OGH 3Ob15/07p

OGH3Ob15/07p22.2.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ö*****verein, *****, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. Johannes S*****, wegen Unterlassung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 30. November 2006, GZ 1 R 143/06v-24, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom 19. Jänner 2006, GZ 6 E 22/06d-2, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Verpflichtete hat es auf Grund des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 4. Oktober 2005, AZ 4 Ob 148/05a (= JBl 2006, 259), gegenüber der betreibenden Partei im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,

a) Rechtsanwälten anzubieten, Stammeinlagen einer zu gründenden oder schon gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu übernehmen, 1.) wenn und soweit Gegenstand dieser Gesellschaft die Erbringung von Dienstleistungen ist, die zum befugten Tätigkeitsfeld von Rechtsanwälten gehören, insbesondere die Schuldnerberatung umfasst, und der Beklagte als Geschäftsführer oder sonst nach außen hin zur Vertretung befugtes Organ in der Gesellschaft tätig werden soll, oder 2.) den das Beteiligungskapital (die Stammeinlagen) zur Verfügung stellenden Rechtsanwälten als Gegenleistung für das Eingehen oder Halten der Beteiligung nicht nur ein Anteil am Gewinn und Verlust der Gesellschaft, sondern auch die Vermittlung von Klienten, insbesondere von Schuldnern, die Rechtsberatung benötigen, versprochen wird, dies unter gleichzeitiger Übernahme der Haftung für das Honorar durch die Gesellschaft und/oder damit verbundener unangemessener Beschränkung der freien Anwaltswahl des/der Klienten;

b) oder nach Gründung einer derartigen Gesellschaft derartiges auch zu tun.

Die betreibende Partei brachte in ihrem Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution vor, der Verpflichtete sei weiterhin als Geschäftsführer einer Schuldnerberatungs GmbH tätig, die er mit zwei Rechtsanwälten gegründet habe. Diese Geschäftsführertätigkeit sei ihm auf Grund des Exekutionstitels verboten. Nur dieser Teil der Unterlassungsverpflichtung werde derzeit in Exekution gezogen. Das Erstgericht bewilligte die Exekution nach § 355 EO, verhängte über den Verpflichteten eine Geldstrafe von 500 EUR und bewilligte zur Hereinbringung der Kosten von 6.406,40 EUR s.A. und von 5.254,22 EUR s.A. sowie der Kosten des Exekutionsantrags von 918 EUR die Fahrnis- und die Forderungsexekution.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution in Ansehung des näher umschriebenen Zuwiderhandelns ab und bestätigte die vom Erstgericht bewilligte Fahrnis- und Forderungsexekution zur Hereinbringung der Kosten. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Aus dem Titel ergäben sich zwei Unterlassungsverpflichtungen. Zum einen sei es dem Verpflichteten verboten, Rechtsanwälten anzubieten Stammeinlagen einer zu gründenden oder schon gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu übernehmen. Zum anderen sei er schuldig, es zu unterlassen, den das Beteiligungskapital zur Verfügung stellenden Rechtsanwälten ..., auch die Vermittlung von Klienten zu versprechen. Die erste Verpflichtung treffe den Verpflichteten nur dann, wenn und soweit Gegenstand dieser Gesellschaft die Erbringung von Dienstleistungen sei, die zum befugten Tätigkeitsbereich von Rechtsanwälten gehörten und er als Geschäftsführer oder sonst nach außen hin zur Vertretung befugtes Organ in der Gesellschaft tätig werden solle. Die zweite Verpflichtung treffe ihn nur bei gleichzeitiger Übernahme der Haftung für das Honorar durch die Gesellschaft und/oder damit verbundener unangemessener Beschränkung der freien Anwaltswahl. Lit b) des Exekutionstitels („oder nach Gründung einer derartigen Gesellschaft Derartiges auch zu tun") könne sich nur auf die (zweitgenannte) Verpflichtung des Versprechens der Vermittlung von Klienten beziehen. Dass sie sich nicht auf das Anbieten der Stammeinlagen beziehe, ergebe sich schon aus dem Wortlaut infolge des Verweises auf Stammeinlagen einer „zu gründenden oder schon gegründeten Gesellschaft". Nach dem Inhalt des Exekutionstitels sei es dem Verpflichteten daher nicht verboten, als Geschäftsführer eines Unternehmens tätig zu sein, dessen Unternehmensgegenstand die Schuldnerberatung sei. Die Frage, ob ein Anspruch auf Beseitigung des Zustandes bestehe, der dadurch geschaffen wurde, dass Rechtsanwälte vor Rechtskraft des Exekutionstitels bereits Stammeinlagen übernommen hätten, stelle sich nicht.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Exekution nach § 355 EO ist nur auf Grund eines Verhaltens des Verpflichteten zu bewilligen, das eindeutig gegen das im Exekutionstitel ausgesprochene Unterlassungsgebot verstößt (stRsp, RIS-Justiz RS0000595). Bei der Auslegung des Exekutionstitels hat sich das Bewilligungsgericht streng an dessen Wortlaut zu halten; es kommt auf den Sinn der Worte an, wie er ihnen gewöhnlich beigelegt wird. Das Exekutionsbewilligungsgericht hat den Spruch nur auszulegen, aber daraus keine weiteren Ansprüche abzuleiten (ÖBl 1985, 49). Jede verbleibende Unklarheit geht zu Lasten des Betreibenden (stRsp, RIS-Justiz RS0000205). Die Frage, ob ein konkretes Verhalten des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel verstößt oder nicht, wirft regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf und ist je nach den Umständen des Einzelfalls zu lösen (RIS-Justiz RS0004662).

Unbestritten ist, dass der Verpflichtete nach Rechtskraft des Exekutionstitels weder Rechtsanwälten die Übernahme von Stammeinlagen angeboten noch ihnen als Gegenleistung die Vermittlung von Klienten versprochen hat. Es ist daher zu prüfen, ob lit b) des Exekutionstitels („oder nach Gründung einer derartigen Gesellschaft Derartiges zu tun") die von der betreibenden Partei zur Begründung ihres Exekutionsantrags angeführte Tätigkeit als Geschäftsführer einer Schuldnerberatungs GmbH (an der Rechtsanwälte beteiligt sind), mitumfasst. Die Auffassung des Rekursgerichts, der behauptete Verstoß finde in der titelgemäßen Unterlassungsverpflichtung keine Deckung, hält sich durchaus im Rahmen der oben wieder gegebenen Rsp und beruht jedenfalls auf keiner groben Verletzung der Auslegungsgrundsätze und/oder Verkennung der Rechtslage:

Möglich ist einerseits die vom Rekursgericht vorgenommene Auslegung dahin, dass das Verbot „Derartiges auch zu tun" nur das Einlösen der durch den Exekutionstitel verbotenen Versprechen der Vermittlung von Klienten bedeutet; nach dem äußerst möglichen Wortsinn wäre andererseits auch eine Auslegung denkbar, dem Verpflichteten sei unter den im Exekutionstitel genannten Voraussetzungen die Tätigkeit als Geschäftsführer verboten. Führt - wie hier - die reine Wortinterpretation des Spruchs zu keinem eindeutigen Ergebnis, darf zu seiner Auslegung auch die der Entscheidung beigegebene Begründung beigezogen werden (3 Ob 79/05x). Aus dieser ergibt sich nur, dass sich das Unterlassungsbegehren gegen zwei Varianten der Werbung richtet; zu der Frage, wie lit b) des Spruchs auszulegen ist, wurde nicht Stellung genommen. Da die nach Heranziehung der Begründung verbleibenden Unklarheiten zu Lasten der betreibenden Partei gehen, ist in der Beurteilung des Rekursgerichts jedenfalls kein grober Auslegungsfehler zu erkennen, der vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre.

Auch die Voraussetzungen für eine Exekutionsbewilligung wegen Vorliegens einer „gleich gerichteten Zustandsstörung" sind nicht gegeben, läuft doch der Beseitigungsanspruch nur dort mit dem Unterlassungsanspruch parallel, wo die Nichtbeseitigung gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (RIS-Justiz RS0004413).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht.

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