OGH 3Ob115/90 (3Ob116/90)

OGH3Ob115/90 (3Ob116/90)30.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ulf B*****, vertreten durch Dr. Gerald Herzog und Dr. Manfred Angerer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Rosemarie E*****, vertreten durch Dr. Erich Peter Piuk, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 13. Juli 1990, GZ 1 R 305, 306/90-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 4. April 1990, GZ 4 C 7/90p-14, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 1.221,24 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 203,54 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger verpflichtete sich mit Scheidungsvergleich vom 21. Mai 1964 vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu 14 Cg 130/64, der Beklagten ab 15. Juni 1964 einen monatlichen Unterhalt von S 1.500,--, zahlbar jeweils bis zum 15. eines jeden Monates im vorhinein, zu bezahlen. Auf Grund dieses Titels wurde der Beklagten mit Beschluß vom 27. Dezember 1989 zu 10 E 9850/89 vom Erstgericht die Fahrnisexekution zugunsten der vom Juli 1984 bis Dezember 1989 fällig gewordenen Unterhaltsbeiträge von zusammen S 99.000,-- bewilligt. Mit der am 31. Jänner 1990 beim Erstgericht eingebrachten Klage erhob der Kläger Einwendungen gegen diesen Anspruch: Die Beklagte lebe seit Beginn des Jahres 1965 in Lebensgemeinschaft mit Siegfried P*****. Ihr Unterhaltsanspruch ruhe daher mindestens. Sie habe überdies auf ihren Unterhaltsanspruch aus dem zitierten Vergleich durch die unterlassene Beantwortung eines Schreibens des Klägers vom 24. Juni 1968 sowie durch die Nichtgeltendmachung durch 24 Jahre auch verzichtet. Die Beklagte habe den Kläger erstmals am 18. Jänner 1990 zur Fortsetzung der Unterhaltsverpflichtung aufgefordert, sodaß der Anspruch erst ab diesem Zeitpunkt wieder aufgelebt sein könnte. Die Beklagte habe ihren Unterhaltsanspruch durch die Erhebung einer Privatanklage gegen den Kläger überdies verwirkt.

Die Beklagte schränkte ihr Exekutionsbegehren in der Folge auf die Unterhaltsbeträge ab 22. Dezember 1986 ein und beantragte in diesem Umfang die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, daß sie ihre Lebensgemeinschaft mit Siegfried P***** seit annähernd 6 Jahren aufgelöst habe, daß sie nicht auf ihren Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kläger verzichtet habe und daß keine Verwirkung vorliege.

Das Erstgericht gab dem restlichen Klagebegehren teilweise statt, stellte fest, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten nur für die Zeit vom 22. Dezember 1986 bis 31. Dezember 1986 erloschen sei, und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte fest, daß die Beklagte 1965 eine Lebensgemeinschaft mit Siegfried P***** einging, die bis 1984 andauerte und der eine im Oktober 1965 geborene Tochter entstammt. Die Beklagte erhielt ein Schreiben eines (unbekannt gebliebenen) Rechtsanwaltes vom 24. Juni 1966, der sie - mit dem Hinweis, daß der Unterhaltsanspruch beim Eingehen einer Lebensgemeinschaft ruhe - im Namen des Klägers ersuchte, ab sofort auf Unterhalt zu verzichten. Falls sich die Beklagte nicht bis zum 30. Juni 1966 äußern sollte, werde der Kläger annehmen, daß die Beklagte mit dem Vorschlag einverstanden sei und für ihre Person auf Unterhalt verzichte. In diesem Fall würde der Kläger ab 1. Juli 1966 die Unterhaltszahlungen an die Beklagte einstellen. Dieses Schreiben wurde vom Vater des Klägers veranlaßt, dieser selbst hatte sich darum nicht gekümmert. Die Beklagte hat auf dieses Schreiben (wie aus der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes hervorgeht) nicht geantwortet. Es gab zwischen den Streitteilen keine Kontakte mehr.

Seit Beendigung der Lebensgemeinschaft zahlte Siegfried P***** nur noch die gesamten das Wohnhaus der Beklagten betreffenden Betriebskosten. Die Beklagte lebte seither von Zuwendungen ihrer Kinder. Im März oder April 1989 ersuchte die Beklagte telefonisch die nunmehrige Ehefrau des Klägers um Überweisung von S 1.000,-- oder S 2.000,--. Erstmals im Schreiben vom 18. Juli 1989 erinnerte die Beklagte den Kläger, daß er für ihren Unterhalt zuständig sei, und kündigte ihm an, für den Fall der Nichtzahlung mit den Medien in Verbindung zu treten, was ihm sicher nicht angenehm sein werde. Sie forderte ihn auf, bis 1. August 1989 ihr finanzielles Problem zu lösen. Mit Schreiben vom 28. Juli 1989 lehnte der Kläger eine Alimentierung der Beklagten ab; er erhob darin verschiedene Vorwürfe gegen sie. Die Beklagte zeigte dieses Schreiben den Kindern aus der Ehe mit dem Kläger, ihrer unehelichen Tochter, ihrem ehemaligen Lebensgefährten und dem Vorsteher des Bezirksgerichtes Hartberg und erhob wegen des Inhaltes dieses Schreibens eine Privatanklage gegen den Kläger.

Der überwiegenden Abweisung des Klagebegehrens lag die Rechtsansicht des Erstrichters zugrunde, daß aus dem Stillschweigen der Beklagten auf das Schreiben des Klägers vom 24. Juni 1966 und der folgenden jahrelangen Unterlassung der Geltendmachung ihres Unterhaltsanspruches kein endgültiger Unterhaltsverzicht gegenüber dem Kläger abgeleitet werden könne; das Vorzeigen des Schreibens des Klägers vom 28. Juli 1989 könne keine Unterhaltsverwirkung nach sich ziehen.

Über Berufung des Klägers änderte das Berufungsgericht das Ersturteil teilweise dahin ab, daß der Anspruch der beklagten Partei auch für die Zeit vom 1. Jänner 1987 bis 14. August 1989 erloschen sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und trat dessen Rechtsansicht bei, daß durch die Vorlage eines Briefes des Klägers durch die Beklagte, der nur Vorwürfe gegen sie enthielt, gegenüber einem relativ kleinen Personenkreis keine Unterhaltsverwirkung eingetreten sei und daß die unterlassene Geltendmachung des Unterhaltsanspruches durch ca. 24 Jahre auch nicht im Zusammenhalt mit der Untätigkeit der Beklagten auf das Schreiben vom 24. Juni 1966 die Annahme eines schlüssigen Unterhaltsverzichtes erlaube. Die Beklagte sei aber vor ihrem Schreiben vom 18. Juli 1989 nicht der sie treffenden Verpflichtung nachgekommen, den Kläger vom Wiederaufleben seiner Unterhaltsverpflichtung zufolge Beendigung der Lebensgemeinschaft mit Siegfried P***** in Kenntnis zu setzen. Der Kläger habe nach Treu und Glauben annehmen dürfen, daß sie bis zu ihrem Schreiben vom 18. Juli 1989 auf ihren Unterhaltsanspruch verzichtet habe. Ab der nächsten Unterhaltsfälligkeit sei die Exekution hingegen berechtigt.

Beide Revisionen sind nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsverfahren blieb mängelfrei (§ 510 Abs. 3 ZPO; angebliche Feststellungsmängel gehören zur Rechtsrüge). Das Vorbringen des Klägers zur behaupteten Aktenwidrigkeit betrifft zum Teil die Auslegung einer Urkunde und damit wieder die rechtliche Beurteilung und ist zum anderen Teil eine unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung.

Ob ein Verhalten eines geschiedenen Ehegatten eine schwere Verfehlung im Sinne des § 74 EheG bildet, das zur Verwirkung des Unterhaltsanspruches führt, weil dem Unterhaltspflichtigen die Unterhaltsleistung für alle Zukunft nicht mehr zumutbar ist, hängt einerseits von der Gesinnung, aus der das inkriminierte Verhalten gesetzt wurde, andererseits von der Art und Wichtigkeit der bekannt gegebenen Umstände sowie von der Art ihrer Weitergabe und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Interessenssphäre des Unterhaltspflichtigen ab (EFSlg. 46.324 mwN). Die von der Beklagten ihren Kindern, dem früheren Lebensgefährten und dem Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichtes Hartberg gewährte Einsicht in den Brief des Klägers - in dem dieser ihr außereheliche Beziehungen mit anderen Männern vorwarf, sie wegen der Geltendmachung des Unterhaltsanspruches als moralisch nicht intakt bezeichnete und ihr den Vorwurf machte, sie sei trunksüchtig - sowie auch die deswegen von der Beklagten gegen den Kläger erhobene Privatanklage sind, wenn überhaupt rechtswidrig, so jedenfalls bei weitem nicht so schwerwiegend, daß der Frau deshalb der dauernde Verlust des Unterhaltsanspruches eher zuzumuten wäre als dem Mann die weitere Alimentierung, zumal von seiner Existenzgefährdung keine Rede sein kann.

Das Schweigen der Beklagten auf den Brief des Rechtsanwaltes des Klägers vom 24. Juni 1966 entsprach insofern der damaligen Sach- und Rechtslage, als schon das Eingehen der Lebensgemeinschaft mit Siegfried P***** das Ruhen ihrer Unterhaltsberechtigung herbeigeführt hatte und sie dem Begehren des Klägers, keinen Unterhalt mehr leisten zu wollen, damals nichts entgegenzusetzen hatte. Dieses Verhalten darf aber nach § 863 ABGB nur auf Überlegung aller Umstände, unter denen es abgegeben wurde, ausgelegt werden. Schweigen gilt nur ausnahmsweise als Zustimmung (SZ 57/142 uva), besonders beim Verzicht (SZ 53/35 uva), und es kann nicht schon nach dem Wunsch des Gegners fingiert werden. In diesem Sinn durfte hier der Kläger nicht annehmen, daß die Beklagte auch für den im Schreiben nicht einmal angedeuteten Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft mit Siegfried P***** auf Unterhalt gegenüber dem Kläger verzichten wollte, zumal er selbst die Aufforderung zum "Verzicht" nur auf das Ruhen wegen der Lebensgemeinschaft gestützt hatte.

Nach herrschender Lehre (Schwind, Eherecht2, 293 ff; Pichler in Rummel ABGB, § 74 Rz 1 und § 75 EheG Rz 2; Ehrenzweig-Schwind, Familienrecht3 236; Koziol-Welser, Grundriß8 II, 222) und Rechtsprechung (SPR 38 neu = SZ 27/134 = EvBl 1954/228; EvBl 1968/300; EFSlg. 29.651; EFSlg. 38.842 = RZ 1982/3; zuletzt 10 Ob S 53/90) führt eine nach der Scheidung eingegangene Lebensgemeinschaft des Unterhaltsberechtigten weder zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruches nach § 74 EheG noch - anders als bei der Wiederverehelichung des Berechtigten nach § 75 EheG - zum Erlöschen der Unterhaltspflicht, sondern nur während der aufrechten Lebensgemeinschaft zum Ruhen des Unterhaltsanspruches, weil dessen Durchsetzung während dieser Zeit sittenwidrig wäre. Schwind in Klang2, I/1, 875 kritisiert zwar die Rechtsfigur des "Ruhens des Unterhaltes" als eine durch den Gerichtsgebrauch praeter wenn nicht sogar contra legem geschaffene Neuschöpfung. Die deutsche Judikatur sei hier konsequent strenger, weil sie bei Eingehen einer Lebensgemeinschaft die Verwirkung des Unterhaltsanspruches ohne Möglichkeit eines späteren Wiederauflebens vorsehe. Diese Meinung hat aber, wie bereits dargelegt, keinen Niederschlag in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefunden.

Geht man demnach von einem bloßen Ruhen der Unterhaltspflicht aus, dann liegt unabhängig von der Dauer der Lebensgemeinschaft kein Verstoß gegen die guten Sitten vor, wenn der Unterhaltsberechtigte nach dem Ende der Lebensgemeinschaft wieder den früheren Unterhaltsanspruch geltend macht. Auch wenn eine geschiedene Ehefrau nach kurzer Ehe viele Jahre erwerbstätig, dann aber plötzlich wieder auf die Unterhaltsleistungen ihres geschiedenen Ehemannes angewiesen ist, läge ein vergleichbarer Fall vor, und man könnte wohl schwer annehmen, die Ehefrau müsse nur deshalb, weil sie sich jahrelang anderweitig versorgt habe, auf ihren Anspruch gegen ihren geschiedenen Ehemann verzichten. Der Hinweis darauf, der Kläger habe in der Erwartung des endgültigen Untergangs der Unterhaltsverpflichtung seine Lebensverhältnisse anderweitig gestaltet, ist nicht zielführend; denn der Unterhaltspflichtige muß mit einem Wiederaufleben einer ruhenden Unterhaltsverpflichtung grundsätzlich rechnen. Der Vorwurf, die Beklagte habe keine anderweitige Vorsorge für ihren Unterhalt getroffen, geht ebenfalls fehl; denn der Beklagten wäre ohne Begründung der Lebensgemeinschaft jedenfalls ein Unterhaltsanspruch zugestanden. Wie und wann diese enden werde, war für die Beklagte nicht vorhersehbar. Die Beklagte hat also ihr Recht auf Geltendmachung des Wiederauflebens ihres Unterhaltsanspruches nicht verloren.

Zu prüfen bleibt zur Revision der Beklagten, ab wann ihr der Unterhaltsanspruch wieder zusteht. Hier ist nach Ansicht des erkennenden Senates die Besonderheit des oben dargestellten Ruhens der Unterhaltsverpflichtung zu beachten.

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft stellt ein von der Gesetzgebung in einzelnen Bestimmungen anerkanntes und rechtlich geschütztes familienrechtliches Verhältnis dar. So wird sie in einigen Sondergesetzen gleich der Ehe behandelt, wie beim Eintrittsrecht nach dem Tod des Hauptmieters nach § 14 Abs. 3 MRG; eine Gleichstellung sieht auch die Einordnung des Lebensgefährten in den Kreis naher Angehöriger nach § 32 Abs. 1 KO und § 4 Abs. 1 AnfO sowie die Behandlung des Lebensgefährten als Angehörigen nach § 72 Abs. 2 StGB und nach § 152 Abs. 1 Z 1 StPO vor (vgl. Mell in FS Demelius 159 f). Nach der Rechtsprechung stellt die Lebensgemeinschaft ein der Ehe nachgebildetes familienrechtliches Verhältnis minderer Art dar (EFSlg. 38.842 = RZ 1982/3 mwN).

Es ist daher gerechtfertigt, die Begründung einer Lebensgemeinschaft zwar im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung nicht ganz einer Wiederverheiratung im Sinne des § 75 EheG gleichzuhalten, das Ruhen des Unterhaltsanspruches aber doch mit der Wirkung auszustatten, daß das Wiederaufleben der Unterhaltspflicht nicht sozusagen automatisch mit dem Ende der Lebensgemeinschaft, sondern erst mit der Wiedergeltendmachung des Unterhaltsanspruches gegenüber dem Unterhaltspflichtigen eintritt. Der unterhaltspflichtige Ehegatte weiß bei der Begründung einer Lebensgemeinschaft des unterhaltsberechtigten Ehegatten nicht, ob und wann er allenfalls wieder zur Unterhaltsleistung herangezogen wird. Anders als im Fall einer nur unbestimmten Zahlungsfrist (§ 904 ABGB) weiß der Schuldner also nicht nur nicht, ab wann er wieder Unterhalt zu leisten hat, sondern auch nicht, ob er überhaupt je wieder Unterhalt zu leisten hat. Die Revisionsausführungen des Klägers, daß er wegen der langen Dauer der Lebensgemeinschaft überhaupt nicht mehr mit einer Unterhaltspflicht habe rechnen müssen, sind daher immerhin insoweit beachtlich, als er annehmen konnte, er sei bis zur Wiedergeltendmachung eines Unterhaltsanspruches von der Unterhaltspflicht befreit. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht erkannt, daß es in einem solchen Fall sachgerecht ist, das Wiederaufleben der ruhenden Unterhaltsverpflichtung nicht schon mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Auflösung der Lebensgemeinschaft, sondern erst mit dem Zeitpunkt eintreten zu lassen, in dem der Unterhaltsberechtigte vom Unterhaltspflichtigen einen Unterhalt eingemahnt hat.

Eine Stütze findet diese Auffassung auch in § 72 EheG. Obwohl diese Bestimmung nur beschränkt zur rechtlichen Bewertung des hier vorliegenden Problems herangezogen werden kann, ergibt sich doch eine gewisse Übereinstimmung. Die Geltendmachung des Unterhaltes einer geschiedenen Ehefrau nach Beendigung eines infolge Lebensgemeinschaft langen Ruhens der Unterhaltspflicht, kommt einer ersten Unterhaltseinklagung sehr nahe, sodaß es gerechtfertigt erscheint, die Grundgedanken dieser Bestimmung auch auf den vorliegenden Fall sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Bestimmung könnte die Beklagte als geschiedene Ehegattin Unterhalt für die Vergangenheit erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen ist, längstens aber ein Jahr vor Gerichtshängigkeit, wenn keine absichtliche Unterhaltsentziehung vorliegt (zur Auslegung Pichler in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 72 EheG).

Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß diese Mahnung durch die Beklagte erst mit dem Schreiben vom 18. Juli 1989 erfolgt ist. Erst mit diesem Schreiben und nicht schon durch das festgestellte frühere viel zu unbestimmte Telefonat der Beklagten mit der jetzigen Ehefrau des Klägers erfolgte eine inhaltlich bestimmte Mahnung, die zur Konkretisierung des geltend gemachten Unterhaltsanspruches führte (vgl. dazu Pichler aaO).

Beiden Revisionen war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs. 2 und § 50 ZPO. Wegen des unterschiedlichen Streitwertes der beiden Revisionen war der klagenden Partei die Differenz zischen den jeweils berechtigten Revisionsbeantwortungen der klagenden Partei (Streitwert S 46.500,--) und der beklagten Partei (Streitwert S 7.500,--) zuzusprechen.

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