OGH 3Ob139/04v

OGH3Ob139/04v29.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Mag. Raimund F*****, vertreten durch Dr. Franz Seidl, Rechtsanwalt in Kottingbrunn, wider die beklagte Partei Judith F*****, vertreten durch Dr. Helga Wagner, Rechtsanwältin in Wien, wegen Erlöschens betriebener Unterhaltsansprüche (§ 35 EO - AZ 19 C 190/02i: 5.669,04 EUR; AZ 19 C 191/02m: 16.787,17 EUR) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. Februar 2004, GZ 43 R 867/03y-35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 17. September 2003, GZ 19 C 190/02i, 191/02m-29, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht zur Entscheidung über den Antrag der klagenden Partei gemäß § 508 Abs 1 ZPO übermittelt.

Text

Begründung

Die Klägerin brachte zwei Oppositionsklagen ein. Im Verhandlungstermin vom 26. Februar 2003 über die zu AZ 19 C 190/02i eingebrachte Klage fasste und verkündete das Erstgericht den Beschluss "auf Verbindung der hg. Rechtsstreitigkeit(-en) 19 C 190/02i und 19 C 191/02m"; ferner sprach es aus, dass das "hg.

Verfahren 19 C 190/02i ... führend" sei (ON 23 AS 93).

Im Verfahren AZ 19 C 190/02i hatte der Kläger den Ausspruch begehrt,

dass die "Exekutionsführung der Beklagten zu 24 E 2913/00w des BG

Donaustadt hinsichtlich des laufenden Unterhaltes ab 31. Juli 2000 in

Höhe von wöchentlich 36,34 EUR ... für unzulässig erklärt" werde. Im

Verfahren AZ 19 C 191/02m hatte er dagegen den Ausspruch angestrebt,

dass die "Exekutionsführung der Beklagten zu 24 E 971/99b BG

Donaustadt hinsichtlich des laufenden Unterhaltes ab 1. August 2000

in Höhe von monatlich 436,03 EUR ... für unzulässig erklärt" werde.

Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab. Im verbundenen Rechtsstreit orientierte es sich allerdings an der behaupteten Exekutionsbewilligung zur Hereinbringung eines Rückstands von 1.090,09 EUR und eines laufenden monatlichen Unterhalts von 436,03 EUR ab 1. März 2000 (nach dem Klagevorbringen: 1. März 1999). Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Dagegen wendete sich der Kläger mit einem Antrag an das Berufungsgericht gemäß § 508 Abs 1 ZPO verbunden mit einer ordentlichen Revision.

Das Erstgericht legte diesen Antrag dem Berufungsgericht zur Entscheidung vor. Dieses retournierte die Akten dem Erstgericht und führte dazu aus (ON 40):

"Gemäß § 505 Abs 4 ZPO kann in den Streitigkeiten, in denen der Streitwert Euro 20.000 übersteigt und das Berufungsgericht ausgesprochen hatte, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist, dennoch Revision erhoben werden (außerordentliche Revision). Im vorliegenden Fall wurden zwei Verfahren nach § 35 EO verbunden und darüber gemeinsam entschieden. Grundlage der Exekutionen waren Unterhaltsansprüche eines Kindes gegen ihren [seinen] Vater. Ebenso wie die Parteien im Berufungsverfahren vertritt das Berufungsgericht die Ansicht, dass die einzelnen Streitwerte der Oppositionsprozesse als einem einheitlichen Rechtsverhältnis (nämlich demselben Vergleich 3 C 199/95f des BG Innere Stadt Wien vom 8. 8. 1996; genauer:

demselben Unterhaltsanspruch) entspringend hier zusammenzurechnen sind, sodass der Streitwert Euro 21.365,56 beträgt. Die willkürliche Trennung von Taschengeld und Unterhalt soll nicht zu unterschiedlichen Anfechtbarkeiten führen, selbst wenn verschiedene Exekutionsverfahren geführt wurden.

Der Akt wird daher dem Erstgericht zurückgesandt, damit dieses, sofern es nicht ein Verbesserungsverfahren als notwendig erachtet, gemäß § 507b Abs 3 ZPO mit der sofortigen Vorlage als außerordentlicher Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof vorgehen kann."

Daraufhin legte das Erstgericht die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die "außerordentliche" Revision des Klägers vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof kann über das Rechtsmittel des Klägers derzeit nicht entscheiden.

1. Hatte das Berufungsgericht - wie hier - über verbundene

Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, so entspricht es der stRsp des

Obersten Gerichtshofs, dass die Zulässigkeit der Revision gesondert

nach den Entscheidungsgegenständen jedes einzelnen Rechtsstreits zu

beurteilen und es im Übrigen unwesentlich ist, ob die in den

verbundenen Streitsachen geltend gemachten Ansprüche an sich in

tatsächlichem oder rechtlichem Zusammenhang stehen, weil deren

Zusammenrechnung zur Ermittlung des Entscheidungsgegenstands

jedenfalls nicht in Betracht kommt (für viele 1 Ob 87/03f; s ferner

RIS-Justiz RS0037252). Nach dieser Rsp ist die dem Erstgericht vom Berufungsgericht mitgeteilte Rechtsansicht, das Rechtsmittel des Klägers als "außerordentliche" Revision zu behandeln und sogleich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, unzutreffend.

2. Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Auch der Entscheidungsgegenstand eines Oppositionsbegehrens, mit dem der Ausspruch des (gänzlichen oder teilweisen) Erlöschens eines in Geld zu berichtigenden Unterhaltsanspruchs angestrebt wird, ist nach § 58 Abs 1 JN unter Hinzurechnung des betriebenen Unterhaltsrückstands zu ermitteln (RIS-Justiz RS0001624). Im Anlassfall ist Gegenstand der Oppositionsklagen das behauptete Erlöschen der eingangs genannten vollstreckbaren Unterhaltsansprüche. Diese Ansprüche waren im Verfahren zweiter Instanz noch zur Gänze streitverfangen. Der Entscheidungsgegenstand zweiter Instanz betrug somit im Verfahren AZ 19 C 190/02i insgesamt 5.669,04 EUR (36,34 EUR wöchentliches Taschengeld x 52 x 3) und im Verfahren AZ 19 C 191/02m - entsprechend dem Ersturteil - insgesamt 16.787,17 EUR (436,03 EUR laufender Monatsunterhalt x 36 = 15.697,44 EUR zuzüglich 1.090,09 EUR Rückstand).

3. Aus allen bisherigen Erwägungen folgt, dass dem Obersten Gerichtshof (derzeit) die Kognitionsbefugnis mangelt, über das Rechtsmittel des Klägers abzusprechen. Es wird vielmehr das Berufungsgericht über den Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO in den vorliegenden Streitigkeiten nach § 502 Abs 4 ZPO (RIS-Justiz RS0042968) zu entscheiden haben.

Da der Erstrichter die Akten zunächst zutreffend ohnehin dem Berufungsgericht zur Entscheidung vorgelegt hatte, werden die Akten sogleich dem Berufungsgericht übermittelt.

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