Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der am 25. November 2002 verstorbene Erblasser hinterließ sieben Kinder. Nach einer mit „Mein Testament" überschriebenen letztwilligen Verfügung vom 20. Oktober 1980 „übergibt" der Erblasser seinen Besitz (eine Erbhofliegenschaft) seinem ältesten Sohn Maximilian (auch Max) mit allen Maschinen und Geräten, allen Schulden und Pflichten. Der Erblasser verfügte, dass dieser seinen sechs Geschwistern Rosemarie, Paul, Veronika, Friederike, Lorenz und Anna je 100.000 S zu zahlen habe. Die Gültigkeit dieser letztwilligen Verfügung wird vom Sohn Paul u.a. auch deswegen bestritten, weil sich auf der Urkunde der (offenbar vom Erblasser gesetzte) Vermerk „Streichung Max Z***** Sch***** 9. 10. 1996" befindet. Die Tochter Veronika verzichtete mit Notariatsakt vom 8. Juli 1992 auf Pflichtteilsansprüche. Mit Übergabsvertrag vom 31. Oktober 2002 bzw. 8. November 2002 übergab der Erblasser die Erbhofliegenschaft seinem Sohn Paul. Das Erstgericht wies den aus Aktiven von 2.135,44 EUR bestehende Nachlass des Erblassers mit Beschluss vom 23. Jänner 2003 (ON 15) dem Testamentserben gemäß § 72 Abs 2 AußStrG 1854 zu und sprach aus, dass von Amts wegen eine Verlassenschaftsabhandlung nicht eingeleitet werde.
Am 25. Februar 2005 stellte der Testamentserbe den Antrag auf Einleitung der Verlassenschaftsabhandlung und Bestellung eines Kurators für den ruhenden Nachlass (ON 18). Er behauptete darin die Ungültigkeit des Übergabsvertrags und führte aus, dass eine von ihm persönlich gegen seinen Bruder Paul erhobene Feststellungsklage vom angerufenen Landesgericht mit der Begründung abgewiesen worden sei, dass zur Anfechtung eines von einem handlungsunfähigen Erblasser geschlossenen Vertrags nach dessen Tod nur die Verlassenschaft, vertreten durch einen Kurator oder die Erben, legitimiert sei. Mit Beschluss vom 14. März 2005 ON 21 bestellte das Erstgericht einen Rechtsanwalt zum „Verlassenschaftskurator für den ruhenden Nachlass", insbesondere mit dem Wirkungskreis, alles zur Klärung der Nachlasszugehörigkeit der genannten Liegenschaft zu veranlassen. Über Rekurs des Sohnes Paul, der „hilfsweise" eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass abgegeben hatte, hob das Gericht zweiter Instanz diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf (ON 32). Zwar liege es im pflichtgemäßen Ermessen des Verlassenschaftsgerichts, einen Kurator wegen bestimmter Vertretungshandlungen zu bestellen, jedoch sei dabei auf das objektive Interesse des ruhenden Nachlasses abzustellen. Zufolge bestehender Kollisionsgefahr sei die Bestellung eines Erbanwärters zu unterlassen und ein unbeteiligter Kurator zu bestellen. Da der zum Verlassenschaftskurator bestellte Rechtsanwalt der Vertreter des Erbanwärters Maximilian sei, liege in dessen Bestellung eine Interessenkollision vor, weshalb - aber auch wegen mangelnder Anhörung der Beteiligten - dem Rekurs Folge zu geben sei. In der Folge gaben auch die Schwestern Rosemarie, Friederike und Anna uneingeschränkt bedingte Erbserklärungen zum gesamten [!] Nachlass ab. Von den Geschwistern Paul, Lorenz und Veronika liegen bisher keine Erbserklärungen vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss bestellte das Erstgericht einen anderen Rechtsanwalt zum Verlassenschaftskurator. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rechtsmittel der Geschwister Paul, Rosemarie, Friederike und Anna nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und erklärte den Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG für nicht zulässig. Dazu führte es aus, dass nach dem bisherigen Verfahrensstand kein Zweifel daran bestehen könne, dass der Sohn Maximilian des Erblassers die Rechtsposition des Testamentserben aufgrund der letztwilligen Verfügung (deren Gültigkeit von den Rekurswerbern, die bedingte Erbserklärungen abgegeben hatten, bestritten sei) einnehme, während sich der Sohn Paul auf die Gültigkeit des Übergabsvertrags stütze. Die Prüfung der Frage der Nachlasszugehörigkeit der Erbhofliegenschaft könne nicht den erbserklärten Rekurswerbern als gemeinsamen Vertretern des Nachlasses überlassen werden, da beim Sohn Paul ein Kollisionsfall vorliege. Somit sei klargestellt, dass eine ordnungsgemäße Vertretung des Nachlasses nur durch einen unbeteiligten Kurator in Betracht komme, der von Amts wegen bestellt werden könne (§ 78 AußStrG 1854). Die gegen diese Entscheidung gerichtete in Wahrheit außerordentliche Revisionsrekurs der vier genannten Rechtsmittelwerber - die als solche bezeichnete Zulassungsvorstellung wies bereits das Rekursgericht unangefochten zurück -, ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Bestellung eines Verlassenschaftskurator hatte - wegen des bereits 2002 eingetretenen Erbfalls - nach der Übergangsbestimmung des § 205 zweiter Satz AußStrG 2003 noch nach dem AußStrG 1854 zu erfolgen, was in den Entscheidungen der Vorinstanzen im zweiten Rechtsgang nicht mit letzter Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht wird. Schon deshalb könnte nur unter ganz besonderen Umständen noch eine erhebliche Rechtsfrage zu diesem „auslaufenden" Gesetz vorliegen. Entgegen den Ausführungen der Revisionsrekurswerber ist keine Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängige Entscheidung zu lösen, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rsp des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche fehlt oder uneinheitlich wäre. Vielmehr steht die angefochtene Entscheidung mit dieser Rsp im Einklang. Die Revisionsrekurswerber erklären nunmehr ausdrücklich, nicht bereit zu sein, als Vertreter der Verlassenschaft einen als nicht gerechtfertigt erachteten Anfechtungsanspruch gerichtlich geltend zu machen. Die daran interessierten Geschwister Maximilian und Veronika hätten im Gegensatz zu ihnen selbst noch keine Erbserklärungen abgegeben und daher auch keine Parteistellung. Selbst wenn sie das getan hätten, wären sie selbst (mangels Auffassungsunterschieden) gemeinsam zur Vertretung des Nachlasses berufen; das Prozesskostenrisiko hätten sie dann aber allein zu tragen. Im Übrigen stünde den vier Revisionsrekurswerbern die Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu.
Ein von einem nach dem Gesetz zum Erben Berufenen behaupteter Anfechtungsanspruch bildet ein Nachlassvermögen (4 Ob 227/01p = EvBl 2002/86 unter Hinweis auf EvBl 1975/111). Das Verlassenschaftsgericht hat in einem solchen Fall für die Verlassenschaft einen Kurator zu bestellen (oder die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an die Erben gemäß § 145 AußStrG 1854 zu überlassen), damit dieser den Anspruch geltend mache (4 Ob 227/01p mwN).
Die Tatsache, dass die Kinder des Erblassers Maximilian und Veronika bisher noch keine Erbserklärungen (§ 798 ABGB aF; in erst nach 2004 eingeleiteten Verlassenschaftsverfahren: Erbantrittserklärungen [Art IV § 3 Abs 1 Z 3 FamErbRÄG]) abgegeben haben, wozu sie vom Abhandlungsgericht auch noch gar nicht aufgefordert wurden, kann nicht dazu führen, die Verlassenschaft jenen Erbanwärtern zur Besorgung und Benützung zu überlassen, die eine - noch nicht zu Gericht angenommene - (bedingte) Erbserklärung abgaben, oder gar jenen drei, die bisher noch keine solche Erklärung erstatteten. Letzteres ist schon durch das Erfordernis eines hinreichenden Erbrechtsausweises iSd § 810 ABGB aF ausgeschlossen; aber auch in Ansehung der Revisionsrekurswerber würden deren sich zumindest formell widersprechende Erbserklärungen (beziehen sie sich doch jeweils auf den gesamten Nachlass) nach der stRsp jedenfalls derzeit die Überlassung von Besorgung und Verwaltung des Nachlasses an die Miterben ausschließen (Sailer in KBB, § 810 ABGB Rz 2; Welser in Rummel³ § 810 ABGB Rz 25, je mwN). Auch aus der Entscheidung SZ 38/168 = EvBl 1966/120 ist für die Revisionsrekurswerber nichts zu gewinnen, war doch in dem ihr zugrunde liegenden Fall schon ein Beschluss nach § 810 ABGB aF erfolgt. Dass die Ausführungen von Weiß (in Klang² III zu § 810 ABGB) im Widerspruch zur angefochtenen Entscheidung stünden, kann nicht gesagt werden, vertritt doch auch dieser Autor (aaO 1014 mwN) die Auffassung, dass bei widersprechenden Erbserklärungen der Nachlass von keinem der erbserklärten Erben rechtswirksam vertreten werden kann; seine Ausführungen über die Vertretungsbefugnis einzelner Miterben gegen einen anderen Miterben (aaO 160 ff zu § 550 ABGB) setzen daher offenbar einen Beschluss iSd § 810 ABGB voraus. Ohne Bedeutung ist für die vorliegende Entscheidung auch, ob den Miterben Maximilian und Veronika (schon) Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren zukommt, hat doch das Verlassenschaftsgericht von Amts wegen für die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses zu sorgen und erforderlichenfalls einen Verlassenschaftskurator zu bestellen (stRsp, RIS-Justiz RS0007581; besonders T5).
Nach stRsp des Obersten Gerichtshofs (EvBl 1966/287; 5 Ob 306/74 =
EFSlg 25.814; 2 Ob 183/01b = EFSlg 98.938) kann bei anstehenden
dringlichen Verwaltungs- oder Vertretungshandlungen ein Kurator auch dann bestellt werden, wenn keine Säumigkeit der Erben iSd § 120 AußStrG 1854 vorliegt. Dies deckt sich auch mit der Lehre, die die Bestellung eines Verlassenschaftskurators gemäß §§ 78, 128 AußStrG 1854 auch für den Fall als zulässig erachtet, dass entweder noch gar keine Frist zur Abgabe von Erbserklärungen gesetzt wurde oder diese noch offen ist, soferne jedenfalls dringende Verwaltungs- oder Vertretungshandlungen erforderlich sind, mit denen nicht bis zur Abgabe der Erklärungen zugewartet werden kann (Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht, 101; Welser aaO § 810 ABGB Rz 28). Über allfällige Kostenfolgen des Prozesses ist nicht im Verlassenschaftsverfahren zu befinden; auch nach Weiß (aaO 162) wirken im Übrigen die Prozesshandlungen des einzelnen Miterben auch „auf den ganzen Nachlass, mittelbar auch für alle Erben oder gegen sie", weshalb auch bei Zutreffen seiner Rechtsansicht Kostenfolgen eines verlorenen Prozesses nicht allein die als Vertreter des Nachlasses auftretenden Miterben treffen würden.
Da die Vorinstanzen somit iSd Rsp des Obersten Gerichtshofs entschieden, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.
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