OGH 2Ob59/22y

OGH2Ob59/22y27.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Senatspräsidenten Dr. Musger sowie die Hofräte Dr. Nowotny, MMag. Sloboda und Dr. Kikinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach I*, vertreten durch Mag. Edgar Zrzavy, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wider die beklagte Partei A*, vertreten durch Dr. Klaus Maleschitz, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei P*, vertreten durch Mag. Alexander Rimser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechnungslegung und Feststellung, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei sowie der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2021, GZ 13 R 98/20g‑53, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00059.22Y.0627.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Die außerordentlichen Revisionen des Klägers und der Nebenintervenientin sind mangels aufgezeigter erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

[2] 1. Die Vorinstanzen haben die Zwischenanträge auf Feststellung in der Begründung übereinstimmend für zulässig erachtet. Diese Frage kann vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden (RS0039492; 2 Ob 6/19z).

2. Nachlasszugehörigkeit der Liegenschaft:

[3] 2.1. Wie die wirkliche Übergabe iSd § 943 ABGB zu erfolgen hat, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RS0018975 [T2]). Dabei ist insbesondere der Zweck, den Zuwender vor übereilten Entschließungen zu schützen, zu berücksichtigen (RS0018975 [T4]). Ob eine besondere Konstellation, welche die Notwendigkeit eines Übereilungsschutzes des Schenkers ausschließen kann, gegeben ist oder nicht, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Diese Frage ist nur dann erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterläuft, die aus Gründen der Rechtssicherheit bzw Einzelfallgerechtigkeit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden muss (6 Ob 133/21h mwN).

[4] 2.2. Nach der Rechtsprechung liegt eine „wirkliche Übergabe“ etwa dann vor, wenn neben dem Schenkungsvertrag ein anderer, von diesem verschiedener und als Übergabe erkennbarer Akt gesetzt wird, der nach außen in Erscheinung tritt und geeignet ist, dem Willen des Geschenkgebers Ausdruck zu verleihen, das Schenkungsobjekt aus dessen Gewahrsame in die des Beschenkten zu übertragen (1 Ob 147/00z = RS0011383 [T11]). Eine Heilung bei einer Schenkung ohne Notariatsakt erfordert grundsätzlich ein weiteres aktives Tun des unwirksam Verpflichteten (2 Ob 94/14h = RS0011316 [T3]).

[5] 2.3. Die Beurteilung der Vorinstanzen, durch die (Jahre nach dem Schenkungsvertrag) in der Stiftungszusatzurkunde in Notariatsaktsform vorgenommene Bekräftigung des Eigentums der Stiftung an der Liegenschaft sowie durch den Verzicht auf das Fruchtgenussrecht sei der Formmangel der Schenkung geheilt, weil dadurch ausreichend dokumentiert worden sei, dass der Wille des Erblassers, die Liegenschaft der Stiftung zu überlassen, nicht gegen Übereilung geschützt habe werden müssen, hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung.

3. Einräumung des Baurechts

[6] 3.1. Nach Meinung des Klägers hat sich die Beklagte die Einräumung des Baurechts als Schenkung anrechnen zu lassen.

[7] 3.2. Die Beklagte erhielt das Baurecht jedoch nicht vom 2016 verstorbenen Erblasser, sondern von der Stiftung, der nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Schenkungsabsicht fehlte. Der Erblasser hatte als Stifter im Zeitpunkt der Einräumung des Baurechts im Jahr 2012 auf die Stiftung keinerlei rechtliche Einflussmöglichkeit mehr. Selbst bei Qualifikation als pflichtteilsrelevante Schenkung iSd § 785 Abs 3 ABGB idF vor dem ErbRÄG 2015 ist die Einräumung des Baurechts nicht dem Erblasser als Geschenkgeber zuzurechnen.

[8] 3.3. Der Kläger macht nicht geltend, dass die Aufgabe der Einflussmöglichkeiten in der Stiftung (insbesondere der Verzicht auf das Änderungs- und Widerrufsrecht iSd §§ 33 f PSG) oder der Verzicht auf das Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft für sich pflichtteilsrelevante Zuwendungen sein sollen. Sein Eventualzwischenfeststellungsantrag bezieht sich nur auf das Baurecht und nicht auf den Verzicht auf diese Gestaltungsrechte.

[9] 4.Die Revision der Nebenintervenientin befasst sich ausschließlich mit der – vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren (siehe Punkt 1.) – Zulässigkeit des Zwischenantrags auf Feststellung.

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