European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00130.19T.0829.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Wer von einem anderen durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrag veranlasst wurde, kann diesen gemäß § 870 ABGB anfechten. Das Anfechtungsrecht wegen Zwangs verjährt – anders als jenes wegen Arglist – gemäß § 1487 ABGB in drei Jahren ab Wegfall der Zwangslage (7 Ob 517/81 SZ 54/56 = RIS‑Justiz RS0014888).
Dem – dafür beweispflichtigen (8 ObA 2/99y = RS0014792 [T6]) – Kläger ist angesichts der zu diesem Thema getroffenen Negativfeststellung nicht einmal der Nachweis gelungen, dass die Beklagte die von ihm behaupteten Drohungen geäußert hat; darüber hinaus steht fest, dass der Kläger sich ab Abschluss des – nun von ihm teilweise angefochtenen – Scheidungsfolgenvergleichs (und damit mehr als drei Jahre vor Einbringung der Klage) nicht mehr vor der Beklagten fürchtete.
Auf die in der außerordentlichen Revision als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob in der vorbehaltlosen Erfüllung des nun angefochtenen Teils des Scheidungsfolgenvergleichs, wie vom Berufungsgericht überdies angenommen, ein schlüssiger Verzicht auf das Anfechtungsrecht liegt, kommt es daher gar nicht an.
2. Der Kläger hat sich in erster Instanz zwar auch auf Arglist der Beklagten gestützt, allerdings nur insoweit, als die von ihr nach den Klagebehauptungen geäußerten Drohungen allenfalls nicht ernst gemeint gewesen sein sollten.
Nach der Rechtsprechung kommt es für die Beurteilung, ob die
Furcht gegründet ist, nicht auf die objektive Situation, sondern auf die subjektive Einstellung des Bedrohten an, weil ein vermeintlicher Zwang nicht schwächer wirkt als der wirkliche Zwang (RS0014849).
Dass die Vorinstanzen eine Anfechtbarkeit des Vertrags wegen Arglist verneinten und deshalb keine Feststellungen zur Ernsthaftigkeit der (nicht feststellbaren) Drohungen trafen, begründet daher keine erhebliche Rechtsfrage.
3. Der Kläger hat in erster Instanz kein Tatsachenvorbringen erstattet, das eine Nichtigkeit des Scheidungsfolgenvergleichs iSd § 879 ABGB nahelegen könnte. Die von ihm vermissten Feststellungen zu diesem Thema sind daher ohne Relevanz.
4. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat der Kläger in erster Instanz gar nicht vorgebracht, den von ihm unterschriebenen Vergleichstext nicht verstanden zu haben. Gegenteiliges – und damit eine implizit behauptete Aktenwidrigkeit des Berufungsgerichts – ergibt sich auch nicht aus den Feststellungen des Erstgerichts, wonach der Kläger die allgemeinen rechtlichen Ausführungen der von ihm vor dem Vergleichsabschluss wegen der Frage des nachehelichen Unterhalts konsultierten Rechtsanwältin „nicht vollumfänglich verstanden“ hat. Davon abgesehen bleibt offen, inwiefern ein allfälliges Missverständnis des Klägers von der Beklagten veranlasst worden sein sollte.
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