkäufer dadurch, dass er auf einen weiteren Kaufinteressenten verweisen konnte, was sich erhöhend auf den vom Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds erzielbaren Kaufpreis auswirkte. Weiters erarbeitete er gemeinsam mit einem Notar eine Optionsvariante aus, womit der Ankauf der für den Fonds wirtschaftlich interessanteren Liegenschaften in Wien-Breitenlee nach dem Ankauf der Liegenschaften in Wien-Leopoldau gesichert wurde. Die in Wien-Leopoldau gelegenen Liegenschaften konnten im Juli 2003 um 3.488.296,04 EUR, die in Wien-Breitenlee gelegenen Liegenschaften im April 2005 um 3.270.277,54 EUR verkauft werden. Zu den von einem Notar errichteten Kaufverträgen leistete der Beklagte juristische Beiträge und bewerkstelligte die Lastenfreistellung der Liegenschaften. Durch sein Engagement konnte die Zwangsversteigerung der in E***** gelegenen Liegenschaften abgewendet und eine Fälligstellung der Kredite durch die Raiffeisenlandesbank verhindert werden, weil die Verbindlichkeiten im Wesentlichen durch den Verkaufserlös der anderen Liegenschaften abgedeckt wurden. Für die in E***** gelegenen Liegenschaften hatte der Beklagte bereits eine Projektstudie in Auftrag gegeben, die zum Ziel hatte, die bessere Vermarktbarkeit dieser Grundstücke herzustellen. Weiters hatte er Bemühungen gestartet, eine Umwidmung des bisher landwirtschaftlich gewidmeten Grundes in Bauland zu erreichen.
Insgesamt brachte der Beklagte für die Klägerin und ihren Ehemann 35 Rangordnungsgesuche bei den Grundbuchsgerichten ein. Im Hinblick auf das Zwangsversteigerungsverfahren erbrachte er für sie und ihren Ehemann Vertretungsleistungen, die einem Wert unter 72.000 EUR entsprachen. Im Verfahren AZ 28 Cg 43/03d des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien beträgt der Wert seiner Vertretungsleistungen 9.756,05 EUR, die nach Ansicht der Parteien zur Hälfte der Klägerin zuzurechnen sind.
Da die Verbindlichkeiten aus den erzielten Verkaufserlösen abgedeckt werden konnten, ließ der Ehemann der Klägerin den Beklagten im November 2003 wissen, dass die Liegenschaften in E***** nicht veräußert werden würden. Da sich infolge der Treuhandstellung des Beklagten der Erlös aus dem Verkauf der beiden in Wien gelegenen Liegenschaften auf einem Treuhandkonto beim Beklagten befand, übergab dieser dem Ehemann der Klägerin folgendes Abrechnungsschreiben (Beilage G = 5), damit er dieses mit der Klägerin bespreche.
„Herrn ... [Ehegatte der Beklagten]
Betrifft: Kaufverträge mit WBSF ...
In der im Betreff genannten Angelegenheit darf ich Ihnen die erfreuliche Mitteilung machen, dass der Notar Dr. T***** nunmehr einen Betrag in Höhe von EUR 2.130.530,12 überwiesen hat. Dieser Betrag unterliegt jedoch noch einer treuhändigen Bindung. Denn ich habe von der Raiffeisenlandesbank ... Löschungsquittungen erhalten. Ich war verpflichtet, über diese nur dann zu verfügen, sofern ein Betrag in Höhe von EUR 1.288.000 auf das Konto der Raiffeisenlandesbank ... direkt und der Restbetrag auf mein Treuhandkonto überwiesen wird. Die Verfügung über diesen Treuhandbetrag bedarf daher noch der Zustimmung dieses Kreditinstituts.
Diese Zustimmung vorausgesetzt, erlaube ich mir nachfolgende Treuhandabrechnung durchzuführen.
...
5. Nunmehr zu meinen Ansprüchen:
a) Ich habe Ihnen am 3. März 2003 ein Darlehen in Höhe von EUR 133.254,08 gewährt. Inklusive der Eilkosten, Gerichtskosten (Eintragungsgebühr) und der vereinbarten Verzinsung beträgt der zum jetzigen Zeitpunkt bestehende Anspruch EUR 138.631.
b) Im Hinblick auf unsere bei den Liegenschaften E***** eingegangene Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt es vereinbarungsgemäß nunmehr aufgrund der von Ihnen erfolgreich durchgeführten Liegenschaftsabwicklung zu einer Auflösung derselben. Ich verzichte daher auf meine Ansprüche aus einer allfälligen Verwertung. Der hiefür vereinbarte Betrag beläuft sich auf EUR 150.000. Da der Betrag vorzeitig ausbezahlt wird, habe ich eine Barwertberechnung auf EUR 137.500 vorgenommen.
c) Die für die Verwertung der Liegenschaften N***** und Z***** vereinbarte Bezahlung im Zusammenhang mit meiner kaufmännischen Tätigkeit beläuft sich vereinbarungsgemäß auf EUR 135.171,48.
d) Wie Sie wissen, hatte meine Kanzlei in diesem Jahr hunderte Stunden an Verhandlungen, Besprechungen, Schriftstücken, Telefonaten etc zur erfolgreichen Abwendung ihrer prekären Vermögenssituation und der Veräußerung der Liegenschaften durchgeführt. Tarifmäßig hätte dies einen Honoraranspruch ergeben, welcher mehrere hunderttausend Euro ausgelöst hätte. Im Hinblick auf die nunmehr erfolgreiche Abwicklung und den Gesamtumfang der Causa - auch in Anrechnung der oben genanten Beträge - erlaube ich mir daher, meinen Honoraranspruch mit einer pauschal außerordentlich reduzierten Honorarnote über EUR 60.000 zuzüglich 20 % USt in Rechnung zu stellen.
e) Für das anhängige Verfahren gegen die Raiffeisenkasse O***** reg. GenmbH liegt eine Akontokostennote über EUR 9.756,05 bei.
6.) Sofern die Raiffeisenlandesbank ... dieser Vorgangsweise zustimmt, werde ich daher den Restbetrag in Höhe von EUR 554.351,70 auf ein von Ihnen namhaft zu machendes Konto überweisen.
Ich bitte um Bekanntgabe desselben.
...
Obige Ausführungen rechtsgeschäftlich, auch vergleichsweise endgültig bereinigend, werden zur Kenntnis genommen. Auszahlung hat auf das Konto ... bei der ... erfolgen.
Adolf S***** Marianne S*****“
Der Beklagte erörterte den Inhalt dieses Schreibens mit der Klägerin nicht. Diese unterfertigte es zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt an der vom Beklagten dafür vorgesehene Stelle unmittelbar unter dem Beisatz „obige Ausführungen rechtsgeschäftlich, auch vergleichsweise endgültig bereinigend, werden zur Kenntnis genommen“. Entsprechend dem Ergebnis eines Gesprächs zwischen dem Ehepaar und einem Mitarbeiter der Raiffeisenlandesbank, bei dem die Höhe der Honorar- und Provisionsansprüche des Beklagten nicht erörtert wurden, wurde dem Beklagten eine auch von der Klägerin unterzeichnete Auszahlungsanordnung (Beilage 6) übermittelt, welcher er entsprach.
Die Klägerin begehrte zunächst vom Beklagten Rechnungslegung über Vertretungshandlungen zur Abwehr andrängender Gläubiger, über Entschuldung, Intervention in den Verfahren AZ 8 E5686/02x des Bezirksgerichts Gänserndorf und AZ 28 Cg 43/03d des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, sowie Leistungen im Zusammenhang mit den Verkaufsverhandlungen N***** ... Grundbuch Leopoldau für den Zeitraum 3. März 2003 bis 11. November 2003. Des weiteren begehrte sie die Bezahlung von 68.750 EUR samt Nebengebühren. Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2007 brachte sie vor, aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse nunmehr in der Lage zu sein, das Manifestationsbegehren fallen zu lassen; unter einem dehnte sie das Leistungsbegehren auf 162.213,76 EUR aus. Dieser Betrag setze sich wie folgt zusammen: Jeweils aus der Hälfte der Einbehalte des Beklagten von 137.500 EUR an Entgelt für die „einvernehmliche Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, 72.000 EUR an vereinbartem Pauschalhonorar für juristische Leistungen, 9.756 EUR „Akontokostennote“ und 135.171,48 EUR an Honorar für Leistungen im Zusammenhang mit den Verkaufsverhandlungen. Zu berücksichtigen sei ein berechtigter Honoraranspruch von 15.000 EUR für die Vertretung gegenüber der Raiffeisenbank O***** und für die Abwicklung des gewährten Darlehens. Der restliche Betrag von 162.213,76 EUR sei zu Unrecht einbehalten worden. Ein Teil der Gesamtsumme, nämlich die Hälfte des Einbehalts für die „einvernehmliche Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ...“ im Betrag von 68.750 EUR sei bereits ziffernmäßig bestimmt geltend gemacht worden, der Rest in Höhe von 93.463,76 EUR entfalle auf den bisher nicht bezifferten Teil des Urteilsbegehrens.
Die Klägerin brachte im Wesentlichen vor, die Vereinbarung Punkt I.) und II.) der Provisions- und Honorarvereinbarung sei wucherisch, da der Beklagte bei deren Abschluss einen Tag vor der Zwangsversteigerung der in E***** gelegenen Liegenschaften ihre Zwangslage und ihre wirtschaftliche und rechtliche Unerfahrenheit ausgenützt habe. Das Darlehen sei hypothekarisch besichert worden. Da die belasteten Liegenschaften einen ausreichenden Haftungsfonds dargestellt hätten, sei ein über das übliche Maß hinausgehendes Risiko mit der Darlehensgewährung nicht verbunden gewesen. Aus diesem Grund stehe dem vereinbarten Entgelt von 20 % aus den allfälligen Verwertungserlösen der in E***** gelegenen Liegenschaften sowie der für den Fall des Unterbleibens des Verkaufs vereinbarten Abstandszahlung von zumindest 150.000 EUR keine Gegenleistung gegenüber. Auch widerspreche diese Vereinbarung dem Verbot, dass ein Rechtsfreund nicht eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich lösen oder sich einen bestimmten Teil des Betrags versprechen lassen dürfe, der der Partei zuerkannt wird. Außerdem werde die in den Punkten I.) und II.) enthaltene Vereinbarung wegen arglistiger Irreführung angefochten. Der Beklagte habe es unterlassen, im notwendigen Umfang aufzuklären und zu beraten. Die Klägerin sei von ihrem Ehemann „überrumpelt“ worden, das Abrechnungsblatt zu unterschreiben, obwohl der Verkaufserlös mehrheitlich zur Abdeckung seiner Schulden verwendet worden sei. Von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei nie gesprochen worden.
Der Beklagte stellte außer Streit, dass im Zeitpunkt der Darlehensgewährung eine wirtschaftliche Zwangslage der Klägerin bestanden habe. Er wendete zusammengefasst ein, er sei mit anwaltlichen und nichtanwaltlichen Tätigkeiten beauftragt worden. Die anwaltlichen Tätigkeiten hätten die Lastenfreistellung, die Abwehr andrängender Gläubiger, die Vertretung im Zwangsversteigerungsverfahren und im Verfahren AZ 28 Cg43/03d des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien umfasst. Für die anwaltlichen Tätigkeiten sei er berechtigt gewesen, nach AHR abzurechnen, was zu einem höheren Honorarbetrag als begehrt geführt hätte. Abweichend von der Vereinbarung Punkt IV.) sei dann ein Pauschalhonorar vereinbart worden, dessen Aufschlüsselung er mittlerweile vorgenommen habe. Die nicht verfahrensgegenständliche Darlehensgewährung, der Einsatz seiner kaufmännischen und wirtschaftlichen Kontakte zum Verkauf der in Wien gelegenen Liegenschaften, die 2%ige Provision aus deren Verkaufserlös sowie seine Tätigkeiten im Zusammenhang mit den in E***** gelegenen Liegenschaften seien dem nichtanwaltlichen Tätigkeitsbereich zuzuordnen. Die Entlohnung dieser Leistungen habe nicht nach Anwaltsvertragsrecht, sondern nach dem dem Vertragsgegenstand entsprechenden Recht zu erfolgen. Die von ihm geforderten Entgelte seien angemessen. Eine Verzinsung des Darlehens von nur 4 % sei unter Berücksichtigung der nicht vorhandenen Sicherheiten und des damaligen Zinssatzes für die Klägerin wirtschaftlich äußerst vorteilhaft gewesen. In Ansehung der in E***** gelegenen Liegenschaften habe er ein Projekt zu deren Verwertung zu entwickeln gehabt, worauf die Punkte I.) und II.) der Vereinbarung abzielten. Das „tote Kapital“ sollte in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verwertbar gemacht werden, in welcher das Ehepaar die Liegenschaften und er sein „know-how“ einbringen hätte sollen. Der von ihm erzielte Kaufpreis für die in Wien gelegenen Liegenschaften von insgesamt 6.688.807,66 EUR sei geradezu „sensationell“. Infolge der Vielzahl von Verhandlungen und der Einbringung kaufmännischer Lösungen sei dafür ein Honorar von 2 % laut Punkt III.) der Provisions- und Honorarvereinbarung jedenfalls gerechtfertigt. Außerdem sei es ihm gelungen, bei den Gläubigern zum Teil beträchtliche Forderungsreduktionen zu erreichen. Die Klägerin habe aktiv an allen Verhandlungen teilgenommen und sei über jeden Schritt detailliert aufgeklärt worden. Im Zuge der Treuhandschaft habe er beiden Ehegatten ein Abrechnungsschreiben übermittelt, dessen Inhalt zwischen den Ehegatten und dem zuständigen Sachbearbeiter der Bank als deren Interessenswahrer erörtert worden sei. Danach hätten beide Ehegatten das Abrechnungsschreiben unterfertigt retourniert. Die Klägerin habe die in dieser Urkunde enthaltenen Ausführungen zu einem Zeitpunkt „vergleichsweise, endgültig bereinigend“ zur Kenntnis genommen, in dem keine Zwangslage mehr bestanden habe. Eine Anfechtung wegen Wuchers oder Arglist sei daher nicht mehr möglich.
Das Erstgericht ließ die Klageänderung zu und gab dem Klagebegehren mit 67.585,74 EUR statt; das Mehrbegehren von 94.628,02 EUR sA wurde abgewiesen. Von seinen über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehenden Feststellungen sind für das Revisionsverfahren wesentlich folgende Negativfeststellungen hervorzuheben:
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Klägerin die Vereinbarungen Beilagen A und B nicht unterfertigt hätte, wenn sie über die vom Beklagten zu erbringenden Leistungen oder die AHR und die Folgen ihrer Vereinbarung weitere Aufklärung erhalten hätte. Auch von ihrem Ehegatten wurde keinerlei Druck auf die Klägerin im Zusammenhang mit der Unterfertigung der Urkunden Beilagen A und B ausgeübt. Die näheren Umstände, wann und wie es zur Unterschriftsleistung der Klägerin auf dem Abrechnungsschreiben des Beklagten (Beilage G = 5) kam, sind nicht feststellbar.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass der Klägerin kein Rechnungslegungsanspruch gegen den Beklagten zukomme. Es sei nicht zu einer Bezifferung eines berechtigten Manifestationsanspruchs gekommen, sondern zu einer Klageänderung, die zulässig sei. Die Provisions-und Honorarvereinbarung sowie der Darlehensvertrag seien insoweit abgeändert worden, als die Parteien mit dem Abrechnungsschreiben vom November 2003 eine neue Vereinbarung über die einzubehaltenden Ansprüche des Beklagten geschlossen hätten, die sich auf bereits erbrachte Leistungen des Beklagten bezogen habe; ferner darauf, dass die Verwertung der in E***** gelegenen Liegenschaften unterbleiben sollte. Diese Vereinbarung stelle keinen Vergleich dar; auch die Voraussetzungen einer Novation seien nicht gegeben, da sich weder aus den Behauptungen noch aus den Beweisergebnissen ableiten lasse, dass die Ansprüche des Beklagten dem Grunde oder der Höhe nach strittig gewesen wären. Für arglistiges Verhalten lägen keine Anhaltspunkte vor. Auch das Vorliegen eines wucherischen Vorgehens sei zu verneinen. Die für den Fall des Nichtzustandekommen des Verkaufs der in E***** gelegenen Liegenschaften getroffene Provisionsvereinbarung sei nicht sittenwidrig; in den Besprechungen mit der Klägerin sei klargelegt worden, dass die Summe von 20 % des Verwertungserlöses für die Ermöglichung der Verwertung zu bezahlen seien, welche seit Jahren wegen Widmungsproblemen nicht gelungen sei. Der Beklagte habe zur Verwirklichung der Verwertung Leistungen erbracht, allerdings sei die Vereinbarung vorzeitig gelöst worden. Die anwaltlichen und nichtanwaltlichen Tätigkeiten des Beklagten im Zusammenhang mit der Verwertung der Liegenschaften seien voneinander nicht zu trennen, weil sie dasselbe Ziel gehabt hätten, sodass der Beklagte „nahezu durchgehend“ als Parteienvertreter des Ehepaars anzusehen sei. Sei anwaltliches Kostenrecht anwendbar, widersprächen die Punkte I.), II.) und III.) der Honorar- und Provisionsvereinbarung Beilage B teilweise § 879 Abs 2 Z 2 ABGB, weil die Bemessungsgrundlage bei Abschluss der Vereinbarung nicht bekannt gewesen sei. Die Vereinbarung eines Fixbetrags von 150.000 EUR laut Punkt IV.) sei hingegen nicht nichtig.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung beider Parteien das Ersturteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtlich ging es davon aus, der Beklagte habe sich in der Honorar- und Provisionsvereinbarung zu Tätigkeiten und Leistungen verpflichtet, die er nach den Feststellungen des Erstgerichts in dem dort festgehaltenen Umfang auch erbracht habe. Dadurch, dass sich der Beklagte zur Kreditvergabe nur unter der Voraussetzung bereit gesehen habe, dass ihm auch die Betreuung der wirtschaftlichen Gestion der Liegenschaftsverwertung obliege, sei der Wuchertatbestand nicht verwirklicht worden. Eine Gegenleistung des Beklagten sei darin zu sehen, dass er eine Recherche über die Verwertungsmöglichkeiten eines Wohnprojekts auf den in E***** gelegenen Liegenschaften in Auftrag gegeben habe. Selbst wenn man die Quote von 20 % bzw den Pauschalbetrag von 150.000 EUR als für eine Darlehensgewährung wucherisch vereinbarte Gegenleistung erachten wollte, stellte die Unterzeichnung des Abrechnungsschreibens und der Auszahlungsanordnung durch die Klägerin einen Verzicht auf das Anfechtungsrecht wegen Wuchers dar. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abrechnungsschreibens und der Auszahlungsanordnung sei die drohende Versteigerung bereits abgewendet und die Zwangslage des weitgehenden Vermögensverlusts gebannt gewesen. Die zweimalige Unterfertigung von Erklärungen über die Auszahlung des Treuhanderlöses sei somit nach Wegfall der Drucksituation erfolgt. Der Klägerin habe bewusst sein müssen, dass ihre in den Urkunden abgegebenen Erklärungen aus der Sicht des Beklagten so zu verstehen seien, dass sie die Vereinbarung über die Entlohnung seiner Tätigkeit als verbindlich erachte und sie durch die Auszahlungsanweisung erfülle. Der Beklagte habe als Erklärungsempfänger darauf schließen dürfen, dass seinen Entgeltansprüchen keine auf § 879 ABGB gegründeten Einwendungen mehr entgegengehalten werden. Die Klägerin habe freiwillig allen vom Beklagten gestellten Forderungen entsprochen. Die Vereinbarungen Punkt I.) und II.) stellten keine Honorarvereinbarungen für anwaltliche Tätigkeiten dar, sondern für die Tätigkeit eines Immobilienentwicklers, der potentiellen Bauherrn und Investoren Nutzungsmöglichkeiten für Liegenschaften aufzeigen und das Projekt bis zur Verwertung betreuen sollte. Auch die in Punkt III.) vereinbarte Tätigkeit sei inhaltlich keine anwaltliche Tätigkeit, sondern eine solche in der Art eines „Lobbyisten“, weswegen sich die Frage der Anwendung des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB nicht stelle. Die Quote von 2 % vom Verkaufserlös mache das vereinbarte Honorar bestimmbar. In Ansehung der anwaltlichen Tätigkeiten stehe ein Rechnungslegungsanspruch nicht zu, weil das Abrechnungsschreiben als Offert einer pauschalen Abrechnung der anwaltlichen Leistungen im Umfang von 60.000 EUR zuzüglich 20 % USt zu verstehen sei. Auf dieses Offert sei die Klägerin durch Unterfertigung und Erteilung einer entsprechenden Auszahlungsanweisung eingegangen. Damit habe sie sich der angebotenen Pauschalabrechnung unterworfen und auf die Legung einer Honorarabrechnung nach Einzelleistungen verzichtet.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und teilweise im Sinne einer Aufhebung zur Verfahrensergänzung auch berechtigt.
I. Wer den Schutz des KSchG für sich in Anspruch nehmen will, muss behaupten und nachweisen, dass das erste Hauptstück des KSchG anzuwenden ist und die Voraussetzungen für den Verbraucherschutz vorliegen (SZ 55/51; SZ 63/134; 3 Ob 547/93). Das erstmals in der außerordentlichen Revision erstattete Vorbringen, die Klägerin sei als Verbraucherin anzusehen, widerspricht dem Neuerungsverbot und hat daher unbeachtlich zu bleiben.
II.1. Die Frage, ob eine anwaltliche Tätigkeit vorliegt, ist nach den berufsrechtlichen Vorschriften, somit nach § 8 RAO zu beurteilen (8 Ob 4/97i; 3 Ob 229/05f; RIS-Justiz RS0071739; RS0038763). Nach § 8 RAO ist der Rechtsanwalt zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und Privatangelegenheiten befugt. Zur Tätigkeit des Rechtsanwalts gehört neben der Beratung die Vertretung von Parteien vor Gericht und anderen Behörden aber auch die Vertretung der Interessen eines Geschäftsmanns oder eines Unternehmens staatlichen und halbstaatlichen Institutionen gegenüber (RIS-Justiz RS0071731). Überwiegen im Rechtsverhältnis die dem Bevollmächtigungsvertrag zu unterstellenden Leistungen, gilt (ausschließlich) Anwaltsvertragsrecht (1 Ob 598/91; RIS-Justiz RS0071739). Zielt dagegen der Gegenstand des mit dem Anwalt geschlossenen Vertrags auf nichtanwaltliche Tätigkeit ab, oder ist die rein anwaltliche Tätigkeit nur von untergeordneter Bedeutung, gilt nicht Anwaltsvertragsrecht, sondern - auch für die Entlohnung - das dem Vertragsgegenstand entsprechende Recht, beispielsweise für eine Kreditverschaffung Maklerrecht (RS0038767, zuletzt 8 Ob 4/97i). Ob nun im Einzelfall Anwaltsvertragsrecht anzuwenden ist, stellt eine jeweils an Hand des festgestellten Sachverhalts zu lösende Rechtsfrage dar (1 Ob 598/91 mwN).
2. Auch wenn es nach diesen Grundsätzen nicht allein auf die gemeinsame Zielsetzung sämtlicher vom Beklagten vorzunehmender Handlungen - nämlich die Ordnung der finanziellen Verhältnisse der Klägerin und ihres Ehemanns - ankommt, sondern der Inhalt der jeweiligen Vereinbarung für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses maßgeblich ist, so stellt jedenfalls der in Punkt III.) der Honorar- und Provisionsvereinbarung vereinbarte Einsatz kaufmännischer und wirtschaftlicher Kontakte im Rahmen von Liegenschaftsverkäufen keine anwaltliche Tätigkeit dar. Da die Entschuldung der Klägerin und ihres Ehegatten maßgeblich vom Erfolg der Verkaufsbemühungen des Beklagten abhing, kommt diesen Tätigkeiten im Verhältnis zu den in Punkt IV.) vereinbarten anwaltlichen Tätigkeiten übergeordnete Bedeutung zu. Da auf diese nichtanwaltlichen Leistungen Anwaltsvertragsrecht und anwaltliches Kostenrecht nicht zur Anwendung kommt, steht die Vereinbarung einer 2%igen Beteiligung an den Verwertungserlösen (vgl die Höchstbeträge gemäß § 15 Abs 2 der ImmobilienmaklerV, BGBl I1996/297) der in Wien gelegenen Liegenschaften nicht mit dem Provisionsverbot gemäß § 53 RL-BA in Widerspruch, gilt dieses doch ausschließlich für anwaltliche Tätigkeiten.
3. Auch die in Punkt I.) der Kontovereinbarung geregelte Entgeltvereinbarung hat überwiegend nichtanwaltliche Leistungen des Beklagten zum Gegenstand, hatte er doch ein Projekt für die günstigste Verwertung der Liegenschaften zu erstellen und sollte die Umwidmung in Bauland erreichen. Auf einen solchen Vertragstyp ist das aus dem Standesrecht herrührende Verbot des Ansichlösens der Streitsache (§ 879 Abs2 Z 2 ABGB) nicht anzuwenden.
4. Für die in Punkt IV.) beauftragten anwaltlichen Tätigkeiten sollten vereinbarungsgemäß die AHR gelten. Von dieser Vereinbarung wichen die Parteien jedoch wieder ab: Wie bereits das Berufungsgericht erkannte, ist das Schreiben des Beklagten, er sei zu einer pauschalen Reduktion seines Anwaltshonorars auf 60.000 EUR (zuzüglich USt) bereit, als Anbot auf Abschluss einer Vereinbarung eines Pauschalhonorars iS des § 50 Abs 3 RL-BA zu verstehen. Die Klägerin nahm dieses Anbot durch Setzen ihrer Unterschrift an, sodass sie zur Begleichung (der Hälfte) dieses Honorars unter der Voraussetzung fehlender Anfechtungsgründe verpflichtet ist.
Auf das Honorar von 9.756,05 EUR für die Vertretungstätigkeit des Beklagten im Verfahren gegen die Raiffeisenkasse O***** kommt die Revision nicht mehr zurück.
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Vereinbarungen über die Honorierung der anwaltlichen Leistungen nach den AHR sowie über das Entgelt für nichtanwaltliche Leistungen grundsätzlich zulässig waren.
III. Zur Anfechtung der Vereinbarungen wegen Wuchers und Sittenwidrigkeit:
1. Die Anfechtung einer - ursprünglich - wucherischen Vereinbarung ist dann nicht mehr zulässig, wenn der Bewucherte späterhin die Vereinbarung oder Forderungen aufgrund dieser Vereinbarung unter freier Willensbetätigung anerkennt oder vergleicht, sofern in diesem Zeitpunkt die Wuchervoraussetzungen (etwa eine Zwangslage) nicht mehr vorliegen (SZ 71/94; vgl Ertl in Rummel 3, § 1382 ABGB Rz 1). Ausgehend davon, dass für die Klägerin im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abrechnungsschreibens und auch der Auszahlungsanweisung keine wirtschaftliche Zwangslage mehr bestanden hat, ist zu prüfen, welche rechtlichen Konsequenzen sich aus der im Abrechnungsschreiben enthaltenen Formulierung „obige Ausführungen rechtsgeschäftlich, auch vergleichsweise endgültig bereinigend zur Kenntnis genommen“ ergeben. Die Ansicht des Berufungsgerichts, daraus sei ein Verzicht der Klägerin abzuleiten, die Vereinbarung über die 150.000 EUR wegen Wuchers anzufechten, steht nicht im Einklang mit den zu den Voraussetzungen eines (konkludenten) Verzichts ergangenen Rechtsprechung:
Ob eine Erklärung einen Verzicht enthält, ist nach den §§ 914, 915 ABGB zu ermitteln. Verzichtserklärungen sind nach ständiger Rechtsprechung einschränkend auszulegen (7 Ob 578/94 = SZ 67/170 uva; RIS-Justiz RS0038546). Bei der Annahme stillschweigenden Verzichts ist überhaupt besondere Vorsicht geboten. Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RIS-Justiz RS0014190). Maßgebend ist, ob der Verpflichtete unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten oder Gebräuche unter Überlegung aller Umstände den zweifelsfreien Schluss auf den Verzichtswillen des Berechtigten ziehen durfte (1 Ob 1645, 1646/94; Griss in KBB2 § 1444 ABGB Rz 4 mwN).
Eine Verzichtserklärung auf das Anfechtungsrecht wegen Wuchers setzte demnach voraus, dass die Unterschrift der Klägerin unter die oben wiedergegebene Formulierung und ihr Einverständnis zum Einbehalt der 137.500 EUR als Handlung anzusehen ist, die unter Berücksichtigung aller Umstände keinen Grund daran zu zweifeln übrig lasst, dass sie auf dieses Anfechtungsrecht verzichten wollte. Dabei ist jener Eindruck entscheidend, den ein redlicher Vertragspartner gewinnen musste. So könnte ein schlüssiger Verzicht etwa dann vorliegen, wenn über den Bestand des Anfechtungsrechts wegen Wuchers Zweifel bestanden hätten und das Einverständnis der Klägerin aus der Sicht des Empfängers (des Beklagten) nur dahingehend verstanden hätte werden können, dass diese strittige Frage bereinigt werden soll. Diese Situation war aber nicht gegeben. Vor Unterzeichnung des Abrechnungsschreibens war die Frage, ob die Vereinbarung den Tatbestand des Wuchers erfüllte, noch nicht releviert worden. In dieser Richtung bestanden zum damaligen Zeitpunkt keine Differenzen, die mittels eines (konstitutiven) Anerkenntnisses der Forderung oder mittels eines Verzichts auf das Anfechtungsrecht wegen Wuchers ausgeräumt oder bereinigt werden sollten. Obwohl dem Beklagten bekannt war, dass er die Honorar- und Provisionsvereinbarung mit der Klägerin zu einem Zeitpunkt abgeschlossen hatte, in welchem sie sich in einer wirtschaftlichen Zwangslage befand, hatte er mit ihr vor Unterzeichnung des Abrechnungsschreibens keinen mündlichen Kontakt aufgenommen, um seiner sich aus der Treuepflicht nach § 9 RAO ergebenden Belehrungspflicht über Kosten einer rechtsunkundigen Mandantin gegenüber nachzukommen, sondern sich darauf verlassen, ihr Ehemann werde sie „aufklären“, obwohl dieser nicht nur in Ansehung der Aufteilung des restlichen Kaufpreises, sondern auch in Ansehung der Abrechnung der Entgeltansprüche des Beklagten mit der Klägerin in Interessenskonflikt stand. Wenn der Beklagte - dessen ungeachtet - den Passus „obige Ausführungen rechtsgeschäftlich, auch vergleichsweise endgültig bereinigend zur Kenntnis genommen“ vorformuliert und in das Abrechnungsschreiben aufgenommen hat, konnte er als redlicher Vertragspartner nicht davon ausgehen, die Klägerin habe mit ihrer Unterschrift, die Frage, ob Wucher vorliegt, endgültig bereinigen bzw auf ihr Anfechtungsrecht wegen Wuchers ernstlich verzichten wollen.
2. Liegt aber kein Verzicht auf das Anfechtungsrecht wegen Wuchers oder Sittenwidrigkeit vor, ist insbesondere in Ansehung der geforderten 137.500 EUR der Wuchertatbestand zu prüfen:
a) Gemäß § 879 Abs 2 Z 4 ABGB ist ein Vertrag nichtig, wenn jemand die Zwangslage eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren lässt, deren Vermögenswert zum Wert seiner Leistung im groben und leicht erkennbarem Missverhältnis steht. Das Gesetz missbilligt so die Ausbeutung eines Vertragspartners durch auffallende objektive Äquivalenzstörung der beiderseitigen Hauptleistungen in Fällen der gestörten Freiheit der Willensbildung (RIS-Justiz RS0016947; Bollenberger in KBB2 § 879 ABGB Rz 18). Dass im vorliegenden Fall für die Klägerin eine die Willensbildung beeinträchtigende Zwangslage vorgelegen hat, hat der Beklagte außer Streit gestellt, stand die Klägerin doch vor der Wahl, ua der in Punkt II.) der Honorar- und Provisionsvereinbarung vom Beklagten angeführten Forderung von 150.000 EUR ihre Zustimmung zu erteilen oder zufolge der am nächsten Tag erfolgenden Zwangsversteigerung noch größeren Nachteil zu erleiden.
b) Diese Zwangslage allein macht die Betrauung des Beklagten mit den angeführten umfangreichen Aufgaben aber noch nicht zu einem wegen Wuchers anfechtbaren Rechtsgeschäft. Hiefür müssten dem vereinbarten Entgelt in auffälliger Weise nicht äquivalente Leistungen des Beklagten gegenüberstehen. Die Revisionswerberin behauptet zwar ein „exorbitantes“ Missverhältnis zwischen Entgelt und tatsächlich erbrachten Leistungen, ohne dies im Einzelnen aber darzulegen. Zu untersuchen ist daher lediglich die von der Revisionswerberin konkret angegriffene Vereinbarung einer Zahlungspflicht von 150.000 EUR für den eingetretenen Fall, dass es aus Gründen in der Sphäre der Eheleute zu keiner Verwertung der Liegenschaften E***** kommt. Dieser Fall hätte auch eintreten können, bevor es zur Entfaltung irgendeiner Tätigkeit des Beklagten gekommen wäre:
c) Die strittige Regelung ist als (unechte) Konventionalstrafe iSd § 1336 Abs 1 ABGB zu qualifizieren, also als pauschalierter Schadenersatz, der auch dann zusteht, wenn kein Schaden entstanden ist. Die Höhe des Schadens (hier der entgangene Verdienst des Beklagten) ist aber für das richterliche Mäßigungsrecht nach § 1336 Abs 2 ABGB maßgeblich (Harrer in Schwimann 3, § 1336 ABGB Rz 9 mwN). Schon daraus ist abzuleiten, dass bei der Vereinbarung einer Konventionalstrafe das objektive Wertemissverhältnis im Regelfall nicht tatbildlich iSd Wuchertatbestands ist und nur über das Mäßigungsrecht ausgeglichen werden kann. Eine Sittenwidrigkeit liegt insbesondere dann nicht vor, wenn es die verpflichtete Partei in der Hand hat, den Verfall der Konventionalstrafe durch eigenes vertragsgemäßes Handeln zu vermeiden (Harrer aaO Rz 33 mwN). Da das Grundgeschäft (Auftrag zur Verwertung der Liegenschaften E***** gegen ein nach dem erzielten Mehrerlös zu berechnendes Erfolgshonorar) aus den dargelegten Gründen nicht sittenwidrig ist (keine Zwangslage bei der Fertigung des Abrechnungsvorschlags des Beklagten durch die Klägerin; keine nachgewiesene objektive Äquivalenzstörung), ist der Einwand des Wuchers in Ansehung der Konventionalstrafe auch bei Unterbleiben der (vollständigen) Leistung des Beklagten nicht berechtigt.
IV. Die Klägerin hat sich allerdings erkennbar auch auf das Mäßigungsrecht des § 1336 Abs 2 ABGB berufen:
An dem Mäßigungseinwand ist kein strenger Maßstab anzulegen. Es reicht das Vorbringen von Tatumständen, aus denen der Anspruch auf Mäßigung abgeleitet werden kann (RIS-Justiz RS0032126). Hier hat sich die Klägerin immerhin auf ein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung berufen bzw eine Gegenleistung in Ansehung der Liegenschaften in E***** in Abrede gestellt. Damit erweist sich das Verfahren infolge fehlender Feststellungen über den Wert der von den Vorinstanzen festgestellten Leistungen des Beklagten (Projektstudie; Bemühungen um eine Umwidmung in Bauland) als noch nicht spruchreif. Auch bei der unechten Vertragsstrafe ist das richterliche Mäßigungsrecht anzuwenden (so schon 2 Ob 35/52 = SZ 25/90), wie beispielsweise auch im vergleichbaren Fall, dass eine Provision vereinbarungsgemäß auch für den Fall des Unterbleibens des Vertragsabschlusses aus Verschulden des Geschäftsherrn oder wegen Widerrufs des Auftrags zu bezahlen ist (RIS-Justiz RS0032364). Ob und in welcher Höhe zu mäßigen ist, hängt im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung vom Wert der erbrachten Leistungen des Beklagten ab. Zu diesem Thema bedarf es entsprechender Feststellungen im zweiten Rechtsgang.
V. Abschließend ist nur mehr zur schon angesprochenen fehlenden Aufklärung der Klägerin durch den Beklagten bei der Übermittlung seines Abrechnungsvorschlags auszuführen, dass die fehlende Belehrung zwar für die behandelte und von der Revisionswerberin auch relevierte Frage des Verzichts auf das Anfechtungsrecht von Bedeutung ist, nicht aber für die Wirksamkeit der Annahme des Anbots, die auch dann zu bejahen wäre, wenn die Klägerin das Anbot ohne Durchlesen gefertigt hätte (RIS-Justiz RS0014753). Eine Anfechtung der Abrechnungsvereinbarung (Beilage G) wegen Irrtums oder Irreführung ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.
Der Ausspruch über die Verfahrenskosten beruht auf § 52 ZPO.
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