European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030NC00012.24F.0228.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Bestimmung eines zuständigen Gerichts nach § 28 JN für die beabsichtigte Exekution wird abgelehnt.
Der Antrag auf Kostenzuspruch wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Nach dem Vorbringen im Ordinationsantrag hat der Antragsteller mit Wohnsitz in Österreich gegen die in Malta ansässige Antragsgegnerin ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil auf Rückzahlung von Spielverlusten erwirkt. Da die Antragsgegnerin die Zahlung verweigert habe, beabsichtige der Antragsteller die Exekution durch Pfändung der dieser zustehenden Markenrechte an näher genannten europäischen Marken/Unionsmarken beim Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum in Spanien. Zuständig seien „die nationalen Gerichte nach allgemeinen Vorschriften der UMV“, also der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke. Die Antragsgegnerin verfüge „über kein Vermögen im Inland“; eine „Zwangsvollstreckung im Inland“ sei „daher aussichtslos“. Die Republik Malta habe ihre Rechtslage dahin geändert, dass die Anerkennung oder Vollstreckung ausländischer Urteile zu verweigern sei, wenn diese aufgrund einer Klage gegen einen Lizenzinhaber im Zusammenhang mit der Erbringung von Glücksspiel-dienstleistungen in oder von Malta aus ergangen seien.
[2] Die Voraussetzungen für eine Ordination nach § 28 JN liegen nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
[3] 1.1 Eine Ordination ist auch in Exekutionssachen zulässig, wenn es an einem örtlich (bzw international örtlich) zuständigen inländischen Gericht mangelt (RS0053178) und eine der in § 28 Abs 1 JN normierten Voraussetzungen vorliegt. Hier stützt sich der Antragsteller erkennbar auf § 28 Abs 1 Z 2 JN. Danach ist die Bestimmung eines örtlich zuständigen Gerichts durch den Obersten Gerichtshof (nur) dann zulässig, wenn die betreibende Partei ihren Wohnsitz im Inland hat und im Einzelfall die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder nicht zumutbar wäre (3 Nc 5/21x; 3 Nc 12/23d).
[4] 1.2 Nach dem Vorbringen des Antragstellers gibt es kein Vermögen der Antragsgegnerin im Inland und die beabsichtigte Pfändung (und Verwertung?) der näher bezeichneten Unionsmarken soll in Spanien erfolgen. Dafür, dass eine Rechtsverfolgung in Spanien nicht möglich oder zumutbar wäre, lässt sich dem Antrag kein Anhaltspunkt entnehmen.
[5] 2.1 Im Anwendungsbereich der EuGVVO ist eine Ordination für Verfahren gegen Rechtssubjekte, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, nur in Ausnahmefällen möglich (RS0053178 [T3 und T7]; 3 Nc 5/21x). Eine solche Ausnahme käme vor allem dann in Betracht, wenn der Versuch einer Exekutionsführung im Ausland gescheitert wäre oder die beabsichtigte zwangsweise Rechtsdurchsetzung nach der Rechtsprechung im anderen Mitgliedstaat generell nicht bewilligt werden würde (3 Nc 5/21x). Davon kann im vorliegenden Fall – jedenfalls derzeit – nicht ausgegangen werden.
[6] 2.2 Wie bereits in der – einen ähnlichen Fall betreffenden – Entscheidung 3 Nc 12/23d (= RS0053178 [T21]) ausgeführt, ist bislang ungeklärt, wie die maltesischen (Exekutions‑)Gerichte das vom Antragsteller genannte Gesetz („Bill No 55“) bzw Art 56A lit a CAP 583 auslegen und dabei insbesondere auch das übergeordnete Unionsrecht (auch Art 36 ff und Art 45 f EuGVVO 2012) berücksichtigen werden. Auf welche Weise die maltesischen (Exekutions‑)Gerichte das neue maltesische Gesetz zur Anpassung des Glücksspielgesetzes anwenden, ist daher noch nicht absehbar. Wie ebenfalls zu 3 Nc 12/23d erwähnt, liegt es durchaus nahe, dass die maltesischen Gerichte bei einem Antrag auf Vollstreckung eines österreichischen Urteils gegen einen maltesischen Glücksspielanbieter die Frage der Unionsrechtskonformität des in Rede stehenden maltesischen Gesetzes vom Europäischen Gerichtshofdurch ein Vorabentscheidungsverfahren klären lassen. Die Voraussetzungen für eine Ordination liegen daher derzeit nicht vor.
[7] 3. Im Ordinationsverfahren findet kein Kostenersatz statt, weil es sich dabei um ein einseitiges Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof handelt, dem der Gegner nicht beigezogen wird (vgl RS0114932).
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