Spruch:
Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die beklagte Partei hatte als Generalunternehmerin den Um‑ und Zubau eines Schulgebäudes auszuführen. Mit den Maler‑ und Spachtelarbeiten beauftragte die beklagte Partei den Kläger; die Auftragsbestätigung wurde per E‑Mail am 22. November 2007 übermittelt. Für die Ausführung der Malerarbeiten wurde ein pauschales Honorar von 21.900 EUR vereinbart; die Spachtelarbeiten sollten nach Aufmaß entlohnt werden. Das Ende der Arbeiten war in der Kalenderwoche 22 des Jahres 2008 (= 26. Mai bis 1. Juni 2008) vorgesehen.
Am 14. Juni 2008 legte der Kläger eine Teilrechnung über 19.707,50 EUR (15.000 EUR aus der Pauschale; 4.707,50 EUR für 134,5 Facharbeiter-Regiestunden). Am 17. Juli 2008 überwies die beklagte Partei dem Kläger 17.116,28 EUR. Am 17. August 2011 erstellte der Kläger die Schlussrechnung über 47.552,82 EUR, von der er die Teilzahlung von 17.116,28 EUR abzog und restlich 30.436,54 EUR fakturierte.
Da die beklagte Partei diese Rechnung nicht bezahlte, brachte der Kläger am 10. Mai 2012 über den Betrag von 30.436,54 EUR sA die Klage ein. Ausgehend von einem Beginn der Verjährungsfrist noch im Jahr 2008 erhob die beklagte Partei die Einwendung der Verjährung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es zum zeitlichen Ablauf der Arbeiten folgende ‑ zum Teil in der Berufung bekämpfte ‑ Feststellungen traf:
Mit einem dem Kläger am 31. Juli 2008 per Fax zugegangenen Schreiben wurde der Kläger aufgefordert, die Arbeiten im Wesentlichen bis 11. August 2008 bzw kleinere Ausbesserungen und Mängelbehebungen sowie die Fassadenbeschriftung bis 14. August 2008 fertigzustellen. Im Übernahmeprotokoll vom 26. August 2008 wurden Mängel festgehalten, die auch Arbeiten des Klägers betrafen: Dabei ging es um Spachtel‑, Mal‑, Fugen‑ und Reinigungsarbeiten in verschiedenen Räumen. Außerdem war noch eine Übergabedokumentation zu erstellen und es waren Bohrlöcher in der Direktion und in der Eingangshalle zu verputzen und übermalen. Am 9. September 2008 stellte die beklagte Partei fest, dass noch nicht alle Mängel behoben waren. Dem Kläger wurde daher eine Nachfrist bis zum 23. September 2008 gesetzt. Tatsächlich hat der Kläger noch am 18. September 2008 Arbeiten erbracht. Die Baustellendokumentation erstellte er am 25. September 2008; sie langte am 13. Oktober 2008 bei der beklagten Partei ein, die am selben Tag ihre Schlussrechnung an ihre Auftraggeberin legte. Damit waren die aus dem Werkvertrag geschuldeten Arbeiten des Klägers am Schulgebäude beendet. Bis zum 10. Dezember 2008 arbeitete der Kläger für 9,5 Stunden im Lehrmittelzimmer, am Fassadensockel und in der Kanzlei. Dabei handelte es sich nicht um Mängelbehebungsarbeiten zum ursprünglichen Auftrag, sondern um einen neuen Auftrag. Von wem und in wessen Namen er erteilt wurde, kann nicht festgestellt werden.
Am 14. Mai 2009 bestätigte der Schulwart dem Kläger noch Arbeiten im Schulgebäude, und zwar diverse Ausbesserungen im Stiegenhaus und Keller (Kalkfarbe) und Reparaturarbeiten an einem beschädigten Türstock (auskitten, schleifen, lackieren). Außerdem lieferte der Kläger Maler- und Anstreichermaterial an den Schulwart für diverse Ausbesserungen. Es handelte sich dabei nicht um Mängelbehebungsarbeiten zum ursprünglichen Auftrag. Wann und in wessen Auftrag der Kläger diese Arbeiten verrichtete, kann nicht festgestellt werden.
Am 9. August 2011 fand eine „Schlussfeststellung“ statt, bei der die beklagte Partei, ihre Auftraggeberin und die Nutzer des Objekts festhielten, dass die Rügefrist (Gewährleistungsfrist) für die Leistungen der beklagten Partei am 14. September 2011 endet.
Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Erstgericht noch aus, dass die aus dem Werkvertrag geschuldeten Arbeiten am 13. Oktober 2008 beendet waren und die im Dezember 2008 und im Mai 2009 erbrachten Arbeiten keine Mängelbehebungsarbeiten waren. Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass die Arbeiten aus dem Werkvertrag am 13. Oktober 2008 abgeschlossen waren und dass die später vom Kläger erbrachten Leistungen nicht mehr mit diesem Vertrag in Zusammenhang standen, insbesondere dass es sich nicht um Mängelbehebungsarbeiten handelte. Wer den Auftrag für die im Dezember 2008 und im Mai 2009 erbrachten Arbeiten erteilt habe, blieb offen.
Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass die Arbeiten des Klägers am 13. Oktober 2008 (mit dem Einlangen der vom Kläger erstellten Baustellendokumentation bei der beklagten Partei) abgeschlossen gewesen sei. Dies sei auch für den Kläger erkennbar gewesen, weil ihm die beklagte Partei wiederholt mitgeteilt hat, dass das Baustellenende bevorstehe, weil sie von ihm die Baustellendokumentation abverlangt habe und weil sie ihm auch ‑ schriftlich ‑ eine Verbesserungsfrist genannt habe, die zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen gewesen sei. Eine Rechnungslegung wäre bis längstens Jahresende 2008 möglich und zumutbar gewesen. Die Forderungen aus dem Werkvertrag seien daher zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 10. Mai 2012 bereits verjährt gewesen.
Die Arbeiten im Dezember 2008 seien mit insgesamt 9,5 Stunden weniger umfangreich gewesen, weshalb eine Rechnungslegung jedenfalls binnen Monatsfrist möglich gewesen wäre. Auch die Forderungen für diese Arbeiten seien daher ‑ selbst wenn sie von der beklagten Partei beauftragt gewesen wären ‑ bei Einbringung der Klage verjährt gewesen.
Hinsichtlich der am 14. Mai 2009 bestätigten Arbeiten stehe nicht fest, wer sie beauftragt habe, weshalb der Kläger von der beklagten Partei kein Entgelt dafür verlangen könne.
Infolge Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht das Ersturteil im Sinne eines Zwischenurteils ab, wonach der eingeklagte Anspruch nicht verjährt sei. Es behandelte die Tatsachenrüge nicht, sondern führte im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass die beklagte Partei den ihr obliegenden Beweis, dass der Kläger bereits im Jahr 2008 Rechnung zu legen gehabt hätte, nicht erbracht habe. Die non liquet‑Situation betreffend die Beauftragung der Leistungen, die vom Kläger im Dezember 2008 und im Mai 2009 erbracht worden seien und objektiv betrachtet mit den von der beklagten Partei auszuführenden Bauarbeiten zusammenhingen, wirke sich zu Lasten der beklagten Partei aus. Wegen der zusätzlich beauftragten Arbeiten habe der Kläger seine Gesamtleistung erst am 14. Mai 2009 als vollendet ansehen müssen, weshalb er erst ab diesem Zeitpunkt seine Schlussrechnung zu legen gehabt habe. Die offene Beweisfrage zur Sachlegitimation betreffend die Zusatzaufträge für Dezember 2008 und Mai 2009 stehe einem Zwischenurteil nach § 393a ZPO nicht entgegen.
Die Revision wurde im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit nicht zugelassen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; sie ist auch im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts berechtigt.
In ihrer außerordentlichen Revision stellt die beklagte Partei in den Vordergrund, dass die im Dezember 2008 und im Mai 2009 erbrachten Arbeiten in keinem Fall in einem Zusammenhang mit dem ursprünglichen Werkvertrag gestanden seien, weshalb sie für den Beginn der Verjährungsfrist irrelevant seien. Wenn sich das Berufungsgericht aber auf die Feststellungen des Erstgerichts stütze, hätte es der beklagten Partei gemäß § 473a ZPO die Möglichkeit einräumen müssen, die Negativfeststellungen hinsichtlich des Auftraggebers der im Dezember 2008 und im Mai 2009 erbrachten Leistungen zu rügen.
Dazu wurde erwogen:
1. Entscheidend für die Beurteilung der allfälligen Verjährung des vom Kläger geschuldeten Werklohns ist die Beantwortung der Frage, ob die Leistungen, für die der Werklohn verlangt wird, als einheitliche Gesamtleistung zu qualifizieren sind oder nicht (in diesem Sinn auch 4 Ob 592/88 zum Leistungsverweigerungsrecht bei Mängeln: „die als Einheit zu bewertende Gesamtleistung“).
2. Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof zur Verjährung des Honorars eines Rechtsanwalts zu 5 Ob 14/13i ausgeführt, dass für den Beginn der Verjährungsfrist die Beendigung des Auftragsverhältnisses in einer bestimmten Rechtssache maßgebend ist. Solange der Anwalt noch in die Lage kommen kann, pflichtgemäß im Interesse seines Klienten in dieser Rechtssache tätig zu werden, ist das Mandatsverhältnis nicht erloschen und daher auch die Fälligkeit des Honoraranspruchs nicht eingetreten (RIS‑Justiz RS0021878). Stehen mehrere Rechtssachen in einem so engen Zusammenhang, dass sie als Ganzes zu betrachten sind, so beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen, ehe alle Rechtssachen abgeschlossen sind (RIS‑Justiz RS0019630 [T5]). In einem engen Zusammenhang der angeführten Art stehen jedenfalls alle Leistungen, die der Durchsetzung oder Abwehr ein und desselben Anspruchs dienen (3 Ob 543/95).
Daraus ist für das Werkvertragsrecht zu schließen, dass die Erteilung eines von einem früheren Werkvertrag unabhängigen neuen Auftrags an den Werkunternehmer auf den Lauf der Verjährungsfrist für die Werklohnforderung aus dem ursprünglichen Auftrag keinen Einfluss hat.
3. Unabhängig davon, wer die im Dezember 2008 und Mai 2009 erbrachten Leistungen beauftragt hat, stehen diese nach den erstgerichtlichen Feststellungen (einschließlich der Ergänzungen in der Beweiswürdigung) nicht in einem so engen Zusammenhang mit dem ursprünglichen, im Jahr 2007 begründeten und im Oktober 2008 abgeschlossenen Werkvertragsverhältnis, dass von einem einheitlichen Auftrag gesprochen werden könnte, waren doch die Leistungen des Klägers aus dem ursprünglichen Werkvertragsverhältnis bereits abgeschlossen. Eine offene Gewährleistungsfrist für die Leistungen des Klägers ändert daran nichts. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die im Dezember 2008 und im Mai 2009 erbrachten Arbeiten stünden wegen der Art der verrichteten Arbeiten, des zeitlichen Konnexes und der noch offenen Gewährleistungsfrist (der beklagten Partei!) in einem Zusammenhang mit den von der beklagten Partei (?) zu bewerkstellenden Bauarbeiten, lässt die erstgerichtlichen Feststellungen außer Acht, die den für die Annahme eines einheitlichen Auftrags erforderlichen Zusammenhang verneinen.
4. Da die entscheidungserheblichen Feststellungen des Erstgerichts zur Frage des Zusammenhangs der im Dezember 2008 und Mai 2009 erbrachten Leistungen mit dem ursprünglichen Auftrag von der klagenden Partei in der Berufung bekämpft wurden, ist dem Berufungsgericht zur Erledigung der Tatsachenrüge eine neuerliche Entscheidung aufzutragen.
5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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