Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass es unter Einschluss der in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten hat wie folgt:
„1.) Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin 344.417 EUR zu bezahlen, besteht dem Grunde nach zu Recht.
2.) Es wird festgestellt, dass die beklagten Parteien der Klägerin zur ungeteilten Hand für alle zukünftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 24. 8. 2001 in der Gemeinde Höhnhart haften, wobei die Haftung der beklagten Parteien durch die Haftungshöchstbeträge des § 15 EKHG beschränkt ist.
3.) Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, die beklagten Parteien hafteten zur ungeteilten Hand der Klägerin für zukünftige Ansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 24. 8. 2001 in der Gemeinde Höhnhart ohne die Beschränkung auf die Haftungshöchstbeträge des § 15 EKHG, wird abgewiesen.
Die Kostenentscheidung wird dem Endurteil vorbehalten."
Die Entscheidungen über die Kosten des Revisionsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 2. 8. 2001 ereignete sich auf dem Güterweg Außerleiten zwischen den Ortschaften Stegmühl und Außerleiten in der Gemeinde Höhnhart ein Verkehrsunfall, an dem die Mutter der Klägerin als Lenkerin eines PKW und der Erstbeklagte als Lenker und Halter des bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW mit dem Kennzeichen ***** beteiligt waren. Die am 30. 5. 2001 geborene Klägerin war zum Unfallszeitpunkt am Beifahrersitz in einem Kindersitz verwahrt und erlitt durch den Unfall schwerste Verletzungen. Bei der Klägerin sind auf Grund der Verletzungen Dauerfolgen eingetreten und Spätfolgen nicht auszuschließen.
Die Klägerin begehrt die Bezahlung des Betrags von 344.417 EUR, der sich aus dem der Höhe nach außer Streit stehenden Schmerzengeld (150.000 EUR), der der Höhe nach außer Streit stehenden Verunstaltungsentschädigung (25.000 EUR) und dem Pflegeaufwand (169.417 EUR) zusammensetzt, weiters die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Ansprüche mit der Begründung, den Erstbeklagten treffe das Alleinverschulden an dem im Begegnungsverkehr zustandegekommenen Unfall. Er habe gegen das Rechtsfahrgebot und gegen das Gebot des Fahrens auf halbe Sicht verstoßen.
Die Beklagten beantragten die Klagsabweisung und wandten ein, die Mutter der Klägerin trage das Alleinverschulden am Unfall. Sie sei von ihrer Fahrbahnhälfte abgekommen und zu weit links gefahren und dabei gegen den PKW des Erstbeklagten gestoßen. Für den Erstbeklagten, der eine Fahrlinie am äußerst rechten Fahrbahnrand eingehalten habe, stelle der Unfall ein unabwendbares Ereignis dar. Aufgrund der Breite der beiden Fahrzeuge sowie der Fahrbahnbreite habe keine Verpflichtung zum Fahren auf halbe Sicht bestanden. Das Erstgericht erkannte mit Teil- und Zwischenurteil die Leistungsansprüche der Klägerin als dem Grunde nach mit der Hälfte zu Recht bestehend und gab dem Feststellungsbegehren zur Hälfte statt, die Abweisung des diesbezüglichen Mehrbegehrens unterblieb. Es traf folgende Feststellungen:
Die Unfallstelle liegt in Fahrtrichtung des Klagsfahrzeugs im Bereich einer Rechtskurve. Der Güterweg hat in Annäherung an die Unfallstelle in Fahrtrichtung des Klagsfahrzeuges vorerst eine Asphaltbreite von 5
m. Der Rechtsbogen beginnt in Fahrtrichtung des Klagsfahrzeugs rund 50 m vor der späteren Zusammenstoßstelle.
Im Bereich der Kollisionsstelle hat der Güterweg zwischen der in Fahrtrichtung des Klagsfahrzeugs rechtsseitig gelegenen Granitrandleiste und dem an der linken Seite vorhandenen Asphaltrand eine Breite von 4,8 m. In weiterer Folge verringert sich die Breite des Güterwegs auf etwa 4,7 m und erweitert sich dann wieder auf 5 bis 5,2 m. Der Rechtsbogen, den der Güterweg in Fahrtrichtung des Klagsfahrzeugs beschreibt, endet etwa 25 m nach der Zusammenstoßstelle.
Die Sicht im Unfallstellenbereich ist durch die an der Kurveninnenseite befindlichen Bäume behindert. Berücksichtigt man den Laubbewuchs zum Unfallszeitpunkt, kann von einer wechselseitigen Sicht von zumindest 50 m ausgegangen werden, wobei bei dieser Sichtfeststellung bereits der Geschwindigkeitsüberhang des Beklagtenfahrzeugs zum Kollisionsaugenblick berücksichtigt wurde. Ausgehend von einer Position des Klagsfahrzeugs 22 m vor der späteren Zusammenstoßstelle kann man ungefähr 28 m über die spätere Zusammenstoßstelle ohne wesentliche partielle Sichtbehinderung sehen. Die Mutter der Klägerin näherte sich der Unfallstelle mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von maximal 40 km/h, der Erstbeklagte mit einer solchen von maximal 50 km/h. Beide Fahrzeuge stießen jeweils mit der linken Vorderfront gegeneinander, wobei nicht festgestellt werden kann, welches der beiden Fahrzeuge zum Unfallszeitpunkt die gedachte Fahrbahnmitte geringfügig überfahren hat bzw ob nicht beide Fahrzeuge die gedachte Fahrbahnmitte leicht überragt haben. Beide Fahrzeuge hatten ohne Berücksichtigung des erhöhten Breitenbedarfs im Zuge der Bogenfahrt eine Gesamtbreite von 3,15 bis 3,20 m. Im Zuge der Bogenfahrt und unter Mitberücksichtigung der jeweils linken Außenspiegel erhöht sich dieser Breitenbedarf auf etwa 3,4 m. Zur Asphaltbreite im Unfallstellenbereich von 4,8 m verbleibt somit ein Abstand von 1,4 m, der aus technischer Sicht durchaus ausreicht, um gefahrlos aneinander vorbeizufahren. Darüber hinaus wäre es beiden Fahrzeuglenkern auf Grund der baulichen Ausgestaltung möglich gewesen, eine Fahrlinie nahe dem eigenen rechten Fahrbahnrand einzuhalten. Bei einem Seitenabstand zum jeweils rechten Fahrbahnrand von etwa 30 bis 40 cm wäre im Bereich der Fahrbahnmitte ein Sicherheitsabstand von etwa 75 cm aufgebaut worden. Auf Grund des geringen Geschwindigkeitsniveaus des Klagsfahrzeugs erfolgte die Kollision innerhalb der halben Sicht des Klagsfahrzeugs. Da die Lenkerin des Klagsfahrzeugs vor der Kollision zu keiner Abwehrhandlung, insbesondere zu keiner Bremsung, kam, hätte sie trotz ihrer eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit von maximal 40 km/h, die dem Gebot des Fahrens auf halbe Sicht angepasst war, bis zum Ende ihrer halben Sicht nicht kollisionsfrei anhalten können, weil die reine Vollbremsstrecke aus 36 bis 40 km/h Fahrgeschwindigkeit bei etwa 6 bis 8 m liegt. Rechnet man zu 22 m Wegstrecke (während der letzten 2 Sekunden vor der Kollision) 6 bis 8 m hinzu, dann übersteigt die Wegstrecke jedenfalls die halbe Sichtstrecke von 25 m. Die Fahrgeschwindigkeit des Erstbeklagten hätte nur dann dem Gebot des Fahrens auf halbe Sicht entsprochen, wenn man von einer verbrauchten Reaktionszeit des Erstbeklagten von etwa 0,5 bis maximal 0,7 Sekunden ausgehen würde. Da auch eine Abwehrreaktion des Erstbeklagten in Form einer Bremsung vor der Kollision nicht feststellbar ist, hätte auch dieser nicht innerhalb seiner eigenen halben Sicht das Fahrzeug anhalten können. Im Übrigen befand sich die Kollisionsstelle ohnedies auf Grund der größeren Annäherungsgeschwindigkeit des Erstbeklagten nach dem Ende der halben Sichtstrecke.
Unter der Hypothese, dass beide Fahrzeuge zum Kollisionszeitpunkt die gedachte Fahrbahnmitte um jeweils ca 10 cm überragt hätten, wäre die rechte Längsseite des Klagsfahrzeugs mit der Bedarfsbreite von 1,65 m auf Höhe der Kollisionsstelle 85 cm vom rechten Fahrbahnrand entfernt gewesen. Der Seitenabstand des Beklagtenfahrzeugs zum rechten Asphaltrand hätte diesfalls etwa 95 bis 100 cm betragen. Unter Zugrundelegung einer Reaktionszeit von 0,8 Sekunden ergibt sich eine zulässige Geschwindigkeit von etwa 45 bis 47 km/h, um das Fahrzeug innerhalb der halben Sichtstrecke von 25 m anhalten zu können.
In rechtlicher Hinsicht warf das Erstgericht beiden Lenkern vor, angesichts des Kurvenverlaufes und des Gegenverkehrs nicht jeweils am äußerst rechten Fahrbahnrand gefahren zu sein. Beide Lenker hätten daher gegen § 7 Abs 2 StVO verstoßen. Angesichts der Fahrbahnbreite habe keine Verpflichtung zum Fahren auf halbe Sicht bestanden. Beide Lenker treffe ein gleich hohes Mitverschulden, weshalb die klägerischen Ansprüche jeweils zur Hälfte zu Recht bestünden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht, hingegen der Berufung des Beklagten dahingehend Folge, dass es das Leistungsbegehren der Klägerin dem Grunde nach als zur Hälfte zu Recht und zur Hälfte nicht zu Recht bestehend aussprach, dem Feststellungsbegehren zur Hälfte stattgab, wobei die Haftung der Beklagten mit den Haftungshöchstbeträgen nach § 15 EKHG und die Haftung der Zweitbeklagten zusätzlich mit der Haftpflichtversicherungssumme betreffend den PKW des Erstbeklagten mit dem Kennzeichen ***** beschränkt sei. Das Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Es ließ die ordentliche Revision nicht zu.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die Feststellungen reichten für die Annahme eines Verschuldens eines der beiden Fahrzeuglenker nicht aus. Die Frage, ob die beteiligten Fahrzeuglenker dem Gebot des Fahrens auf halbe Sicht entsprochen haben, spiele deshalb keine Rolle, weil keiner der beteiligten Fahrzeuglenker eine Abwehrreaktion in Form einer Bremsung gesetzt habe. Der unfallverhindernde Zweck der Vorschrift, innerhalb der halben Sichtstrecke stehen bleiben zu können, sei mangels Bremsung von keinem der beteiligten Fahrzeuglenker genutzt worden. Sei der Unfall nur auf eine verspätete Reaktion oder ein Überfahren der Fahrbahnmitte durch einen Unfallbeteiligten zurückzuführen, habe die Frage eines Verstoßes gegen das Fahren auf halbe Sicht außer Betracht zu bleiben (2 Ob 41/93 = ZVR 1994/118). Ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot des § 7 Abs 2 StVO liege mangels ausreichender Feststellungen nicht vor. Hätten beide Fahrzeuglenker die Fahrbahnmitte nicht überfahren, wäre es auch zu keiner Kollision gekommen. Eine derartige Fahrweise wäre für die Kollision nicht ursächlich gewesen. Daher lasse sich auch allein aus dem Seitenabstand zum rechten Fahrbahnrand in einer Größenordnung, dass beide Fahrzeuge die Fahrbahnmitte nicht überfahren hätten, kein Schuldvorwurf ableiten, weil diese Fahrweise zu gar keiner Kollision geführt hätte. Die Haftung der Beklagten sei daher (nur) nach dem EKHG zu beurteilen. Von einem unabwendbaren Ereignis gemäß § 9 Abs 2 EKHG könne aber keine Rede sein. Im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten sei die Klägerin, die als Beifahrerin verletzt worden sei, keine Beteiligte im Sinn des § 11 Abs 1 EKHG, sondern Dritte. Ihr gegenüber hafteten alle Schädiger gemäß § 8 EKHG solidarisch. Da kein vorschriftswidriges Verhalten eines der beteiligten Fahrzeuglenker nachgewiesen habe werden können noch ein Entlastungsbeweis nach § 9 EKHG gelungen sei noch auf einer Seite eine außergewöhnliche Betriebsgefahr zugrundezulegen sei, sei bei der Schadensteilung von der gewöhnlichen Betriebsgefahr auszugehen, die im Verhältnis zwischen zwei PKW grundsätzlich im Verhältnis 1 : 1 zu teilen sei. Da von einer reinen Gefährdungshaftung auszugehen sei, sei die Haftung der Beklagten mit den Haftungshöchstbeträgen gemäß § 15 EKHG begrenzt. Nach ständiger Rechtsprechung stellten die Haftungshöchstbeträge des EKHG auch für die Haftpflichtversicherung die Begrenzung der Haftung der Höhe nach dar. Diese Beschränkung sei im Spruch des Feststellungsurteils auszudrücken. Da die Haftungshöchstbeträge nach dem EKHG und nach der Haftpflichtversicherung die Höhe des Anspruchs beträfen, seien jedoch im Zwischenurteil, in dem es nur um den Grund des Anspruchs gehe, die betreffenden Haftungsbeschränkungen nicht zum Ausdruck zu bringen. Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil zur Gänze im klagsstattgebenden Sinn unter Berücksichtigung der den Erstbeklagten treffenden Verschuldenshaftung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision mangels des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen teilweiser auffallender Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zulässig und teilweise berechtigt. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
In der Rechtsrüge verweist die Revisionswerberin zunächst darauf, gemäß § 8 EKHG hätte das Berufungsgericht zum Ergebnis kommen müssen, dass das Klagebegehren im Leistungs- und Feststellungsteil dem Grunde nach zur Gänze zu Recht bestehe, selbst wenn man von einer reinen EKHG-Haftung der Beklagten ausginge.
Hierzu wurde erwogen:
Wurde der Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht, so kann gemäß § 8 Abs 1 EKHG der Geschädigte seine Ersatzansprüche gegen jeden an dem Unfall Beteiligten richten, soweit nicht dessen Haftung nach den für seine Ersatzpflicht geltenden Vorschriften ausgeschlossen ist. Sind diesfalls mehrere Beteiligte verschiedener Kraftfahrzeuge nebeneinander ersatzpflichtig, so haften sie gemäß § 8 Abs 2 EKHG zur ungeteilten Hand, es haftet jedoch keiner der Halter, außer bei Verschulden, über die für ihn maßgebenden Haftungshöchstbeträge hinaus.
Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Klägerin Dritte, also nicht Beteiligte im Sinn des § 8 EKHG (RIS-Justiz RS0034158 [T1]), sodass gemäß § 8 Abs 2 EKHG (jedenfalls im Rahmen der Haftungshöchstgrenzen des § 15 EKHG) beide Unfallbeteiligten (dies ist sowohl der Halter als auch der Lenker eines Kraftfahrzeugs: RIS-Justiz RS0058173), im vorliegenden Fall also der Erstbeklagte sowie die Mutter der Klägerin, zur ungeteilten Hand für den ganzen Schaden haften. Das Berufungsgericht hat aus nicht nachvollziehbaren Gründen diese in den Entscheidungsgründen erkannte Rechtslage im Spruch seiner Entscheidung nicht umgesetzt. Darin liegt im Ergebnis eine auffallende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen war.
Nicht berechtigt ist die Rechtsrüge der Revisionswerberin, der Erstbeklagte habe gegen das Gebot des Fahrens auf halbe Sicht sowie gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen.
Zutreffend haben schon die Vorinstanzen die Verpflichtung des Fahrens auf halbe Sicht verneint. Bei einer Fahrzeugbreite inklusive Außenspiegel von jeweils knapp 1,70 m und der Fahrbahnbreite von 4,80 m ist die Fahrbahn so breit, dass ein Fahren auf halbe Sicht nicht notwendig ist (vgl RIS-Justiz RS0073655 [T1, T3, T4, T7]; RS0073670 [T4, T5, T8]; 2 Ob 7/07d).
Aus den erstgerichtlichen Feststellungen kann eine Verpflichtung beider Lenker, am rechten Fahrbahnrand zu fahren, nicht hergeleitet werden. Gemäß § 7 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeugs dann am rechten Fahrbahnrand zu fahren, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr. Von den beispielsweise angeführten Fällen kommen nur die unübersichtliche Kurve bzw ungenügende Sicht und der Gegenverkehr in Frage. Bei der festgestellten wechselseitigen Sicht von zumindest 50 m kann ohne weiter hinzutretende besondere Umstände noch nicht jedenfalls davon gesprochen werden, es handle sich um eine unübersichtliche Kurve oder es bestehe ungenügende Sicht. Aus § 7 Abs 2 StVO ist auch nicht zu schließen, dass bei Gegenverkehr ausschließlich am rechten Fahrbahnrand gefahren werden müsse, auch wenn die Straße noch so breit ist. Der Verkehrsteilnehmer braucht nur mit einem den Verkehrsvorschriften entsprechenden Gegenverkehr zu rechnen (RIS-Justiz RS0073698; vgl auch RS0073997). Jedoch auch der Verstoß eines der beiden Lenker oder beider gegen das allgemeine Rechtsfahrgebot gemäß § 7 Abs 1 StVO ist nicht erweislich. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes steht nicht fest, welches der beiden Fahrzeuge zum Unfallszeitpunkt die gedachte Fahrbahnmitte geringfügig überfahren hatte bzw ob nicht beide Fahrzeuge die gedachte Fahrbahnmitte leicht überragt haben. Die Feststellung der Möglichkeit des „geringfügigen" Überfahrens der Fahrbahnmitte durch einen der beiden Lenker reicht angesichts der Unexaktheit dieses Begriffes nicht aus, um dem jeweils anderen Lenker einen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot gemäß § 7 Abs 1 StVO zuzumessen. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist lediglich insoweit entgegenzutreten, als nicht schon dann kein Verschulden eines der beiden Fahrzeuglenker vorläge, wenn er die Fahrbahnmitte bloß nicht überfahren hätte. Vielmehr setzt auch die Einhaltung des allgemeinen Rechtsfahrgebotes gemäß § 7 Abs 1 StVO eine Fahrlinie voraus, die sich soweit von der Fahrbahnmitte entfernt befindet, dass sich angesichts der jeweils eingehaltenen Geschwindigkeiten ein ausreichender seitlicher Sicherheitsabstand zwischen den einander begegnenden Fahrzeugen einhalten lässt (vgl etwa 2 Ob 191/83 = ZVR 1984/307; 2 Ob 43/94).
Im Ergebnis aber ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, aus den Feststellungen des Erstgerichts lasse sich ein Verstoß eines der beiden Lenker gegen das Rechtsfahrgebot nicht ableiten, nicht zu beanstanden. Mangels eines erweislichen Verschuldens eines der beiden unfallbeteiligten Lenker kommt daher nur die Haftung nach dem EKHG zum Tragen.
Da sich die Klägerin ein allfälliges Verschulden ihrer Mutter als ihrer gesetzlichen Vertreterin, etwa in Form der möglicherweise nicht ordnungsgemäßen Verwahrung im Auto, nicht zurechnen lassen muss (RIS-Justiz RS0026844; SZ 48/109; 2 Ob 2402/96k), kann sie von den Beklagten als gemäß § 8 EKHG solidarisch Haftenden den gesamten Schaden ersetzt verlangen, freilich beschränkt einerseits durch die Haftungshöchstgrenze des EKHG. Eine zusätzliche Beschränkung hinsichtlich der Zweitbeklagten mit der Höhe der Versicherungssumme ist damit entbehrlich (vgl § 9 KHVG).
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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