Spruch:
Nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 ist wohl das Lenken eines Kraftfahrzeugs unter den näher bezeichneten Voraussetzungen, nicht aber das Überlassen zum Lenken unzulässig
OGH 23. Oktober 1975, 2 Ob 163/75 (KG Wr. Neustadt R 18/75; BG Gloggnitz C 407/73 )
Text
Am 31. Juli 1972 gegen 10.45 Uhr geriet der Beklagte bei Straßenkilometer 23.350 der Puchberger-Bundesstraße mit dem von ihm gelenkten Moped in einer Rechtskurve auf die linke Straßenseite, wo er mit einem entgegenkommenden LKW frontal zusammenstieß. Dadurch wurden der Beklagte und der auf dem Sozius mitfahrende Kläger vom Moped geschleudert, sie stürzten in den Sierningbach und erlitten schwere Verletzungen. Der Beklagte wurde wegen dieses Unfalles rechtskräftig der Übertretung nach § 335 StG schuldig erkannt, weil er vor Erreichung des gesetzlichen Alters von 16 Jahren und durch Einhaltung einer zu hohen Fahrgeschwindigkeit sowie durch mangelnde Fahrkenntnisse die nötige Vorsicht und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr außer Acht gelassen habe. Beide Streitteile waren zum Unfallszeitpunkt noch nicht 16 Jahre alt.
Der Kläger begehrt Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem Unfall sowie Zahlung von (vorläufig) 10.000 S an Schmerzengeld mit der Behauptung, daß der Beklagte den Unfall durch Einhalten eines überhöhten Tempos in der Rechtskurve, wodurch das Motorfahrrad auf die linke Straßenseite geraten und dort mit dem entgegenkommenden LKW zusammengestoßen sei, allein verschuldet habe. Dem Beklagten hätten noch 4 Monate auf das zur Lenkung eines Mopeds vorgeschriebene Lebensalter gefehlt, er sei jedoch des Fahrens kundig und fahrtüchtig gewesen. Das Feststellungsbegehren wird mit erwarteten Dauerfolgen begrundet, das Schmerzengeld-Teilbegehren damit, daß der Heilungsprozeß noch nicht abgeschlossen sei und sich daher der Schmerzengeldanspruch nicht abschließend beurteilen lasse.
Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er wendete auf Grund der ihm beim Unfall entstandenen Verletzungen eine Schmerzengeldforderung in Höhe von 10.000 S aufrechnungsweise ein. Dem Beklagten könne höchstens ein Verschuldensanteil von einem Zehntel angelastet werden, das überwiegende Verschulden treffe den Kläger bzw. dessen Vater und gesetzlichen Vertreter, der dem zur Unfallszeit ebenfalls noch nicht 16jährigen Kläger das Moped zum Lenken überlassen habe. Der Beklagte habe vor der Unfallsfahrt noch kein Moped gelenkt; dies habe der Kläger gewußt.
Das Erstgericht traf im wesentlichen folgende Feststellungen: Das unfallsgegenständliche Moped hatte der Vater des Klägers von seinem Sohn Franz S in der Absicht gekauft, es dem Kläger, nachdem dieser das 16. Lebensjahr erreicht hätte, zu schenken. Das Moped war nicht abgemeldet worden, da die bloße Ummeldung auf den Kläger beabsichtigt war. Bis zu dessen 16. Geburtstag sollte das Moped im Keller aufbewahrt bleiben; mit Ausnahme kurzfristiger Benützung durch den Vater des Klägers, von Reparaturen und kurzen Fahrten des Klägers unter Aufsicht seines Vaters im Hof und auf nicht öffentlichem Gelände befand es sich auch immer im Keller.
Am Unfallstag hatte der Kläger trotz des väterlichen Verbotes das Moped aus dem versperrten Keller geholt, nachdem er sich den Kellerschlüssel vom Schlüsselbrett der Wohnung, zu dem sämtliche Familienangehörigen Zugang hatten, und auch den Zundschlüssel aus einem Kasten, wo ihn sein Vater verwahrte, genommen hatte.
Auf Vorschlag des Beklagten fuhren die Streitteile gemeinsam nach S. Da der Kläger älter aussieht als der Beklagte, vereinbarten sie, daß der Kläger fahren solle, damit sie der Gendarmerie nicht auffielen. Kläger wie Beklagter waren bis zur Unfallsfahrt schon mehrmals mit Mopeds auf nicht öffentlichem Gelände gefahren und wußten beide von diesen Fahrten. Nachdem der Kläger zunächst tadellos gefahren war, dann aber auf schlechter Fahrbahn mit dem Moped etwas hin- und herzuschwanken begonnen hatte, forderte ihn der Beklagte auf, stehen zu bleiben und ihn, Beklagten, weiterfahren zu lassen. Der Kläger kam der Aufforderung nach und der Beklage fuhr mit dem Moped weiter. Es kam zum eingangs geschilderten Unfall, durch den sich die Streitteile folgende Verletzungen zuzogen: Der Kläger erlitt einen Schädelgrundbruch, eine Gehirnerschütterung, einen Schock, einen Bruch des rechten Jochbogens und Unterkiefers mit Schürfwunden über dem rechten Jochbogen, offene Brüche des rechten Ober- und Unterschenkels sowie eine Rißquetschwunde an der rechten Kniescheibe. Die Verletzungen des Klägers sind noch nicht ausgeheilt; es bestehen Komplikationen bei der Heilung des Ober- und Unterschenkelbruches. Der letzte operative Eingriff erfolgte während des fünften Spitalsaufenthaltes des Klägers am 28. August 1973. Mit verletzungskausalen Dauerfolgen ist zu rechnen; ihr Ausmaß ist derzeit noch nicht abschätzbar. Es müssen noch Transplantationen vorgenommen werden. Bis Ende März 1974 hatte der Kläger durch einen Monat starke, durch einen Monat mittelstarke und durch neun Monate leichte Schmerzen zu ertragen.
Der Beklagte zog sich beim Unfall einen Schock, eine Gehirnerschütterung, schwere Prellungen der rechten Schulter mit Hautabschürfungen, eine Prellung des Bauches und zwei Rißquetschwunden am linken Unterschenkel zu. Auf Grund dieser Verletzungen litt er zwei Tage an starken, zehn Tage an mittelstarken und vier Wochen an leichten Schmerzen.
Das Erstgericht stellte die Ersatzpflicht des Beklagten gegenüber dem Kläger für alle künftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall fest und sprach dem Kläger auch die verlangten 10.000 S samt Anhang zu, wobei es aussprach, daß die Gegenforderung des Beklagten nicht zu Recht bestehe. Zur Verschuldensfrage führte es aus, daß der Verstoß des Beklagten gravierender als das Verhalten des Klägers sei, der dem Beklagten das Moped, obgleich er wußte, daß dieser noch nicht 16 Jahre alt war, überlassen habe. Aus diesem Gründe erscheine ein 40%iges Mitverschulden des Klägers gegeben. Die Gegenforderung des Beklagten bestehe nicht zu Recht, weil der Kläger zwar sein Mitverschulden bei Geltendmachung seines Schadens gegen sich gelten lassen müsse, sich daraus jedoch keine Ersatzpflicht des Klägers gegenüber dem Beklagten für dessen erlittene Schmerzen ergäbe, da der Beklagte den Unfall verursacht habe und auch ausschließlich dafür hafte. Ein Verschulden des Vaters des Klägers durch nicht ordnungsgemäße Verwahrung des Mopeds vermöge hieran nichts zu ändern, da der Schutzzweck der Verwahrungspflicht des Halters eines Fahrzeuges nur im Schutz des Dritten, nicht aber in dem des Schadensverursachers liege. Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens des Klägers von 40% und des Alters des Klägers von noch nicht 16 Jahren im Unfallszeitpunkt erachtete das Erstgericht einen Schmerzengeldbetrag von 10.000 S als jedenfalls angemessen. (Im Ausspruch über das Feststellungsbegehren trug das Erstgericht der vorgenommenen Verschuldensteilung nicht Rechnung).
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil auf der Grundlage einer Verschuldsteilung von 1 : 3 zu Lasten des Beklagten dahin ab, daß es dem Feststellungsbegehren im Ausmaße von drei Vierteln stattgab, mit dem restlichen Viertel aber abwies, die Klagsforderung als mit 7500 S zu Recht, die Gegenforderung des Beklagten bis zur Höhe der Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend erkannte und daher dem Kläger den Betrag von 7500 S samt Anhang zusprach, das Mehrbegehren von 2500 S samt Anhang jedoch abwies. Es verpflichtete den Beklagten zur Zahlung der Hälfte der Verfahrenskosten in erster und zweiter Instanz an den Kläger und sprach aus, daß der Wert des von der Abänderung betroffenen Teiles des Streitgegenstandes 1000 S übersteige.
Das Berufungsgericht übernahm die vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus:
Zu Recht habe das Erstgericht angenommen, daß der Beklagte zur Lenkung von Motorfahrrädern im öffentlichen Verkehr nicht geeignet war und daß der Kläger daher nicht mit einer solchen Eignung des Beklagten rechnen konnte. Daß beide Parteien von Kind auf mit Fahrrädern gefahren seien, berechtige nicht zu dem Schluß, daß sie die Lenkung eines Motorfahrrades beherrschten, daß sie die geistigen Voraussetzungen zur Erkennung jener Gefahren besäßen, die sich bei der Lenkung eines Motorfahrrades im öffentlichen Verkehr ergäben und daß sie sich dieser Erkenntnis gemäß zu verhalten fähig wären.
Das Mitverschulden im Sinne des § 1304 ABGB, setze kein Verschulden im technischen Sinn voraus und erfordere auch keine Rechtswidrigkeit des Verhaltens, sondern nur die Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern. Eine solche sei beim Kläger vorgelegen, als er sich dem Beklagten in Kenntnis des Umstandes, daß dieser gemäß dem § 64 Abs. 1 KFG 1967 zum Lenken eines Motorfahrrades im öffentlichen Verkehr noch nicht geeignet sei, anvertraute. Durch diese Gesetzesbestimmung solle sichergestellt werden, daß nur Personen mit entsprechender geistiger Reife mit Motorfahrrädern am öffentlichen Verkehr teilnehmen. Wer sich somit einer derart zum Fahrzeuglenken nicht geeigneten Person anvertraue, habe sich ein Mitverschulden an dem Unfall, der durch den solchermaßen ungeeigneten Lenker herbeigeführt wird, des zu lassen. Unter Berücksichtigung des Fahrregelverstoßes des Beklagten, der beiderseitigen Mißachtung der Bestimmung des § 64 Abs. 1 KFG 1967 und des relativ kurzen Zeitraumes, der dem Beklagten noch auf die Erreichung des Lenkerberechtigungsalters fehlte, sei eine Mitverschuldensquote des Klägers von einem Viertel angemessen. Die Verschuldensteilung führe zu einer - vom Erstgericht unrichtigerweise nicht berücksichtigten - Anspruchskürzung sowohl im Feststellungs- als auch im Leistungsbegehren.
Zur Beurteilung der Gegenforderung des Beklagten führte das Berufungsgericht aus, daß als Schutznormen, die der Kläger - bei der von ihm zu vertretenden Schädigung des Beklagten - übertreten haben könnte, weder die Bestimmung des § 102 Abs. 8 KFG 1967 (deren Normadressant der Lenker eines ihm vom Zulassungsbesitzer übergebenen Fahrzeuges ist) noch die des § 103 Abs. 2, 1. Satz KFG 1867 (die sich an den Zulassungsbesitzer richtet), aber auch insbesondere nicht jene des § 64 Abs. 1 KFG 1967 in Betracht komme, weil im Unfallszeitpunkt nicht der Kläger, sondern der Beklagte das Moped gelenkt habe. Bei Annahme einer Haftung nach dem § 1311 ABGB sei vom Schutzzweck der verletzten Norm auszugehen; jene Vorschriften, die das Führen von Kraftfahrzeugen an bestimmte Voraussetzungen knüpfen, hätten indes nur den Zweck, die Gefährdung anderer Personen oder fremder Sachen durch nicht genügend befähigte Kraftfahrzeuglenker zu verhindern; eine Gefährdung des unberechtigten Lenkers selbst zu vermeiden, sei auch nicht Schutzzweck des § 64 Abs. 1 KFG 1967. Auch müßte Haftung nach § 1311 ABGB noch voraussetzen, daß der Schaden durch einen Zufall entstanden ist, wovon hier nicht gesprochen werden kann, weil er durch das grob verkehrswidrige Verhalten des Beklagten herbeigeführt worden sei. Letztlich hafte der Kläger dem Beklagten für dessen Schaden aus dem Unfall deshalb nicht, weil derjenige, der einen anderen dazu verleitet, eine rechtswidrige Handlung vorzunehmen, dem Schädiger gegenüber nicht schadenersatzpflichtig werde. Auch für ein allfälliges deliktisches Verhalten seines gesetzlichen Vertreters habe der Kläger nicht zu haften.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beklagte wendet sich zunächst gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung. Er ist der Ansicht, daß ihm nur ein leichtes Versehen angelastet werden könne, dem Kläger und dessen Vater hingegen besonders grobe Fahrlässigkeit zur Last falle, weshalb das Verschulden des Beklagten ganz zurücktrete und der Kläger den Schaden allein zu tragen habe.
Soweit der Beklagte vorbringt, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß der Unfall auf ein Verhalten des Klägers (Hochreißen der Hände und dadurch bedingte Gewichtsverlagerung auf dem Moped unmittelbar vor dem Zusammenstoß) zurückzuführen sei, geht er in unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise nicht von den Feststellungsgrundlagen aus.
Inwiefern bei der Verschuldensteilung der Umstand, berücksichtigt werden müßte, daß der Beklagte, weil er, während der Kläger lenkte, Angst bekam und diesen daher aufforderte, ihn lenken zu lassen, ist unerfindlich. Gerade dieses Verhalten zeigt ja, daß sich der Beklagte besser als der Kläger zu fahren zutraute, er also nicht vom Kläger zum Lenken verleitet wurde, so daß eine Verleitung des Beklagten durch den Kläger bei der Verschuldensabwägung zugunsten des Beklagten gar nicht angenommen werden könnte.
Der Beklagte beharrt sodann unter Hinweis auf Wolff in Klang[2] VI, 66 darauf, daß das Verschulden des Vaters des Klägers - durch mangelnde Beaufsichtigung des Klägers und unzulängliche Verwahrung des Mopeds - zu berücksichtigen sei. Die vom Rekurswerber zitierte, für seinen Standpunkt sprechende Meinung Wolffs - die übrigens auch Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, 164, teilt - wird indes vom OGH in ständiger Rechtsprechung abgelehnt. Wie mehrfach ausgesprochen wurde, kann das Mitverschulden des Vaters und gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen dem letzteren nicht angelastet werden, weil hiezu jede gesetzliche Grundlage fehlt. Ein Verschulden des gesetzlichen Vertreters kann nur bei Vertretungshandlungen dem vertretenen Minderjährigen zugerechnet werden, ein deliktisches Verschulden des gesetzlichen Vertreters - um ein solches würde es sich hier handeln - kann aber die Ansprüche des Minderjährigen nicht schmälern - (SZ 20/246; JBl. 1953, 547; JBl. 1954, 593; ZVR 1956/29; 5 Ob 55/67; Ehrenzweig II/1, 63 und neuerdings Koziol, Haftpflichtrecht I, 198).
Des weiteren verfehlt ist der Hinweis des Revisionswerbers auf die Bestimmung des § 7 Abs. 2 EKHG, nach welcher dem Verschulden des Geschädigten das Verschulden desjenigen gleichsteht, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübte. Hierbei übersieht der Beklagte jedoch, daß die Berücksichtigung eines derartigen Verschuldens nur im Falle der Beschädigung der Sache in Betracht kommen kann. Ein solcher Anspruch ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens.
Unrichtig ist es auch, wenn sich der Beklagte auf einen Haftungsausschluß im Sinne des § 9 EKHG berufen will, und zwar schon deshalb, weil sein Verschulden feststeht.
Was die Gegenforderung betrifft, so wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht nicht doch eine Übertretung der Schutzvorschrift des § 64 Abs. 1 KFG 1967 durch den Kläger annahm. Der Kläger habe diese Vorschrift dadurch verletzt, daß er den Beklagten das Moped lenken ließ. Durch das verbotswidrige Überlassen des Lenkens an den Beklagten habe der Kläger diesen zwar nicht zu einer rechtswidrigen Handlung verleitet, wohl aber selbst rechtswidrig gehandelt, was seine (selbständige) Schadenersatzpflicht gegenüber dem Beklagten begrunde.
Auch hier kann dem Beklagten nicht beigepflichtet werden. Eine jener des Beklagten selbständig gegenüberstehende und daher zur Aufrechnung geeignete - Schadenersatzverpflichtung des Klägers könnte nur angenommen werden, wenn zwischen dessen Verhalten und dem eingetretenen Erfolg ein Rechtswidrigkeitszusammenhang bestunde und den Kläger ein Verschulden träfe. Der Kläger selber hat aber dadurch, daß er dem Beklagten das Moped zum Lenken überließ, auf dem Sozius mitfuhr, keine gesetzliche Vorschrift übertreten. Nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 ist wohl das Lenken eines Kraftfahrzeuges - nicht aber das Überlassen zum Lenken - ... nur unter den näher bezeichneten Voraussetzungen zulässig. Der Kläger war auch weder Zulassungsbesitzer (§ 103 Abs. 2 KFG 1967) noch war ihm das Fahrzeug von diesem überlassen worden (§ 102 Abs. 8 KFG 1967); er hat daher keine Verwaltungsvorschrift übertreten (vgl. ZVR 1974/90).
Allerdings setzt die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht unbedingt die Verletzung einer positiven Norm voraus, sondern sie kann sich auch aus der Verletzung von gegenüber Dritten absolut geschützten Rechten (Gesundheit, Eigentum) ergeben. Dabei kann aus der Beeinträchtigung eines absolut geschützten Rechtes nicht zwingend auf die Rechtswidrigkeit der schädigenden Handlung geschlossen werden. Welche Gefährdungsstufe erreicht sein muß, damit bei Gefährdung von absolut geschützten Rechten das Gebot oder Verbot einsetzt, hängt vielmehr von einer vernünftigen Würdigung der Umstände, insbesondere davon ab, wie nützlich oder unvermeidlich die Handlung ist. Das Rechtswidrigkeitsurteil kann bei Verletzung fremder absolut geschützter Rechte nur auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung gefunden werden (vgl. Welser, der OGH und der Rechtswidrigkeitszusammenhang, ÖJZ 1975, 2; Koziol, Haftpflichtrecht I, 72, 119). Hier ist nun wesentlich, daß der Beklagte nicht nur älter als der Kläger ist, sondern daß er es auch war, der den Kläger zu der gegenständlichen Fahrt an sich und insbesondere auch zur schließlichen Überlassung der Lenkung an ihn veranlaßte. Unter diesen Umständen kann sich aber der Beklagte nicht darauf berufen, daß der Kläger dem ihm gegenüber keinerlei Aufsichts- oder Obsorgepflicht zukam, nicht zum Schutze vor sich selbst sein Verlangen abgelehnt hat.
Nach den Feststellungen trifft den Kläger keinerlei Verschulden am Zustandekommen des Unfallsereignisses selbst, da hiefür ausschließlich die Fahrweise des Beklagten ausschlaggebend war. Das Mitverschulden des Klägers am eigenen Schaden kann daher bloß darin liegen, daß er sich dem Beklagten in Kenntnis des Mangels seiner Lenkerberechtigung zur Mitfahrt anvertraute. In der Bemessung des Verschuldensanteils mit einem Viertel kann ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden. Dem Umstand, daß das Erstgericht - vom Kläger unbekämpft - von einem 40%-Mitverschuldensanteil des Klägers ausgegangen ist, kommt mit Rücksicht darauf keine Bedeutung zu, daß dies nur in den Entscheidungsgründen, nicht aber in dem dem Klagebegehren voll stattgebenden Urteilsspruch zum Ausdruck kam. Das Berufungsgericht war daher nicht gehindert, zufolge der Berufung des Beklagten die Verschuldensteilung selbständig vorzunehmen. Am Schaden des Beklagten hingegen trifft den Kläger überhaupt kein Verschulden; die Gegenforderung besteht daher nicht zu Recht.
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