European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00016.15X.0218.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der Beklagten wurde zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts von monatlich 887 EUR sowie eines Unterhaltsrückstands von 887 EUR sA aufgrund des Scheidungsvergleichs der Streitteile vom 3. Februar 2012 wider den Kläger die Fahrnis‑ und Gehaltsexekution bewilligt.
Der Kläger begehrte mit seiner Oppositionsklage, den betriebenen Unterhaltsanspruch der Beklagten für erloschen zu erklären, weil sich seine Einkommensverhältnisse seit dem Abschluss des Scheidungsvergleichs wesentlich verschlechtert hätten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung in teilweiser Stattgebung der Berufung des Klägers dahin ab, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten mit einem Betrag von 322 EUR monatlich erloschen sei, wies das Mehrbegehren, den gesamten Anspruch für erloschen zu erklären, ab, und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erheblichen Rechtsfragen auf und ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen, was wie folgt zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO):
1. Die vom Kläger begehrten zusätzlichen Feststellungen, wonach die festgestellten Privatentnahmen für die Jahre 2012 und 2013 jeweils um die von ihm an seine Tochter und an die Beklagte geleisteten Unterhaltszahlungen zu reduzieren seien, waren nicht zu treffen, weil es sich dabei um eine rechtliche Beurteilung handelt.
2. Nach ständiger Rechtsprechung ist für das Einkommen selbständig Erwerbstätiger nicht der steuerliche, sondern vielmehr der tatsächlich verbleibende Reingewinn und, weil die tatsächliche Verfügbarkeit entscheidend ist, im Fall von den Reingewinn übersteigenden Privatentnahmen grundsätzlich deren Höhe maßgeblich. Tätigt der Unterhaltspflichtige höhere als dem Reingewinn entsprechende Privatentnahmen, greift er nämlich den Stamm seines Vermögens an. Sieht er sich zu einer solchen Vorgangsweise zur Befriedigung eigener Bedürfnisse veranlasst ‑ und möglicherweise ohne Gefährdung der Existenzgrundlage seines Unternehmens sogar berechtigt ‑, liegt darin eine Gestaltung seiner Lebensverhältnisse, an denen die angemessenen Bedürfnisse der ihm gegenüber Unterhaltsberechtigten zu messen sind. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Unterhaltsschuldner die den Reingewinn seines Unternehmens übersteigenden Privatentnahmen aus Reserven oder Rückstellung oder durch eine Erhöhung seiner Bankschulden finanziert (RIS‑Justiz RS0047382 [T3]). Zu den Privatentnahmen zählen alle nichtbetrieblichen Bar‑ und Naturalentnahmen, insbesondere auch Entnahmen für Unterhaltszahlungen (6 Ob 221/05a = RIS‑Justiz RS0047382 [T12]).
3. Nach neuerer Rechtsprechung stellen Privatentnahmen eines selbständig Erwerbstätigen aus seinem Unternehmen, die durch eine Erhöhung der Bankverbindlichkeiten des Unternehmens finanziert werden, zwar nur solange einen Eingriff in die Vermögenssubstanz des Unternehmens dar, als der Erhöhung der Bankverbindlichkeiten ein Vermögen gegenübersteht. Ist dies nicht (mehr) der Fall, ist die Situation gleich wie jene eines (vermögenslosen) unselbständig Erwerbstätigen, der seinen Lebensunterhalt durch Überziehung seines Girokontos oder Aufnahme eines Privatkredits finanziert; in beiden Fällen ist mangels gegenüberstehenden Vermögens ein Eingriff in die Vermögenssubstanz nicht (mehr) möglich, sodass solche „Privatentnahmen“ (für Unterhaltszahlungen) nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzurechnen sind (2 Ob 115/11t mit weiteren Nachweisen = RIS‑Justiz RS0127422). Ein diesbezügliches Vorbringen hat der Kläger allerdings nicht einmal in seiner Revision erstattet; sein bloßer Hinweis darauf, dass sich der Debetsaldo seines Geschäftskontos durch die geleisteten Unterhaltszahlungen laufend erhöhe, ist nicht ausreichend. Aus diesem Grund war auch die von ihm vermisste Feststellung zu diesem Thema entbehrlich.
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