Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Impugnationsklägerin ist Medieninhaberin einer Wochenzeitschrift. Sie wurde im Titelverfahren AZ 39 Cg 46/04i des Handelsgerichts Wien mit einstweiliger Verfügung vom 12. August 2004 zur Unterlassung verpflichtet, Zugaben zur Zeitschrift, „insbesondere die Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel, bei welchem Preise nicht völlig unbedeutenden Werts zu gewinnen sind", anzukündigen und/oder zu gewähren. Die einstweilige Verfügung wurde vom Rekursgericht bestätigt. Der Oberste Gerichtshof wies am 5. April 2005 den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gegnerin der gefährdeten Partei (der Impugnationsklägerin) zurück (AZ 4 Ob 31/05w). Auch im Hauptverfahren wurde der Unterlassungsklage stattgegeben. Der Oberste Gerichtshof wies am 21. November 2006 die außerordentliche Revision der beklagten Partei zurück (AZ 4 Ob 224/06d).
Am 18. Oktober 2004 wurde der obsiegenden klagenden Partei (Oppositionsbeklagte) zu AZ 18 E 4716/04s des Bezirksgerichts Leopoldstadt aufgrund der einstweiligen Verfügung vom 12. August 2004 die Unterlassungsexekution bewilligt und über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 90.000 EUR wegen eines am 6. Oktober 2004 in der Zeitungsausgabe Nr. 41 angekündigten Gratis-Tipps auf einem „Euro-Millionen-Schein" im Wert von 2 EUR verhängt (ON 1 des Exekutionsakts). Wegen weiterer gleichartiger Verstöße am 12. und 13. Oktober 2004 erließ das Exekutionsgericht zwei Strafbeschlüsse mit Geldstrafen von 90.000 und 20.000 EUR (ON 2 und 3 des Exekutionsakts). Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Partei nur in Ansehung der Höhe der verhängten Geldstrafen Folge und reduzierte diese auf je 20.000 EUR (ON 10 des Exekutionsakts). Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei am 20. Oktober 2005 zurück (AZ 3 Ob 30/05s = RPflE 2006/1 mit eingehender Begründung).
Schon im Provisorialverfahren und im Titelhauptverfahren befassten sich die Rechtsmittelgerichte eingehend mit dem aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH C-368/95 = ÖBl 1997, 229 - LAURA) einzuschränkenden, für Printmedien geltenden Verbot von Zugaben in Form der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an Gewinnspielen (§ 9a Abs 2 Z 8 UWG). Nach dieser Rechtsprechung ist das gesetzliche Verbot europarechtskonform, wenn am Markt kleinere Presseunternehmen im Wettbewerb stehen, die sich die Verkaufsanreize durch Gewinnspiele nicht leisten können. In den Vorverfahren (Titelverfahren, Exekutionsverfahren) wurde diese Frage als notorisch bejaht.
Mit ihrer am 1. Februar 2007 beim Erstgericht eingelangten Impugnationsklage begehrte die klagende Partei unter neuerlichem Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH die Unzulässigerklärung der Exekutionsbewilligung und der Strafbeschlüsse (ON 2 und 3 des Exekutionsakts). Die „inkriminierte Aktion" (in der Zeitungsausgabe Nr. 41) verstoße nicht gegen das Unterlassungsgebot der einstweiligen Verfügung. Bei der Aktion handle es sich um eine Kooperation zwischen der klagenden Partei und den Österreichischen Lotterien anlässlich der europaweiten Produkteinführung der Lotterie „Euro-Millionen". Die Lotterie sei von den Österreichischen Lotterien mit hohem Werbeaufwand beworben worden. Die Bewerbung zeige, dass die Österreichischen Lotterien die Gewährung dieses Euro-Millionen-Wettscheins mit einem Gratis-Tipp als Bewerbung im Rahmen der europaweiten Produkteinführung durchgeführt hätten. Eine solche Kooperation sei auch für kleine Presseunternehmen leistbar. Dies sei durch Untersuchung des nationalen Pressemarkts zu untersuchen.
Die Vorinstanzen wiesen das Impugnationsbegehren ohne Durchführung der beantragten Beweise (ua des Sachverständigenbeweises) ab. Sie gingen dabei weiterhin von der Notorietät des Umstands aus, dass am österreichischen Pressemarkt kleinere Presseunternehmen existierten. Das Berufungsgericht führte aus, dass die Rechtsfrage, ob das Gewinnspielverbot des § 9a UWG anwendbar sei, im Rekursverfahren gegen die Exekutionsbewilligung zu klären gewesen sei. Eine Impugnationsklage könne nur auf einen bisher nicht aktenkundigen Sachverhalt gestützt werden. Wenn das Gewinnspiel - wie von der klagenden Partei behauptet - eine Werbemaßnahme der Österreichischen Lotterien gewesen sei, wäre allenfalls von Bedeutung, ob diese auch mit kleineren Presseunternehmen die Werbemaßnahme (mit dem Gratis-Tipp um 2 EUR) durchgeführt hätten. Dazu habe die klagende Partei aber nichts vorgebracht.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:
Aus der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung 3 Ob 27/98m = EvBl 1998/135, geht nur hervor, dass die nach der Rechtsprechung des EuGH notwendigen Kriterien für ein Zugabenverbot (Vorhandensein schwächerer Mitbewerber) „richtigerweise bereits im Titelverfahren zu prüfen gewesen wären". Dass diese Prüfung im Impugnationsprozess nachgeholt werden könnte, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen. Im Impugnationsprozess kann nur bestritten werden, dass der im Exekutionsantrag vom Betreibenden behauptete Sachverhalt nicht zutrifft. Die klagende Partei führte nur ins Treffen, das strittige Gewinnspiel sei eine Kooperation mit den Österreichischen Lotterien gewesen und eine solche Kooperation sei auch für kleinere Presseunternehmen „machbar und leistbar". Damit wurde kein mit dem im Exekutionsverfahren aktenkundigen und maßgeblichen Sachverhalt in Widerspruch stehender anderer Sachverhalt releviert. Die Rechtsmeinung des Rekursgerichts über ein nicht ausreichendes Klagevorbringen ist keine über ein außerordentliches Rechtsmittel aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung. Der Umstand einer Kooperation mit den Österreichischen Lotterien, deren Tippschein abgebildet und beigegeben wurde, war im Exekutionsverfahren aufgrund der vorgelegten Urkunden (der Zeitungsausgabe Nr. 41) aktenkundig. Die Kooperation der klagenden Partei mit den Österreichischen Lotterien ändert nichts daran, dass die wettbewerbswidrige Handlung der Impugnationsklägerin jedenfalls im Sinne der Judikatur über die Haftung von Mittätern (RIS-Justiz RS0079765) zuzurechnen war, diese also als Mitveranstalter des Gewinnspiels angesehen werden musste. Die angeführte Kooperation allein führt daher nicht dazu, das in der Zeitung angekündigte Gewinnspiel nicht als wettbewerbswidrig qualifizieren zu können. Davon könnte allenfalls nur dann ausgegangen werden, wenn tatsächlich allen kleineren Mitbewerbern der klagenden Partei derartige Kooperationen angeboten worden wären. Die Impugnationsklägerin hätte also behaupten und nachweisen müssen, dass die Österreichischen Lotterien tatsächlich bereit gewesen wären, die Werbekampagne auch mit allen kleinen Presseunternehmen unter gleichen Bedingungen durchzuführen und dass diese Bedingungen für die kleinen Unternehmen auch leistbar gewesen wären. Auf einen solchen Sachverhalt wurde die Impugnationsklage aber nicht gestützt.
Auch im Übrigen liegen keine erheblichen Rechtsfragen vor:
Der gerügte Verfahrensmangel der Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens ist ein Verfahrensmangel erster Instanz, den das Berufungsgericht verneint hat. Daran ist der Oberste Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung gebunden. Zu den Rechtsausführungen zum Thema der Zugabe als Warenprobe und zum Thema der angebotenen kostenlosen Alternative bedarf es keiner neuerlichen Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs. Dazu kann auf die zitierten Vorentscheidungen in den gegenständlichen Verfahren, in denen die Revisionswerberin Partei war, verwiesen werden.
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