OGH 7Ob517/81

OGH7Ob517/819.4.1981

SZ 54/56

Normen

ABGB §1170
ABGB §1486 Z1
ABGB §1170
ABGB §1486 Z1

 

Spruch:

Forderungen für die Ausführung von Arbeiten aus einem Werkvertrag unterliegen der dreijährigen Verjährung, wenn sie zu einem wesentlichen Teil in einem geschäftlichen Betrieb erbracht wurden, auch wenn der Kläger nicht Betriebsinhaber ist und keine Gewerbeberechtigung besitzt. Der Verjährungseinrede kann der Gläubiger die Replik der gegrundeten Furcht entgegensetzen, doch beginnt die Verjährungsfrist mit dem Wegfall der Zwangslage

OGH 9. April 1981, 7 Ob 517/81 (LGZ Graz 5 R 329/80; BG Feldbach 2 C 78/80)

Text

Der Beklagte befaßte sich in den Jahren 1969 bis 1972 mit dem Ankauf beschädigter PKW in der Bundesrepublik Deutschland sowie mit dem Import dieser Fahrzeuge und deren Verkauf in Österreich. Der Kläger ist gelernter Karosseriespengler. Er half dem Beklagten bei der Auswahl der zu importierenden PKW in der Bundesrepublik Deutschland und behob auch über dessen Anweisung allfällige Schäden an diesen Fahrzeugen. Die Arbeiten wurden vom Kläger teils beim Beklagten in K, teils in der von ihm gepachteten Tankstelle, aber auch in anderen Werkstätten vorgenommen. Die benötigten Ersatzteile wurden vom Beklagten auf Grund einer vom Kläger angefertigten Materialliste beigestellt. Den Umfang der jeweiligen Arbeiten bestimmte der Beklagte. Deren Durchführung oblag dem Kläger als Fachmann. Der Verkauf der Fahrzeuge in Österreich erfolgte ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Beklagten. Für seine Tätigkeit schuldete der Beklagte dem Kläger an Entgelt etwas unter 50 000 S. Der Beklagte leistete Teilzahlungen an den Kläger. Teilweise erfolgte die Abrechnung durch Gegenverrechnung von Material derart, daß dem Kläger am 2. Juli 1972 gegen den Beklagten eine Forderung von 25 000 S zustand. Für die Reisen des Klägers in die Bundesrepublik Deutschland und für dessen Reparaturtätigkeit (Schadensbehebung an den importierten Fahrzeugen) im Inland wurde zwischen den Streitteilen ein jeweils im voraus bestimmtes Entgelt vereinbart. Dieses orientierte sich an den jeweiligen Preisen der Kraftfahrzeugwerkstätten, lag jedoch unter diesen.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11. Jänner 1979 wurde der Beklagte u. a. schuldig erkannt, im Sommer 1970 in N den Kläger durch die Äußerung, er brauche ihm kein Geld geben, weil er von ihm eine Blankounterschrift habe, er kenne auch Unterweltler in Graz, von denen er ihn niederschlagen lassen werde, auch habe er ein größeres Auto als der Kläger und könne diesen daher von der Straße abdrängen, durch gefährliche Drohung zur Unterlassung der Geltendmachung vermeintlicher Forderungen aus der Geschäftsverbindung der Streitteile genötigt und hiedurch das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB begangen zu haben.

Mit seiner beim Erstgericht am 1. Feber 1980 eingebrachten Klage begehrt der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 25 000 S samt 4% Zinsen seit 2. Juli 1972. Mit Rücksicht auf die vorerwähnten massiven Drohungen habe es der Kläger vorher nicht gewagt, die ihm gegen den Beklagten zustehenden Forderungen in der Höhe des Klagsbetrages geltend zu machen.

Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendet Verjährung des Klagsanspruches ein. Die Tätigkeit des Klägers für den Beklagten sei bereits im Jahre 1972 beendet gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf noch folgende Feststellungen:

In einem vom Beklagten gegen Heinrich W angestrengten Rechtsstreit auf Rückzahlung eines Darlehens von 70 000 S wurde der Kläger am 4. Juni 1976 als Zeuge vernommen. Dabei erklärte er unter Eid, daß ihm der Beklagte noch mindestens 50 000 S schulde, ihm aber die Einklagung dieses Betrages bisher wegen einer vom Kläger ausgestoßenen Drohung nicht möglich gewesen sei. Der Beklagte habe dem Kläger gedroht, daß er ihn durch ihm bekannte Unterweltler aus Graz niederschlagen lassen werde und er ihn außerdem mit seinem etwas größeren Auto von der Straße abdrängen könne. Diese Zeugenaussage des Klägers führte zur Einleitung des bereits erwähnten Strafverfahrens gegen den Beklagten beim Landesgericht für Strafsachen Graz, in dem dieser verurteilt wurde. Auch bei seiner Einvernahme vor dem Finanzamt F legte der Kläger die gleiche Zeugenaussage ab.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Klagsforderung der kurzen Verjährungszeit des § 1486 Z. 1 ABGB unterliege, die im Zeitpunkt der Klagserhebung (1. Feber 1980) bereits abgelaufen gewesen sei. Eine Hemmung der Verjährung liege nicht vor. Die vom Kläger behauptete Furcht innerhalb der Verjährungszeit sei zu verneinen. Der Kläger habe nämlich noch zwei Jahre nach der vom Beklagten ausgestoßenen Drohung für diesen gearbeitet. Daraus sei zu schließen, daß die behauptete Furcht des Klägers nur unmittelbar nach der Drohung und nicht die gesamte Zeit bis zur Einbringung der Klage gedauert habe. Der Kläger habe nur den Ausgang des Strafverfahrens gegen den Beklagten abgewartet, um dann seine Klage auf den Tatbestand der gefährlichen Drohung stützen zu können.

Das Berufungsgericht entschied im Sinne des Klagebegehrens. Es vertrat die Auffassung, daß der Kläger die von ihm behaupteten Leistungen auf Grund eines mit dem Beklagten vereinbarten Werkvertrages erbracht habe. Eine Entgeltforderung aus einem Werkvertrag verjähre aber nur dann in drei Jahren, wenn die Leistung, für die das Entgelt begehrt werde, in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen Geschäftsbetrieb erbracht worden sei. Bei der Tätigkeit des Klägers habe es sich aber um einen Gelegenheitserwerb gehandelt, weshalb seine Entgeltforderung erst in dreißig Jahren verjähre.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und stellte das Ersturteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Mit Recht bekämpft der Revisonswerber die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Klagsanspruch der allgemeinen dreißigjährigen Verjährung unterliege. Richtig ist, daß nach § 1486 Z. 1 ABGB Forderungen für die Lieferung von Sachen oder die Ausführung von Arbeiten oder sonstigen Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb in drei Jahren verjähren. Die Einführung dieser kurzen Verjährungszeit wird in der Regierungsvorlage zur III. Teilnovelle (S. 157) damit begrundet, daß es sich bei den im § 1486 ABGB aufgezählten Rechtsgeschäften zumindest im Regelfall um Geschäfte des täglichen Lebens handelt, bei denen es nach Verlauf einer längeren Zeit ganz unmöglich sei, den Beweis dafür zu erbringen, daß derartige Forderungen berechtigt seien. Auch die Aufbewahrung von Quittungen und Rechnungen durch dreißig Jahre hindurch würde eine unzumutbare Belastung darstellen. Richtig ist, daß § 1486 Z. 1 ABGB nur dann anzuwenden ist, wenn die dort angeführten Arbeiten und Leistungen in einem Geschäftsbetrieb erbracht wurden (1 Ob 660/79). Hiebei muß es sich jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht unbedingt um einen Geschäftsbetrieb handeln, der dem die Arbeit oder Leistung Verrichtenden gehört. Dieser muß auch nicht die nach der Gewerbeordnung erforderliche Berechtigung zur Durchführung der Arbeiten haben. Die die Einführung der Triennalverjährung nach § 1486 Z. 1 ABGB rechtfertigenden Gründe liegen nämlich auch dann vor, wenn die dort erwähnten Arbeiten und Leistungen von einer hiezu gewerberechtlich nicht befugten Person erbracht wurden. Der Kläger hat die Karosseriespenglerarbeiten teils beim Beklagten, teils in der von ihm gepachteten Tankstelle und zum Teil in anderen Kraftfahrzeugwerkstätten durchgeführt. Er hat daher seine Leistungen zum überwiegenden Teil in einem geschäftlichen Betrieb erbracht. Von einem Gelegenheitserwerb könnte entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes nur dann die Rede sein, wenn der Kläger etwa aus Gefälligkeit einmal oder ganz kurzfristig Arbeitsleistungen für den Revisionswerber erbracht hätte. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen in Klang[2] VI, 622 zu verstehen. Hier aber erstreckt sich die Tätigkeit des Klägers auf einen Zeitraum von drei Jahren. Der Entscheidung Art. 8844 lag hingegen ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Der Klagsanspruch unterliegt daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes der Triennalverjährung des § 1486 Z. 1 ABGB.

Der vom Schuldner erhobenen Verjährungseinrede kann allerdings der Gläubiger die Replik der Arglist entgegenhalten, wenn er durch den Schuldner (arglistig) veranlaßt worden ist, seine Forderungen nicht innerhalb der Verjährungszeit geltend zu machen (Klang[2] VI, 604; EvBl. 1956/30; EvBl. 1971/20; ZVR 1980/89). Das gleiche Recht ist auch dem Gläubiger zuzubilligen, der aus einer gegrundeten Furcht vor einer Drohung des Schuldners die Geltendmachung seiner Forderung innerhalb der Verjährungszeit unterlassen hat. In diesem Falle ist aber mit dem Wegfall der Furcht der Grund, der den Berechtigten durch das schuldhafte Verhalten des Schuldners zur Untätigkeit veranlaßte, nicht mehr gegeben, und es beginnt ab diesem Zeitpunkt die Verjährung. Diese Rechtsansicht wurde vom OGH bereits in der Entscheidung JBl. 1959, 373 (vgl. auch RG in EvBl. 1942/98) vertreten. Soweit Gschnitzer in seiner Glosse zur Entscheidung JBl. 1959, 373 die Meinung vertritt, der für die Anfechtung wegen Furcht aufgestellte Rechtssatz könne nicht zu einem für die Verjährung allgemein geltenden entwickelt werden, vermag ihm der OGH nicht zu folgen. Es geht hier nämlich nicht um eine gesetzliche Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung, sondern um die sinngemäße Anwendung des anerkannten Rechtssatzes, nach dem der Verjährungseinrede die Replik der Arglist entgegengesetzt werden kann, auf den ähnlich gelagerten Fall der gegrundeten Furcht des Gläubigers.

Im vorliegenden Falle ist die durch die Drohung des Beklagten für den Kläger entstandene Zwangslage spätestens mit dessen Zeugenaussage, die er am 4. Juni 1976 ablegte, weggefallen. Im Zeitpunkt der Klagserhebung war daher die dreijährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen. Die Frage, ob die Einrede der Arglist bzw. der Furcht so lange zulässig ist, als der dem Gläubiger aus der schuldhaften Handlung des Schuldners zustehende Ersatzanspruch noch nicht verjährt ist (vgl. EvBl. 1942/98), kann im vorliegenden Fall unerörtert bleiben, weil die Frist sowohl für die Verjährung der Schadenersatzforderung nach § 1489 ABGB im Hinblick auf die Strafandrohung für das Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB als auch für die Verjährung der Forderung für die Ausführung von Arbeiten nach § 1486 Z. 1 ABGB drei Jahre beträgt. Der Klagsanspruch ist daher, wie das Erstgericht richtig erkannte, bereits verjährt.

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